Depression ist eine häufige psychische Erkrankung, die sehr belastend ist und Betroffene in ihrem Leben und Alltag stark einschränken kann. Die Krankheit ist gekennzeichnet durch ein Gefühl von Hoffnungslosigkeit, Antriebslosigkeit und den Verlust von Energie und Lebensfreude. Glücklicherweise sind Depressionen durch die richtige Therapie gut behandelbar. Prim. Dr. Christian Wunsch beantwortet hier die häufigsten Fragen zur Depression.
Behandlung von Depression verstehen
Braucht jede Depression eine Behandlung?
Ob jede Depression eine Behandlung braucht, ist individuell zu entscheiden. Natürlich, wenn einmal die Diagnose einer Depression gestellt wurde, dann denke ich, ist es auf alle Fälle wichtig, den Leidensdruck zu mildern, zu unterstützen und auch wieder ins Leben zu finden. Deswegen, finde ich, ist eine Depression zu behandeln mit den Möglichkeiten, die uns zur Verfügung stehen.
Woran kann ich erkennen, ob eine Therapie erforderlich ist und wann sollte diese beginnen?
Der Leidensdruck des Betroffenen, der Betroffenen ist essenziell ausschlaggebend. Wenn Sie selbst merken, dass Ihr Leben aus dem Bahnen geraten ist oder Sie das Gefühl haben, dass Sie nicht mehr weiterkommen, dass Sie Hilfe brauchen, ist auf alle Fälle eine Therapie einzuleiten. Und in weiterer Folge ist auch gewisse fachärztliche oder medizinische Unterstützung in Anspruch zu nehmen.
An wen kann ich mich wenden, um Notwendigkeit und Art der Therapie abzuklären?
Allein die Tatsache, sich an jemanden zu wenden, Hilfe zu suchen, ist schon mal die größte Hürde. Und ich glaube, das ist schon etwas, was ganz, ganz hoch zu werten ist.
Der erste Kontakt wird wahrscheinlich der Hausarzt sein, eine medizinische Beratung, eine Unterstützung. Und der kann dann auch weiter entscheiden, ob er Sie zu einem Facharzt oder zu einem kompetenten Therapeuten weiterleitet.
Wie wahrscheinlich ist eine vollständige Heilung und wie häufig sind Rückfälle?
Die Heilungschancen sind sehr, sehr gut. Mittlerweile haben wir sowohl medikamentöse als auch umfangreiche therapeutische Unterstützungsmöglichkeiten, dass eine Heilung sehr, sehr wahrscheinlich ist.
Natürlich sind viele Bereiche oder Aspekte wichtig.
- Eine gewisse Kontinuität der Behandlung ist wichtig,
- eine regelmäßige Betreuung ist wichtig.
Und dann kann man davon ausgehen, dass man auch wieder zu einer gesunden und stabilen psychischen Form zurückfindet.
Rückfälle kann es geben. Das bedingt das ganze System. Wenn äußere Faktoren, Belastungsereignisse, aktuelle, sehr, sehr traumatische Ereignisse Sie erschüttern, kann es wiederum zu Rückfällen führen. Da ist es eben auch wichtig, dass man therapeutisch und langfristig auch eine Unterstützung annimmt.
Was kann ich tun, wenn ich das Gefühl habe, einen Rückfall zu erleiden?
Ich glaube, es ist wichtig und es ist auch Teil der Therapie, sich selbst am besten kennen zu lernen, sozusagen der Meister seiner eigenen Erkrankung zu werden, wenn ich das so sagen darf. Das heißt, auf sich zu achten, achtsam zu sein, wenn wieder die ersten, wir nennen das Frühwarnsymptome auftreten. Bei manchen ist es zuerst die Veränderung des Schlafs, Schlafstörungen, manchmal Nervosität, Unruhe, Konzentrationsstörungen.
Das heißt, frühzeitig darauf zu achten, sich selbst auch zu beobachten oder auf Angehörige, Freunde zu reagieren. Wenn die einem sagen, dass sie das Gefühl haben, dass es einem wieder schlechter geht, dann sollte man auf alle Fälle wieder Hilfe holen. Denn je früher man diese Hilfe annimmt, desto schneller kann man dann einen Rückfall auch abfangen, manchmal sogar verhindern.
Welche Ziele kann die Behandlung einer Depression haben?
Die Ziele letztendlich sind,
- Ihre Symptome zu mildern,
- den Leidensdruck abzufedern,
- wieder ins Leben zu führen
- und Ihnen somit eigentlich wieder die Krankheit zu nehmen und wieder zu einem glücklichen und gesunden Leben zu führen.
Wie kann eine Depression behandelt werden?
Eine Depression kann unterschiedlich behandelt werden. Wir unterscheiden verschiedene Stufen, verschiedene Schweregrade zwischen leicht, mild oder mittel und schwer.
Ich glaube, dass es auf alle Fälle wichtig ist, jede Depression zu diagnostizieren. Das ist schon mal die erste Hürde.
Aber wenn das erfolgt ist und wenn dann auch die Empfehlung einer Therapie stattgefunden hat, dann gibt es auf alle Fälle die Möglichkeit, medikamentös zu unterstützen. Das ist insofern wichtig, weil andere oder folgende Therapiemöglichkeiten dann dadurch leichter auch erreicht werden können.
Psychotherapie, Bewegungstherapie, Ergotherapie etc. sind oft dann erst möglich, wenn man eine gewisse Stabilität wieder erreicht hat. Und die ist zu Beginn meist durch eine medikamentöse Unterstützung erst zu erreichen.
Welche Faktoren bestimmen die Wahl der Therapie und inwieweit werden meine Vorstellungen berücksichtigt?
Die Vorstellungen des Patienten für Sie als Betroffene sind auf alle Fälle wichtig zu respektieren und auch wahrzunehmen. Man spricht heutzutage vom „shared decision making“. Die Patientin, der Patient mit dem Arzt gemeinsam macht ein Therapiekonzept aus, eine sogenannte Landkarte, einen Pfad. Und somit werden auf alle Fälle Ihre Wünsche berücksichtigt.
Es gibt viele Menschen, die wollen keine synthetischen Medikamente nehmen. Da gibt es Alternativen. Es gibt Medikamente auch aus unterschiedlichen Gruppen. Es gibt Menschen, die wollen unterschiedliche Therapiemöglichkeiten in Anspruch nehmen.
Auf alle Fälle ist es wichtig, sich gemeinsam einen Fahrplan auszumachen, dass also für beide Seiten, sowohl von der fachärztlichen Seite, aber auch für Sie als Patientin, als Patient ein gemeinsamer Fahrplan, ein gemeinsamer Pfad eruiert wird.
Ist eine Behandlung der Depression ohne Medikamente möglich?
