Angst vor Spritzen (Trypanophobie) ist weit verbreitet. Etwa 10–20 % der Menschen haben eine ausgeprägte Angst vor Injektionen , Infusionen und Nadeln ganz generell. Dies kann den Alltag erschweren, etwa, wenn Angst vor Blutabnahmen und anderen Eingriffen besteht, die ab und zu notwendig sind. Wissen kann diese Angst verringern. In dieser Schulung erfahren Sie von der medizinischen Bedeutung von Spritzen und lernen alle Arten von Injektionen kennen. Auch praktische Tipps sollen Ihnen dabei helfen, die Angst vor Spritzen zu reduzieren: von der Vorbereitung über hilfreiche Methoden gegen Spritzenangst sowie Tipps für eine offene Kommunikation. Lernen Sie außerdem, selbst Spritzen sicher anzuwenden und Kinder bei Angst zu unterstützen.
Einleitung durch Christel Madelaine-Bonjour, MScN
Guten Tag. Ich heiße Christel Madelaine. Ich bin Fachkrankenschwester im Universitätsspital von Lausanne.
Ich arbeite hauptsächlich in der rheumatologischen Ambulanz, wo wir Patienten mit entzündlichen rheumatischen Erkrankungen, aber auch solche mit Arthrosen behandeln. Unser Team aus Schwestern und Pflegern verfügt über große Erfahrung bei der Förderung von Selbstbestimmung und Selbstmanagement. Ein besonderer Schwerpunkt ist dabei das Erlernen der Selbstinjektion.
In diesem Kurs lernen Sie die verschiedenen Methoden kennen, mit denen Injektionen verabreicht werden können. Außerdem verraten wir Ihnen ein paar Tricks und erklären Ihnen, wie Sie Selbstinjektionen sicher und unabhängig zu Hause durchführen können.
Hier geht es zur Einleitung des Kurses: „Angst vor Spritzen überwinden“
Die Anwendung von Spritzen verstehen
Warum werden in der Medizin Spritzen verwendet?
Spritzen werden verwendet, um Behandlungen als Injektion zu verabreichen oder um Körperflüssigkeiten zu gewinnen, die für diagnostische Zwecke untersucht werden sollen. Im therapeutischen Bereich, wenn es also um die Behandlung von Erkrankungen geht, werden oft Antibiotika als Injektion verabreicht, wenn eine Infektion vorliegt. Ebenso können zum Zwecke der Schwangerschaftsverhütung Hormone als Injektion gegeben werden. Andere wichtige Therapien, die als Injektion gegeben werden, sind Chemotherapeutika oder, bei Menschen mit Autoimmunkrankheit, Immunsuppressiva . Auch manche Schmerzmittel werden als Injektion verabreicht. Im diagnostischen Bereich wird mit Spritzen vor allem Blut abgenommen. Manchmal werden auch andere Flüssigkeiten gewonnen, zum Beispiel aus einem Gelenk.
Welche Vorteile haben Injektionen im Vergleich zu anderen Verabreichungsmethoden?
Injektionen haben gegenüber anderen Verabreichungsmethoden vor allem den Vorteil, dass das Medikament sehr schnell in den Körper aufgenommen wird.
Darüber hinaus ermöglichen Injektionen die Verabreichung von Medikamenten, die ihre Wirkung verlieren würden, wenn sie über den Verdauungstrakt, also den Magen und Darm, zugeführt werden. Ein weiterer Vorteil von Injektionen ist, dass auf diese Weise bewusstlose Patienten und solche, die keine Tabletten oder Kapseln schlucken können, behandelt werden können. Dabei ist unbedingt zu beachten: Die Verabreichungsmethode muss auf die Situation und die Erfordernisse beim Patienten abgestimmt sein. Eine Notfallsituation erfordert eine andere Verabreichungsmethode als eine schon lange bestehende, also „chronische“ Situation. Darüber hinaus gibt es einige Behandlungen, die nur über eine bestimmte Methode verabreichen werden können. Und schließlich gibt es Behandlungen, die in bestimmten Abständen verabreicht werden können, also durch einzelne Injektionen, und Behandlungen, die kontinuierlich verabreicht werden. Bei kontinuierlicher Verabreichung spricht man von einer Infusion .
