Die feuchte altersbedingte Makuladegeneration (feuchte AMD) kann die Sehkraft stark beeinträchtigen. In diesem Kurs erfahren Sie, welche Behandlungen zur Verfügung stehen, wie Sie sich auf die Therapie vorbereiten und was Sie selbst noch dazu beitragen können.
Einleitung durch Priv.-Doz. DDr. Gregor Reiter
Guten Tag. Mein Name ist Gregor Reiter. Ich bin Facharzt für Augenheilkunde und Optometrie. Mein klinischer und wissenschaftlicher Schwerpunkt sind erworbene Netzhauterkrankungen und insbesondere die altersbedingte Makuladegeneration. In den nächsten Minuten möchte ich einen Überblick geben, wie insbesondere die feuchte altersbedingte Makuladegeneration therapiert werden kann, welche Therapieoptionen bestehen, wie eine Therapie angepasst werden kann und was auch Sie als Patient oder Patientin beziehungsweise Angehörige und Angehöriger bei dieser Therapie beitragen können. Der wichtigste Teil der Therapie ist, dass wir eine gemeinsame Therapie und eine individualisierte persönliche Therapie durchführen können, jedoch bedarf das, dass beide Seiten miteinander kooperieren. Ich hoffe Ihnen mit diesem Kurs einen guten Überblick bringen zu dürfen.
Hier geht es zur Einleitung des Kurses: „Feuchte AMD behandeln“.
Therapieziele bei feuchter AMD
Was ist das Ziel der Behandlung bei feuchter AMD?
Um die Behandlung der altersbedingten Makuladegeneration besser verstehen zu können, müssen wir ganz kurz über die altersbedingte Makuladegeneration selbst sprechen. Die altersbedingte Makuladegeneration ist eine multifaktorielle Erkrankung, das heißt, es gibt mehrere Ursachen, die diese Erkrankung auslösen können. Darunter ist vor allem das Alter ein Risikofaktor, während auch die genetische Belastung eines Patienten oder einer Patientin eine Rolle spielt. Das heißt, ob sie in der Familie bereits einen Betroffenen oder eine Betroffene hatten. Zusätzliche Risikofaktoren sind ein höherer Rauchkonsum beziehungsweise auch eine erhöhte Sonnenexposition.
Im Laufe dieser Erkrankung kommt es zu Ablagerungen unter der Netzhaut, sogenannte Drusen, die zu einem erhöhten Sauerstoffbedarf der Netzhaut führen. Dieser erhöhte Sauerstoffbedarf bedingt eine Ausschüttung von Botenstoffen. Wir nennen diese Botenstoffe auch Wachstumsfaktoren. Wichtig davon ist das VEGF und das Angiopoetin. Diese Wachstumsstoffe führen dazu, dass es Blutgefäße anfordert beziehungsweise Blutgefäße neu bildet. Durch diese Blutgefäßneubildung kommt es zu einer Exsudation, das heißt das Austreten von Flüssigkeit in und unter die Netzhaut. Mit diesen Flüssigkeitsansammlungen verschlechtert sich Ihr Sehvermögen. Weiters ist auch diese Flüssigkeitsansammlung ein Risikofaktor weiterhin eine Narbenbildung der Netzhaut entstehen zu lassen und damit das Sehvermögen auf lange Zeit irreversibel zu stören.
Das Ziel der Behandlung der altersbedingten Makuladegeneration ist somit, die Flüssigkeitsmengen wieder zu reduzieren und somit das Risiko für eine Langzeit-Narbenbildung zu reduzieren. Gleichzeitig verbessert sich ihr Sehvermögen durch die Reduktion der Flüssigkeit in beziehungsweise unter der Netzhaut. Ein langfristiger Status einer trockenen Netzhaut soll somit gewährleistet werden. Je trockener die Netzhaut ist, desto besser sind auch die Outcomes beziehungsweise die Endergebnisse, die wir mit der Therapie erreichen können.
Warum ist eine (frühzeitige) Behandlung bei feuchter AMD notwendig?