Eine Depression ohne Medikamente zu behandeln ist sicherlich möglich. Empfohlen wird es nicht. Warum? Wie gesagt: Es ist wichtig, dass zuerst einmal die schweren Symptome, die oft essenziell auch für die Kognition, das heißt für das Gedächtnis, für das Denken, für die Wahrnehmung, für das Merken zuständig sind, gebessert werden.
Dann kann ich auch andere und alternative Methoden annehmen und in Anspruch nehmen. Dazu brauche ich aber doch zu Beginn eine gewisse Stabilisierung. Und da gibt es heutzutage sehr, sehr gute und sehr, sehr gut verträgliche und sehr, sehr viele unterschiedliche Medikamente, die mir dabei helfen können.
Hier geht es zum Video-Interview: „Behandlung von Depression verstehen“
Medikamente bei Depression
Was sind Antidepressiva und welche verschiedenen Arten gibt es?
Antidepressiva ist ein allgemeiner Begriff. Wie der Name sagt: Sie sollen gegen die Depression wirken. Dies ist fast schon ein antiquierter, alter Begriff. Heutzutage würde man eher sagen „stimmungsverbessernde“ oder „stimmungsaufhellende Präparate“, die es da gibt, weil es eben ganz, ganz unterschiedliche Zugänge gibt. Es gibt Möglichkeiten,
- dass man die Stimmung verbessert,
- den Antrieb verbessert,
- die Energie verbessert
- und die Symptome dementsprechend behandelt.
Diese Medikamente sind unterschiedlich in Gruppen aufgeteilt. Und diese Gruppen differenzieren sich durch unterschiedliche Zugänge in der Wirkung.
Wo und wie wirken Antidepressiva?
Wo genau Antidepressiva wirken und jeden einzelnen Wirkbereich, den kennt man heutzutage nicht. Man geht davon aus, dass es ein Gesamtkonzept ist.
Sie wirken definitiv im Gehirn. Sie wirken aber sicher auch im ganzen Körper.
Wir wissen heutzutage auch, dass die Darm-Hirn-Achse eine wichtige ist, dass sie sozusagen unser zweites Gehirn ist, fast schon das erste Gehirn, das der Darm ursprünglich war, wie das venöse Nervengeflecht im Verdauungstrakt. Aber dort vor allem in den Bereich der Synapsen, in den Zwischenstellung zwischen zwei Nervenenden, wo die Übertragung von A nach B stattfindet, dort setzen diese Medikamente an. Sie verbessern Defizite in der Übertragung von den Botenstoffen, den sogenannten Neurotransmittern, insbesondere der Mono-Amine, und unterstützen diese. Dadurch können sie wieder einen natürlichen Effekt fördern.
Wonach wird entschieden, welches Antidepressivum ich bekomme und wie erkenne ich, ob es wirkt?
Die Entscheidung, welches Präparat für Sie günstig ist, welches Präparat für Sie passend ist, wird natürlich gemeinsam mit Ihnen entschieden. Der Arzt gibt Vorschläge. Es gibt gewisse Kriterien und gewisse Manuale, gewisse Stufenschemata, die man bespricht. Aber es wird natürlich geschaut, dass ein richtiges und ein wirksames Medikament individuell für Sie gefunden wird.
Da kann es sein, dass man vielleicht einmal ein Medikament austauschen muss, vielleicht ein anderes wählen muss, wenn man bis jetzt noch keine Erfahrung gehabt hat mit Medikamenten aus dieser Gruppe. Aber es zeigt sich doch, dass die Wirksamkeit durch Verbesserung der Symptome, der belastenden Symptome sich zeigt. Wenn sich der Schlaf verbessert, wenn die Stimmung sich verbessert, wenn der Antrieb wieder zurückkommt, dann zeigt es sich schon, dass das Medikament wirksam ist.
Was wichtig zu erwähnen ist, dass es eine gewisse Dauer braucht. Geduld ist da ein Wort, das ganz, ganz wichtig ist. Es braucht mehrere Tage, manchmal auch Wochen, bis ein Medikament die optimale Wirkung entfalten kann.
Was ist bei der Einnahme von Antidepressiva zu beachten?
Bei der Einnahme der Medikamente ist vor allem Ihre Bereitschaft wichtig. Es ist wichtig, dass Sie sagen: „Okay, ich bin bereit, ein Medikament einzunehmen.“ Die sogenannte Compliance ist das Um und Auf. Da haben Sie schon ganz, ganz viel damit erreicht. Regelmäßig ein Medikament einzunehmen ist das Um und Auf.
Und zwar täglich werden die Medikamente eingenommen, so wie viele andere Medikamente auch, damit ein gewisser Wirkspiegel erreicht wird, eine gewisse Erhaltung erreicht wird, damit das Medikament ausreichend wirken kann.
Man soll die Medikamente auch nicht pausieren, man soll nicht absetzen, alles nur in Rücksprache mit dem Arzt.
Wenn es Nebenwirkungen gibt, Verträglichkeitsprobleme, bitte alles rücksprechen mit Ihrer behandelnden Ärztin oder Ihrem behandelnden Arzt.
Und es dauert halt eine Zeit lang, bis das Medikament sich entfalten kann, bis es sozusagen dort hinkommt, wo es wirken soll und bis die Wirkung sich ausbreitet und bis das Medikament auch ausreichend wirkt.
Wieso können Anpassungen der Dosis bei Antidepressiva erforderlich sein?
Manchmal müssen wir auch die Dosis der Medikation verändern. Das liegt natürlich an Ihnen.
- Die Verträglichkeit ist wichtig.
- Es ist wichtig zu schauen, ob es andere Erkrankungen gibt, andere Medikamente gibt, die eingenommen werden.
- Auch das Alter spielt eine Rolle.
- Ja, durchaus auch das Geschlecht spielt eine Rolle: Frauen verstoffwechseln Medikamente anders als Männer, Ältere anders als Junge.
- Es kann durchaus sein, dass nach einer gewissen Akutphase der Therapie, wo eine hohe Dosis notwendig war, es dann zu einer Erhaltungstherapie kommt, wo man die Dosis auch reduzieren und anpassen kann.
Wie lange ist die Einnahme der Medikamente notwendig und wovon ist die Zeitdauer abhängig?
Wie lange ein Medikament eingenommen wird, sollten Sie auf alle Fälle auch mit Ihrer behandelnden Ärztin, mit Ihrem Arzt besprechen.
Grundsätzlich sagt man: Bei einer erstmaligen depressiven Episode oder Phase sollten Medikamente auf alle Fälle bis zu sechs Monate, manchmal auch länger eingenommen werden. Das braucht die Zeit, bis sich das ganze System wieder erholt, bis sich die Nerven wieder regenerieren, bis Ihr ganzes Körper-Geist-Seele-System wieder funktioniert.
Bei einer oftmals und wiederkehrenden depressiven Episode ist die Empfehlung, eine gewisse Prophylaxe, eine Regelmäßigkeit der Medikamente einzunehmen.
