7. Behandlung von Epilepsie – alle Fragen

Epilepsie ist eine chronische Erkrankung, verursacht durch Fehlentladungen im Gehirn welche Anfälle zur Folge haben. Dank moderner Untersuchungs- und Behandlungsmethoden kann heute jedoch auch mit dieser Diagnose ein Leben mit hoher Lebensqualität geführt werden. In diesem Kurs erklärt Prim. Priv.-Doz. Dr. Tim J. von Oertzen wie die Krankheit entsteht, wie sie diagnostiziert und behandelt wird.

Therapieoptionen bei Epilepsie

Wann und warum sollte Epilepsie behandelt werden?

Epilepsie ist eine Erkrankung, die aus rezidivierenden bzw. wiederholt auftretenden epileptischen Anfällen besteht. Wenn das diagnostiziert wird, sollte eine Behandlung in den meisten Fällen begonnen werden. Manchmal reicht dafür schon ein einzelner Anfall – wenn entsprechende Zusatzuntersuchungen wie EEG oder MRT (Kernspintomographie) typische Auffälligkeiten zeigen, gibt es ein hohes Risiko, dass es wieder zu Anfällen kommt. In diesem Falle wäre es sinnvoll, mit Medikation davor zu schützen. Es kann auch vorkommen, dass vielleicht schon ein zweiter Anfall aufgetreten ist oder kleinere Anfälle, die als solche nicht erkannt wurden und danach ein großer Fall passiert. Das sind alles Situationen, in denen bei der Diagnosestellung der Epilepsie es sinnvoll wäre, eine Therapie zu beginnen. Selten gibt es auch Patienten, die alle paar Jahre Anfälle haben, z.B. nur alle sieben oder acht Jahre. Hier muss dann diskutiert werden, ob man behandelt, da man theoretisch acht Jahre behandeln muss, um zu sehen, ob die Behandlung überhaupt Erfolg hat. Wenn es wahrscheinlich ist, dass im Rahmen des nächsten Jahres ein weiterer Anfall auftritt, ist es sicherlich sinnvoll zu behandeln. Wenn viele Jahre dazwischen liegen, muss man mit Für und Wider abwägen, ob eine Behandlung zu diesem Zeitpunkt indiziert ist.

Welche Möglichkeiten zur Behandlung von Epilepsie gibt es?

Epilepsie kann auf vielfältige Art und Weise therapiert werden. Die Basis sind die Antikonvulsiva – das sind Medikamente gegen Epilepsie. Es gibt aber auch die Epilepsiechirurgie, Neurostimulatoren (Schrittmacher) oder Diäten wie die ketogene Diät.

Wie unterscheidet sich die Behandelbarkeit von Epilepsie bei fokalen und generalisierten Anfällen?

Fokale und generalisierte Epilepsien sind unterschiedlich zu behandeln. Das kommt daher, dass verschiedene Medikamente für verschiedene Arten von Epilepsie besonders gut oder nicht so gut wirksam sind. Paradoxerweise kann man durch den falschen Einsatz von Antiepileptika Epilepsien auch verschlimmern. Aus diesem Grund ist es am Anfang wichtig, eine genaue Diagnose zu stellen und zwischen fokalen und generalisierten Epilepsien zu unterscheiden. Fokale/generalisierte Epilepsien sind etwas anderes als fokale/generalisierte Anfälle – generalisierte Anfälle können sowohl bei fokalen als auch bei generalisierten Epilepsien auftreten. Das klingt bisschen verwirrend, aber es sind zwei Ebenen, auf denen wir denken müssen. Die eine Ebene meint die Veränderungen im Gehirn, die ich beim EEG sehe – ob sie nur an einer Stelle (fokal) auftreten oder ob sie überall gleichzeitig auftreten (generalisiert). Dann stellt sich die Frage, welchen Anfallstyp ein*e Patient*in hat. Es kann sich ein fokaler Anfall so ausbreiten, dass er dann generalisiert auftritt und somit überall im Gehirn ist; es kann sich aber auch ein generalisierter Anfall – obwohl er überall im EEG zu sehen ist – so gering ausdrücken, dass es nur ein Abwesenheitszustand ist. Man muss zwischen der Art der Epilepsie und der Art des Anfalls unterscheiden – das ist auch die Grundlage, um dann das richtige Medikament auszuwählen.

Kann meine Epilepsie ‘von alleine’ verschwinden?

