2. Befunde zur Diagnose bei Multiplem Myelom

Blut- und Urinuntersuchungen bei Verdacht auf ein Multiples Myelom

Neben den Veränderungen im Blutbild liefern vor allem Eiweißmessungen im Blut oder Urin entscheidende Hinweise auf ein Multiples Myelom . Besonders wichtig sind dabei die sogenannten Antikörper , eine spezielle Gruppe von Eiweißen, die normalerweise Krankheitserreger erkennen und bekämpfen.

Ein zentrales Merkmal des Multiplen Myeloms ist die Bildung von monoklonalen Eiweißen. Das bedeutet, dass die krankhaften Plasmazellen immer wieder dieselbe Eiweißart herstellen – entweder vollständige Antikörper (Immunglobuline ) oder nur Teile davon (Leichtketten ). Anders als normale Antikörper erfüllen diese Eiweiße keine Aufgaben im Immunsystem, sind also nutzlos. Sie können zuverlässig im Blut oder Urin gemessen werden. Die Menge dieser Eiweiße zeigt an, wie aktiv die Erkrankung ist.

Darüber hinaus können die Eiweißstoffe, die durch das Multiple Myelom produziert werden, weitere Blutwerte verändern:

  • Kreatinin: zeigt die Nierenfunktion an. Ein erhöhter Wert kann ein Hinweis darauf sein, dass die Eiweißstoffe, die durch das Multiple Myelom produziert werden, die Nieren belasten.
  • Kalzium: steigt an, wenn Knochen durch das Multiple Myelom geschädigt werden und Kalzium freigesetzt wird. Ein erhöhter Wert kann zu Beschwerden wie Müdigkeit, Übelkeit oder Herzrhythmusstörungen führen.

Eiweißelektrophorese einfach erklärt

Die Eiweißelektrophorese ist eine Untersuchung, bei der die verschiedenen Eiweißbestandteile im Blut voneinander getrennt und sichtbar gemacht werden. Das Ergebnis wird als Kurve dargestellt.

  • Normale Eiweißverteilung im Blut: Das Ergebnis wird als Kurve dargestellt. Man sieht dabei mehrere Wellen oder „Hügel“. Einer der größten Hügel steht für das Albumin, daneben folgen kleinere Hügel für die verschiedenen anderen Arten von Eiweiß. Der Bereich der Immunglobuline zeigt sich normalerweise als breiter, flacher Hügel.
  • Eiweißverteilung bei Multiplem Myelom: Anders als bei einer normalen Eiweißverteilung im Blut, erkennt man bei einem Multiplen Myelom oft Unregelmäßigkeiten. Statt eines gleichmäßigen Hügels erscheint im Bereich der Immunglobuline ein spitzer, hoher Ausschlag – wie eine Nadelspitze. Dieser Ausschlag wird auch M-Protein genannt und zeigt, dass eine Sorte Eiweiß in ungewöhnlich großer Menge produziert wird.

Die Eiweißelektrophorese macht so erkennbar, ob krankhafte Eiweiße (Paraproteine) im Blut vorkommen. Die Kurve verändert sich dann auffällig. Zusätzlich lässt sich auch die genaue Menge dieser Eiweiße durch eine solche Untersuchung bestimmen.

Welche Rolle spielen Knochenmarkuntersuchungen und bildgebende Verfahren?

Da sich die krankhaften Plasmazellen im Knochenmark vermehren, ist eine Knochenmarkuntersuchung für die Diagnose unverzichtbar. Dabei wird unter lokaler Betäubung mit einer dünnen Nadel Knochenmark aus dem Beckenkamm entnommen. Dieses Material wird anschließend auf den Anteil der Plasmazellen untersucht. Zusätzlich kann auch die Genetik der Plasmazellen analysiert werden. Manche genetischen Veränderungen sprechen für einen milderen, andere für einen ungünstigeren Krankheitsverlauf. Diese Information hilft den Ärzt:innen, die Therapie bestmöglich auf Ihre individuelle Situation abzustimmen.

Auch die Bildgebung ist wichtig, da Plasmazellen im Knochenmark sogenannte Osteolysen – also Löcher im Knochen – verursachen können. Früher wurden dafür einfache Röntgenbilder genutzt, heute ist die Ganzkörper-Computertomografie (CT ) mit niedriger Strahlendosis Standard, um Knochenschäden zuverlässig sichtbar zu machen.

Wann ist welche Untersuchung notwendig?