Ja, dann kann es sein, dass sie die vielleicht auch lebenslang nehmen müssen, so wie manch andere Medikamente auch.
Kann die Einnahme von Antidepressiva meine sexuelle Funktionsfähigkeit beeinträchtigen?
Bei vielen Präparaten gibt es Nebenwirkungen. Da ist es wichtig, dass Sie das auch schon im Vorfeld mit Ihrer Ärztin, mit Ihrem Arzt besprechen.
Ein Thema, das natürlich oft ganz, ganz wichtig ist, ist die sexuelle Funktion. Und manchmal gibt es Präparate, die eine sexuelle Funktionsstörung als Nebenwirkung mit sich bringen können. Man spricht da beim Mann von Erektionsstörungen, aber durchaus auch bei der Frau von Luststörung, von Libidoverlust oder auch von Funktionsstörungen bei der Sexualität an sich.
Das ist wichtig, dass Sie das ansprechen. Das ist wichtig, dass man das mit dem Arzt auch bespricht. Scheuen Sie nicht davor. Ein Facharzt ist da kompetent in diesem Bereich. Und es gibt auch durchaus Präparate, die diese Nebenwirkungen nicht haben oder die sogar dagegen eingesetzt werden.
Es gibt ein Präparat, das Trazodon, ein Medikament auch aus dieser Gruppe der Antidepressiva, das sehr, sehr gut verträglich ist, das keine dieser sexuellen Funktionsstörungen mit sich bringt. Und das wird oft zusätzlich auch eingesetzt, wenn diese Funktionsstörungen da sind als Ergänzung und dass sexuelle Funktionsstörungen wieder mildern oder weniger werden.
Können Antidepressiva auch gegen Angst- und Schlafstörungen helfen?
Viele Depressionen sind gepaart mit Angststörungen. Und die Schlafstörungen zum Beispiel sind auch oft ganz, ganz klassische Symptome bei einer Depression.
Und da gibt es auch eine Gruppe von Antidepressiva, die vor allem auch den Bereich Angst- und Schlafstörungen mit abdecken. Das sind zum Beispiel Präparate wie das Trazodon oder das Mirtazapin, das gerade in diesem Bereich sehr, sehr gerne und häufig eingesetzt wird. Die Verträglichkeit ist gut, die Angstsymptome werden gemildert, weil es eine gewisse innere Beruhigung gibt. Und sie sind auch durchaus sehr unterstützend beim Schlaf, Schlaf anstoßend, verbessern das Schlafprofil. Der natürliche Schlaf wird wieder verbessert. Die Traum Phasen werden verbessert, und vor allem die Erholung verbessert sich auch.
Welche Nebenwirkungen gibt es und können sich diese im Laufe der Therapie verändern?
Wie so oft haben viele Medikamente auch unerwünschte Wirkungen oder Nebenwirkungen. In den verschiedenen Gruppen gibt es typische Häufungen von Nebenwirkungen.
Bei den sogenannten SSRIs, den Präparaten, wo das Serotonin vor allem thematisiert wird, gibt es so gastrointestinale Beschwerden, das heißt
- Magen-Darm-Beschwerden,
- Übelkeit,
- manchmal Erbrechen,
- Darmprobleme,
- Verdauungsprobleme,
- aber auch Unruhe und Nervosität.
Das soll man auch mit dem Arzt besprechen. Da kann man eventuell auch in der Dosis was verändern oder man kann das Präparat wechseln.
Dann gibt es Medikamente, die auch in dem Bereich den Schlaf beeinflussen, manchmal auch Schlafstörungen mit sich bringen.
Die sexuellen Funktionsstörungen sind wichtig.
Manchmal beeinträchtigen Medikamente auch die Vigilanz, das heißt die Wachheit, weil sie beruhigen, weil sie manchmal zu stark sedieren, wie wir das nennen. Und da ist es auch wichtig, dass man das gemeinsam mit der Ärztin, mit dem Arzt bespricht, um das passende Präparat zu finden.
Interessanterweise ist es aber so, dass zu Beginn der Einstellung auf ein Präparat oft die Nebenwirkungen stärker ausgeprägt sind. Diese lassen dann aber im Verlauf der Therapie nach. Und oft ist es so, dass dann die Nebenwirkungen verschwinden und die Wirkung dann stärker und besser wird.
Was kann mir bei Nebenwirkungen helfen?
Bei Nebenwirkungen auf alle Fälle rechtzeitig den Arzt ansprechen, rechtzeitig Hilfe holen.
Sie müssen nicht leiden. Es gibt mittlerweile so gute Präparate, so moderne Präparate, die gut verträglich sind. Es geht darum, für Sie das optimale Medikament zu finden. Manchmal ist es so, dass ein Medikament bei einem die Nebenwirkungen macht, beim anderen nicht. Da ist es wichtig, individuell das richtige Medikament zu finden.
Manchmal kann eine Dosisreduktion schon helfen. Und manchmal kann es auch helfen, das Präparat aufzuteilen auf zwei, drei kleinere Einheiten, dass man sagt: „Ich nehme es nicht nur einmal am Tag ein, sondern zweimal oder dreimal, damit ich nicht so starke Dosen zu mir nehmen muss und das über den Tag verteilt ist.“
Was kann ein Absetzen der Medikamente bewirken?
Allgemein muss man sagen, dass ein Absetzen nie empfohlen ist, vor allem auch ein eigenes Absetzen.
Wenn Sie mit dem Medikament nicht zurechtkommen, wenn Sie Probleme haben, bitte suchen Sie Ihren Arzt auf. Besprechen Sie das, weil ein abruptes Absetzen eigentlich sehr, sehr schädlich sein kann. Man spricht da von Absetzphänomenen. Es können starke Absetzsymptome auftreten. Und vor allem kann es dazu führen, dass relativ rasch auch es wieder zu einem Rückfall kommen kann. Das heißt, selbst wenn Sie das Gefühl haben, dass es Ihnen jetzt wieder gut geht: Besprechen Sie den weiteren Fahrplan mit Ihrer Ärztin, mit Ihrem Arzt, wie es weitergehen kann und wann Sie am besten ein Präparat, man nennt es langsam ausschleichen können.
Hier geht es zum Video-Interview: „Medikamente bei Depression“
Psychotherapie bei Depression
Was ist eine Psychotherapie?
Der Begriff Psychotherapie ist oft durchaus verwirrend. Natürlich heißt es vom Wort her die Therapie der Psyche, die Unterstützung der Psyche, und das ist durch eine gesprächstherapeutische Form bei uns etabliert.
In Österreich gibt es mittlerweile über 23 verschiedene psychotherapeutische Richtungen, was für Sie wahrscheinlich manchmal verwirrend ist. Welches ist die passende, die geeignete? Aber die Psychotherapie als solches hilft mir durch einen Therapeuten, eine Therapeutin, durch Gespräche, aber auch durch andere therapeutische Möglichkeiten wiederum in mein Leben zu finden, mein Denken zu adaptieren, mein Verhalten zu adaptieren und mich wieder im Leben zurechtzufinden.
