9. Eierstockkrebs behandeln – Alle Fragen

Diese Online-Schulung bietet Patientinnen mit Eierstockkrebs und ihren Angehörigen verständliche Informationen und praktische Orientierung für alle Phasen der Erkrankung – von der Diagnose bis zur Nachsorge.

Einleitung durch Prof. PD DDr. Richard Schwameis

Schönen guten Tag. Mein Name ist Richard Schwameis. Ich bin Gynäkoonkologe an der Medizinischen Universität Wien. In diesem Kurs werde ich Ihnen über die Behandlung des Eierstockkrebs erzählen.

Hier geht es zur Einleitung des Kurses: „Eierstockkrebs behandeln“

Vorbereitung auf Eierstockkrebs-Therapie

Wie finde ich ein geeignetes Krankenhaus zur Behandlung bei Eierstockkrebs?

Die Behandlung von Patientinnen mit Eierstockkrebs sollte unbedingt in einem zertifizierten Tumorzentrum stattfinden. Das ist deshalb so wichtig, weil es Studiendaten gibt, die zeigen, dass Frauen, die dort behandelt werden, deutlich länger überleben als Frauen, die in einem nicht-zertifizierten Krankenhaus behandelt werden.

Wie finden Sie ein zertifiziertes Tumorzentrum in Ihrer Nähe?

Es gibt drei Gesellschaften, die Tumorzentren zertifizieren: die Europäische Gesellschaft für Gynäkologische Onkologie , die Zertifizierungsgesellschaft Doc-Cert und die Deutsche Krebsgesellschaft. Alle drei Gesellschaften haben Homepages, auf denen Sie ein zertifiziertes Zentrum in Ihrer Nähe finden können. Auch die Österreichische Krebshilfe hat eine Homepage und hat hier die wichtigsten Tumorzentren aufgelistet.

Wie verläuft üblicherweise die Therapie bei Eierstockkrebs und welche Therapiemöglichkeiten haben Patientinnen?

Die Therapie von Patientinnen mit Eierstockkrebs ist stark vom Tumorstadium abhängig. Bei frühen Tumorstadien beginnt die Therapie immer mit einer Operation. Bei dieser Operation, der sogenannten Staging-Operation, werden die Eierstöcke, die Gebärmutter, gegebenenfalls Lymphknoten und das große Netz, das ist eine Fettschürze, die am Dickdarm hängt, entfernt.

Beim weit fortgeschrittenen Ovarialkarzinom oder Eierstockkrebs gibt es zwei Möglichkeiten:
Entweder man beginnt mit einer Chemotherapie und führt danach die Operation durch (Debulking- oder Intervall-Debulking-Operation), danach bekommt die Patientin nochmal drei Zyklen Chemotherapie. Oder man beginnt mit der Operation und führt im weiteren Verlauf die Chemotherapie durch. Ab einem höheren Tumorstadium, wir sprechen hier von Tumorstadium III oder IV, wird die Patientin eine Erhaltungstherapie nach der Chemotherapie erhalten.

Wann wird bei Eierstockkrebs eine Operation durchgeführt?

Die Operation ist ein wichtiger Bestandteil der Behandlung des Eierstockkrebses. In Abhängigkeit vom Tumorstadium werden Operationen angeboten.

Bei kleineren Tumorstadien, sprich Tumorstadium I oder II, wird eine Staging-Operation durchgeführt. Dabei werden die Gebärmutter, die Eierstöcke, die Lymphknoten im kleinen Becken, aber auch an den großen Gefäßen und auch das große Netz entfernt.

Bei weit fortgeschrittenen Stadien wird eine sogenannte Debulking-Operation durchgeführt. Das bedeutet, dass hier alles, was durch den Krebs befallen ist, im Bauchraum entfernt wird. Das umfasst die Gebärmutter und die Eierstöcke, das umfasst das große Netz, häufig umfasst es auch das Peritoneum (die innere Bauchhaut) und hierbei kann auch eine Darmresektion stattfinden. Ebenfalls kann es bei dieser Operation zu einer Lymphknotenentfernung kommen, wenn Lymphknoten auffällig sind. Ebenfalls können Dünndarmsegmente, die Gallenblase oder die Milz entfernt werden.