Welche verschiedenen Arten von Spritzen gibt es?
Grundsätzlich gibt es zwei große Gruppen von Spritzen: Vorgefüllte Spritzen, auch Fertigspritzen genannt, die sofort verwendet werden können, und Spritzen, die erst noch vom medizinischen Fachpersonal vorbereitet werden müssen. Spritzen, die erst noch vom medizinischen Fachpersonal vorbereitet werden müssen, werden nicht zur Selbstinjektion durch Patienten verwendet. Sie werden in Ihrem Alltag daher vor allem mit zwei verschiedenen Spritzentypen zu tun haben: Autoinjektoren und Fertigspritzen: Autoinjektoren sind bereits vorbefüllt und leicht zu bedienen. Fertigspritzen sind ebenfalls bereits mit dem Medikament vorbefüllt, ihre Anwendung ist aber etwas aufwendiger.
Spritzen und Autoinjektoren sind für die Verabreichung von Medikamenten, also zur Behandlung, vorgesehen. Daneben gibt es andere Situationen, wie zum Beispiel Blutentnahmen. Diese sind häufig bei chronischen Krankheiten erforderlich und man wird eher Materialien verwenden, die so aussehen. Die verwendeten Materialien sind jedoch von Spital zu Spital und von Land zu Land unterschiedlich. Die Materialien, mit denen man Ihnen Blut abnimmt, werden also nicht immer gleich aussehen. Aber das Grundprinzip ist gleich: Eine Nadel wird in eine Vene eingeführt, und die Nadel ist mit einem kleinen Röhrchen verbunden, in dem das Blut gesammelt wird.
Hier geht es zum Video-Interview: „Die Anwendung von Spritzen verstehen“
Verabreichungsformen von Spritzen
Was ist der Unterschied zwischen subkutanen Injektionen, intramuskulären Injektionen und intravenösen Injektionen?
Der Unterschied zwischen diesen drei Arten von Injektionen besteht in der Stelle, an welcher die Injektion verabreicht wird. Intravenöse Injektionen werden in eine Vene, intramuskuläre Injektionen in einen Muskel und subkutane Injektionen unter die Haut verabreicht. Alle drei Arten von Injektionen haben Vorteile und Nachteile. Es hängt jeweils von der Behandlung ab, welche Art gewählt wird. Außerdem hängt es von der Geschwindigkeit und von der Situation ab, in der sich der Patient befindet.
Warum gibt es verschiedene Arten von Injektionen?
Es gibt verschiedene Verabreichungsmethoden oder -wege, weil nicht alle Medikamente auf die gleiche Art und Weise verabreicht werden können.
Als intravenöse Injektion wird man vor allem Medikamente verabreichen, die schnell vom Körper aufgenommen werden müssen und ein großes Volumen haben. Als intramuskuläre Injektion werden eher Medikamente mit mittlerem Volumen verabreicht. Das sind vor allem Impfstoffe und zum Beispiel Vitamine. Dagegen können bei der subkutanen Injektion nur ganz kleine Mengen gespritzt werden. Die Höchstmenge sind zwei Milliliter. Subkutane Injektionen wählt man ebenfalls für Impfungen. Und für eine Langzeitbehandlung bei chronischen Krankheiten. Sie haben gegenüber den anderen Injektionen den Vorteil, dass sie dem Patienten Autonomie geben. Denn subkutane Injektionen ermöglichen den Patienten, dass sie sich ihre Behandlung irgendwann selbst zu Hause verabreichen können.