Epilepsie ist eine Erkrankung, die durchaus einen dynamischen Krankheitsverlauf hat. Das bedeutet, dass sie nicht immer gleich ist. Es gibt Epilepsiesyndrome, die kommen als Ausdruck einer vorübergehenden Erregbarkeit des Gehirns oder der Nervenzellen im Gehirn und können nach einiger Zeit auch wieder verschwinden. Ein klassisches Beispiel ist die Absencen-Epilepsie des Schulalters. Dies ist eine Art der generalisierten, idiopathischen Epilepsie oder inzwischen auch genetisch determinierten Epilepsie, die im Rahmen des Volkschulalltags auftritt und meistens im Zuge der Pubertät auch wieder verschwindet. Es gibt aber auch Epilepsien wie z.B. Anfälle nach bestimmten Autoimmunenzephalitiden. Das klingt wieder kompliziert – das sind Entzündungen im Gehirn die dadurch entstehen, dass der Körper Antikörper gegen sich selbst produziert. Das ist eine vorübergehende Entzündung, die durchaus länger andauern kann – auch mal ein oder zwei Jahre – aber danach eine dauerhafte Epilepsie nicht unbedingt entsteht, obwohl über einen längeren Zeitraum Anfälle aufgetreten sind bzw. Medikation gegen Anfälle eingenommen werden musste. Bei den meisten Epilepsien, die im Jugend- oder Erwachsenenalter auftreten und die eine strukturelle oder nachgewiesene Ursache haben weiß man, dass sie wahrscheinlich nicht von alleine verschwinden werden. Was aber durchaus sein kann, ist dass die Frequenz der Anfälle und die Stärke der Anfälle unterschiedlich ausfällt und sich über die Jahre verändert. So kann es auch bei Patienten mit einer chronischen Epilepsie mal ein, zwei Jahre Anfallsfreiheit geben – diese können dann aber leider wiederkommen. Wenn mit Medikamenten eine dauerhafte Anfallsfreiheit erreicht werden kann – und das ist bei einem Großteil unserer Patienten (zwei Drittel) ist man zwar anfallsfrei, man kann jedoch nicht sagen, dass damit die Epilepsie geheilt ist. Eine Epilepsie gilt dann als überwunden, wenn man ohne Medikamente fünf bis zehn Jahre anfallsfrei ist.

Welche Therapieziele können durch die Behandlungsmethoden realistisch erreicht werden?

Die Behandlung von Epilepsie zielt natürlich immer darauf ab, die beste Lebensqualität zu erreichen; zu Beginn der Erkrankung ist ganz klar das Behandlungsziel die Anfallsfreiheit. Die Anfallsfreiheit macht den größten Unterschied in der Lebensqualität – die Reduktion von Anfällen wie z.B. von vier auf zwei Anfällen im Monat ist zwar natürlich eine Verbesserung, aber nicht das, was den großen Sprung in der Lebensqualität macht. Das liegt daran, dass die Anfälle nach wie vor unvermittelt auftreten und unvorhersehbar sind und man nie weiß, wann der Anfall kommt. Das heißt: das Initialtherapieziel ist die Anfallsfreiheit. Das sollte mit dem ersten oder spätestens dem zweiten Antiepileptikum bzw. Antikonvulsivum gelingen. Wenn dies nicht erreicht wird, obwohl es das richtige Medikament bzw. die richtigen Medikamente waren, diese über eine entsprechende Zeit und auch in einer entsprechenden Dosis gegeben worden sind und auch entsprechend vertragen wurden, dann spricht man von einer sogenannten Therapierefraktärität. Das heißt, dass es ab hier schwieriger wird, die Epilepsie zu behandeln und das Therapieziel Anfallsfreiheit zu erreichen. Daher verändert sich vielleicht das Therapieziel in möglichst wenig Anfälle und möglichst wenig Nebenwirkungen. Zusätzlich würde man zu einem solchen Zeitpunkt schauen, ob eventuell ein epilepsiechirurgischer Eingriff erfolgen kann. Das Ziel eines epilepsiechirurgischen Eingriffs wäre ebenfalls die dauerhafte Anfallsfreiheit. Wenn diese wie gesagt nicht erreicht werden kann, wird der Fokus auf möglichst wenige Anfälle, welche keine schweren sind und möglichst wenige Nebenwirkungen gelegt.

Kann man bei einem epileptischen Anfall sterben?

Selten gibt es bei Epilepsie eine schwere Komplikation, die sich SUDEP nennt. Der Begriff steht für Sudden Unexplained Death in Epilepsy Patients; das heißt, dass nach einem Anfall, welcher meist generalisiert ist, das Herz und das Atemzentrum so stark unterdrückt werden, dass der bzw. die Betroffene anschließend verstirbt. Das ist sehr ernst zu nehmen – zum Glück passiert das nicht häufig, etwa einer von 1000, aber es kommt vor. Jeder, der das erleidet, ist einer zu viel. Deswegen ist es ganz wichtig, die Medikamente regelmäßig zu nehmen – der beste Schutz gegen SUDEP ist Anfallsfreiheit. Es ist aber auch wichtig, die Warnzeichen zu erkennen, weil es verschiedene Patienten gibt, bei denen eine Anfallsfreiheit nicht erreicht werden kann. Risikofaktoren für SUDEP sind nächtliche generalisierte Anfälle und junge oder männliche Patienten. Bei solchen Konstellationen und insbesondere bei nächtlichen Anfällen sollte Wert darauf gelegt werden, diese mit der Therapie womöglich zu eliminieren. Es gibt zusätzlich auch Devices, mit denen man Anfälle nachts detektieren kann und die Angehörige warnen können, damit diese schauen können, ob alles in Ordnung ist und im Fall entsprechend Hilfsmaßnahmen einleiten können. Man sollte vor SUDEP keine Angst haben – man sollte es jedoch im Auge haben und alles Mögliche tun, um es zu verhindern.

Was sind Notfallausweis und Anfallskalender und wozu brauche ich sie?