Warum ist die Operation bei Eierstockkrebs so wichtig?

Die Operation ist ein ganz wichtiger Bestandteil der Therapie von Patientinnen mit Eierstockkrebs. Das liegt daran, dass es Studien gibt, die uns zeigen, dass wenn der Tumor komplett entfernt wird, Patientinnen deutlich länger überleben, als wenn der Tumor nicht entfernt wird. Insofern ist die Auswahl des Operateurs besonders wichtig.

Was sollte ich vor der Operation mit meinem Behandlungsteam besprechen?

Vor der Operation sollten Sie mit dem Behandlungsteam besprechen, wie Sie sich vor der Operation zu verhalten haben:

  • Wie lange dürfen Sie vor der Operation essen?
  • Wie lang dürfen Sie vor der Operation trinken?
  • Ist eine Darmvorbereitung vorgesehen?

Am Tag der Operation ist für Sie natürlich wichtig zu wissen:

  • Wie wird dieser Tag ablaufen?
  • Wann beginnt die Operation, wie lange wird die Operation dauern?
  • Welche Schritte sind während dieser Operation geplant?
  • Mit welchen Komplikationen ist zu rechnen?

Nach der Operation ist für Sie wichtig zu wissen:

  • Werden Sie geplant auf eine Intensivstation verlegt?
  • Wie werden Sie über die Operation informiert?
  • Wie werden Ihre Angehörigen über die Operation informiert?
  • Wie lange wird der stationäre Aufenthalt für Sie sein? Ist geplant, dass Sie eine Woche oder vielleicht zwei Wochen auf der Station bleiben werden?

Am Tag vor der Operation werden Sie durch Ihre Operateurin oder Ihren Operateur aufgeklärt. Hierbei ist es wichtig, alle Fragen zu stellen, die Ihnen auf der Seele liegen.

Hier geht es zum Video-Interview: „Vorbereitung auf die Eierstockkrebs-Therapie“

Operation bei Verdacht auf Eierstockkrebs

Wie schnell erfolgt eine Operation bei Eierstockkrebs und was ist das Ziel der Operation?

Bei einem hochgradigen Verdacht auf Eierstockkrebs wird eine sogenannte explorative Laparotomie durchgeführt. Diese sollte etwa zwei bis vier Wochen nach Verdachtsstellung der Diagnose durchgeführt werden. Bei der explorativen Laparotomie wird ein Teil des Tumors oder der gesamte Eierstock zum Gefrierschnitt , sprich zum Pathologen, geschickt. Dieser arbeitet dann während der Operation den Tumor auf und gibt eben darüber Bescheid, ob es sich hierbei um eine bösartige Erkrankung handelt oder nicht. Während dieser Operation würden dann wieder die zuvor genannten Strukturen entfernt werden. Die Gebärmutter, die Eierstöcke, das große Netz, gegebenenfalls Lymphknoten und auch die innere Bauchhaut. Ziel dieser Operation ist die makroskopische Tumorfreiheit, also dass mit dem Auge kein Tumorrest mehr erkennbar ist.

Wie läuft eine Operation bei Eierstockkrebs ab?

Die Operation des Eierstockkrebses läuft sehr strukturiert ab. Hierbei beginnt man mit einer Laparotomie, führt dann eine Exploration des gesamten Bauchraumes durch und dann geht man diese Operation Schritt für Schritt durch. Zuerst wird der Kolonrahmen, das ist der Dickdarm-Rahmen, mobilisiert. Anschließend wird die Fettschürze vom Dickdarm entfernt. Die Leber wird mobilisiert. Es wird hinter die Leber geblickt, ob es hier Tumorzellen gibt. Dann wird auch die Milz begutachtet. Im weiteren Verlauf entfernt man Tumore im Mittelbauch und widmet sich danach dem Unterbauch, dem kleinen Becken. Hierbei werden dann die Gebärmutter, die Eierstöcke, die innere Bauchhaut, aber häufig auch ein Teil des Dickdarmes entfernt.

Wie lange dauert der Krankenhausaufenthalt nach einer Eierstockkrebsoperation?