Manche Behandlungen lassen sich auf zwei unterschiedliche Weisen verabreichen, zum Beispiel als Spritze in eine Vene und als Spritze unter die Haut oder als Spritze unter die Haut und als Tablette oder Kapsel zum Einnehmen. In einem solchen Fall wird der Arzt oft gemeinsam mit dem Patienten entscheiden, welche Art der Anwendung gewählt wird. Das bedeutet, dass der Arzt die Art der Anwendung je nach Situation aber auch nach den Wünschen des Patienten wählen und dies mit dem Patienten besprechen wird.
In welchen Situationen werden die verschiedenen Arten von Injektionen angewendet?
Intravenöse Injektionen werden vor allem bei großen Volumina gewählt und bei Behandlungen, die Reizungen hervorrufen würden, wenn man sie in einen Muskel oder unter die Haut spritzen würde. Außerdem werden in Notfallsituationen bevorzugt intravenöse Injektionen gewählt, da die Behandlung so sehr schnell vom Körper aufgenommen wird. Zur intramuskulären Injektion muss man sagen, dass diese Verabreichungsmethode immer weniger gewählt wird. Das liegt daran, dass sie von allen Injektionsarten die schmerzhafteste ist, aber auch, weil immer mehr Möglichkeiten der Injektion entwickelt werden. Im Moment wird sie noch für Impfstoffe und für die Injektion von Hormonen und Vitaminen bevorzugt. Subkutane Injektionen, schließlich, werden für die Selbstinjektion bevorzugt. Zum Beispiel spritzen sich Diabetiker so ihr Insulin. Auch Menschen mit Autoimmunkrankheiten erhalten ihre Immunsuppressiva oft als subkutane Injektion.
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Angst vor Spritzen verstehen
Was ist Spritzenangst und wie häufig tritt sie auf?
Spritzenangst, also Angst vor Injektionen, wird auch als Trypanophobie bezeichnet. In unserer Gesellschaft ist sie relativ häufig. Man sagt, dass bis zu 20 % der Erwachsenen Angst vor einer Injektion oder vor Blutentnahmen haben. Bei Kindern sind es sogar 63 %. Entsprechend sind wir als Pflegepersonal daran gewöhnt, mit diesem Problem umzugehen. Viele Patienten haben Angst vor Nadeln.
Warum habe ich Angst vor Spritzen?
Die Gründe dafür können ganz unterschiedlich sein. Häufig ist die Ursache eine schlechte Erfahrung in der Vergangenheit, manchmal wird die Angst aber auch in der Familie weitergegeben.
Welche körperlichen und psychischen Symptome können bei Angst vor Spritzen auftreten?
Die Symptome von Spritzenangst bzw. Angst vor Injektionen können ganz unterschiedlich sein und von einem leichten Angstgefühl über Schwitzen, Zittern, Herzklopfen, also einem beschleunigten Herzschlag, bis hin zu Angstanfällen und sogar bis hin zu einem über den Vagusnerv hervorgerufenen Ohnmachtsanfall reichen.
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Überwindung der Spritzenangst
Was kann ich machen, wenn ich Angst vor Spritzen und Nadeln habe?
Wenn Sie Angst vor Spritzen bzw. Injektionen haben, sollten Sie als erstes mit Ihrem Behandler darüber sprechen, also mit Ihrem Arzt oder Ihrer Ärztin oder dem Pflegepersonal im Krankenhaus bzw. den Helferinnen in Ihrer Hausarztpraxis. Man wird bei Ihnen niemals per Zwang eine Maßnahme vornehmen oder Ihnen eine Behandlung verabreichen, die Sie nicht erhalten möchten. Stattdessen wird man mit Ihnen darüber nachdenken, wie Sie Ihre Angst am besten überwinden können oder wie man Sie vielleicht anders behandeln kann. Es gibt immer Alternativen, die man mit Ihnen besprechen kann.
Welche Methoden können helfen, die Angst vor Spritzen zu reduzieren?