Und das findet, wie gesagt, durch Gespräche, durch Austausch, durch Kommunikation, durch Vertrauensaufbau und ein gemeinsames Ganzes statt.
Wie finde ich eine/n für mich geeignete/n Therapeutin/Therapeuten?
Diese Frage zu beantworten ist insofern schwierig, weil es ist so ähnlich, wie wenn ich sage „den geeigneten Partner, die geeignete Partnerin“ oder „einen geeigneten Freund oder Freundin“ zu finden.
Das Grundprinzip einer gelungenen Beziehung in einem therapeutischen Kontext in einer Psychotherapie ist Vertrauen zu finden, Vertrauen in den Therapeuten zu finden. Und da muss man wahrscheinlich vielleicht manchmal probieren.
Es gibt die Möglichkeit, dass man Erstgespräche vereinbart, um sich kennenzulernen.
Es gibt die Möglichkeit, dass man zuerst einmal schaut, ob man miteinander kann, ob sozusagen die Chemie passt.
Und wenn dies erfolgt ist, wenn Sie sich wohlfühlen und wenn Sie sich gut aufgehoben fühlen, dann glaube ich, ist auch der Richtige und oder die Richtige gefunden. Und dann sollte man dort auch bleiben und weitermachen.
Heutzutage bietet natürlich das Internet Möglichkeiten zur Recherche. Es gibt mittlerweile Plattformen, es gibt mittlerweile Internetadressen oder eben durch Empfehlungen von Ärztinnen, von Ärzten, von Fachärzten, dass man dort auch geeignete Therapeutinnen oder Therapeuten findet.
Warum ist eine Psychotherapie bei Depression sinnvoll und wird sie immer durchgeführt?
Die Kombination medikamentöse Therapie und Psychotherapie ist state of the art, d.h. sozusagen der Goldstandard.
Zu Beginn sollte man durchaus medikamentös starten, medikamentös unterstützen und die Psychotherapie auch langfristig im Anschluss fortführen, damit ich lerne einfach mit meinem bisherigen Mustern, mit meinen bisherigen Erfahrungen, mit meinem bisherigen Leben, das mich vielleicht zu dieser Situation geführt hat, anders umzugehen, besser umzugehen oder mich auch ein bisschen weiterzuentwickeln. Somit ist eine Psychotherapie sicher ganz, ganz wichtig in der Kombination mit Medikamenten.
Wie läuft eine Psychotherapie in der Regel ab und sollte ich mich auf die Therapietermine vorbereiten?
Der Ablauf ist auch natürlich etwas, was Sie sich selber mit der Therapeutin, mit dem Therapeuten ausmachen.
Man lernt sich kennen, die Eingangsphase, das Sich-riechen-Können, die gemeinsame Landkarte, den Fahrplan gemeinsam zu erstellen, dass man ein Konzept und einen Weg gemeinsam vereinbart.
Eine gewisse Auftragsklärung ist wichtig: Warum möchte ich die Therapie machen? Was soll sich verändern? Was soll besser werden?
Und dann gibt es durchaus unterschiedliche Manuale. Dann gibt es unterschiedliche Techniken, unterschiedliche therapeutische Möglichkeiten, wie man Therapie macht und einleitet.
Und das ist dann ein folgender Kontext, der eben über längere und viele, viele Einheiten geht.
Vorbereitung oder eine gewisse Anpassung an Therapiestunden ist meistens nicht notwendig, weil durch diese Achtsamkeit in diesem Prozess und durch das therapeutische Tun an sich verändert sich das Denken, verändert sich der persönliche Zugang, verändert sich die Reflexion und die Achtsamkeit.
Manchmal werden schon auch Hausaufgaben oder gewisse Übungsaufgaben mitgegeben. Natürlich sollte man die in der Zwischenzeit dann erfüllen, um sie dann in der Therapiestunde auch nachbesprechen zu können und auch zu besprechen, was vielleicht noch fehlt, was man noch braucht, was noch zu ergänzen wäre.
Welche Formen der Psychotherapie gibt es und welche ist die Richtige für mich?
In Österreich gibt es ganz, ganz viele verschiedene Therapierichtungen. Die Wahl ist oft durchaus schwierig zu treffen. Ich würde empfehlen, dass Sie sich da mit Ihrem Arzt, mit dem Hausarzt oder mit dem Facharzt gemeinsam zusammensetzen und gemeinsam Empfehlungen und Möglichkeiten ausarbeiten.
- Wenn jetzt der Bereich eher etwas ist, wo man sagt: „Ich möchte meine alten Muster, meine alten Gewohnheiten verändern“, dann eignet sich eine kognitive Therapie, wie zum Beispiel die Verhaltenstherapie.
- Wenn es eher darum geht, das gesamte System, das Setting in meiner Familie, im beruflichen Verband gemeinsam mit anderen Menschen zu verbessern, dann ist zum Beispiel eine systemische Therapie empfehlenswert.
- Dann gibt es noch andere Therapieformen, wie zum Beispiel tiefenpsychologische Therapieformen. Da geht es darum, vielleicht ganz frühe Belastungen, Traumata zu behandeln und zu besprechen. Und dann wäre zum Beispiel diese Form zu empfehlen.
Wie lange dauert eine psychotherapeutische Behandlung?
Wie lange eine Therapie dauert, eine Psychotherapie dauert, ist immer sehr, sehr individuell. Es soll darum gehen, dass Sie eine gute Begleitung haben. Es soll darum gehen, dass Sie wieder in Ihr Leben zurückfinden, dass Sie vielleicht auch neue Aspekte kennenlernen und das Leben neu kennenlernen und sich auch wieder im Leben neu zurechtzufinden.
Bei ganz spezifischen Störungen, bei ganz isolierten Störungen wie Angststörungen oder kleine phobische Störungen, eine Spinnenphobie, Höhenangst, Flugangst etc. geht es relativ rasch. Da reichen einige Einheiten, ein paar Stunden, um dieses Problem zu thematisieren und zu behandeln.
Bei der Depression ist es schon eher umfangreich. Da muss man schon davon ausgehen, dass es viele Sitzungen braucht, manchmal auch jahrelang, einfach auch, weil es ein begleitender Prozess ist, ein unterstützender Prozess ist. Und viele Patientinnen und Patienten berichten, dass sie dann gar nicht mehr aufhören wollen mit der Therapie.
Ist mein/e Therapeut/in auch AnsprechpartnerIn, wenn es mir schlechter geht, zum Beispiel bei suizidalen Gedanken?
Für akute Krisen ist immer die Fachperson wichtig und zuständig und dass sie auch erreichbar ist.