Die frühzeitige Therapie der altersbedingten Makuladegeneration ist deswegen notwendig, weil je länger Sie mit einer Therapie warten, desto mehr können Umbauprozesse innerhalb der Netzhaut stattfinden. Diese Umbauprozesse finden aufgrund der Flüssigkeitsexsudation statt und diese führen schlussendlich zu einer Narbenbildung. Eine Narbenbildung der Netzhaut führt zu einer irreversiblen Schädigung der Photorezeptoren. Durch diese Photorezeptoren kann kein Licht und kein Sinn mehr erfasst werden. Sozusagen kommt es zu einer Schädigung, die nicht mehr rückgängig gemacht werden kann. Je früher Sie eine Therapie einleiten, desto eher kann eine Krankheitsaktivität in Schach gehalten werden und desto schneller können Sie Ihr Sehvermögen wieder zurückgewinnen.
Woran erkenne ich, ob die Behandlung bei mir wirkt?
Um die Wirksamkeit der Therapie abschätzen zu können, erheben wir unterschiedliche Messungen. Eine wichtige Messung ist die Sehschärfe, die objektive Sehschärfe, die bei jeder Kontrolle gemacht werden sollte. Eine weitere Messung ist oft eine bildgebende Methode, woran wir die Flüssigkeitsansammlung in beziehungsweise unterhalb der Netzhaut auch messen können. Sie selber sehen, wie subjektiv gut Ihr Sehvermögen ist beziehungsweise wie gut Sie auch nach der Injektion eine Verbesserung erfahren. In dem Moment, wo Sie merken, dass die Sehverschlechterung nach einer Injektion wieder schlechter werden sollte, dann ist es auch wichtig, dass Sie selbst achtsam sind und bei einer Verschlechterung wieder Ihren Arzt aufsuchen.
Hier geht es zum Video-Interview: „Therapieziele bei feuchter AMD“
Behandlungsmöglichkeiten bei feuchter AMD
Wie behandelt man eine feuchte altersbedingte Makuladegeneration heute?
Die feuchte altersbedingte Makuladegeneration wird mit sogenannten intravitrealen Injektionen der sogenannten IVOM intravitrealen operativen Medikamentengabe behandelt. Die Therapie der feuchten altersbedingten Makuladegeneration richtet sich nach der Krankheitsaktivität, das heißt nach den Botenstoffen, die die Blutgefäßneubildung beziehungsweise auch das Austreten der Flüssigkeit durch eine erhöhte Gefäßpermeabilität verursacht. Diese Botenstoffe sind das VEGF beziehungsweise das Angiopoetin-2. Die neuen Medikamente richten sich gegen diese Botenstoffe, sogenannte Anti-VEGF, Anti-Angiopoetin-2 Medikamente und unterdrücken diese. Durch eine Unterdrückung dieser Botenstoffe kann die Blutgefäßneubildung in Schach gehalten werden und gleichzeitig auch die Gefäße so abgedichtet werden, damit keine neue Flüssigkeit mehr in beziehungsweise unter die Netzhaut. Durch diese Abdichtung beziehungsweise Unterdrückung der Blutgefäße kann die Flüssigkeit vom Körper selbst resorbiert werden und in weiterer Folge ein neues Auftreten von Flüssigkeit unterdrückt werden. Die Intervalle richten sich nach der Stärke des Medikaments beziehungsweise Ihrer persönlichen Krankheitsaktivität. Je stärker Ihre Krankheitsaktivität ist, das heißt je höher die Botenstoffe, desto häufiger werden die Injektionen notwendig sein. Bei allen Medikamenten gibt es nur eine Dosierung, das heißt, die Anpassung der persönlichen Therapie wird in den Intervallen festgeschrieben.
Eine weitere Möglichkeit, die feuchte altersbedingte Makuladegeneration zu behandeln, ist in seltenen Fall gegeben. In diesen Fällen wird ein Laser zusätzlich zur Anti-VEGF-Therapie durchgeführt. Dieser Laser ist jedoch in seltenen Fällen nur notwendig und Ihr Arzt beziehungsweise Ihre Ärztin wird Sie darauf hinweisen, wenn dies bei Ihnen notwendig ist.