Es gibt viele Methoden, Spritzenangst zu überwinden. Diese werden darauf abgestimmt, wie groß die Angst ist. Eine ganz einfache Methode, mit der man beginnen kann, ist zum Beispiel, Ihnen zu zeigen, wie die Spritze bzw. das gewählte Instrument aussieht. Und auch, dass Sie die Person, die Ihnen die Spritze verabreichen wird, kennenlernen. Während Ihnen die Injektion verabreicht wird, können Sie sich auf Ihre Atmung konzentrieren, zählen, sich irgendeine Aufgabe vornehmen, wie zum Beispiel während der Maßnahme aus einem Buch rezitieren, oder von Ihrem letzten Urlaub erzählen. Bei schwerwiegenderen Angstsymptomen können zum Beispiel Autohypnose oder Medikamente angewendet werden. Sie können auch das medizinische Fachpersonal, das Sie betreut, bitten, Ihnen eine Atmungsübung zu zeigen.
Wie kann ich mich mental auf eine Injektion vorbereiten?
Wenn Sie sich auf vielfältige Weise damit beschäftigen, die Behandlung besser zu verstehen, wird sich das auch positiv auf Ihre Angst auswirken. Sprechen Sie also mit Ihrem Behandler darüber. Bereiten Sie sich auf Ihre Behandlung vor, indem Sie sich informieren, was für eine Behandlung Sie erhalten werden und wie diese Behandlung verabreicht wird. Fragen Sie also, ob es eine subkutane oder intravenöse Injektion sein wird. Dann wissen Sie, was auf Sie zukommt. Sagen Sie Ihrem Behandler, dass Sie Unterstützung benötigen. Er wird Sie begleiten und Ihnen Wege aufweisen, wie Sie die Behandlung am besten durchleben können.
Nachdem Sie die Behandlung mehrere Male erhalten haben, werden Sie gelernt haben, keine Angst mehr zu haben. Es wird einfacher werden. Wenn die Angst fortbesteht, ist das ebenfalls etwas, was Sie Ihrem Behandler sagen sollten. Dann kann er Sie an jemanden überweisen, der Ihnen hilft, die Behandlung besser zu bewältigen.
Wann sollte ich mir professionelle Hilfe bei meiner Spritzenangst suchen?
Es wird empfohlen, professionelle Hilfe zu suchen, wenn die Angst vor Spritzen ein Stadium erreicht hat, bei dem Sie Ihre Arzttermine nicht mehr wahrnehmen, bestimmte Untersuchungen nicht mehr durchgeführt werden können, weil Sie zu viel Angst haben, oder Sie aus Angst Ihre Behandlung unterbrechen.
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Kommunikation bei Spritzenangst
Wie kann ich meinen Behandlern mitteilen, dass ich Angst vor Spritzen habe?
Wenn Sie Angst vor Spritzen haben, sollten Sie dies bereits beim ersten Besuch bei einem neuen Behandler ansprechen. Fragen Sie den Behandler außerdem, wie er Ihnen helfen kann – welche Lösungen oder Gedanken er Ihnen mitgeben kann.
Wie kann ich um zusätzliche Unterstützung oder Anpassungen während der Injektion bitten?
Sagen Sie vor der Injektion klar und deutlich, was Sie brauchen. Wenn Sie sich zum Beispiel hinlegen möchten, so sagen Sie das: „Ich möchte mich für die Blutentnahme oder Injektion gern hinlegen.“ Wenn Sie möchten, dass man Ihnen eine Anleitung für Ihre Atmung gibt, bitten Sie um etwas Hilfe.
Welche Fragen kann ich dem medizinischen Personal stellen, um mich sicherer zu fühlen?
Wenn Sie Angst vor Spritzen bzw. Injektionen haben, ist es wichtig, dass Sie dies erklären und klar und deutlich sagen, was Sie brauchen. Fragen Sie: „Wie wird die Behandlung ablaufen? Was werden Sie mir spritzen? Wird das weh tun?“ Stellen Sie sicher, dass Sie verstanden haben, was passieren wird.