Es werden oft unterschiedliche Krisen oder Notfallpläne erarbeitet. Da gibt es aber oft auch die Möglichkeit, dass man in den akuten Situationen sich auch an die Therapeutin oder an den Therapeuten wenden kann, manchmal auch an den Facharzt, an die Fachärztin. Die Erreichbarkeit wird vereinbart. Es wird ein gewisser Notfall oder Krisenplan gemeinsam ausgearbeitet. Und in Akutfällen ist es 24 Stunden, glaube ich, auch möglich, dass Sie eine Klinik aufsuchen, ein Spital aufsuchen. Wenn es wirklich zu ganz massiven Notfällen kommt, soll man sich die Hilfe holen.
Was sind die Themen in der Psychotherapie und wie bestimme ich diese mit?
Sie haben immer die Möglichkeit, die Themen zu bestimmen. Wenn ich so sagen darf: Der Kunde ist König. Es geht darum, dass Ihre Bedürfnisse angesprochen werden, dass Ihre Probleme angesprochen werden und dass Ihre Wünsche angesprochen werden. Das heißt, es ist eine ständige Interaktion, ein Kontext, ein Gemeinsames mit dem Therapeuten, wo es natürlich um Sie geht. Es geht nicht um irgendwelche theoretischen Inhalte. Es geht nicht um irgendwelche Literatur und klassische Empfehlungen, die in irgendwelchen Büchern geschrieben sind, sondern es geht darum, dass Ihre Probleme individuell angesprochen werden und individuell behandelt werden.
Welche Methoden gibt es in der Psychotherapie zusätzlich zum Gespräch?
Zusätzlich zur Gesprächstherapie gibt es noch weitere unterschiedliche Methoden, die ergänzend angeboten werden sollten, wie zum Beispiel die Entspannungstherapie. Sich wiederum beruhigen zu können, entspannen zu können, wiederum die innere Ruhe zu erfahren, ist oft ein ganz, ganz wichtiger Punkt. Und da haben Sie die Möglichkeit, zum Beispiel gewisse Techniken und Fertigkeiten zu erlernen, wie zum Beispiel autogenes Training oder die progressive Muskelrelaxation nach Jacobson.
Es gibt oft auch Bewegungstherapien.
Es gibt oft kognitive Therapien, wenn man sagt: „Ich möchte ein bisschen meine Konzentration wieder verbessern. Ich möchte das Denken wieder verbessern, die Merkfähigkeit verbessern oder Alltagsfähigkeiten wieder lernen.“ Durchaus mit der Therapeutin, mit dem Therapeuten ganz gewöhnliche Alltagsfähigkeiten zu besprechen, diese wieder zu üben, um wieder sozusagen langsam in die Gewohnheit zu kommen.
Manchmal gibt es die Möglichkeit, dass man sagt: „Ich möchte was aufschreiben, ich möchte etwas niederschreiben“, manchmal auch durch Kunst, durch Malerei. Also da gibt es ganz, ganz viele unterschiedliche Möglichkeiten, die man noch ergänzen kann.
Wie laufen Entspannungstherapien wie autogenes Training ab?
Das autogene Training ist ein Therapieverfahren, ein Entspannungsverfahren, das eigentlich relativ einfach zu praktizieren ist. Auch heutzutage gibt es im Internet auf YouTube bereits etliche Videos, die angeleitet sind, Ihnen Unterstützung bieten. Manche klagen aber darüber, dass sie sagen: „Ich möchte mich da nicht führen lassen. Manche Stimmen irritieren, diese Videos irritieren.“ Aber es ist oft durchaus möglich, dass Sie das zu Hause selbst und alleine auch machen.
Suchen Sie sich einen angenehmen Ort. Es soll ruhig sein, es soll vertraut sein. Sie sollen sich wohlfühlen.
Sie können die Übung im Sitzen machen oder im Liegen, je nachdem, wie Sie sich wohler fühlen.
Und dann ist es wichtig, dass Sie die Augen schließen, dass Sie entspannt atmen, dass Sie zur Ruhe kommen und dass Sie Ihre Aufmerksamkeit nach innen kehren.
Und mit verschiedenen Atemzügen, mit verschiedenen inneren Entspannungsebenen kommen Sie dann immer mehr zur inneren Ruhe. Sie spüren dann, wie der Kreislauf sich entspannt, wie die Wärme durch Ihre Glieder durchgeht, wie die Muskulatur sich entspannt, wie Sie merken, dass die Atmung ruhiger wird.
Und dann üben Sie das in verschiedenen Schritten, dass zuerst der rechte Arm schwer wird, der linke Arm schwer wird, das rechte Bein schwer wird, das linke Bein schwer wird. Das heißt, man macht sich so Vorsätze, so Automatismen, die man sich vorsagt. Und durch dieses ständige Üben kommt man dann in diese Art von Entspannung, ja fast schon Trance und fast schon Meditation.
Das Ganze kann man dann noch weiterführen, dass man das Organsystem, das heißt die Atmung und den Herzschlag mit beruhigt und dann in weiterer Folge auch das Gehirn, sozusagen die Nerven und die Gedanken beruhigt, dass man sich an einen schönen Ort wähnt, dass man sich vorstellt, vielleicht auf einer Wiese zu sein, in einer Waldlandschaft oder am Meer, am Strand irgendwo liegt, sich in einer angenehmen Atmosphäre imaginiert, das heißt sich vorstellt, dort zu sein und dann diese Erholung sich bildhaft durchaus durch den Kopf gehen lässt.
Danach ist es wichtig, nach einer gewissen Zeit wieder zurückzukommen, dass man wieder tief einatmet, vielleicht wiederum die Arme und die Beine anspannt und sich streckt und wiederum Kraft schöpft, um dann nachher aus dieser Trance, aus dieser Meditation, aus dieser Entspannung zurückzukommen.
Das Ganze kann man mehrmals am Tag machen, sollte so im Zeitraum eine halbe Stunde circa zu Beginn dauern, weil man das durchaus üben muss. Wenn Sie es regelmäßig machen, über einen Zeitraum von mehreren Monaten, ja manchmal auch Jahren, dann geht das innerhalb von fünf Minuten.
Dann kann man sich beruhigen, wenn man zum Beispiel vor einer Aufgabe steht, vor einer Prüfung steht, vor einem Gespräch steht, vor einer Situation, die einem nervös macht, kann man relativ schnell zur inneren Ruhe finden.
Hier geht es zum Video-Interview: „Psychotherapie bei Depression“
Weitere Therapiemöglichkeiten bei Depression
Welche Therapiemöglichkeiten gibt es außerdem?
Zusätzlich zur medikamentösen Therapie und zur Psychotherapie gibt es noch viele andere Therapiemethoden, die Sie gemeinsam mit Ihrer Ärztin, mit Ihrem Arzt auch einsetzen können, anwenden können, besprechen können.
