3. Bedeutung von Laborwerten bei Multiplem Myelom

Welche Laborwerte geben Hinweise auf den weiteren Krankheitsverlauf?

Um den Verlauf und die Schwere Ihrer Erkrankung besser einzuschätzen, schaut Ihr Behandlungsteam nicht nur auf das Blutbild, sondern auch auf weitere spezielle Werte im Blut. Besonders wichtig zur Einschätzung der Prognose sind dabei folgende Werte:

  • Albumin: Ein Eiweiß, das normalerweise in großer Menge im Blut vorhanden ist. Sinkt der Wert ab, kann das ein Hinweis auf eine fortgeschrittene Erkrankung sein.
  • Beta-2-Mikroglobulin: Ein Eiweiß, das durch die Vermehrung der Plasmazellen ansteigt. Je höher der Wert, desto aktiver ist das Multiple Myelom.
  • LDH (Laktatdehydrogenase): Ein Enzym , das auf eine erhöhte Krankheitsaktivität hinweisen kann, wenn es vermehrt im Blut vorkommt.

Anhand dieser Werte werden die Patient:innen in drei Risikostufen eingeteilt:

  • Stufe I: Niedriges Risiko
  • Stufe II: Mittleres Risiko
  • Stufe III: Hohes Risiko

Diese Einteilung gehört zum internationalen Prognosesystem (International Staging System, ISS). Die Werte werden nicht nur zur Diagnose bestimmt, sondern auch regelmäßig im Verlauf kontrolliert, um die Krankheit und den Erfolg einer Therapie besser einschätzen zu können.

Zusätzlich zu den Blutwerten kann manchmal auch das Erbgut der Krebszellen untersucht werden. Dabei schaut das Behandlungsteam, ob die Myelomzellen bestimmte „Veränderungen“ haben, die die Krankheit etwas aggressiver machen könnten. Diese Untersuchung nennt man Zytogenetik. Sie hilft dabei, das Risiko der Erkrankung noch besser einzuschätzen.

CRAB-Kriterien – Organschäden bei Multiplem Myelom erkennen

Neben den Prognosewerten spielen die sogenannten CRAB-Kriterien eine wichtige Rolle. Sie fassen typische Organschäden durch das Multiple Myelom zusammen:

  • C – Calcium: Erhöhter Kalziumwert durch Knochenschäden.
  • R – Renal: Nierenschäden bis hin zum Nierenversagen.
  • A – Anemia: Blutarmut durch verdrängte Blutbildung.
  • B – Bone: Knochenveränderungen oder -brüche.

Diese vier Kriterien helfen, die Krankheitsschwere einzuschätzen und festzustellen, ob ein sofortiger Therapiebeginn notwendig ist.

Was bedeuten die Begriffe „M-Protein“ und „veränderte Leichtketten“?

Bei Multiplem Myelom bilden die krankhaften Plasmazellen Eiweiße , sogenannte Immunglobuline . Diese können entweder vollständig oder unvollständig sein:

Man unterscheidet zwei Formen dieser Eiweiße:

  • Komplette Antikörper (Immunglobuline): Antikörper, auch Immunglobuline genannt, sind Eiweißstoffe, die normalerweise vom Immunsystem gebildet werden, um Krankheitserreger, wie Viren oder Bakterien abzuwehren. Es gibt verschiedene Typen von Immunglobulinen, zum Beispiel IgG, IgA und IgM. Jeder dieser Typen hat eine bestimmte Aufgabe im Immunsystem. Bei Multiplem Myelom können die krankhaften Plasmazellen einen dieser Antikörper in ungewöhnlich großer Menge herstellen. Dieser Antikörper wird als „kompletter“ Antikörper bezeichnet und lässt sich mit der Eiweißelektrophorese im Blut nachweisen. Bei der Eiweißelektrophorese (Verlinkung zu Lektion 2) zeigt sich bei Multiplem Myelom ein auffälliger Ausschlag in der bildlich dargestellten Kurve, welcher M-Protein genannt wird.
  • Inkomplette Antikörper (Leichtketten): Antikörper bestehen normalerweise aus sogenannten Eiweißketten – zwei schweren und zwei leichten. Erst zusammen ergeben sie einen „kompletten“ Antikörper. Bei manchen Patient:innen bildet das Multiple Myelom nur diese sogenannten Leichtketten und keine ganzen Antikörper. Diese Leichtketten können sich im Blut anreichern und gelangen auch in den Urin. Dort können sie als Bence-Jones-Proteine nachgewiesen werden. Bildet das Myelom keine „kompletten“ Antikörper, sondern nur Leichtketten, spricht man von einem Leichtketten-Myelom.