Sie können auch darum bitten, dass jemand Sie begleitet: „Kann ich eine Begleitperson mitbringen?“
Als Menschen, die im Gesundheitsbereich arbeiten, sind wir solche Fragen gewöhnt und auch solche Situationen. Vertrauen Sie sich uns an. Wir werden Ihnen helfen, diese Momente zu bewältigen.
Hier geht es zum Video-Interview: „Kommunikation bei Spritzenangst“
Spritzen selbst verabreichen
Warum ist es vorteilhaft, sich Spritzen selbst zu verabreichen?
Selbstinjektionen haben zahlreiche Vorteile, und zwar vor allem für die Patienten. Sie geben Ihnen die Unabhängigkeit, Ihre Behandlung bei sich zu Hause selbst durchzuführen. Sie geben den Patienten eine gewisse Freiheit: Sie müssen für Ihre Injektion keinen Termin bei Ihrem Arzt oder im Spital machen.
Die Selbstinjektion gibt Ihnen, den Patienten, Autonomie über Ihre Behandlung. Für uns Behandelnde ist es wichtig, dass Sie diesen Teil Ihrer Behandlung selbst steuern können. Wir werden Ihnen zeigen, wie Sie das Gerät, mit dem Sie sich die Behandlung verabreichen sollen, korrekt anwenden. In diesem Fall ist das eine Fertigspritze oder ein Injektions-Pen.
Ob es eine Spritze oder ein Pen ist, hängt davon ab, in welcher Form es die Behandlung gibt. Manche stehen als Autoinjektor und als Spritze zur Verfügung, andere nicht. Und dann hängt es auch noch davon ab, was Sie, als Patient oder Patientin, gern verwenden würden. Der Vorteil von Fertigspritzen liegt darin, dass Sie die Injektionsgeschwindigkeit kontrollieren können. Die Nachteile? Die Anwendung ist etwas aufwendiger und Sie müssen die Injektionstechnik beherrschen. Dagegen sind Autoinjektoren ganz einfach anzuwenden. Man muss nur die Kappe abnehmen und die Injektion durchführen. Das ist alles, was man an Technik wissen muss. Dafür können Sie jedoch die Geschwindigkeit der Injektion nicht selbst bestimmen.
Die Bedienung von Autoinjektoren ist ganz einfach. Die Tatsache, dass Sie die Nadel nicht sehen, kann bei Spritzenangst helfen.
Was sind die wichtigsten Schritte bei der Selbstverabreichung einer Injektion?
Die Selbstverabreichung einer Injektion läuft in mehreren Phasen ab. Die erste Phase ist die Vorbereitung. Wenn Sie Ihr Medikament im Kühlschrank aufbewahren, müssen Sie es etwa 30 Minuten vor der Injektion aus dem Kühlschrank nehmen, damit es sich erwärmen kann.
Es muss Raumtemperatur annehmen. Legen Sie es daher nicht in die Nähe einer Wärmequelle.
Sobald Ihr Medikament Raumtemperatur erreicht hat, begeben Sie sich an einen geeigneten Ort. Sie brauchen eine Ablagefläche, die Sie zuvor gereinigt haben. Legen Sie alle Gegenstände auf diese Ablagefläche. Nachdem Sie sich sehr sorgfältig die Hände gewaschen haben. Sie benötigen Tupfer, Desinfektionsmittel, vielleicht ein Pflaster und Ihr Medikament, das Raumtemperatur erreicht hat. Wählen Sie die Stelle, an der Sie die Injektion vornehmen möchten, und desinfizieren Sie diese Stelle mit einem mit Desinfektionsmittel befeuchteten Tupfer. Gehen Sie dabei in kreisförmigen Bewegungen vor, wobei Sie wie bei einem Schneckenhaus vom Zentrum nach außen immer größere Kreise machen. Es ist wichtig, dass die Stelle, an der Sie die Injektion vornehmen möchten, sauber aussieht, bevor Sie sie desinfizieren. Wenn dort Spuren zum Beispiel von Pflaster, Schokolade oder anderen Substanzen sind, müssen Sie die Stelle vorher mit Wasser und Seife waschen.