- Es gibt zum Beispiel eine Lichttherapie, eine sehr interessante Therapie, vor allem auch in der klassischen Herbst-Winterzeit. Wenn es dunkel ist, wenn es kalt ist, wenn es grau ist, da hilft das Licht sehr, sehr viel, weil das innere Schlafhormon, das uns beruhigt, das uns müde macht, ein bisschen schneller auch abgebaut wird. Und da ist eine Lichttherapie sehr, sehr empfehlenswert.
- Es gibt als nächstes zum Beispiel eine Schlafentzugstherapie. Das klingt sehr komisch und sehr interessant, ist aber eigentlich nur, dass dieser aus dem Ruder, aus dem Gleichgewicht geworfene Schlafrhythmus wieder angeglichen wird. Und da sagt man ganz grob: Besser nur wenige Stunden und dann aber erholsamen und guten Schlaf, wie die ganze Nacht wach zu liegen.
- Es gibt Therapiemethoden, zum Beispiel aus der Elektrostimulationstherapie, die sogenannte Elektrokonvulsionstherapie, auch eine sehr etablierte Therapieform, wo man dieses Ungleichgewicht und das Durcheinander der Nervenimpulse und der Nervenbahnen wieder synchronisiert und ausgleicht.
- Und dann gibt es ganz viele Therapien, die auch das Kognitive unterstützen,
- eine Bewegungstherapie.
- Es gibt eine Sport Therapie,
- eine Gruppentherapie – auch das ist ganz, ganz wichtig.
- Es gibt dann noch Magnetstimulationstherapien.
Also da gibt es noch sehr, sehr viele technisch unterstützende Verfahren, die man auch annehmen kann, wenn man das gemeinsam auch mit dem Arzt bespricht.
Was versteht man unter einer Schlafentzugstherapie und wie kann diese helfen?
Schlafentzugstherapie ist schon eine seit vielen, vielen Jahren oder Jahrzehnten etablierte Therapie. Man versucht das Ungleichgewicht, das durcheinander gekommene Schlafprofil wieder zu synchronisieren, zu ergänzen. Das kann dann insofern helfen, dass man auch die negativen Gedanken in der Nacht wieder verbessert, dass es wieder zum erholsamen Schlaf kommt und dass man vor allem wieder die Energie gewinnt und dadurch diesen Rhythmus zuerst vielleicht kurzzeitig irritiert, aber dadurch dann wieder sozusagen bei Null hochfährt und man wieder in einem gesunden, in einen natürlichen Schlafrhythmus kommt.
Was passiert bei einer Lichttherapie und wie hilft sie bei Depression?
Lichttherapie — auch eine sehr etablierte Therapie, die man oft zusätzlich ergänzend unterstützen und annehmen kann. Es gibt gewisse Geräte, die mittlerweile das natürliche Sonnenlicht imitieren. So ähnlich wie eine Höhensonne, ein Gerät, das man in der Früh aufstellt, nach dem Wachwerden, nach dem Aufstehen eine halbe Stunde neben sich hinstellt, einmal in der Minute kurz in diese Lichtröhren hineinschaut. Das Gute daran ist: Es ist unterschiedlich zum künstlichen Licht ein natürliches Licht. Es hat eine gewisse Lichtintensität, das das natürliche Tageslicht, das Sonnenlicht imitiert. Dadurch verbessern sich die Botenstoffe. Dadurch können schneller auch Botenstoffe abgebaut werden, wiederum zur Verfügung gestellt werden und die antidepressive Wirkung durch Wachheit, durch Agilität und durch vermehrten Antrieb stellt sich dann wieder ein.
Welche Nahrungsergänzungsmittel werden bei Depression empfohlen?
Zusätzlich zur bekannten Therapie haben sich in den letzten Jahren auch ganz, ganz viele komplementäre, auch ergänzende Medikationen oder unterstützende Präparate etabliert, die sogenannten Nahrungsergänzungsmittel, wie zum Beispiel Omega-3-Fettsäure.
Von der Omega-3-Fettsäure weiß man mittlerweile, dass es ein sehr potentes Medikament ist, eine sehr starke Substanz ist. Sie hat einen sehr starken antientzündlichen Effekt. Es hilft, das ganze Immunsystem wieder zu stärken, das Immunsystem der Seele auch wieder zu stärken. Und durch diese Einnahme als Unterstützung gegen die Depression ist sie sehr, sehr hilfreich und sehr, sehr wirksam.
Zusätzlich gibt es Präparate aus dem Bereich der Phytotherapie, wie zum Beispiel Baldrian, Hopfen, Melisse, Lavendel. Auch das Johanniskraut ist bekannt. Beim Johanniskraut muss man nur aufpassen und achtgeben, weil es mit vielen Medikamenten interagiert und weil es starke Wechselwirkungen haben kann.
Wie können Nahrungsergänzungsmittel die Genesung unterstützen?
Die Nahrungsergänzungsmittel unterstützen die Genesung dadurch, dass sie zusätzlich das System Körper, Geist und Seele stabilisieren, dass sie antientzündlich wirken, dass sie gegen Immunschwäche wirken, dass sie einfach die Reserven wieder auffüllen und manchmal durchaus auch direkte Wirkung haben, was Nervosität und Unruhe betrifft, was Schlafstörungen betrifft.
Also da in diesem System, in diesem Bereich dieser Symptome sind sie sehr, sehr hilfreich.
Was muss ich bei der Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln beachten?
Grundsätzlich muss man bei jeder Einnahme eines Präparates darauf achten, ob Sie nicht eine Art von Unverträglichkeit darauf haben, eine Allergie entwickelt haben oder entwickeln.
Sie müssen darauf achten, dass es sich mit anderen Präparaten, mit anderen Medikamenten nicht interagiert, dass es zu Wechselwirkungen kommt.
Und man muss durchaus auch darauf achten, dass es hochwertige Präparate, hochwertige Substanzen sind.
Wann und warum werden Stimulationen zur Behandlung von Depression eingesetzt?
Es gibt viele Menschen, die vertragen keine Medikamente oder wollen keine synthetischen oder natürlichen Präparate einnehmen. Viele Menschen haben schon gewisse frustrane Erfahrungen gemacht mit Medikamenten. Und da gibt es Gott sei Dank auch diverse Stimulationsverfahren, wie z.B. die Elektrokonvolsionstherapie, wie die Magnetresonanztherapie, die Magnetstimulation oder die tiefe Hirnstimulation. Das sind alles Therapiemethoden, die technisch eingesetzt werden, die aber auch eine sehr, sehr gute Wirksamkeit haben.
Früher hat man sie eher erst gegen Ende, wenn vieles andere schon unwirksam war oder nicht geholfen hat, eingesetzt. Heutzutage kann man es aber durchaus auch schon sehr früh oder auch als Alternative zu Medikamenten einsetzen.
Was ist die Elektrokrampftherapie und wie funktioniert sie?