Welche Untersuchungen durchgeführt werden und wie man das Multiple Myelom feststellt, hängt stark von den Beschwerden ab:

  • Knochenschmerzen oder Knochenbrüche ohne Unfall: Wenn Patient:innen mit unklaren Knochenschmerzen leben oder es sogar zu Knochenbrüchen ohne einen vorhergehenden Unfall kommt, wird zur Abklärung der Ursache für diese Beschwerden meist ein CT durchgeführt. Wenn sich dabei Knochenschäden zeigen, die auf ein Myelom hindeuten, folgen Blut- und Knochenmarksuntersuchungen.
  • Nierenschäden: Treten beispielsweise vermehrte Wasseransammlungen auf oder ist der Kreatininwert im Blut erhöht, wird zunächst die Nierenfunktion überprüft. Danach erfolgen weitere Untersuchungen zur Abklärung eines Multiplen Myeloms.
  • Blutarmut (Anämie ): Häufig fällt der Verdacht auf Multiples Myelom durch ein Blutbild, das zu wenige rote Blutkörperchen zeigt. Danach folgt eine Analyse der Eiweiße im Blut, wie die Eiweißelektrophorese und weitere Tests.

In allen Fällen gilt: Nur die Kombination aus Blutbild, Eiweißanalysen, Knochenmarkuntersuchung und Bildgebung ermöglicht eine sichere Diagnose.

Befunde im Überblick behalten

Die Vielzahl an Untersuchungen kann verwirrend wirken. Bitten Sie Ihr Behandlungsteam, Ihnen die wichtigsten Ergebnisse schriftlich zu geben – etwa Blutwerte, Eiweißbefunde oder Hinweise aus der Bildgebung. So behalten Sie selbst den Überblick und können Veränderungen im Verlauf besser nachvollziehen.

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    Prof. Dr. Ralph Wäsch: Stand Dezember 2025 | Quellen und Bildnachweis
    Anämie
    Verminderung der roten Blutkörperchen oder des Hämoglobins im Blut, die zu einer reduzierten Sauerstoffversorgung des Körpers führt. Symptome können Müdigkeit, Schwäche und Blässe sein.
    Antikörper
    (Immunoglobuline)
    Eiweiße (Proteine), die von Zellen des Immunsystems gebildet werden, um Krankheitserreger wie Bakterien oder Viren zu bekämpfen. Bei manchen Erkrankungen kann es zu einer fehlgeleiteten Bildung von Antikörpern gegen körpereigene Zellen oder Strukturen kommen.
    Bildgebende Verfahren
    Sind medizinische Techniken, mit denen Ärzte Bilder vom Inneren des Körpers erstellen können. Beispiele sind Röntgen, Ultraschall, Computertomographie (CT) und Magnetresonanztomographie (MRT). Diese Methoden helfen dabei, Krankheiten zu erkennen und zu überwachen, ohne dass eine Operation nötig ist.
    CT
    (Computertomografie)
    Bildgebendes Verfahren. Dabei werden Röntgenstrahlen aus verschiedenen Richtungen durch den Körper geführt. Ein Computer verarbeitet die so erzeugten Bilder zu einer Schnittbildreihe. Dadurch ist eine genaue Beurteilung des untersuchten Körperteiles möglich. So können beispielsweise Lage und Größe von Organen und Tumoren dargestellt werden. Die Untersuchung ist schmerzlos.
    Eiweiße
    (Proteine)
    Eiweiße, auch bekannt als Proteine, sind Makromoleküle, die aus Ketten von Aminosäuren bestehen. Sie spielen eine entscheidende Rolle im Aufbau und der Funktion von Zellen und Geweben im Körper.
    Immunglobuline

    Immunglobuline sind Abwehrstoffe des Körpers. Sie werden auch Antikörper genannt und helfen dabei, Krankheitserreger wie Viren oder Bakterien zu erkennen und zu bekämpfen. Es gibt verschiedene Arten von Immunglobulinen, zum Beispiel IgG, IgA oder IgM.

    Leichtketten
    Leichtketten sind Bestandteile von Antikörpern, die eine wichtige Rolle bei der Bildung und Funktion des Immunsystems spielen.
    Multiples Myelom
    Das Multiple Myelom ist eine bösartige Tumorerkrankung, die von den Plasmazellen des Knochenmarks ausgeht und zur Gruppe der Non-Hodgkin-Lymphome zählt.
    Plasmazellen
    Plasmazellen sind eine besondere Form der weißen Blutkörperchen, welche Antikörper bilden.