Selbstinjektionen werden periumbilikal, also am Bauch um den Bauchnabel herum, oder oben in den Oberschenkel verabreicht. Die Bereiche am Arm werden nicht empfohlen. Am Arm kann man sich selbst nur schwer korrekt eine Injektion geben.
Nach der Desinfektion lassen Sie die Stelle trocknen, bevor Sie die Injektion vornehmen. Das ist wichtig, damit Sie nicht durch das noch nicht getrocknete Desinfektionsmittel hindurch injizieren. Denn sonst könnten Sie etwas Desinfektionsmittel unter die Haut injizieren, was zu Brennen, Jucken und Rötung führen kann.
Jetzt sind Sie bereit für die Injektion: Nehmen Sie die Kappe von Ihrem Pen bzw. von Ihrer Spritze ab, setzen Sie den Pen oder die Spritze im richtigen Winkel auf und nehmen Sie die Injektion vor, indem Sie den Pen auslösen oder den Spritzenkolben vorschieben.
Nehmen Sie sich Zeit, dies in Ruhe zu tun. Wenn der Kolben bis zum Ende vorgeschoben ist bzw. der Pen mit der Injektion fertig ist, ziehen Sie die Spritze bzw. den Pen mit einer kurzen Bewegung heraus. Dann entsorgen Sie die Spritze bzw. den Pen in einem geeigneten Behältnis. Falls erforderlich wischen Sie mit einem Tupfer über die Einstichstelle und kleben ein kleines Pflaster darauf.
In bestimmten Fällen ist es wichtig, das Datum, die Uhrzeit und den Ort der Injektion zu notieren. Beobachten Sie die Injektionsstelle in den nachfolgenden Minuten und Stunden. So können Sie sich angemessen verhalten, sollte ein Bluterguss oder eine andere Reaktion auftreten.
Wie kann ich blaue Flecken und andere Nachwirkungen beim Selbstspritzen verringern?
Um blaue Flecken oder Nebenwirkungen der Behandlung an der Injektionsstelle zu vermeiden, sollten Sie von Anfang an regelmäßig den Ort der Injektion wechseln. Ihnen stehen für die Injektionen vier Bereiche zur Verfügung: Ihre beiden Oberschenkel und die Bereiche rechts und links des Bauchnabels. Es ist wichtig, dass Sie nicht in einen Bereich stechen, an dem sich bereits ein Bluterguss, also ein blauer Fleck, befindet. Ebenso dürfen Sie nicht in Stellen mit Hautausschlag oder einer Verletzung stechen. Sonst würden Sie das Problem nur noch verstärken. Achten Sie auch unbedingt darauf, dass das Desinfektionsmittel gut getrocknet ist, bevor Sie die Nadel einstechen, und dass Sie die korrekte Technik anwenden, also einen geeigneten Winkel einhalten. Sie dürfen die Nadel bzw. den Pen während der Injektion nicht bewegen. Wenn Sie Zweifel haben und sich nicht sicher sind, ob Sie alles richtig machen, sollten Sie das sagen. Man wird Ihnen sehr gern noch einmal zeigen, wie es geht.
Nach der Injektion kann manchmal ein blauer Fleck auftreten, was jedoch nicht schlimm ist. Sie haben lediglich ein kleines Gefäß durchstochen.
In einem solchen Fall können Sie für 10 bis 15 Minuten eine Kaltkompresse oder Eis auf den blauen Fleck legen. Sie können die Stelle auch leicht massieren, um die Resorption des Blutergusses zu fördern. Es ist wichtig, dass Sie diese Injektionsstelle erst wieder verwenden, wenn der Bluterguss resorbiert wurde und der blaue Fleck vollständig verschwunden ist. Wählen Sie also bei den nächsten Behandlungen eine andere Injektionsstelle.