Wie wirken Medikamente, die bei der Behandlung der feuchten AMD eingesetzt werden?
Die Medikamente, die uns heutzutage zur Verfügung stehen, um die feuchte altersbedingte Makuladegeneration zu behandeln, sind hauptsächlich Medikamente, die Botenstoffe, die gegen das VEGF beziehungsweise gegen das Angiopoetin gerichtet sind, hemmen. Diese Wirkstoffe haben den Grund die Gefäße einzudämmen beziehungsweise auch die Permeabilität, das heißt die Durchlässigkeit der Gefäßwände so zu reduzieren, dass sich die Flüssigkeit vom Körper selbst resorbieren kann und gleichzeitig keine neue Flüssigkeit mehr nachkommen kann. Durch die Resorption der Flüssigkeit verbessert sich Ihre Sehstärke und dadurch kann auch garantiert werden, dass langfristig keine Narbenbildung stattfindet. Das Ziel der Therapie ist somit, die Flüssigkeit so gering wie möglich zu halten. Jedoch bedarf das einer wiederholten Gabe dieser Medikamente
Was ist eine Injektion ins Auge und wie läuft diese ab?
Bei der sogenannten IVOM der intravitrealen operativen Medikamentengabe wird ein Wirkstoff direkt in den Glaskörper, das heißt den hinteren Augenabschnitt injiziert. Dadurch wird das Medikament dorthin gerichtet, wo es gut wirkt und kann somit systemische Nebenwirkungen verhindern. Bei der IVOM, der intravitrealen intraoperativen Medikamentengabe, wird zuvor das Auge betäubt, das heißt es wird kein Schmerz spürbar sein. Was Sie jedoch merken können, ist ein leichter Druck, ähnlich wie wenn Sie einen Finger auf Ihren auf Ihre Haut legen und ein bisschen drücken. Das wird auf jeden Fall trotzdem merkbar sein. Es soll jedoch kein Schmerz spürbar sein. In weiterer Folge wird Ihr Arzt Sie bitten, das Auge in eine gewisse Richtung zu halten, während noch einmal eine Desinfektion des Auges vorgenommen wird. Die Desinfektion ist deswegen wichtig, weil wir keine Keime innerhalb des Auges tolerieren können beziehungsweise das auch ein großer Risikofaktor für eine Entzündung nachträglich sein könnte. Wenn nun Ihr Blick in eine gewisse Richtung nach Anweisung Ihres Arztes erfolgt ist, wird Ihr Arzt eine kurze Injektion vornehmen. Sie kennen das ähnlich wie bei einer Impfung. Die Dauer dieser Injektion ist sehr kurz. Je ruhiger Sie in eine gewisse Richtung schauen, desto weniger aufwendig wird auch die Injektion sein. Sie werden im Nachhinein merken, dass diese Injektion bei weitem weniger schlimm ist, als Sie es sich wahrscheinlich vorstellen können. Nach der Injektion wird Ihr Arzt kurzzeitig noch einmal Ihre Sehschärfe testen beziehungsweise auch wie gut es Ihnen geht und ob es zu irgendwelchen Unannehmlichkeiten gekommen ist. Bitte melden Sie sich gleich, wenn Sie irgendwelche Auffälligkeiten erkennen beziehungsweise auch irgendwelche Schwächen der Sehschärfe wahrnehmen.
Hier geht es zum Video-Interview: „Behandlungsmöglichkeiten bei feuchter AMD“
Therapiewahl bei feuchter AMD
Wie wird entschieden, welche Therapie die richtige für mich ist?