Ein Notfallausweis ist hilfreich, wenn man irgendwo ein Anfallsereignis oder auch andere Erkrankungen bzw. einen Unfall hat und man selbst keine Auskunft geben kann aber andere vielleicht wissen, dass man an Anfällen leidet bzw. welche Medikamente man gerade einnimmt. Insofern ist es sinnvoll, so etwas bei sich zu führen – das trifft auch bei vielen anderen chronischen Erkrankungen zu. Einen Anfallskalender zu führen kann insbesondere in Phasen der Umstellung der Medikation sehr hilfreich sein, um zu schauen, welchen Effekt die Umstellung der Medikation hat. Ich empfehle in der Regel bei meinen Patienten immer, in bestimmten Phasen, aber nicht zwangsläufig dauerhaft Anfallskalender zu führen. Das ist individuell etwas unterschiedlich – der eine möchte gerne dauerhaft die Anfälle protokollieren, der andere fühlt sich dadurch eher eingeschränkt. Insofern ist das Führen eines Anfallskalenders zwischen den empfohlenen Zeiten eine freiwillige Sache – während einer Therapieumstellung oder beim Auseinanderhalten von bestimmten Anfallstypen ist es jedoch wichtig und sinnvoll. Weiters macht das auch über eine bestimmte Zeit Sinn, um eine Erhebung zu haben, wie viel Anfälle im Schnitt als Grundaussage vorkommen. Das macht Sinn, wenn man z.B. eine Änderung vornehmen will, damit man hinterher vergleichen kann, ob es besser oder schlechter geworden ist oder gleich geblieben ist.

Wie wird entschieden, welche Therapie die richtige für mich ist?

Die Therapie bzw. welches Antikonvulsivum gegen Anfälle das richtige ist, hängt von der Art der Epilepsie (fokal oder generalisiert) und der Art der Anfälle ab (fokal, generalisiert, Absencen, Myoklonie etc.). Ihr Neurologe wird wissen, welches das richtige Medikament ist – hier kann man auch ganz spezifisch aussuchen. Hinzu kommt, andere wichtige Faktoren abzuklären – beispielsweise wird bei Frauen im gebärfähigen Alter geschaut, ob eine Empfängnisverhütung betrieben wird und ob es da Interaktionen gibt. Gerade Menschen im höheren Lebensalter wird geschaut, ob es mit etwaigen anderen Medikamenten Interaktionen zwischen den Medikamenten gibt. Außerdem wird auf andere Komorbiditäten, also andere Erkrankungen geachtet, die vielleicht durch die Medikamente auch beeinträchtigt werden können. Aus diesem Konglomerat kann man dann eine individuelle Therapie wählen, welche für den Patienten die beste ist.

Kann ich mitentscheiden, welche Therapie für meine Epilepsie gewählt wird?

Häufig ist es so, dass der Neurologe bei der Auswahl einer Therapie zwei oder drei verschiedene Optionen und deren Vor- und Nachteile vorstellt und Sie mitentscheiden können, für welches Medikament Sie sich entscheiden. In bestimmten Fällen kann neben der medikamentösen Therapie auch eine Diät (z.B. die ketogene Diät), ein Schrittmacher oder sogar eine epilepsiechirurgische Behandlung in Frage kommen. In der Regel schlägt Ihr Neurologe Ihnen das entsprechend vor – es kann jedoch nicht schaden, wenn Sie sich selbst kund machen und schauen, ob eine bestimmte Therapie für Sie in Frage kommt.

Hier geht es zum Video-Interview: „Therapieoptionen bei Epilepsie”

Medikamentöse Behandlung bei Epilepsie

Welche Medikamente werden zur Behandlung von Epilepsie eingesetzt und wie wirken sie?

Zur Behandlung von Epilepsie werden sogenannte Antikonvulsiva eingesetzt. Das sind Medikamente, welche die Nervenzellen im Gehirn so stabilisieren, dass sie nicht zu schnell entladen – zu schnelle, unkontrollierte und synchronisierte Entladung im Gehirn führt zu einem epileptischen Anfall. Die einzelnen Medikamente haben ganz unterschiedliche Wirkungsansätze in diesem Prozess; da gibt es eine große Anzahl von Medikamenten, zwischen denen ausgesucht werden kann.

Wie werden Epilepsiemedikamente eingenommen?

Epilepsiemedikamente werden in der Regel zweimal täglich eingenommen. Es gibt wenige Medikamente, die nur einmal täglich eingenommen werden und auch wenige Medikamente, die öfter als zweimal eingenommen werden. Bei der Einnahme ist es wichtig, dass man die Zeitpunkte, bei denen man die Medikamente nimmt, in den Tagesablauf so verankert, dass man sicher daran erinnert. Es ist beispielsweise nicht so wichtig, dass genau zwölf Stunden zwischen den beiden Einnahmen vergehen – es ist viel wichtiger, dass man es nicht vergisst. So könnten die Medikamente z.B. morgens und abends beim Zähneputzen oder beim Frühstück bzw. beim Abendessen oder zu einer sonstigen Tagesaktivität genommen werden. Auch wenn die Abstände nicht gleichmäßig sind, ist die gleichmäßige Einnahme bei Medikamenten gegen Epilepsie ganz wichtig. Einige Medikamente stehen auch als Saft oder lösliche Tabletten zur Verfügung, wenn es Schwierigkeiten gibt, Tabletten zu schlucken. Bestimmte Antiepileptika bestehen auch als Lösung zur Verfügung, um sie in die Vene zu spritzen, was insbesondere bei Vorliegen von Schluckstörungen sinnvoll ist bzw. wenn Patienten im Krankenhaus sind und keine Medikamente schlucken können. Manche Patienten haben prolongierte Anfälle – das sind Anfälle, die länger als zwölf Minuten dauern und die einen Notfallmedikation haben, die dann verabreicht werden kann. Die wird in der Regel von Außenstehenden verabreicht, da der Patient zu dem Zeitpunkt nicht in der Lage ist, diese selbst zu nehmen. Hier gibt es Medikamente, die mit einer kleinen Spritze in die Backentaschen gegeben werden können oder Medikamente, die über den Anus eingeführt werden. Hier ist in den letzten Jahren eindeutig die Tendenz dazu, dass die Medikamente entweder in die Backentaschen oder in die Nase gespritzt werden können, um das für den Betreffenden und für den Außenstehenden angenehmer zu gestalten.