Wenn Sie eine Behandlung erhalten, welche die Blutgerinnung verzögert, wie beispielsweise Blutverdünner, bilden Sie schneller blaue Flecken aus. Dann müssen Sie einfach nur noch ein bisschen wachsamer sein und wirklich regelmäßig die Injektionsstelle wechseln.
Hier geht es zum Video-Interview: „Spritzen selbst verabreichen“
Kindern die Angst vor Spritzen nehmen
Wie kann man Kindern die Angst vor Spritzen nehmen?
Es gibt einige sehr wirksame Strategien, um Kindern die Angst vor Spritzen zu nehmen.
Bereiten Sie das Kind vorher auf die Situation vor. Erklären Sie dem Kind die Behandlung und an welcher Stelle diese erfolgen wird. Erzählen Sie dem Kind auch etwas von der Person, welche die Behandlung vornehmen wird.
Sie können auch ein Kuscheltier, eine Puppe oder ein Spielzeug nehmen und dem Kind zeigen, wie die Behandlung ablaufen wird. Erzählen Sie eine Geschichte um die Behandlung herum.
Bei der Injektion selbst können Sie das Kind ablenken, zum Beispiel indem Sie singen oder eine Geschichte erzählen oder auf andere Weise. Sprechen Sie schon darüber, was nach der Behandlung folgen wird, wie beispielsweise ein leckerer Imbiss, eine Einladung oder ein Ausflug in den Park. Sie können das Kind auch auf Ihren Knien sitzen lassen, um es zu beruhigen. Oder Sie können ihm ein wenig Kontrolle über das geben, was passiert. Beispielsweise kann das Kind sagen, in welchen Arm oder anderen Körperbereich es die Injektion haben möchte. Das Kind kann sagen, wann es bereit ist. Geben Sie das Signal für die Behandlung.
Bei Kindern können auch örtliche Betäubungsmittel in Form von Cremes angewendet werden. Diese werden etwa 1 Stunde zuvor aufgetragen und lindern den Schmerz, wenn die Nadel durch die Haut sticht.
Besonders wichtig ist jedoch, dass Sie als Eltern ruhig bleiben und nicht Ihre Angst auf das Kind übertragen.
Eine weitere wichtige Strategie: Achten Sie auf Ihre Wortwahl. Vermeiden Sie Ausdrücke und Aussagen wie „Spritze“, „das wird weh tun“, „das wird unangenehm“. Finden Sie andere Begriffe, um die Behandlung zu beschreiben.
Belohnen Sie das Kind nach der Spritze. Ein Ausflug, ein Spiel, etwas, was dem Kind Spaß macht. Und betonen Sie vor allem, wie mutig es war und gratulieren Sie ihm dazu, diese Herausforderung gemeistert zu haben.
Wie kann ich mein Kind altersgerecht auf eine bevorstehende Impfung oder Spritze vorbereiten?
Es ist wichtig, Kinder altersgerecht auf eine Impfung vorzubereiten.
Bei Kindern unter vier Jahren sollte man nicht zu früh darüber reden. Damit macht man diesen Kindern nur unnötig Angst. Beschreiben Sie, wenn der Moment gekommen ist, mit einfachen Worten was geschehen wird. Nehmen Sie das Kind während der Behandlung in den Arm. Lenken Sie das Kind ab, indem Sie singen oder eine Geschichte erzählen.
Sie können dem Kind auch sagen, dass es sein Kuscheltier mitnehmen soll, damit das Kuscheltier während der Behandlung auf das Kind aufpassen kann.