Die Therapie der feuchten altersbedingten Makuladegeneration soll, wie wir es bereits anfänglich erwähnt haben, so früh wie möglich stattfinden. Das heißt, je früher Sie zu einer Therapie kommen, desto besser auch das Ansprechen. Das ist insbesondere wichtig, weil Sie auch mit beiden Augen, vielleicht mit einer Erkrankung des ersten Auges, notwendige Sensitivität zeigen sollten, dass das zweite Auge auch eine feuchte altersbedingte Makuladegeneration bekommen könnte. Sozusagen sind sie immer aufmerksam, was beide Augen angeht. Beziehungsweise testen Sie diese bitte auch selbstständig. Die Wahl des Medikaments wird Ihr Arzt mit Ihnen besprechen. Richtet sich nach der Schwierigkeit beziehungsweise auch der Flüssigkeitsansammlungen in beziehungsweise unterhalb der Netzhaut. Neue Erkenntnisse sagen, dass neue Medikamente eine längere Wirksamkeit haben. Längere Wirksamkeit bedeutet für Sie, dass sie eventuell weniger Injektionen über das ganze Jahr brauchen. Jedoch ist wichtig zu sagen, dass auch diese Medikamente eine regelmäßige beziehungsweise wiederholende Abgabe notwendig machen.
Die Intervalle Ihrer Therapie richten sich nach der Krankheitsaktivität. Ihr Arzt bestimmt bei jedem Besuch, wie aktiv die Erkrankung ist und ob sich Flüssigkeit in beziehungsweise unter der Netzhaut angesammelt hat beziehungsweise auch ob Blutungen in der Netzhaut vorhanden sind. Sollte eine erhöhte Aktivität messbar gemacht werden können, so kann es sein, dass die Therapie intensiviert werden muss, das heißt die Intervalle reduziert werden müssen. Sofern die Netzhaut trocken ist beziehungsweise die Krankheitsaktivität in Schach gehalten wird, kann es auch sein, dass die Therapieabstände ausgedehnt werden können. Damit müssen Sie weniger Injektionen bekommen. Ihr Arzt wird für Sie das persönlich richtige Intervall aussuchen.
Wie oft und wie lange sind die Behandlungen notwendig, und können sich die Abstände zwischen den Behandlungen verändern?
Wir starten die Behandlung immer im 4 Wochen Abstand. 4 Wochen Abstand deswegen, wir nennen es die sogenannte Loading-Dose, um die Krankheitsaktivität so rasch wie möglich zu reduzieren. Wenn die Flüssigkeit resorbiert wird, erhoffen wir uns auch damit einen Anstieg Ihrer Sehschärfe. Über die Erhaltungsphase, das heißt, nach der Loading-Dose können wir die Abstände zwischen den Injektionen oft erhöhen. In den meisten Fällen erhöhen wir diese Intervalle zwischen 2 bis 4 Wochen, das heißt, wir erreichen Intervalle von etwa 8 bis 12 Wochen bei den meisten Patienten. Wenn Sie eine erhöhte Krankheitsaktivität zeigen, kann es auch sein, dass Ihr Arzt Sie wieder zu einem engeren Intervall zurückführen wird, während, wenn Sie weniger Krankheitsaktivität zeigen, eventuell auch ein erhöhtes Intervall notwendig wird. Die Intervalle richten sich somit nach Ihrer Krankheitsaktivität und sind höchst personalisiert angepasst. Die Therapie ist so lange notwendig, solange Sie eine Krankheitsaktivität zeigen, das heißt solange Sie eine Flüssigkeitsansammlung in beziehungsweiseunter der Netzhaut haben. Die Therapie wird dann nicht mehr notwendig, wenn über eine lange Zeit diese Krankheitsaktivität nicht mehr auftritt. Das heißt, wenn Sie auf den längsten Intervallen sind und diese Intervalle eigentlich nicht mehr ausgedehnt werden können und wir gleichzeitig keine Krankheitsaktivität mehr sehen, dann kann es sein, dass die Therapie vorerst pausiert wird. Das heißt aber auch, dass weitere Kontrollen notwendig sind, weil eine neue Krankheitsaktivität kann leider immer wieder auftreten.
In seltenen Fällen ist es auch notwendig, die Therapie abzubrechen, das heißt keine weiteren Injektionen mehr zu geben. Dies ist notwendig, wenn die Narbenbildung der Netzhaut so stark ausgeprägt ist, dass die Photorezeptoren, das heißt die lichtaufnehmenden Zellen der Netzhaut so irreversibel geschädigt sind, dass durch eine weitere Therapie keine Besserung mehr eintreten kann. Dies wird jedoch mit Ihnen im Detail besprochen und auch dann, wenn sich hier noch eine Krankheitsaktivität zeigt, aufgrund Ihrer personalisierten Bildgebung und auch Visustestung mit Ihnen persönlich besprochen.