Ob ein Multiples Myelom komplette Antikörper oder nur Leichtketten bildet, sagt aber nicht eindeutig aus, ob die Erkrankung insgesamt milder oder schwerer verläuft. Entscheidend sind viele Faktoren, wie genetische Veränderungen der Plasmazellen und das Ansprechen auf die Therapie.

Wichtig: Mit der Eiweißelektrophorese können nur „komplette“ Antikörper (Immunglobuline) nachgewiesen werden. „Inkomplette“ Antikörper (Leichtketten) müssen mit speziellen Tests im Blut oder Urin gemessen werden.

Warum werden auch Nieren- und Kalziumwerte überprüft?

Das Multiple Myelom kann verschiedene Organe schädigen. Zwei besonders wichtige Bereiche sind die Knochen und die Nieren.

  • Kalziumwerte: Wenn die Plasmazellen den Knochen angreifen, kann Kalzium freigesetzt werden. Ein erhöhter Kalziumwert im Blut kann Beschwerden wie Übelkeit, Erbrechen, Herzrhythmusstörungen oder starke Müdigkeit verursachen und ist im Labor messbar.
  • Nierenwerte: Eiweißstoffe, die bei Multiplem Myelom gebildet werden, können sich in der Niere ablagern und ihre Funktion beeinträchtigen. Dies zeigt sich im Blut vor allem durch einen erhöhten Kreatininwert. In schweren Fällen kann es bis zum Nierenversagen kommen.

Kalzium- und Nierenwerte werden regelmäßig überprüft, damit mögliche Organschäden früh erkannt und rechtzeitig behandelt werden können.

Fragen Sie nach!

Bitten Sie Ihr Behandlungsteam, Ihnen die wichtigsten Werte wie Albumin, Beta-2-Mikroglobulin, LDH , Kreatinin und Kalzium zu erklären. Wenn Sie wissen, was diese Werte bedeuten, können Sie Ihre Befunde besser nachvollziehen und Veränderungen leichter verstehen.

Diesen Kurs bewerten

Ihr Feedback hilft anderen Nutzern die für sie passenden Kurse zu finden.

4 / 5 (5)

Bisher keine Bewertungen! Sei der Erste, der diesen Beitrag bewertet.

Wir freuen uns über Ihr Feedback

Wir entwickeln fortlaufend neue Kurse und lernen dabei nie aus. Dabei berücksichtigen wir gerne Ihre Wünsche und Anregungen. Wir freuen uns daher sehr über Ihr Feedback. Bitte beachten Sie, dass wir keine personenbezogenen medizinischen Auskünfte geben können. Sollten Sie dazu Fragen haben, klären Sie diese bitte in einem persönlichen Gespräch mit Ihrer Ärztin/Ihrem Arzt.


    (Optional - Sollten Sie eine Antwort wünschen)

    Prof. Dr. Ralph Wäsch: Stand Dezember 2025 | Quellen und Bildnachweis
    Antikörper
    (Immunoglobuline)
    Eiweiße (Proteine), die von Zellen des Immunsystems gebildet werden, um Krankheitserreger wie Bakterien oder Viren zu bekämpfen. Bei manchen Erkrankungen kann es zu einer fehlgeleiteten Bildung von Antikörpern gegen körpereigene Zellen oder Strukturen kommen.
    Eiweiße
    (Proteine)
    Eiweiße, auch bekannt als Proteine, sind Makromoleküle, die aus Ketten von Aminosäuren bestehen. Sie spielen eine entscheidende Rolle im Aufbau und der Funktion von Zellen und Geweben im Körper.
    Enzym
    körpereigener Stoff, der biochemische Reaktionen steuert und schneller und effizienter ablaufen lässt.
    Immunglobuline

    Immunglobuline sind Abwehrstoffe des Körpers. Sie werden auch Antikörper genannt und helfen dabei, Krankheitserreger wie Viren oder Bakterien zu erkennen und zu bekämpfen. Es gibt verschiedene Arten von Immunglobulinen, zum Beispiel IgG, IgA oder IgM.

    LDH
    Abkürzung für Laktat-Dehydrogenase. Dieses Enzym entsteht beim Abbau von Zellen. Ein erhöhter LDH-Wert deutet auf viele absterbende Zellen hin und ist bei verschiedenen Tumorerkrankungen erhöht. 
    Leichtketten
    Leichtketten sind Bestandteile von Antikörpern, die eine wichtige Rolle bei der Bildung und Funktion des Immunsystems spielen.
    Multiples Myelom
    Das Multiple Myelom ist eine bösartige Tumorerkrankung, die von den Plasmazellen des Knochenmarks ausgeht und zur Gruppe der Non-Hodgkin-Lymphome zählt.
    Plasmazellen
    Plasmazellen sind eine besondere Form der weißen Blutkörperchen, welche Antikörper bilden.