Die Operation des Eierstockkrebses dauert im Schnitt vier bis sechs Stunden. Der postoperative Aufenthalt nach einer solchen Operation beträgt in der Regel sieben bis 14 Tage.

Worauf sollte ich nach der Operation achten?

Bei der Operation für Eierstockkrebs wird die Bauchwand eröffnet. Die Bauchwand besteht aus Haut, dem Unterhautfettgewebe und der Muskelschicht. Die Muskelschicht wird genauestens vernäht nach der Operation, braucht aber sehr, sehr lange, um zu heilen. Deshalb sollten Sie innerhalb von drei Monaten nach der Operation keine schweren Dinge heben. Sprich keine Dinge über 5 bis 8 Kilo. Und Sie sollten auch innerhalb dieser drei Monate keinen Sport betreiben.

Wie verläuft üblicherweise die Nachsorge nach der Operation?

Etwa vier bis sechs Wochen nach der Operation sollten Sie eine Kontrolle durch Ihren Gynäkologen durchführen lassen. Hierbei wird vor allem die Operationswunde kontrolliert.

Hier geht es zum Video-Interview: „Operation bei Verdacht auf Eierstockkrebs“

Auswahl der Therapie bei Eierstockkrebs

Welche Subtypen gibt es bei Eierstockkrebs und warum ist es wichtig, den Subtypen zu bestimmen?

Histologisch betrachtet gibt es unterschiedliche Karzinome am Eierstock. Grundsätzlich differenzieren wir zwischen den epithelialen und den nicht-epithelialen Karzinomen. Die epithelialen Karzinome sind deutlich häufiger als die nicht-epithelialen Karzinome und machen etwa 90 % aller Eierstockkrebse aus. Hierbei ist der wichtigste Subtyp sicherlich das high-grade seröse Ovarialkarzinom, das insgesamt etwa 65 bis 70 % aller Karzinome ausmacht. Darüber hinaus gibt es das low-grade seröse Ovarialkarzinom, das endometrioide Karzinom , das klarzellige Karzinom und sehr, sehr seltene Formen wie das muzinöse Karzinom. All diese Karzinome machen etwa 10 bzw. 5 % der Fälle aus. All diese Karzinome werden sehr ähnlich behandelt, aber eben nicht völlig gleich und daher ist es sehr wichtig, den Subtyp zu kennen.

Welche Stadien gibt es bei Eierstockkrebs und warum ist die Stadieneinteilung so wichtig?

Der Eierstockkrebs wird in vier Tumorstadien eingeteilt. Im Tumorstadium I ist der Tumor, der Krebs auf den Eierstock begrenzt. Im Tumor-Stadium II ist der Tumor auf das kleine Becken begrenzt. Im Tumor-Stadium III konnte sich der Tumor im gesamten Bauchraum verteilen. Im Tumor-Stadium IV hat der Tumor entweder Flüssigkeit bzw. Wasser bei der Lunge produziert oder Fernmetastasen abgesiedelt.

Das Tumorstadium ist insofern wichtig, weil die Therapie abhängig vom Tumorstadium ist. Hierbei werden Patientinnen mit einem kleinen Tumorstadium, sprich FIGO-Stadium eins oder zwei nach der Operation rein mit Chemotherapie behandelt. Patientinnen, die eine weiter fortgeschrittene Tumorerkrankung haben, sprich Tumorstadium III oder IV, werden nach der Operation eine Chemotherapie und nach der Chemotherapie auch noch eine Erhaltungstherapie bekommen.

Welche weiteren Tests können bei Eierstockkrebs sinnvoll sein und wozu?

Neben den histopathologischen Tests des Ovarialkarzinoms sind im Wesentlichen zwei weitere Tests sehr, sehr wichtig. Das sind Tumortests auf eine Mutation in BRCA1- bzw. BRCA2-Gen und auch ein Test, der nach der sogenannten homologen Rekombinationsdefizienz testet. Diese Untersuchungen sind insofern sehr wichtig, weil die Tumorbiologie einen wesentlichen Einfluss auf die Therapie ihrer Erkrankung hat.

Wann kann bei Eierstockkrebs die Teilnahme an klinischen Studien sinnvoll sein?