Welche Faktoren beeinflussen den Erfolg meiner Behandlung bei feuchter AMD?
Der Erfolg der Behandlung richtet sich nach Ihrem subjektiven Sehvermögen. Wenn Sie mit einem schlechten Sehvermögen starten, haben Sie natürlicherweise auch eine höhere Möglichkeit, wieder Ihren Sehgewinn zurückzubekommen. Wenn Sie bereits eine gute Sehvermögen zu Beginn der Therapie haben, so wird sich auch der Therapieerfolg weiterhin an Ihrem guten Sehvermögen orientieren. Je früher wir mit einer Behandlung starten, desto besser wird auch Ihr Outcome sein. Das möchte ich Ihnen noch einmal ans Herz legen, dass Sie auch bitte an Ihr zweites Auge denken. Wenn ein Auge eine altersbedingte Makuladegeneration entwickelt, insbesondere eine feuchte AMD, so ist auch das Risiko erhöht, dass das zweite Auge eine feuchte AMD entwickeln wird. Bitte überprüfen Sie das regelmäßig. Es gibt Selbsttest, auf die wir später noch zu sprechen kommen. Und wenn Sie eine Veränderungen in diesen Selbsttest beziehungsweise Ihrer Sehschärfe merken, so bitte ich Sie, so früh wie möglich zu Ihrem Arzt oder Ärztin zu kommen.
Hier geht es zum Video-Interview: „Therapiewahl bei feuchter AMD“
Arztgespräch gut vorbereiten
Was sollte ich meine Augenärztin/meinen Augenarzt bei meinem Termin unbedingt fragen?
Wenn Sie Ihren Termin bei Ihrem Augenarzt beziehungsweise Ihrer Augenärztin haben, dann stellen Sie ruhig folgende Fragen. Erst einmal ist es interessant für Sie beziehungsweise auch für Ihren Augenarzt, wie sich die Sehschärfe entwickelt hat. Das heißt, kam es zu einer Verbesserung Ihrer Sehschärfe nach der letzten Therapie? Beziehungsweise was ist das Potenzial Ihrer Sehschärfe? Gleichzeitig fragen Sie nach der Bildgebung. Fragen Sie danach, ob es Flüssigkeit gibt, in welchen Flüssigkeitsformen diese vorliegen und ob sich dadurch eine Veränderung gezeigt hat. Weiters fragen Sie danach, wie die nächsten Intervalle werden können. Somit können Sie auch etwas einplanen, wie Sie die nächsten Arztbesuche notwendig haben. Insbesondere über den Sommer beziehungsweise über die Weihnachtsferien merken wir oft, dass es hier zu Intervallschwankungen kommt, die man sehr gerne mit Ihnen absprechen würden. Sind Sie nicht schüchtern, sondern fragen Sie ruhig danach, damit wir Ihnen eine persönliche Therapie anbieten können.
Welche Nebenwirkungen hat eine Injektion ins Auge und wie kann ich damit umgehen?
Bei der intravitrealen operativen Medikamentengabe kann es leider auch zu Nebenwirkungen kommen. Dabei müssen wir unterscheiden zwischen Nebenwirkungen, die bedrohlich sind und Nebenwirkungen, die eventuell häufig auftreten, jedoch nicht irgendeine Bedrohung für Sie darstellen können. Eine der häufigsten Nebenwirkungen, die auftreten können, aber zu keinerlei Gefahr führt, sind Blutungen am Einstichort. Sie kennen es eventuell von Impfungen. Auch hier kann es zu kleinen Blutungen kommen. Beim Auge ist es sehr ähnlich. Wenn Sie ein Blutgefäß erwischen, dann kann sich auch dort ein kleiner Bluterguss ausbilden. Dieser ist jedoch oft harmlos, schaut vielleicht schlimmer aus. Wenn es Sie beunruhigt, suchen Sie bitte einen Arzt auf. Es ist jedoch meistens ungefährlich. Eine weitere Nebenwirkung der intravitrealen Medikamentengabe können kleine Luftbläschen innerhalb des Medikaments sein. Diese sind jedoch steril und führen zu keiner Entzündung. Sie würden diese Luftbläschen jedoch merken, indem sie ganz kleine schwarze Pünktchen sehen. Auch diese resorbieren sich innerhalb weniger Tage und sind nicht bedrohlich. Auch hier, wenn Sie Sorge haben, suchen Sie lieber früher als später einen Arzt auf.