Ich habe trotz Behandlung weiterhin epileptische Anfälle. Kann ich meine Ärztin/meinen Arzt nach neuen Therapieoptionen fragen?

Wenn trotz Medikation weiterhin epileptische Anfälle auftreten, können Sie sicherlich mit Ihrem Neurologen diskutieren, ob andere Therapieoptionen für Sie in Frage kommen. Da wären entweder andere Medikamente gegen Anfälle, potenzielle Epilepsiechirurgie, Stimulatoren oder auch die ketogene Diät möglich. Scheuen Sie sich nicht, dies mit Ihrem Neurologen zu diskutieren – er wird Ihnen gerne Rede und Antwort stehen.

Wie lange muss ich die Medikamente einnehmen?

Medikamente gegen Epilepsie müssen Sie in der Regel über viele Jahre einnehmen. ob dies zu einem späteren Zeitpunkt wieder abgesetzt werden kann oder nicht, hängt vom Epilepsiesyndrom ab – hier ist es am besten, wenn Sie das mit Ihrem Neurologen diskutieren.

Warum ist die regelmäßige Einnahme der Medikamente wichtig?

Die regelmäßige Einnahme von Antikonvulsiva ist dafür wichtig, die Anfälle zuverlässig unterdrücken zu können. Wenn man die Medikamente unregelmäßig einnimmt, dann sinkt der Schutz, den die Medikamente dem Patienten oder Betroffenen geben. Daher passiert nicht jedes Mal, wenn ein Medikament vergessen wird, gleich ein Anfall – jedoch steigt jedes Mal, wenn Medikamente vergessen werden das Risiko, dass doch ein Anfall auftreten könnte. Damit steigt auch das Risiko, dass man sich in einem Anfall verletzen kann und bei bestimmten Anfallstypen sogar am Anfall sterben kann. Deswegen ist es wichtig, die Medikamente regelmäßig zu nehmen, um den bestmöglichen Schutz durch die Medikamente zu erreichen.

Was mache ich, wenn ich vergessen habe die Tabletten einzunehmen?

Medikamente gegen Epilepsie soll man natürlich regelmäßig einnehmen. Es kann immer wieder vorkommen, dass man vielleicht doch aus irgendeinem Grund vergessen hat, die Medikamente einzunehmen. Dann stellt sich die Frage, wann es bemerkt wird: wenn man mittags merkt, dass man die Morgendosis vergessen hat, kann man diese sicherlich nachträglich nehmen und die Abenddosis etwas später nehmen. Wenn es erst abends bei der Einnahme der Dosis bemerkt wird, dass man die morgendliche vergessen hat, würde man die morgendliche Dosis weglassen und ganz normal die Abenddosis nehmen und dann die Medikamente wieder in regelmäßigen Abständen einnehmen. Schwierig wird es beim Reise mit Zeitverschiebung – wenn Sie nach Amerika oder Asien fliegen, sprechen Sie bitte mit Ihrem Neurologen, wie Sie dann die Medikamente über die Zeitverschiebung am besten anpassen.

Wonach wird beurteilt, ob die Medikamente ausreichend wirken und was passiert, wenn sie nicht ausreichend wirken?

Medikamente gegen Epilepsie wirken dann ausreichend, wenn idealerweise keine Anfälle mehr auftreten und wenn auch keine nennenswerten Nebenwirkungen auftreten. Häufig ist es so, dass über die ersten Wochen doch bemerkt wird, dass jetzt ein Medikament genommen wird und es vielleicht am Anfang etwas müde macht oder andere Nebenwirkungen hat; das sollte sich aber mit der Zeit legen. Das Ziel ist zumindest zu Beginn der Behandlung, keine Anfälle und keine nennenswerten Nebenwirkungen zu haben – dann wirkt ein Medikament gut. Wenn das Medikament nicht gut wirkt, gibt es verschiedene Optionen. In der Regel wird ein Medikament in einer niedrigen Dosis gestartet, dann kann man das Medikament sukzessive weiter erhöhen. Wenn ein Medikament bis zur maximalen Verträglichkeit aufdosiert ist und immer noch nicht der gewünschte Effekt eingetreten ist, macht es Sinn, auf ein anderes umzustellen um zu schauen, ob dies den gewünschten Effekt besser erreichen kann.

Welche Nebenwirkungen können die Medikamente haben?