Die Elektrokrampftherapie, oder wir sagen eher die Elektrokonvulsionstherapie dazu, ist eine Stimulation im Gehirn, der Nerven, der Nervenbahnen, wo ganz geringe elektrische Impulse wiederum eine Synchronität im Ungleichgewicht der Nerven, Nervenimpulse und der Nervenabläufe bringt. Es ist ein Verfahren, das im medizinischen stationären Bereich und in weiterer Folge durchaus auch ambulant, aber meistens in einem Klinikum angewandt wird und durch mehrere Therapieserien es zusehends zu einer sehr, sehr guten antidepressive Wirkung kommt.
Welche sonstigen Methoden der Stimulation können bei Depression zum Einsatz kommen?
Des Weiteren gibt es eben auch noch die transkranielle Magnetstimulationstherapie, die tiefe Hirnstimulationstherapie, die Vagusstimulationstherapie. Da gibt es noch unterschiedliche Methoden, die Sie gemeinsam mit Ihrer Ärztin, mit Ihrem Arzt besprechen können, wenn zum Beispiel andere Therapieverfahren nicht so gut gewirkt haben oder wenn es zusätzlich Ergänzungen noch braucht.
Hier geht es zum Video-Interview: „Weitere Therapiemöglichkeiten bei Depression“
Alltag organisieren bei Depression
Was kann ich selbst gegen meine Depression tun?
Ich denke, am wichtigsten für einen selbst ist der erste Schritt: Ich muss akzeptieren, dass es momentan so ist. Gegen die Depression zu arbeiten oder sich dagegen zu stellen, ist oft sehr schwierig, denn das schürt eigentlich das Depressive. Man kann auch die Symptome nicht übergehen. Und man soll auch eigentlich dazu stehen, dass man sagt: „Momentan ist die Situation so, und ich möchte das Beste draus machen, und ich möchte mir helfen lassen.“
Natürlich sind die Empfehlungen der Ärztin, des Arztes, der Therapeutin, des Therapeuten wichtig, dass man wieder in eine Form von Regelmäßigkeit, von Struktur kommt. Das heißt ein Alltagsleben wieder. Aber dosiert und langsam. Das heißt, kleine Schritte führen auch zum Ziel. Und man muss versuchen, dass man schön langsam wiederum wie nach einer anderen Erkrankung sich anfänglich schont und dann stufenweise wiederum sich mehr zutraut. Oft am besten auch in Begleitung mit Familien, mit Angehörigen, dass man so wieder langsam ins Leben zurückfindet
Was hilft im Alltag bei negativen Gedanken?
Negative Gedanken sind da, die sind bei jedem von uns da, die kommen und gehen. Ich vergleiche das immer so wie Wolken am Himmel, die kommen und sie verziehen auch wieder und sie gehen auch wieder weiter.
Negative Gedanken können im Leben oft auftreten. Es ist wichtig, dass man sich auch ihnen stellt, dass man sie auch durchaus annimmt, vielleicht auch hinterfragt mit der Therapeutin, mit dem Therapeuten, warum da jetzt gerade diese negativen Gedanken auftreten oder so stark sind. Ich denke aber, dass es wichtig ist, dass man sie auch separieren kann, dass man sagt: Auch bei negativen Gedanken gibt es auch die andere Seite: positive Gedanken. Nicht nur auf das Negative, sondern auch auf das Positive schauen. Dass das ein natürlicher Verlauf im Alltag ist, und die positiven Sachen auch wahrnehmen und nicht nur auf das Negative achten.
Welche Bedeutung hat Achtsamkeit und wie kann ich sie trainieren?
Achtsamkeit, ein Begriff, der heutzutage sehr modern ist, ist aber schon durchaus ein sehr interessanter Aspekt. Es bringt mir die Möglichkeit, durch ein gewisses Lernen, durch eine gewisse Anleitung zur Achtsamkeit wieder zu mir zu finden, zu einer gewissen Reflexion, zu einer gewissen im Jetzt hier zu sein. Kleinigkeiten auch wahrzunehmen, die wir manchmal für selbstverständlich halten oder empfinden.
Dass man sagt: „Ich fühle mich gut. Ich bin heute ausgeglichen.“ Dass man die inneren Empfindungen auch wahrnimmt, wenn man vielleicht mal nervös ist, wenn man sich vielleicht unwohl fühlt, dann darauf auch reagieren zu können. Wir sind Gott sei Dank keine Maschinen.
Und Achtsamkeit ist insofern wichtig, weil es mir wieder den Zugang zum Hier und Jetzt ermöglicht. In der Depression denkt man meistens nur an die Vergangenheit oder eben an die negativen Zukunftsfolgen. Und die Achtsamkeit bringt mir die Möglichkeit, die Gegenwart, das Jetzt und Hier, das Leben wieder wahrzunehmen.
Wie kann ich meine Konzentrationsfähigkeit stärken?
Konzentration ist wichtig. Konzentration ist ein Aspekt, der uns eigentlich im Alltag essenziell notwendig ist. Die Konzentrationsschwäche ist ein Symptom, die oft als letztes bei einer Verbesserung der Depression sich verbessert. Das heißt, die Patienten klagen noch darüber, dass sie sagen: „Es geht mir schon besser. Aber die Konzentration ist noch so schlecht.“ Da soll man auch mutig sein, Geduld haben. Auf alle Fälle dranbleiben. Die Konzentration verbessert sich. Man kann auch üben. Aber überfordern Sie sich nicht. Schrittweise und langsam.
Manchmal gibt es so kognitive Trainingsmanuale, heutzutage schon im Internet Unterstützungen oder gewisse Applikationen gibt es schon, wo es kognitive Trainingsmöglichkeiten gibt. Aber ich denke: Schrittweise mit der Verbesserung der Depression verbessert sich auch die Konzentration wieder.
Wie lässt sich bei Antriebslosigkeit die Aktivität wieder steigern?
Ein Kardinalsymptom der Depression ist die Antriebslosigkeit oder Aktivitätslosigkeit. Und das wiederum zu fördern, ist auch ein Teil der Therapie. Auf die Aktivität zu warten, auf den Antrieb zu warten, das funktioniert meistens nicht. Ich muss schon einen gewissen Anstoß bringen. Ich muss sozusagen den Schneeball ins Rollen bringen, und das stufenweise. Mit kleinen Schritten wiederum in die Aktivität finden. Sich nicht zu viel Druck zu machen, sich nicht zu viel zuzumuten, vielleicht gemeinsam mit den Angehörigen, mit Freunden, mit Verwandten schön langsam wieder in die Aktivität zu kommen. Und das können auch ganz, ganz kleine Sachen sein. Ein gemeinsames Essen, ein gemeinsames Spiel, eine gemeinsame Aktivität zu Hause. Und dann, wie wenn man einen Stein ins Wasser wirft, die kleinen Kreise wieder größer werden zu lassen mit den Aktivitäten, mit den Ausflügen, mit dem Tun an sich.
Welche Rolle spielen Struktur und Regelmäßigkeit?