Zu den gefährlichen Nebenwirkungen zählen die Entzündungen. Entzündungen sind deswegen sehr gefährlich, weil das Auge ein sehr isoliertes Organ ist. Wenn ein Keim in das Auge eindringt, ist dieser sehr schwer wieder zu entfernen. Eine Entzündung am Auge merken Sie durch eine verstärkte Rötung, Schmerzen und eine zunehmende Sehverschlechterung. Wenn dies nicht gleich wieder vorbei ist, sollten Sie relativ schnell innerhalb von Stunden Ihren Arzt aufsuchen. Eine Entzündung des Auges kann sehr gravierende Nebenwirkungen zeigen, die auch bis zum irreversiblen Sehverlust führen können. Somit nehmen Sie bitte diese Nebenwirkung sehr ernst, obwohl sie sehr, sehr selten ist. Weitere Nebenwirkungen, jedoch auch sehr selten, ist durch das mechanische Verfahren verschuldet, sozusagen eine Verletzung der Netzhaut beziehungsweise der Linse. Diese sind jedoch durch die neuesten Abgabemethoden sehr selten geworden und Sie sollten sich deswegen im Vorfeld keine Sorgen machen. Achten Sie darauf, dass Ihr Auge gut betäubt wird und, dass ausreichend Desinfektion verwendet wird, damit auch kein Keim in das Auge eindringen kann. Wenn Sie einen ruhigen Blick in die Blickrichtung Ihres Arztes werfen, dann kann auch die Medikamentenabgabe sicher und kontrolliert gegeben werden. Versuchen Sie während der Medikamentengabe ruhig zu bleiben und immer in eine gleiche Richtung zu schauen.
Welche Symptome sollte ich im Behandlungsverlauf sofort meiner Ärztin/meinem Arzt melden?
Wenn Sie nach der Injektion eine vermehrte Rötung Ihres Auges wahrnehmen, einen Sehverlust wahrnehmen beziehungsweise auch starke Schmerzen am Auge wahrnehmen, so kann das ein Hinweis auf eine Entzündung sein. Diese Symptome müssen Sie bitte sehr ernst nehmen, auch wenn diese sehr selten ist, ist sie eine gravierende Nebenwirkung der Therapie. In solchen seltenen Fällen suchen Sie unverzüglich einen Arzt auf. Weitere Nebenwirkungen, die Sie feststellen könnten, ist eine transiente Sehverschlechterung, die sich auch innerhalb von wenigen Stunden wieder legt. Das kann durch eine erhöhte Druckansammlung innerhalb des Auges stattfinden, jedoch ist diese selten von längerer Dauer. Wenn diese Sehverschlechterung jedoch anhält, ist es auch hier notwendig, gleich den Arzt aufzusuchen. Wenn eine Nebenwirkung der intravitrealen Medikamentengabe auftritt, dann tritt diese entweder sofort oder innerhalb der ersten Tage nach der Injektion auf. Wichtig ist das Fenster zwischen 2 bis 5 Tagen. Danach kann eine Sehverschlechterung auch andere Ursachen haben beziehungsweise auch die Grunderkrankung der feuchten AMD widerspiegeln. Das heißt wenn neue Flüssigkeit gebildet wird, sozusagen eine erneute Gabe, einer Anti-VEGF-Therapie notwendig ist, dann kann es auch hier zu einer Sehverschlechterung führen. Im Zweifelsfall suchen Sie bitte den Arzt auf, der eine Untersuchung mit Ihnen durchführen kann. Eine Bildgebung und eine Sehschärfentestung und damit für Sie die persönlich richtige Therapie wieder initiieren kann.
