2. Arbeit, Beruf und Wiedereinstieg bei Multiplem Myelom

Kann ich trotz Krebserkrankung weiterarbeiten?

Wenn Sie an einem Multiplen Myelom erkrankt sind, können Sie grundsätzlich weiterarbeiten. Ob das in Ihrem Fall möglich ist, hängt aber stark von Ihrem persönlichen Gesundheitszustand, Ihrer Therapie und Ihrer Belastbarkeit ab. Viele Betroffene wünschen sich nach der Behandlung, wieder ins Berufsleben zurückzukehren. Beschwerden, wie Müdigkeit, Schmerzen oder eine geringere Belastbarkeit können diesen Schritt jedoch erschweren. Es ist daher normal, dass es immer wieder zu Krankmeldungen kommt.

Der Weg zurück in den Alltag und ins Berufsleben ist ein wichtiger, aber häufig auch emotional und organisatorisch herausfordernder Schritt. Dabei kommt es vor allem darauf an, die individuellen Möglichkeiten und Grenzen realistisch einzuschätzen und die hierfür bestehenden gesetzlichen Regelungen sowie Hilfsangebote zu kennen und zu nutzen.

Gespräch am Arbeitsplatz: Was steht mir als Krebspatient:in alles zu?

Die Rückkehr an Ihren Arbeitsplatz ist ein gemeinsamer Prozess. Dies gelingt am besten, wenn alle Beteiligten offen und respektvoll miteinander sprechen. Viele Patient:innen sind unsicher, wie viel sie ihrem Arbeitgeber über die Diagnose sagen müssen. Grundsätzlich gilt: Sie sind nicht verpflichtet Ihre genaue Diagnose mitzuteilen. Wichtig ist nur, dass Ihr Arbeitgeber über Einschränkungen oder benötigte Hilfsmittel informiert ist, damit er Sie bei Ihrer Arbeit unterstützen kann. Ihr Arbeitgeber hat eine Fürsorgepflicht und muss Ihre Rückkehr in die Arbeit unterstützen. Das kann zum Beispiel bedeuten, den Arbeitsplatz anzupassen, zum Beispiel durch höhenverstellbare Schreibtische, einen ruhigeren Arbeitsplatz, weniger körperlich belastende Arbeit, flexible Arbeitszeiten, Homeoffice oder einen schonenderen Aufgabenbereich.

Nutzen Sie auch die Unterstützung in Ihrem Betrieb: Betriebsärztinnen und Betriebsärzte, der Betriebsrat oder eine Schwerbehindertenvertretung können sich für Ihre Interessen einsetzen. Besonders wichtig ist auch das sogenannte „betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM)“. Es soll helfen, Ihren Arbeitsplatz dauerhaft an Ihre gesundheitlichen Voraussetzungen anzupassen und Ihre Belastbarkeit zu berücksichtigen.

Denken Sie an sich selbst: Überlegen Sie vorab, wie Ihr Arbeitsalltag idealerweise aussehen sollte. Welche Aufgaben sind gut machbar, welche eher belastend? Bringen Sie Ihre Wünsche und Vorstellungen in die Gespräche mit ein, so können gemeinsam Lösungen gefunden werden, die zu Ihnen passen.

Stufenweise Wiedereingliederung: Ihr sicherer Weg zurück in den Job

Nach Monaten oder sogar einem Jahr krankheitsbedingter Abwesenheit kann der Gedanke an die Rückkehr in die Arbeitswelt Angst, Unsicherheiten und viele organisatorische Fragen mit sich bringen. Damit Sie diesen Schritt nicht allein gehen müssen, gibt es das Modell der stufenweisen Wiedereingliederung, auch „Hamburger Modell“ genannt.

Dabei starten Sie zum Beispiel mit 2 Stunden Arbeit pro Tag und steigern Ihre Arbeitszeit Schritt für Schritt. Ihr:e Hausärzt:in oder das Reha-Team erstellt gemeinsam mit Ihnen einen individuellen Stufenplan. Ziel ist, dass Sie nicht abrupt in Ihren alten Arbeitsumfang zurückkehren, sondern sich langsam wieder an den Berufsalltag gewöhnen. Die Wiedereingliederung kann je nach individueller Situation 6 Wochen oder manchmal auch bis zu 3 Monate oder länger dauern. Während der Wiedereingliederung erhalten Sie weiterhin Krankengeld von Ihrer Krankenkasse. Ihr Arbeitgeber zahlt in dieser Phase noch kein Gehalt. So können Sie Ihre Belastbarkeit im vertrauten Rahmen Ihres Arbeitsplatzes in Ruhe ausprobieren und Schritt für Schritt steigern.

Wichtig ist in dieser Zeit vor allem Flexibilität und Offenheit. Niemand erwartet, dass Sie sofort wieder Ihr altes Pensum schaffen! Gemeinsam mit Ihren Ärzt:innen, der Reha-Fachkraft und im Gespräch mit Ihrem Betrieb können Sie den Plan jederzeit anpassen, etwa kurzfristig die Stundenzahl wieder reduzieren oder auch schneller erhöhen, falls es Ihnen besser geht als gedacht.