Antiepileptika haben sehr verschiedene Nebenwirkungen. Gemeinsam ist ihnen, dass sie im Gehirn wirken; jedes Medikament, das irgendwo wirkt, verursacht auch genau an diesem Ort Nebenwirkungen. Die meisten Nebenwirkungen von Antikonvulsiva sind Müdigkeit, Abgeschlagenheit, zum Teil etwas verlangsamtes Denken, Zittern oder Schwindel. Das sind alles Sachen, die vom Gehirn und somit vom Wirkort der Medikamente hervorgerufen werden. Es muss dazu gesagt werden, dass in der Mehrzahl der Fälle die Medikamente gut vertragen werden und keine Nebenwirkungen auftreten. Sollten aber Nebenwirkungen auftreten, sprechen Sie bitte mit Ihrem Neurologen über eine Dosisänderung oder eine Umstellung auf ein anderes Medikament, da hier im Moment sehr viele zur Wahl stehen und individuell auswählen können. Wichtig ist auch zu wissen, dass die Medikamente schon unterschiedliche Nebenwirkungsprofile haben; nicht jedes Medikament macht müde und nicht jedes Medikament verursacht ein Zittern und Ähnliches.

Was muss ich bei der Einnahme von Antiepileptika beachten?

Bei der Einnahme von Antikonvulsiva sollte beachtet werden, dass man sie regelmäßig nimmt und sie an bestimmten Tageszeiten nimmt, wo man sich gut dran erinnert und möglichst nicht vergisst. Es sollte auch darauf geachtet werden, dass man frühzeitig Nachschub bekommt, damit man nicht leer läuft und keine Tabletten nehmen kann, wenn man keine mehr hat. Was auch sinnvoll ist, ist Tabletten an unterschiedlichen Orten zu lagern – zu Hause, im Büro, im Auto, in der Handtasche oder an anderen Orten. Sollte einmal etwas dazwischenkommen und man ist zu dem Zeitpunkt, an dem man die Medikamente nehmen würde nicht zu Hause, ist es sinnvoll, immer etwas dabei zu haben.

Hier geht es zum Video-Interview: „Medikamentöse Behandlung bei Epilepsie”

Epilepsiechirurgie

Für wen ist ein epilepsiechirurgischer Eingriff geeignet?

Ein epilepsiechirurgischer Eingriff ist für Patienten und Patientinnen geeignet, die eine fokale Epilepsie haben; das ist eine Epilepsie, die von einem Punkt im Gehirn ausgeht. In vielen aufwendigen Untersuchungen kann man, wenn die Medikamente keine Anfallsfreiheit hervorrufen können, versuchen, diesen Punkt zu lokalisieren und gleichzeitig herauszufinden, ob man diesen Punkt entfernen kann, ohne dem oder der Betroffenen einen Schaden hinzuzufügen. Wenn das gegeben ist, kann ein epilepsiechirurgischer Eingriff sehr vielversprechend sein und eine Epilepsie sogar heilen.

Wann kann eine Epilepsie durch einen chirurgischen Eingriff geheilt werden, wann nur gelindert?

Ein epilepsiechirurgischer Eingriff kann dann eine Epilepsie heilen, wenn ich diesen epileptogenen Fokus bzw. die Stelle, an der die Epilepsie entsteht, vollständig entfernen kann. Wenn ich diesen nicht vollständig entfernen kann, weil beispielsweise so ein weiterer Schaden auftritt (wie z.B. eine Halbseitenlähmung oder eine Sprachstörung) dann kann ich eine Epilepsie vielleicht verbessern, aber vielleicht nicht ganz heilen. Unter diesen Umständen kann also zum Teil ein epilepsiechirurgischer Eingriff durchgeführt werden, der aber dann keine Heilung bringen würde. Ein anderes Beispiel für einen epilepsiechirurgischen Eingriff, der sehr viel Sinn macht, aber die Epilepsie nicht heilt ist eine sogenannte Kallosotomie. Das ist eine Durchtrennung der Verbindung zwischen den beiden Hirnhälften; das machen wir bei den Patienten, die während der Anfälle sehr schwer stürzen. Diese Anfälle führen immer wieder zu Verletzungen – diese Stürze können unterbunden werden. Die Kallosotomie ist sinnvoll, wenn Sie als Patient auf nichts anderes ansprechen; diese heilt die Epilepsie nicht, es werden dadurch aber sehr große Verbesserungen hervorgerufen.

Wie hoch ist die Erfolgschance bei einem epilepsiechirurgischen Eingriff?

Die Erfolgschance, durch einen epilepsiechirurgischen Eingriff anfallsfrei zu werden, liegt bei ca. zwei Drittel. Durch die Art des Eingriffs kann das sehr unterschiedlich sein – es kann aber nie eine hundertprozentige Erfolgsgarantie geben; diese gibt es in der Medizin häufig nicht.  Wenn man eine Temporallappenepilepsie hat, kann die Chance auf Anfallsfreiheit 70-80% sein – höher wird es in der Regel nie.

Was wird bei einem epilepsiechirurgischen Eingriff gemacht?

Bei einem epilepsiechirurgischen Eingriff wird ein Teil des Gehirns entfernt – der Teil des Gehirns, in dem die Epilepsie beginnt. Dieser Teil ist oft sehr klein – je besser man vorher festgestellt hat, woher die Epilepsie kommt, desto umschriebener kann man diese Operation gestalten. Es hört sich für viele sehr bedrohlich an, wenn ein Teil des Gehirns entfernt wird; jede Operation und gerade die am Kopf hat natürlich einen Komplikationsrisiko. Allerdings muss man auch sagen, dass Epilepsie und epileptische Anfälle ebenfalls ein Komplikations- bzw. Verletzungsrisiko haben – im schlimmsten Falle sogar das Risiko zu sterben – und wenn man das gegeneinander aufrechnet, ist das Risiko einer Operation heutzutage mit den modernen Mitteln gar nicht so hoch.