Die Teilnahme an klinischen Studien ist im Grunde immer sinnvoll. Tatsächlich gibt es Daten, die zeigen, dass Patientinnen, die während einer Studie behandelt werden, länger überleben als Patientinnen, die nicht innerhalb einer Studie behandelt werden. Das liegt vor allem daran, dass man durch eine Studie die neuesten Medikamente verwenden kann.

Wie wird festgestellt, ob die Therapie die gewünschte Wirkung erzielt?

Das high-grade seriöse Ovarialkarzinom zeigt sehr hohe Ansprechraten auf Chemotherapie. In 85 bis 90 % der Fälle spricht der Tumor gut auf die Chemotherapie an. Die Wirksamkeit der Chemotherapie kann während der Chemotherapie mit der Abnahme von Tumormarkern untersucht werden. Nach abgeschlossener Chemotherapie wird eine bildgebende Untersuchung durchgeführt, um nach Resttumoren zu suchen.

Hier geht es zum Video-Interview: „Auswahl der Therapie bei Eierstockkrebs“

Chemotherapie bei Eierstockkrebs

Wann wird bei Eierstockkrebs nach der Operation eine Chemo durchgeführt und wann nicht?

In den allermeisten Fällen wird nach der Operation beim Ovarialkarzinom eine Chemotherapie durchgeführt. Es gibt sehr, sehr seltene Fälle, das sind vor allem die nicht-epithelialen Karzinome, bei denen keine Chemotherapie durchgeführt werden muss. Und dann gibt es vereinzelte Fälle bei epithelialen Karzinomen wie bei sehr, sehr kleinen Tumorstadien des low-grade serösen Karzinoms, wo keine Chemotherapie durchgeführt werden muss. Die Standardtherapie des Eierstockkrebs ist eine platinhaltige Kombinationschemotherapie. Adjuvante Chemotherapie bedeutet, dass unabhängig davon, ob ein Tumorrest nach der Operation verblieben ist oder nicht, eine Chemotherapie verabreicht wird.

Wie läuft eine Chemotherapie beim Eierstockkrebs ab?

Üblicherweise beginnt die Chemotherapie etwa vier Wochen nach der durchgeführten Operation. Die Chemotherapie besteht aus zwei Therapeutika. Üblicherweise erhalten die Patientinnen sechs Zyklen Chemotherapie. Ein Zyklus dauert in der Regel drei Wochen. Hierbei bekommen Sie allerdings nur an einem einzigen Tag eine Chemotherapie verabreicht und haben dann quasi drei Wochen Ruhe von Ihrer Klinik. Während dieser drei Wochen müssen Sie allerdings zweimal Blut entnehmen gehen. Am Tag der Chemotherapie werden Sie zwei Infusionen erhalten. Die eine Infusion mit der platinhaltigen Chemotherapie wird eine Stunde dauern. Die zweite Chemotherapie wird etwa drei Stunden dauern.

Welche Nebenwirkungen kann die Chemotherapie haben und was kann man tun, um diese zu lindern?

Die Standardtherapie des Eierstockkrebs beinhaltet zwei verschiedene Chemotherapeutika. Diese können zu unterschiedlichen Nebenwirkungen führen. Die wichtigsten Nebenwirkungen sind Auswirkungen auf das blutbildende System. Das ist der Grund, weshalb Sie nach der Chemotherapie mehrfach Blut entnehmen gehen müssen, bevor Sie den nächsten Zyklus Chemotherapie erhalten können. Eine weitere klassische Nebenwirkung der Chemotherapie ist die Übelkeit. Dafür werden Sie mehrere zusätzliche Medikamente bekommen, damit die Übelkeit nicht allzu drastisch ausfällt. Eines der verwendeten Medikamente kann die Nierenfunktion stören. Deshalb wird die Dosis dieser Chemotherapie immer genau an die Nierenfunktion angepasst werden. Das zweite Medikament hat als Haupt-Nebenwirkung die sogenannte periphere Polyneuropathie . Die periphere Polyneuropathie ist eine Empfindungsstörung, die vor allem in den Fingerspitzen, aber auch in den Zehen entstehen kann. Um diese Nebenwirkung hintanzuhalten, fragen Sie bitte Ihren behandelnden Arzt, was Sie dagegen tun können.