Mit etwas älteren Kindern, zwischen vier und sieben Jahren, können Sie bereits einige Tage zuvor darüber reden. Achten Sie wiederum auf Ihre Wortwahl. Es nützt nichts, den Kindern Angst zu machen. Geben Sie dem Kind das Gefühl, dass es während der Behandlung ein paar Dinge selbst entscheiden kann, zum Beispiel wo diese stattfindet. Sobald das Kind bereit dazu ist, geben Sie das Startsignal. Sie können den Moment auch dazu nutzen, sich mit dem Kind auszutauschen, zum Beispiel eine Aufgabe zu wiederholen – warum nicht – eine Geschichte zu erzählen, den nächsten Urlaub zu planen. Nehmen Sie sich einfach die Zeit, das Kind abzulenken. Kinder in diesem Alter sind auch sehr empfänglich für Atemübungen. Nehmen Sie gemeinsam ein paar tiefe Atemzüge.
Kindern ab acht Jahren und Jugendlichen sollte man gleich zu Beginn den Grund für die Maßnahme bzw. Behandlung erklären, damit sie verstehen, worum es geht. Die oben beschriebenen Strategien gelten auch für diese Altersgruppe. Die Kinder bzw. Jugendlichen können sich ablenken oder bestimmte Dinge der Maßnahme oder Behandlung kontrollieren.
In jedem Fall ist wichtig, dass die Eltern und Behandler ruhig bleiben.
Ein paar spezielle Strategien für Kinder mit einer chronischen Krankheit, die regelmäßige Injektionen benötigen: Planen Sie eine Routine – immer der gleiche Tag, immer in einem bestimmten Moment unter den gleichen Bedingungen. Es kann eine Phase vor, während und nach der Behandlung geben, welche diesen Schritten einen Rahmen und dem Kind Orientierung geben.
Wie gehe ich persönlich damit um, wenn mein Kind Angst vor Spritzen hat?
Es ist nachvollziehbar, dass Sie sich als Elternteil Sorgen machen, wenn Sie bemerken, dass Ihr Kind vor einer Maßnahme oder Behandlung Angst hat.
Erkennen und akzeptieren Sie die Gefühle Ihres Kindes. Beruhigen Sie Ihr Kind, indem Sie es in den Arm nehmen, ihm eine kleine Geschichte erzählen, ein Lied vorsingen.
Bleiben Sie vor allem ruhig und positiv. Sprechen Sie mit Ihrem Kind altersgerecht und wählen Sie Begriffe, die das Kind versteht.
Bereiten Sie sich mental vor und seien Sie auf mögliche Reaktionen Ihres Kindes gefasst.
Informieren Sie sich, damit Sie Ihrem Kind die Maßnahme oder Behandlung vorab beschreiben können, überlegen Sie sich Strategien und, noch besser, begleiten Sie Ihr Kind die ganze Behandlung hindurch.
Es ist verständlich, dass Kinder Angst vor Spritzen haben. Wenn sie größer werden, wird sich das wahrscheinlich bessern. Und schließlich sollten Sie als Eltern auch auf sich selbst achten. Das sind belastende Situationen. Zögern Sie nicht, das Pflegepersonal um Hilfe zu bitten, wenn Sie sich überfordert fühlen.
Hier geht es zum Video-Interview: „Kinder die Angst vor Spritzen nehmen“
Meine Nachricht an Sie
Es ist absolut nachvollziehbar, Angst vor einer Injektion und vor der damit einhergehenden Behandlung zu haben. Das ist ein Lernprozess. Die Ärzte und das Pflegepersonal sind für Sie da und begleiten Sie auf Ihrem Weg zur Unabhängigkeit, damit Sie Ihre Behandlung selbstständig zu Hause durchführen können. Ich hoffe, dass Sie sich nach diesem Kurz besser darauf vorbereitet fühlen, Ihre Injektionen selbst zu Hause vorzunehmen. Denken Sie außerdem stets daran, dass Sie niemals allein sind und dass Sie dem Pflegepersonal, das Sie betreut, jederzeit Fragen stellen können.
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