Wie lange dauert der Eingriff und der Aufenthalt im Krankenhaus?

Der Eingriff bei einer epilepsiechirurgischen Operation dauert in der Regel mehrere Stunden. Es kommt darauf an, wo das im Gehirn liegt, wie groß dieser Bereich ist und wie einfach es ist, ihn zu erreichen. Es gibt eine neue Operationsmethode, bei der man über einen Laser ein Gewebe erwärmen und damit sehr gut gesteuert zerstören kann, was bei manchen epilepsiechirurgischen Operationen in Frage kommt. Dies hängt von der Größe, Ausdehnung und Lage im Gehirn ab. In der Regel bleibt man eine Woche bis zehn Tage im Krankenhaus, bei einer Laseroperation etwas kürzer, da hier der Schädel nicht völlig eröffnet werden muss, sondern der Laser durch ein kleines Bohrloch eingeführt werden kann.

Wie schnell merke ich, ob der Eingriff erfolgreich war?

Wenn man einen epilepsiechirurgischen Eingriff durchgeführt hat, braucht man etwas Geduld, um beurteilen zu können, ob dieser Eingriff erfolgreich war. Es kommt auch darauf an, wie häufig die Anfälle vor der OP waren. Wenn jemand vor der OP vier Anfälle im Monat gehabt hat und nach der OP einen Monat anfallsfrei ist, dann ist das schon vielversprechend. Wenn jemand alle sechs Monate einen Anfall hat, muss man viel länger warten, um beurteilen zu können, ob die OP erfolgreich war. In der Regel kann man den Erfolg nach einem Jahr beurteilen und dann in jährlichen Abständen. Dazu ist auch zu sagen, dass die Antikonvulsiva nach einer epilepsiechirurgischen Operation zunächst weiter genommen werden müssen. Erst nach einer Zeit, die das Gehirn auch benötigt, um nach der Operation abzuheilen wird angefangen, die Antikonvulsiva zu reduzieren, wenn es denn in Absprache mit dem Neurologen und dem Patienten bzw. der Patientin gewünscht ist.

Welche Risiken birgt die Operation bei Epilepsie?

Ein epilepsiechirurgischer Eingriff birgt wie jeder neurochirurgische Eingriff Risiken. Die generellen Risiken einer Operation sind, dass man eine Infektion in das Gebiet schleppen kann oder dass es mal bluten kann, wenn man ein Gefäß verletzt. Das ist unabhängig davon, ob an der Hüfte oder am Kopf operiert wird. Im Gehirn kommt spezifiziert hinzu, dass es abhängig von dem Hirnareal, in dem ich operiere, potentiell weitere Einschränkung geben kann. Das hängt sehr davon ab, wo man operiert – wenn man in den Gedächtnisstrukturen operiert, kann eine leichte Gedächtnisstörung auftreten. Wenn man nahe dem Sprach-, dem Seh- oder dem Bewegungszentrum operiert wird, können entsprechend Sprachstörungen, Sehstörungen oder auch Lähmungen auftreten. In der Regel sind die Eingriffe so geplant, dass keine Störung auftritt und wenn man nah an diesen Bereichen ist, in denen Störungen auftreten können, dann gibt es sowohl Untersuchungsverfahren vor der OP als auch zum Teil Untersuchungsverfahren während der OP, um einen Schaden zu vermeiden.

Was kann ich tun, um den Heilungsprozess nach einem epilepsiechirurgischen Eingriff zu unterstützen?

Was man auch nach einem epilepsiechirurgischen Eingriff bedenken sollte ist, dass gerade wenn er erfolgreich ist und die Anfälle weg sind es einige Zeit dauern kann, bis der oder die Betroffene sich mit diesem Zustand arrangieren kann. Das liegt daran, dass eine chronische Erkrankung plötzlich nicht mehr vorhanden ist, die man über viele Jahre gehabt hat. Das ist für jemanden, der so eine Erkrankung nicht gehabt hat, kaum vorstellbar, was das bedeutet. Daher empfehlen wir auch Patienten, welche einen epilepsiechirurgischen Eingriff hinter sich haben, danach eine Rehabilitation durchzuführen und sich intensiv mit der neuen Situation auseinanderzusetzen. Für den einen ist es einfacher, für den anderen schwieriger – aber in dieser Situation darf man sich nicht scheuen, hier auch professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Hier geht es zum Video-Interview: „Epilepsiechirurgie”

Neurostimulation bei Epilepsie

Was ist eine Neurostimulation und wie funktioniert diese Therapie?