Hier geht es zum Video-Interview: „Chemotherapie bei Eierstockkrebs“

Nach der Chemotherapie bei Eierstockkrebs

Was bedeutet Erhaltungstherapie bei Eierstockkrebs?

Es kann sein, dass Sie nach abgeschlossener Chemotherapie eine Erhaltungstherapie bekommen. Erhaltungstherapie, das ist eine Therapie, die sehr, sehr lange läuft und die darauf schaut, dass der Krebs nicht wiederkommt. In der Regel bekommen Patientinnen, die einen Tumor des Tumor-Stadiums III oder IV haben, eine Erhaltungstherapie. Hierbei gibt es zwei unterschiedliche Möglichkeiten. Entweder Sie erhalten eine Erhaltungstherapie mit einem Antikörper oder Sie erhalten eine Erhaltungstherapie mit einem sogenannten PARP-Inhibitor . Auch eine Kombination dieser beiden Erhaltungstherapien ist möglich. Die Erhaltungstherapie läuft in der Regel zwischen 15 Monaten und drei Jahren.

Wer kann mich beim Umgang mit der psychischen Belastung unterstützen?

Tatsächlich ist die Diagnose Eierstockkrebs eine irrsinnige Belastung für die Psyche. Und das ist ganz, ganz klar, dass man hier Hilfe benötigt. Leider haben häufig die behandelnden Ärzte dafür zu wenig Zeit, über Ihre psychischen Bedürfnisse zu sprechen. Daher haben sich Psychoonkologinnen und Psychoonkologen gefunden, die Ihnen mit der Bewältigung des psychischen Stresses helfen können. Psychoonkologinnen und Psychoonkologen finden Sie an zertifizierten Tumorzentren. Mitunter finden sich aber auch immer mehr Psychoonkologinnen und Psychoonkologen in der Niederlassung. Für weitere Informationen empfehle ich Ihnen die Homepage der Österreichischen Krebshilfe.

Was kann bei Schmerzen nach der Eierstockkrebsbehandlung helfen?

Heutzutage sollte keine Patientin mehr Schmerzen erleiden müssen. Wenn Sie Schmerzen nach der Behandlung Ihres Eierstockkrebses haben, sprechen Sie mit Ihrem behandelnden Gynäkologen. Sprechen Sie mit Ihrem behandelnden Arzt im Tumorzentrum. Hier gibt es unterschiedliche Therapieoptionen, um Ihnen den Schmerz zu nehmen.

Was kann bei anhaltender Erschöpfung nach der Eierstockkrebsbehandlung helfen?

Die anhaltende Erschöpfung nach Chemotherapie ist ein ganz, ganz wichtiges und auch bekanntes Phänomen. Wir nennen es Fatigue-Syndrom. Die beste Behandlungsmöglichkeit des Fatigue-Syndroms ist tatsächlich die Bewegungstherapie.

Hier geht es zum Video-Interview: „Nach der Chemotherapie bei Eierstockkrebs“

Abseits der Therapie

Nachsorgeuntersuchungen

Wie erfolgt bei Eierstockkrebs die Nachsorge nach der Chemotherapie?

Nach der Chemotherapie kann es sein, dass Sie eine Erhaltungstherapie entweder mit einem Antikörper oder mit einem PARP-Inhibitor bekommen. Unter der Erhaltungstherapie brauchen Sie keine Nachsorgeuntersuchung durchführen zu lassen. Falls Sie die Chemotherapie oder die Erhaltungstherapie abgeschlossen haben, so kommen Sie ins Nachsorgeprogramm. Im Nachsorgeprogramm der Arbeitsgruppe für Gynäkologische Onkologie in Österreich wird empfohlen, dass Sie in den ersten drei Jahren alle drei Monate durch Ihren Gynäkologen eine Nachsorgeuntersuchung bekommen. Hierbei wird eine klinische Untersuchung, aber auch eine Ultraschalluntersuchung durchgeführt. Danach wird Ihnen über zwei Jahre empfohlen, alle sechs Monate zu Ihrem Gynäkologen zur Kontrolle zu gehen. Nach insgesamt fünf Jahren wird Ihnen empfohlen, dass Sie einmal im Jahr zu einem Gynäkologen zur Kontrolle kommen. Viele Kollegen empfehlen, einmal im Jahr eine CT-Untersuchung , sprich eine bildgebende Untersuchung, durchzuführen. Dafür gibt es tatsächlich jedoch keine Evidenz.

