1. Juckreiz bei der Dialyse einfach erklärt

Viele Patient:innen verbinden Juckreiz zunächst mit eher harmlosen Ursachen, wie trockener Luft, Waschmittel oder Hautallergien. Bei Patient:innen mit chronischer Niereninsuffizienz, insbesondere bei Dialysepatient:innen, tritt jedoch häufig ein belastender, chronischer Juckreiz auf. Dieser wird auch als CKD-assoziierter Pruritus oder urämischer Pruritus bezeichnet. Der Juckreiz kann an nur einer bestimmten Stelle auftreten oder sich über den ganzen Körper ausbreiten. Oft ist der Juckreiz kein reines Hautproblem, sondern ein komplexes Symptom, das in engem Zusammenhang mit der Nierenerkrankung steht.

Wie häufig ist Juckreiz bei chronischen Nierenerkrankungen und wo tritt er auf?

Etwa 40 – 60 % der Menschen mit einer chronischen Nierenerkrankung leiden unter Juckreiz, unabhängig davon, ob bereits eine Dialyse notwendig ist oder nicht. In unserer Schulung „Dialyse verstehen“ erfahren Sie alles Wichtige rund um die Dialyse. Das bedeutet, dass jede:r dritte bis vierte Patient:in betroffen ist. Trotzdem bleibt dieses Symptom oft verborgen, weil es von den Betroffenen selten aktiv angesprochen wird.

Der Juckreiz kann ganz unterschiedlich auftreten. Manche Patient:innen spüren den Juckreiz direkt nach der Dialyse, bei anderen erst Stunden später oder nachts. Juckreiz bei Nierenerkrankungen kann sehr unterschiedlich auftauchen, manchmal an einzelnen Stellen, manchmal am ganzen Körper. Besonders häufig betroffen sind Rücken, Arme oder Beine. Bei vielen Patient:innen verändert sich die betroffene Region mit der Zeit. Auch die Dauer kann sich unterscheiden. Bei manchen Patient:innen verschwindet der Juckreiz rasch wieder, bei anderen hält er Stunden an oder kann chronisch werden und fast dauerhaft vorhanden sein.

Warum entsteht Juckreiz bei Nierenerkrankungen?

Warum Juckreiz entsteht, lässt sich nicht mit einer einzigen Ursache erklären. Im Körper gibt es viele Vorgänge, die wie ein fein abgestimmtes Zusammenspiel funktionieren – ähnlich wie ein Orchester. Bei einer Nierenerkrankung gerät dieses Zusammenspiel aus dem Takt: Abläufe im Körper, die sonst im Gleichgewicht sind, laufen nicht mehr rund und das kann dann unter anderem Juckreiz auslösen. Dabei spielen verschiedene Faktoren eine Rolle:

  • Stoffwechselprodukte im Blut
    Wenn Ihre Nieren geschwächt sind, werden bestimmte Stoffe nicht mehr ausreichend über den Urin ausgeschieden, sogenannte harnpflichtige Substanzen. Sie bleiben länger im Blut, reizen das Immunsystem und können Reaktionen auslösen, die sich an der Haut als Juckreiz bemerkbar machen.
  • Veränderungen der Hautnerven (Neuropathien)
    Die Haut ist von einem dichten Netz an Nerven durchzogen. Manche Nervenfasern verstärken Juckreiz, andere unterdrücken ihn. Bei chronischer Nierenerkrankung verschiebt sich dieses Verhältnis. Die juckreizfördernden Nerven sind aktiver, die hemmenden weniger. Zusätzlich können Nervenschäden (Neuropathien) dazu führen, dass Reize überempfindlich wahrgenommen werden.
  • Entzündungen der Haut
    Chronische Entzündungsprozesse sind bei Nierenpatient:innen keine Seltenheit. Entzündungsbotenstoffe reizen die Hautnerven zusätzlich und verstärken das Juckgefühl. Sogar kleine äußere Reize, wie Wärme, trockene Luft oder Reibung können dann starken Juckreiz auslösen.
  • Veränderte Hautbeschaffenheit und Fehlfunktion der Haut
    Die Haut kann bei Nierenerkrankten trockener, dünner und empfindlicher sein. Typisch ist auch eine sogenannte Fehlfunktion der Haut, die zu Juckreiz führen kann.
  • Weitere mögliche Ursachen
    Manchmal sind auch andere Faktoren für den Juckreiz verantwortlich. Diese sollten immer mitbedacht und ärztlich abgeklärt werden, z. B. infektiöse Hauterkrankungen wie Pilzinfektionen oder bakterielle Entzündungen, Unverträglichkeiten gegen Pflegeprodukte wie Wasch- oder Nahrungsmittel und Allergien oder Überempfindlichkeitsreaktionen.

Wie hängt der Juckreiz mit dem Verlauf der Nierenerkrankung zusammen?

Juckreiz tritt nicht nur bei schwerer Niereninsuffizienz auf. Auch Patient:innen mit noch milder Nierenfunktionsstörung können betroffen sein. Grundsätzlich gilt: Je weiter die Nierenerkrankung fortschreitet, desto häufiger und stärker kann der Juckreiz werden, vor allem bei Menschen in der Dialyse.

Warum bleibt Juckreiz oft unerkannt und unbehandelt?

Oft bleibt das Thema Juckreiz leider sowohl auf Seiten der Patient:innen, als auch beim medizinischen Personal unerwähnt. Viele Betroffene bringen den Juckreiz nicht mit der Nierenerkrankung in Verbindung, sondern vermuten andere Ursachen. Gleichzeitig spricht das Behandlungsteam das Thema selten von sich aus an, sodass eine Lücke in der Kommunikation entsteht: Beschwerden werden übersehen und notwendige Behandlungsschritte verzögern sich.

Daher ist es besonders wichtig, dass Sie als Patient:in schon bei den ersten Anzeichen von Juckreiz aktiv das medizinische Personal informieren. Je früher das Thema angesprochen wird, desto rascher lassen sich Ursachen klären und Hilfsmöglichkeiten finden.

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    Geprüft Prof. Dr. Gert Mayer: Stand Oktober 2025 | Quellen und Bildnachweis
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    CKD
    CKD ist die englische Abkürzung für Chronic Kidney Disease und bedeutet chronische Nierenerkrankung. Damit bezeichnet man eine dauerhafte, fortschreitende Schädigung der Nieren, bei der ihre Filterfunktion nachlässt.
    Dialyse
    Verfahren, um den Körper von Stoffwechselabbauprodukten und überschüssigen Flüssigkeiten zu befreien.
    Pruritus
    Ein Pruritus bezeichnet ein unangenehmes Hautgefühl, das den starken Drang auslöst, die Haut zu kratzen oder zu reiben.