Die Neurostimulation ist ein Schrittmacher im Gehirn oder anzuführenden Nerven. Mit kleinen elektrischen Impulsen reizt man dabei Nervenzellen; das kann auf unterschiedliche Art und Weise getan werden. Zum einen kann man einen peripheren Nerv wie den Nervus vagus reizen, welcher am Hals und hoch ins Gehirn läuft. Wenn man hier kleine elektrische Impulse setzt, dann werden diese über den Nerv ins Gehirn transportiert; dort werden die Nervenzellen gereizt. Andererseits kann man auch Elektroden ins Gehirn einbringen – das ist dann die tiefe Hirnstimulation und dort reizen die elektrischen Impulse direkt bestimmte Nervenkerne oder Kerngebiete. Bei allen Stimulatoren kann ich dann die Häufigkeit, die Höhe der Stimulation und die Frequenz ändern. Das kann man von außen machen und den Stimulator entsprechend einstellen, genauso, wie ich diesen auch ausstellen kann. Es gibt somit den Vagusnervstimulator, der am Hals eingesetzt wird; es gibt die tiefe Hirnstimulation, die in bestimmte Hirnnervenregionen führt – bei Epilepsie der sogenannte anteriore Thalamuskern – und es gibt eine responsive Stimulation, die leider in Europa nicht zugelassen ist (nur in Amerika), die verschiedenen Gebiete des Gehirns überwachen kann. Dabei wird überwacht, ob ein Anfall auftritt – wenn ein Anfall auftritt, wird nur gezielt auf den Anfall stimuliert. Die bei uns gängigen und zugelassenen Stimulationsverfahren Vagusnervstimulation und tiefe Hirnstimulation sind Verfahren, in denen kontinuierlich stimuliert wird; in bestimmten Abständen von einigen Minuten werden bestimmte Impulse verabreicht.

Wann und für wen ist eine Neurostimulation bei Epilepsie sinnvoll?

Eine Neurostimulation bei Epilepsie ist eine sogenannte Add-on-Therapie. Das heißt, dass sie die initiale medikamentöse Behandlung nicht ersetzen kann; sie kann aber sehr wohl und auch relativ früh als Zusatzbehandlung eingeführt werden, wenn die Medikamente nicht den gewünschten Erfolg zeigen. Der Vorteil einer Stimulation ist, dass sie häufig andere Nebenwirkungen hat und weniger müde macht. Außerdem wirkt sie sich zum Teil auch positiv auf sogenannte Komorbiditäten aus; insbesondere bei Patienten, die an Epilepsie und Depression neigen ist z.B. der Vagusnervstimulator eine Therapieform, die beides behandeln kann.

Wie erfolgsversprechend ist die Neurostimulation bei Epilepsie?

Die Neurostimulation bei Epilepsie hat eine gute Chance, die Epilepsie zu verbessern. Sie wird bei therapierefraktären Epilepsien durchgeführt und hat eine geringe Chance, tatsächlich Anfallsfreiheit herbeizuführen; ähnlich wie ein anderes Medikament (ca. 5 bis 8 Prozent). Die Neurostimulation hat aber eine hohe Chance, dass sie eine Verbesserung der Anfallssituation herbeiführen kann. Wenn diese Verbesserung erreicht werden kann, dann ist sie auch über viele Jahre stabil. Was man hinzufügen sollte ist, dass der Effekt eines Stimulators nicht mit der OP einsetzt, sondern erst später mit den Einstellungen – das kann manchmal sechs bis zwölf Monate dauern, bis man die richtige Einstellung gefunden hat.

Wie und wo werden die Schrittmacher eingesetzt?

Stimulatoren bei Epilepsie werden in der Regel von Neurochirurgen oder Chirurgen in epilepsiechirurgischen Zentren implantiert. Insbesondere die tiefe Hirnstimulation wird ausschließlich von Neurochirurgen implantiert. Die Eingriffe dauern in der Regel wenige Stunden bis einen halben Tag und danach ist man relativ schnell vom Eingriff erholt. Beim Vagusnervstimulator kann es manchmal ein leichtes Kitzeln im Rachen oder Heiserkeit geben, wenn er stimuliert, sodass hier zum Teil die Stimulation von dem Patienten oder den Angehörigen bemerkt wird.

Wonach wird entschieden, welche Nervenstimulation bei mir eingesetzt wird?

Die Entscheidung, welche Neurostimulation bei Epilepsie eingesetzt wird, hängt von der Art der Anfälle, von der Häufigkeit der Anfälle und auch von der Invasivität der Stimulatoren ab. Einen Vagusnervstimulator zu implantieren ist etwas weniger invasiv als eine tiefe Hirnstimulation – für beides gibt es aber bestimmte Argumentationen, die der Neurologe oder Epilepsie-Experte mit Ihnen besprechen wird, wenn Sie ihn darauf ansprechen.

Welche Risiken birgt die Neurostimulation?

Die Risiken der Neurostimulation sind sehr überschaubar. Wie bei jeder OP kann es Infektionen geben – dann muss gegebenenfalls auch der Stimulator und vielleicht sogar auch die Elektrode wieder explantiert werden. Es kann auch bei der Implantation so wie bei jeder anderen Operation mal eine Blutung geben. In der Regel sind die Risiken aber sehr gering und überschaubar; hier wird höchste Vorsicht geboten, das Risiko so klein wie möglich zu halten. Wenn der Stimulator erst einmal gut implantiert ist, ist das Risiko für Komplikationen gering.

Welche Nebenwirkungen können typischerweise auftreten?

Bei der Neurostimulation können wie bei jeder anderen Therapie Nebenwirkungen auftreten. Am Vagusnervstimulator ist das vor allen Dingen ein Kitzeln im Rachen, ein leichtes Husten oder auch eine Heiserkeit während der Stimulation. Bei der tiefen Hirnstimulation sind Nebenwirkungen zum Teil unangenehme Empfindungen oder auch depressive Verstimmungen. Die Stimulationstärken können aber so gewählt werden und die entsprechenden Kontakte so stimuliert werden, dass man solche Nebenwirkungen meistens vermeiden kann.