Welche Untersuchungen werden nach der Therapie regelmäßig durchgeführt?

Während der Nachsorge werden in regelmäßigen Abständen unterschiedliche Untersuchungen durchgeführt. Vor allem gynäkologische Untersuchungen und Ultraschalluntersuchungen. Man kann sich auch überlegen, Tumormarker zu bestimmen. Einmal im Jahr wird in der Regel eine bildgebende Untersuchung, sprich eine CT-Untersuchung durchgeführt. Wir führen all diese Untersuchungen durch, um ein Rezidiv so früh als möglich erkennen zu können.

Leben mit Eierstockkrebs

Was kann ich selbst tun, um die Therapie möglichst gut zu bewältigen?

Grundsätzlich sollten Sie immer eine positive Einstellung behalten. Auch wenn die Diagnose Eierstockkrebs eine schwierige Diagnose ist, ist durch diese Diagnose Ihr Leben jetzt nicht beendet. Ich habe viele Patientinnen, die ich schon seit sehr, sehr vielen Jahren erfolgreich behandle. Grundsätzlich ist neben einer positiven Lebenseinstellung natürlich ein gesunder Lebensstil notwendig, sprich gesunde Ernährung und Sport zu betreiben, sind wichtig.

Wie kann mich eine Cancer Nurse unterstützen und wo finde ich eine Cancer Nurse als Ansprechperson für mich?

Eine Cancer Nurse ist eine Krankenschwester oder ein Krankenpfleger, der oder die sich besonders im Bereich der Onkologie weitergebildet hat. Es gibt dazu zertifizierte Kurse. Cancer Nurses sind in Österreich relativ selten. Sie finden eine Cancer Nurse jedenfalls an Ihrem zertifizierten Tumorzentrum.

Wie kann mich eine Selbsthilfegruppe unterstützen?

Eine Selbsthilfegruppe kann Ihnen insofern helfen, weil Sie hier Fragen stellen können, die Sie möglicherweise Ihren Ärzten nicht stellen möchten. Der Austausch mit anderen betroffenen Eierstockkrebs-Patientinnen kann Ihnen helfen, Ihre Gedanken zu ordnen. Hierbei können Sie Ihre Gedanken, aber auch Ihre Ängste mit gleichgesinnten Patientinnen besprechen.

Was kann ich als Patientin im Rahmen der Nachsorge noch tun?

Genießen Sie die Zeit in der Nachsorge. Genießen Sie Ihr Leben wo immer möglich, machen Sie Sport, genießen Sie einen gesunden Lebensstil. Tatsächlich ist es so, dass jede Krebserkrankung rezidivieren kann. Das bedeutet, dass diese Krebserkrankung wiederkommen kann. Desto fitter Sie in die Situation einer rezidivierten Krebserkrankung kommen, umso schneller und besser kommen Sie aus dieser Situation wieder raus.

Hier geht es zum Video-Interview: „Abseits der Therapie“

Behandlung eines Rezidivs bei Eierstockkrebs

Was sind mögliche Symptome, auf die ich achten muss und bei denen ich umgehend mit meinem Behandlungsteam Kontakt aufnehmen muss?

Die typischen Symptome einer rezidivierenden Tumorerkrankung sind Übelkeit, Erbrechen, eventuell Verstopfung oder Bauchumfangzunahme. Hin und wieder treten auch vaginale oder rektale Blutungen auf. In diesen Situationen sollten Sie sich jedenfalls sehr schnell mit Ihrem Gynäkologen beraten. Ein weiteres Symptom, bei dem Sie schnell reagieren sollten, ist die Atemnot.

Wie wird ein Rezidiv bei Eierstockkrebs behandelt?