Hier geht es zum Video-Interview: „Arztgespräch gut vorbereiten“
Mein Beitrag zur Therapie bei feuchter AMD
Wie kann ich mich gut auf die Behandlung vorbereiten?
Wie bei jeder augenärztlichen Untersuchung würden wir Sie bitten, die Augen für die Untersuchung nicht zu schminken. Das ist insbesondere wichtig, weil auch diese Verunreinigungen zu einem erhöhten Infektionsrisiko führen kann. Sie können sich deswegen auch gut vorbereiten, indem Sie einfach Ihren Befund mitnehmen, die letzten Befunde beziehungsweise letzten Bildgebungen und wenn Sie von einem externen Arzt geschickt werden, auch den aktuellen Patientenbrief Ihres Arztes mitnehmen können. In der Zusammenschau auch der historischen Befunde ist eine erneute Begutachtung und vor allem auch eine persönliche Begutachtung deutlich leichter. Unsere Empfehlung richtet sich nach den alten Befunden, den derzeitigen Befunden, aber auch das Potenzial des Visus-Gewinns während der Therapie. Wir werden mit Ihnen eine persönliche Therapie ausarbeiten. Bitte lassen Sie uns noch wissen, ob Sie Allergien haben beziehungsweise Medikamente nicht vertragen haben und insbesondere vorherige Anti-VEGF beziehungsweise andere intravitreale Medikamente bekommen haben. Lassen Sie uns auch wissen, wenn Sie eine Unverträglichkeit gegen Desinfektionsmittel haben oder andere Inhaltsstoffe, auf die Sie eventuell reagieren können. Das erleichtert uns, das richtige Medikament für Sie auszuwählen und für Sie die Therapie so zu planen, dass Sie den bestmöglichen Erfolg erzielen können. Wenn Sie sich vor Ihrer ersten Injektion befinden, dann sollten Sie sich nicht zu viele Sorgen machen. Eine Injektion ins Auge hört sich eventuell auf den ersten Blick sehr schwerwiegend an, jedoch kann ich Ihnen versichern, dass es hierzu ein standardisiertes Vorgehen gibt. Es kommt erst eine Betäubung, das heißt Sie spüren keinen Schmerz. Es kommt zu einer Desinfektion und somit auch zu einer Säuberung und einer Reduktion des Eindringens von Keimen. Das ganze Protokoll ist ähnlich wie bei einem Flugzeug standardisiert. Sie müssen sich deswegen wenig Sorgen machen. Aus eigener Erfahrung kann ich Ihnen sagen, dass sich Patienten im Vorfeld mehr Sorgen machen als notwendig und Sie selber im Nachhinein sehen werden, dass die Injektion meistens nicht so schlimm war, wie Sie sich das jetzt vorstellen.
Was kann ich selbst tun, um den Therapieerfolg zu unterstützen?
Sie können den Therapieerfolg unterstützen, indem Sie selbst achtsam bleiben. Achtsam können Sie auch zwischen den Intervallen bleiben. Das heißt, es gibt sogenannte Selbsttest, mit denen Sie sich selbst testen können. Ein solcher Test ist das sogenannte Amsler-Gitter. Ein Amsler-Gitter kann Ihnen Ihr Arzt oder Ihre Ärztin mitgeben. Es kommt sozusagen zu einem Schachbrettmuster, wodurch die geraden Linien bei Auftreten von Flüssigkeiten verwellt dargestellt werden. Wir nennen das sogenannte Metamorphopsien. Diese Metamorphopsien sind im Grunde einfach Verwellungen. Wenn Sie durch die Selbstkontrolle mitbekommen, dass sich diese Wellen ändern, dann sollten Sie einen Arzt oder eine Ärztin aufsuchen, weil das ein frühes Indiz einer Krankheitsaktivität wieder sein kann. Eventuell ist es möglich, dass Ihre Therapieintervalle angepasst werden müssen und eventuell reduziert werden müssen. Dadurch sind jedoch noch weitere Untersuchungen notwendig, die Ihr Arzt oder Ihre Ärztin gern mit Ihnen machen wird. Weiters sollten Sie immer alle Befunde mitnehmen beziehungsweise auch frühere Bildgebungen, insbesondere wenn Sie zum ersten Mal zu einem Arzt, zu einer Ärztin kommen.