Müssen die Stimulatoren nach einiger Zeit ausgetauscht werden?

Die Laufzeiten der Batterien in den Stimulatoren für Epilepsie sind in der Regel schon fünf bis acht Jahre. Hier kommt es darauf an, mit welcher Stärke und wie häufig stimuliert werden muss; daran hängt natürlich auch, wie lange die Batterie hält. Es gibt bei der tiefen Hirnstimulation einige Generatoren, die geladen werden können und deren Laufzeit länger als fünf bis acht Jahre ist. Wichtig ist zu wissen, dass beim Wechsel eines Generators nur der Stimulationsgenerator und nicht das Kabel, mit dem dieser im Körper angeschlossen ist, betroffen ist. Das heißt, dass die Operation lediglich unter dem Brustmuskel stattfinden muss, wo der Stimulator in der Regel sitzt aber nicht im Nervus vagus oder in den Hirnelektroden, wo dieser angeschlossen ist.

Hier geht es zum Video-Interview: „Neurostimulation bei Epilepsie”

Unterstützung der Therapie bei Epilepsie

Wann ist eine Psychotherapie bei Epilepsie sinnvoll?

Eine Psychotherapie bei Epilepsie ist sinnvoll, wenn es Behandlungsaspekte gibt, die man hiermit gut ansprechen kann. Wenn ein hoher Leidensdruck besteht oder vielleicht zusätzlich eine Angsterkrankung oder eine Depression besteht bzw. wenn eine sehr hohe Anfallsfrequenz besteht, ist eine Psychotherapie zu empfehlen. Interessant zu wissen ist es, gerade wenn z.B. auch eine Depression vorliegt, dass bei einer Verbesserung und Behandlung der Depression auch die Anfallsfrequenz gesenkt werden kann.

Wann wird eine Rehabilitation bei Epilepsie empfohlen und was kann dadurch erreicht werden?

Eine Rehabilitation bei Epilepsie ist empfohlen, wenn z.B. ein epilepsiechirurgischer Eingriff durchgeführt wurde oder wenn es durch die Epilepsie sogenannte kognitive Einschränkungen gibt – das sind Einschränkungen in der Denk- und Merkfähigkeit. In diesem Fall kann es Sinn machen, eine Rehabilitation durchzuführen.

Wie kann ich mit meinem Lebensstil das Risiko eines epileptischen Anfalls senken?

Bei einer Epilepsie kann durch den Lebensstil das Risiko eines epileptischen Anfalls durchaus beeinflusst werden. Beispielsweise können verstärkter Alkoholkonsum, Schlafentzug, Drogenkonsum oder Fieber die sogenannte Krampfschwelle senken. Das heißt, dass die Wahrscheinlichkeit, dass ein Anfall auftreten kann, steigt. Ich empfehle meinen Patienten in der Regel, das selbst ein bisschen auszutesten; das heißt nicht unbedingt, dass man keinen Tropfen Alkohol mehr trinken kann, aber es heißt, dass man größere Mengen von Alkohol und regelmäßige Alkoholeinnahme vermeiden sollte. Allerdings gibt es auch hier Patienten, die unterschiedlich schnell auf solche Träger ansprechen. Es gibt Patientinnen und Patienten, die nach einem geringen Schlafentzug schon sagen, dass die Wahrscheinlichkeit von Anfällen deutlich steigt. Es gibt Patienten, die sagen, dass sie mit Infekten deutlich mehr Anfälle haben. Zusätzlich gibt es auch Patienten, die durch Schlafentzug oder Alkohol gar keine Auswirkungen spüren. Deswegen ist dieses Risiko etwas, was man in Maßen, aber für sich selbst feststellen muss, ob die Epilepsie darauf anspricht oder nicht. Dann hat man es selbst in der Hand, mit täglichen Maßnahmen und dem eigenen Lebensstil die Häufigkeit der Anfälle und die Epilepsie zu beeinflussen.

Was ist eine ketogene Diät und warum wird sie bei Epilepsie empfohlen?

Eine ketogene Diät wird bei Epilepsie empfohlen, wenn es eine metabolische bzw. eine stoffwechselbedingte Ursache der Epilepsie gibt. Diese Diät ist auch bei bestimmten frühkindlichen Epilepsien – bei schweren Epilepsien im Kindes- und Kleinkindesalter – erfolgreich. Bei einer ketogenen Diät nimmt man keinen Zucker bzw. keine Kohlenhydrate zu sich, sondern nur bestimmte Fette – daraus gewinnt der Körper dann Energie und durch diese Umstellung des Stoffwechsels kann die Epilepsie begünstigt bzw. positiv beeinflusst werden. Die Atkins-Diät ist z.B. eine leichte ketogene Diät; eine richtige ketogene Diät würde eine strengere Einstellung haben.

Hier geht es zum Video-Interview: „Unterstützung der Therapie bei Epilepsie”

Geprüft: Prim. Priv.-Doz. Dr. Tim J. von Oertzen: Stand 19.08.2022, ON_13893_19092022 | Quellen und Bildnachweis

Die Kurse sind kein Ersatz für das persönliche Gespräch mit Ihrer Ärztin/Ihrem Arzt, sondern ein Beitrag dazu, PatientInnen und Angehörige zu stärken und die Arzt-Patienten-Kommunikation zu erleichtern.