Das Rezidiv eines Eierstockkrebs wird entweder mittels Operation und anschließender Chemotherapie oder rein mittels Chemotherapie behandelt. Die Standardtherapie des rezidivierten Ovarialkarzinoms ist in der Regel wiederum eine platinhaltige Kombinations-Chemotherapie. In manchen Situationen scheint aber die platinhaltige Chemotherapie keine gute Option darzustellen. In dieser Situation müssen andere Formen der Chemotherapie verwendet werden.

Welche Möglichkeiten gibt es, wenn die platinhaltige Chemotherapie nicht die gewünschte Wirkung zeigt?

Wenn eine platinhaltige Chemotherapie nicht die gewünschte Wirkung zeigt, sollte das Tumorgewebe auf den Folatrezeptor-alpha getestet werden. Das ist ein spezielles Merkmal des Tumorgewebes. Wenn der Tumor dieses Merkmal aufweist, so kann möglicherweise eine spezielle zielgerichtete Chemotherapie, gerichtet gegen den Folatrezeptor-alpha verwendet werden.

Was ist eine Palliativtherapie ? Und wann sollte bei Eierstockkrebs damit begonnen werden?

Die Palliativmedizin beschäftigt sich mit der Behandlung von Symptomen, weniger mit der Heilung von Erkrankungen. Somit ist die Vorstellung einer Patientin mit einem rezidivierten Eierstockkrebs beim Palliativmediziner immer sinnvoll. Dieser Palliativmediziner kann Ihnen helfen, die Symptome der Behandlung, aber auch der Erkrankung zu lindern und kann, sofern keine weitere Therapie gegen die Krebserkrankung mehr möglich ist, die Therapie auch zur Gänze übernehmen.

Hier geht es zum Video-Interview: „Behandlung eines Rezidivs bei Eierstockkrebs“

Meine Nachricht an Sie

Liebe Patientin, Sie haben die Diagnose Eierstockkrebs bekommen. Das ist eine sehr schwere Diagnose, die eine hochspezialisierte Therapie braucht. Österreich ist ein Land mit einem exzellenten Sozialsystem, in dem mehr oder weniger jegliche Therapie möglich ist. Nutzen Sie das Sozialsystem, suchen Sie das nächste hochspezialisierte Tumorzentrum auf und lassen Sie sich dort behandeln. Ich wünsche Ihnen viel Glück und Kraft für Ihre Therapie.

