Die Blutgerinnung (Hämostase) ist ein lebenswichtiger Prozess, der die Aufgabe hat, durch Verletzungen von Blutgefäßen entstandene Blutungen zu stoppen. Das verhindert einen übermäßigen Austritt von Blut aus dem Blutkreislauf und schafft die Voraussetzung für die Wundheilung. Im Normalfall setzt dieser Vorgang relativ schnell ein. Bei Menschen mit Hämophilie ist der Ablauf jedoch gestört, da bestimmte Faktoren der Gerinnungskaskade nicht hinreichend oder überhaupt nicht gebildet werden. Dadurch halten Blutungen deutlich länger an. Wenn Sie unter dieser Erkrankung leiden, sollten Sie deshalb bei jeder Tätigkeit vorsichtig sein, die ein großes Verletzungsrisiko birgt.
Univ. Prof. Dr. Pabinger-Fasching, Fachärztin für Innere Medizin, lehrt Hämostaseologie an der Medizinischen Universität in Wien und stellvertretende Leiterin der Klinischen Abteilung für Hämatologie und Hämostaseologie, beantwortet im Video "Leben mit Hämophilie" folgende Fragen:
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Was ist unter Hämophilie zu verstehen?
Hämophilie ist eine Erkrankung, bei der es durch eine genetische Veränderung zu einer Verminderung oder zu einem Fehlen von bestimmten Gerinnungsfaktoren kommt. Im Speziellen sind das Faktor VIII beziehungsweise Faktor IX.
Wie wird Hämophilie diagnostiziert?
Hämophilie wird dadurch diagnostiziert, dass man den Faktor VIII und den Faktor IX im Blut misst nach einer Blutabnahme, und dann kann im Labor die Verminderung festgestellt werden.
Vortests gibt es auch, zum Beispiel einen Globaltest, der aPPT heißt, die „aktivierte partielle Thromboplastinzeit“, wo man schon Hinweise auf eine Hämophilie finden kann. Aber der Beweis ist die Verminderung dieser Faktoren.
In weiterer Folge werden Zusatzuntersuchungen durchgeführt, und eine der wichtigen ist dabei eine genetische Untersuchung.
Welche medizinische Betreuung benötigen hämophile Patienten? Ist Hämophilie heilbar?
Ich möchte damit anfangen, dass Hämophilie nicht heilbar ist, jedenfalls nicht derzeit. Wenn man natürlich Zukunftsaspekte betrachten möchte, könnte man schon auch denken, dass zum Beispiel durch eine Gentherapie in Zukunft eine Heilung möglich ist. Im Moment ist es nicht heilbar.
Aber Hämophilie ist hervorragend behandelbar durch die Gabe von Faktorenkonzentraten, also die Substitution, die die Gerinnung dann bis zur Normalisierung bringen kann.
Was müssen hämophile Patienten im Alltag beachten?
Gott sei Dank ist es so, dass hämophile Patienten heute immer weniger im Alltag beachten müssen. Wichtig ist, und hier kommt es auf den Schweregrad an, dass bei schweren Hämophilen eine regelmäßige Gabe von Faktor VIII erfolgt. Das können die Patienten selber machen, so dass sie ihren Alltag und ihr Leben so führen können, wie sie es wünschen. Aber die Substitution und die Zeit, die dazu verwendet werden müssen, das muss in den Alltag eingeplant werden.
Leben mit Hämophilie auf den Punkt gebracht
Wichtig ist, dass ein Patient seine Hämophilie akzeptiert und gewisse Grundregeln beachtet.
Und das wichtigste für schwere Hämophilie ist hier die Substitution, die Gabe des Faktor-VIII- oder Faktor IX-Konzentrates entweder, und das ist der heutige Standard, vorbeugend beziehungsweise bei Bedarf bei Blutungen oder bei bestimmten Situationen, wo es verstärkt zu Blutungen kommen kann, zum Beispiel bei Operationen, nach Verletzungen oder vor besonderen körperlichen Belastungen.
Und wenn diese Regeln eingehalten werden, kann und soll der Patient durchaus sein Leben planen und sein Leben so führen, wie er es gern möchte.
Inhalte wurden in Zusammenarbeit mit Univ. Prof. Dr. Pabinger-Fasching entwickelt: Stand Jänner 2017