Ich bitte Sie, zu jedem Termin auch wirklich zu erscheinen, weil eine regelmäßige Kontrolle auch in einer intervallfreien Zeit notwendig ist. Wie der Beginn der Erkrankung, so ist auch jegliche Krankheitsaktivität wichtig zu erkennen und frühzeitig zu behandeln. Das heißt, wenn eine Krankheitsaktivität zu lange nicht behandelt wird, kann sich auch hier eine irreversible Sehverschlechterung einstellen, die wir auf lange Sicht nicht mehr therapieren können. Ich darf Sie somit bitten, regelmäßig Ihre Termine wahrzunehmen und diese ernst zu nehmen.
Wie verhalte ich mich nach einer Injektion ins Auge und was muss ich beachten?
Nach der Injektion wird Ihr Arzt mit Ihnen einen schnellen Sehtest machen und Sie noch einmal nach Ihrer Befindlichkeit fragen. Bitte antworten Sie gleich, wenn Sie beispielsweise eine Handbewegung oder ein Fingerzählen nicht wahrnehmen können. Im Anschluss sollten Sie an dem Tag, an dem Sie die Injektion bekommen haben, befeuchtende Augentropfen verwenden. Diese lindern die Beschwerden der Desinfektion. Eine stündliche Gabe kann gerne von Ihnen durchgeführt werden. Wir empfehlen jedoch zu mindestens 4x am Tag das Auge zu tropfen. Wenn Sie dies länger machen wollen, so ist das kein Problem. Wir bitten Sie jedoch jedes Mal nach jeder Injektion eine neue Packung von Augentropfen zu verwenden und nicht die gleiche Packung wie zuvor. Die meisten Patienten schonen sich an dem Tag der Injektion beziehungsweise nehmen sich keine großen Veranstaltungen nach der Injektion vor. Es kann teilweise Müdigkeit auftreten beziehungsweise kann auch der Arztbesuch selbst anstrengend sein. Schonen Sie sich an dem Tag. An dem Tag danach können Sie die meisten Veranstaltungen ohne Probleme wieder besuchen.
Aufgrund Ihrer Untersuchung beim Augenarzt, die die Notwendigkeit bringt, dass Ihre Augen erweitert werden müssen, ist ein Autofahren nach einer ärztlichen Untersuchung nicht empfohlen. Am nächsten Tag nach der Untersuchung ist ein Autofahren, sofern Sie die rechtlichen Grundbedingungen erfüllen, ohne Probleme wieder möglich.
Hier geht es zum Video-Interview: „Mein Beitrag zur Therapie bei feuchter AMD“
Meine Nachricht an Sie
Zum Schluss möchte ich Ihnen eine persönliche Empfehlung geben. Seien Sie offen und mutig. Treten Sie an Ihre Ärztin oder Ihren Arzt heran. Stellen Sie Fragen und informieren Sie sich, welche Medikamente bei Ihnen infrage kommen, welche Intervalle notwendig sind und wie eine Therapie zu optimieren ist. Sind Sie auch nicht zaghaft, wenn Nebenwirkungen auftreten, diese bitte schnell Ihrem Arzt mitzuteilen. Es ist ganz wichtig, dass sich eine Therapie sowohl an Ihnen als auch an Ihre Erkrankung richtet. Eine persönliche Therapie ist für beide Seiten empfohlen und soll sich nach Ihren Beschwerden beziehungsweise auch nach Ihren Möglichkeiten richten. Deswegen darf ich Sie bitten alles, was Sie besprechen wollen, offen mit Ihrem Arzt zu besprechen.
Hier geht es zum Video: „Meine Nachricht an Sie“