Hier geht es zum Video: „Meine Nachricht an Sie“

Geprüft Prof. PD DDr. Richard Schwameis: Stand September 2025 | Quellen und Bildnachweis
Die Kurse sind kein Ersatz für das persönliche Gespräch mit Ihrer Ärztin/Ihrem Arzt, sondern ein Beitrag dazu, PatientInnen und Angehörige zu stärken und die Arzt-Patienten-Kommunikation zu erleichtern.
Antikörper
(Immunoglobuline)
Eiweiße (Proteine), die von Zellen des Immunsystems gebildet werden, um Krankheitserreger wie Bakterien oder Viren zu bekämpfen. Bei manchen Erkrankungen kann es zu einer fehlgeleiteten Bildung von Antikörpern gegen körpereigene Zellen oder Strukturen kommen.
Cancer Nurse
Eine Cancer Nurse ist eine Pflegefachperson mit spezieller Weiterbildung in der Betreuung von Menschen mit Krebserkrankungen. Sie unterstützt Patient:innen und Angehörige während der gesamten Behandlungszeit – zum Beispiel durch Informationen zu Therapien, Hilfe im Umgang mit Nebenwirkungen und emotionale Begleitung. Cancer Nurses arbeiten eng mit dem Behandlungsteam zusammen und sind oft wichtige Ansprechpersonen im Alltag.
Chemotherapie
Behandlung mit Medikamenten (Zytostatika), die das Wachstum von Krebszellen hemmen sollen.
CT-Untersuchung
CT ist die Abkürzung für „Computertomographie“. Dies ist ein Verfahren, bei dem mit Hilfe von Röntgenstrahlen verschiedene Gewebearten detailliert dargestellt werden können.
Erhaltungstherapie
Eine Erhaltungstherapie wird nach der erfolgreichen Erstbehandlung einer Erkrankung eingesetzt, um den Behandlungserfolg langfristig zu sichern und einem Rückfall vorzubeugen. Sie kann über einen längeren Zeitraum erfolgen und besteht oft aus Medikamenten, die regelmäßig verabreicht werden.
Gefrierschnitt
Ein Gefrierschnitt ist eine spezielle Untersuchung während einer Operation, bei der Gewebe sofort eingefroren und mikroskopisch untersucht wird. So kann schon während des Eingriffs eine vorläufige Diagnose gestellt werden.
Infusion
Verabreichung einer Flüssigkeit (mit oder ohne darin gelösten Medikamente) über einen Zugang in ein Blutgefäß.
Karzinom
Bösartiger Tumor.
klinische Studie
In klinischen Studien wird getestet, ob ein neues Medikament oder Therapieverfahren sicher und wirksam ist.
Lymphknoten
Bestandteil des Immunsystems, reinigt und filtert die Lymphe aus den Lymphbahnen. Befinden sich an verschiedenen Regionen im Körper, zum Beispiel am Hals und in der Achselregion.
Onkologie
Fachbereich der Medizin, der sich mit bösartigen Tumoren und anderen Krebserkrankungen beschäftigt.
Palliativtherapie
(Palliation)
Therapie, die vorrangig auf die Linderung von Symptomen und Erhaltung bzw. Verbesserung der Lebensqualität ausgerichtet ist. Sie ist zu unterscheiden von der kurativen Therapie, die primär die Heilung zum Ziel hat. Die palliative Therapie hat besondere Bedeutung, wenn die Heilung einer Patientin / eines Patienten nicht möglich ist.
PARP-Inhibitor
PARP-Inhibitoren sind Medikamente, die in bestimmte Reparaturmechanismen von Zellen eingreifen. Sie werden häufig bei bestimmten genetischen Veränderungen eingesetzt, um die Vermehrung von Tumorzellen zu verlangsamen oder zu stoppen.
Polyneuropathie
Bei einer Polyneuropathie kommt es zu einer Schädigung der Nerven. Dabei ist die Reizweiterleitung durch diese Nerven gestört. Oftmals können vor allem sensible Reize wie Berührungen nicht mehr richtig wahrgenommen werden. So kann es auch dazu kommen, dass die Betroffenen unter Gleichgewichtsstörungen leiden.
rektale
(den Mastdarm/Enddarm betreffend)
Bei der rektalen Untersuchung wird der Mastdarm/Enddarm (Rektum) untersucht. Dafür führt die Medizinerin/der Mediziner Finger oder andere Instrumente über den Anus in den Enddarm ein.
Rezidiv
(Rückfall)
Wiederauftreten einer Krankheit nach zunächst erfolgreicher Behandlung mit Heilung oder Verbesserung.
Standardtherapie
Die Standardtherapie ist die Therapie, die den aktuell gültigen wissenschaftlichen Empfehlungen entspricht. Die Standardtherapie ist für verschiedene Erkrankungen unterschiedlich.
Tumor
(„Geschwulst“)
Lokalisierte Vermehrung von Körpergewebe durch unkontrolliertes Wachstum von gutartigen oder bösartigen Zellen. Bösartige Tumore können in umliegendes Gewebe einwachsen und in entfernte Organe streuen. Der Begriff Tumor wird auch verwendet für eine Schwellung von Gewebe z.B. durch Einlagerung von Flüssigkeit im Rahmen von Entzündungsprozessen oder Blutungen.
Tumormarker
Tumormarker sind Substanzen im Blut oder anderen Körperflüssigkeiten, die bei bestimmten Krebserkrankungen erhöht sein können. Sie dienen zur Verlaufskontrolle oder als Hinweis auf eine mögliche Erkrankung, sind jedoch meist nicht allein aussagekräftig für eine Diagnose.
Zertifiziertes Zentrum
Ein zertifiziertes Zentrum erfüllt bestimmte Qualitätsstandards, die regelmäßig von Fachgesellschaften überprüft werden. Patient:innen erhalten dort eine spezialisierte und standardisierte Versorgung, oft durch interdisziplinäre Teams.