Flexible Modelle und Planung für die Zukunft

Die heutige Arbeitswelt bietet viele Möglichkeiten, Arbeit flexibel zu gestalten. Neben dem klassischen Wiedereinstieg an Ihren bisherigen Arbeitsplatz kommen Teilzeitlösungen, Homeoffice, Tätigkeiten mit geringerer Belastung oder langfristige Änderungen (z. B. Umsetzung in andere Abteilungen) infrage. Mit einem Schwerbehindertenausweis besteht ein zusätzlicher rechtlicher Schutz und Unterstützung durch die Integrationsämter. Weitere Informationen zum Schwerbehindertenausweis finden sie in der nächsten Lektion (Sozialrechtliche Fragen bei Multiplem Myelom).

Die Rückkehr ins Berufsleben nach einer Krebserkrankung braucht Zeit, Mut und oft viele kleine Schritte. Gesetzliche Regelungen und sozialrechtliche Schutzmechanismen unterstützen Sie auf Ihrem Weg. Nutzen Sie ärztliche und betriebliche Beratung, sowie die Beratung durch z.B. Krebsberatungsstellen. Seien Sie offen für flexible Arbeitsmodelle und holen Sie sich aktiv Hilfe bei allen Hindernissen, die sich auf diesem Weg ergeben. So gelingt es, auf Ihren individuellen Möglichkeiten und Ressourcen aufbauend, wieder aktiv am beruflichen Leben teilzuhaben und die eigene Zukunft im Beruf selbstbestimmt zu gestalten.

Erwerbsminderungsrente und Nahtlosigkeitsregelung

Sollte eine vollständige Berufsausübung auf absehbare Zeit unmöglich sein, informieren Sie sich rechtzeitig über Möglichkeiten der (teilweisen) Erwerbsminderungsrente. Diese ist eine staatliche Rente und eine wichtige finanzielle Absicherung, wenn aufgrund einer Erkrankung wie dem Multiplen Myelom das Arbeiten nicht mehr oder nur noch eingeschränkt möglich ist. Bei der Erwerbsminderungsrente wird zwischen voller und teilweiser Erwerbsminderungsrente unterschieden:

  • Voll erwerbsgemindert sind Sie, wenn Sie wegen Ihrer gesundheitlichen Einschränkung auf absehbare Zeit nicht mehr in der Lage sind, mindestens 3 Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu arbeiten. Sie erhalten dann die „volle Erwerbsminderungsrente“. Diese soll den Verdienstausfall weitgehend ausgleichen, wenn eine Erwerbstätigkeit gar nicht mehr möglich ist.
  • Teilweise erwerbsgemindert sind Sie, wenn Sie zwar nicht mehr voll arbeiten können, aber noch zwischen 3 und 6 Stunden täglich arbeiten könnten. In diesem Fall steht Ihnen die „teilweise Erwerbsminderungsrente“ zu, deren Höhe etwa die Hälfte der vollen Rente beträgt. Ergänzend können Sie, je nach gesundheitlichem Zustand, einen Teilzeitjob ausüben oder auf einen sogenannten „Teilerwerb“ (Teilzeit-Arbeit trotz gesundheitlicher Einschränkung) setzen.

Wenn in der Regel Ihr Krankengeld ausläuft und noch nicht über Ihre Erwerbsminderungsrente entschieden wurde, greift die Nahtlosigkeitsregelung. Diese sorgt dafür, dass Sie finanziell abgesichert bleiben und Arbeitslosengeld I bekommen, auch wenn Sie die üblichen Voraussetzungen (zum Beispiel mindestens 3 Stunden tägliche Erwerbsfähigkeit) momentan nicht erfüllen. So bleibt Ihr Lebensunterhalt gesichert, während über Ihren Rentenantrag entschieden wird.

Tipps für Ihre langfristige Planung:

  • Holen Sie sich frühzeitig Beratung, wenn Ihre Erwerbsfähigkeit länger gefährdet ist.
  • Denken Sie auch daran, Ihren Verlauf (z. B. Arbeitsunfähigkeitstage) sorgfältig zu dokumentieren, z. B. mithilfe eines Kalenders. Das hilft nicht nur bei Schriftwechseln mit der Krankenkasse und Rentenversicherung, sondern entlastet Sie auch emotional, weil Sie stets einen Überblick behalten.

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    Geprüft Sabine Mahner: Stand September 2025 | Quellen und Bildnachweis
    Die Kurse sind kein Ersatz für das persönliche Gespräch mit Ihrer Ärztin/Ihrem Arzt, sondern ein Beitrag dazu, PatientInnen und Angehörige zu stärken und die Arzt-Patienten-Kommunikation zu erleichtern.