Struktur und Regelmäßigkeit liegt uns allen inne. Wir sind Gewohnheitsmenschen. Wir wollen eine Regelmäßigkeit haben. Wir wollen uns an etwas anhalten können. Das gibt uns Vertrauen, das gibt uns Kraft.
Somit ist es wichtig, dass Sie Ihr Leben, Ihren Tagesablauf wieder strukturieren, dass Sie Regelmäßigkeiten einbauen, dass Sie kleine Aktivitäten wieder fixieren, durchaus auch mit Planungen schon am Vortag sich für den nächsten Tag etwas ausmachen. Schon durchaus mit den Angehörigen, mit den Verwandten gewisse Pläne zu schmieden, dass man in eine Regelmäßigkeit kommt.
Achten Sie auf sich. Üben Sie wiederum, Ihre Regelmäßigkeit zu etablieren.
Das beginnt mit der Morgenhygiene. Das beginnt mit dem regelmäßigen Essen. Das sollen wiederum regelmäßige Rituale werden, die man früher auch innehatte und die man früher auch ausgeführt und durchgeführt hat.
Wieso hilft es mir, Ziele zu setzen und wie kann ich mich belohnen?
Ziele im Leben sind wichtig. Ziele können aber auch durchaus fordern und auch überfordern. Somit setzen Sie sich kleine Anker, kleine Zwischenpunkte, kleine Hürden, die Sie überwinden können, wo Sie merken, das funktioniert schon. Und das durchaus mit der Therapeutin, mit dem Therapeuten oder der Ärztin, dem Arzt rücksprechen. Diese Erfolge auch durchaus dann zu kommunizieren stärkt einen wieder, gibt einem wieder Selbstvertrauen, gibt einem wieder die Achtung, dass man wieder in dieses Selbstgefühl der Selbstschätzung und Selbstwertgefühl zurückkommt.
Was, wenn ich nicht mehr weiter weiß und mein Leben nicht länger lebenswert finde?
Wenn Sie vielleicht einmal in eine Situation kommen, wo es für Sie ganz, ganz eng ist, wo Sie nicht mehr weiter wissen, wo Sie an Ihre Grenzen des Denkens und des Lebens kommen, wo Sie vielleicht auch schon daran denken, dass das Leben für Sie keinen Sinn mehr macht, wo Sie vielleicht sogar daran denken, sich das Leben nehmen zu wollen, das Leben zu beenden: Bitte scheuen Sie nicht davor, Hilfe zu suchen. Sprechen Sie es an. Sprechen Sie mit Ihren Angehörigen, mit Ihren Verwandten. Sprechen Sie vor allem aber mit Ihrer Ärztin, mit Ihrem Arzt darüber.
Und in Österreich gibt es in jeder Klinik 24 Stunden die Möglichkeit, dass Sie Hilfe suchen, dass Sie sich melden. Nämlich weil es sich lohnt und auszahlt, über so eine Hürde drüber zu kommen. Aus dieser ausweglosen Situation gibt es Hilfe, gibt es Unterstützung, dass wir gemeinsam da wieder rauskommen.
Wann können Selbsthilfegruppen sinnvoll sein und wo finde ich eine geeignete Selbsthilfegruppe?
Die Kraft der Gruppe ist nicht zu unterschätzen. Gemeinsam ist es leichter als alleine. In der Gruppe mit Betroffenen, mit Menschen, die vielleicht schon die Erfahrung gemacht haben, wie es ist, aus einer Depression rauszukommen, wie es ist, wiederum glücklich leben zu können, ist wichtig, dass wir diese Erfahrungen auch austauschen können, miteinander austauschen können. Die Gruppe an sich stärkt. Man fühlt sich nicht so allein. Man fühlt sich auch angenommen, anerkannt. Man fühlt sich nicht so ausgeschlossen. Man ist wieder Teil eines Ganzen. Und somit ist eine Gruppe so wie eine Selbsthilfegruppe ja anbietet, wirklich sehr, sehr wertvoll.
Heutzutage gibt es unterschiedliche und sehr, sehr viele Selbsthilfegruppen. Entweder es gibt Empfehlungen beim Arzt, bei der Ärztin, bei der Therapeutin, dem Therapeuten oder Sie suchen im Internet nach Selbsthilfegruppen. Da gibt es heutzutage schon ganz, ganz viele Angebote.
Wie können Angehörige und Freunde helfen und die Therapie unterstützen?
Ich glaube, es ist ganz, ganz wichtig, dass man Freunde hat, dass man Familie hat, die einen unterstützen können. Es ist wichtig, dass man auch mit den Angehörigen und mit den Freunden über die Erkrankung sprechen kann, dass man sich nicht verstecken muss. Heutzutage gibt es ganz, ganz viele Menschen, die betroffen sind von Depressionen oder von Stimmungserkrankungen. Das heißt_ Durchaus mutig sein, rauszugehen, mit den Menschen zu sprechen.
Und die Angehörigen sollen Sie insofern unterstützen, als dass sie nicht überfordern. Aber auch ein bisschen stützen und unterstützen, so wie es so schön heißt.
Das heißt, gemeinsam zu begleiten, den Tag gemeinsam zu erleben, zu verbringen. Das ist gut. Es soll keine Forderung sein, es sollen keine Vorgaben sein. Der Angehörige, die Angehörigen sind genau das, was sie sind. Sie gehören zu Ihnen dazu, sind aber keine Ärztinnen, keine Ärzte und sollen auch nicht diese Funktion einer Co-Therapeutin, eines Co-Therapeuten übernehmen.
Wie spreche ich mit meinem Arbeitgeber über Depression und mögliche längere Krankenstände?
Glücklicherweise ist heutzutage der Arbeitgeber noch nicht befugt, über Ihre Erkrankungen Auskunft zu erhalten, das heißt an sich muss ich meinem Arbeitgeber nicht genau sagen, was ich habe oder worunter ich leide.
Ich denke aber durchaus, wenn Sie gute Erfahrungen mit Ihrem Arbeitgeber haben, ein gutes Auskommen haben, ist Transparenz und Ehrlichkeit am wichtigsten, denn es ermöglicht Ihnen ja auch eine ausreichende Pause, einen ausreichenden Krankenstand, das gemeinsam glaube ich gut zu besprechen, denn oft ist ein zu frühes Zurückkommen wieder in den Alltag, wieder ins Berufsleben eine Überforderung und ist ein Risiko für Rückfälle.
Und ich denke, heutzutage sollte jeder vor seiner eigenen Tür kehren. Jeder heutzutage kennt jemanden, der vielleicht schon Depressionen gehabt hat, selber vielleicht darunter betroffen hat. Sozusagen der, der frei ist von dem allen, der soll den ersten Stein werfen.
Aber ich glaube, da ist heutzutage wichtig, dass man gemeinsam miteinander reden kann. Dieses Verständnis sollte eigentlich beim Arbeitgeber selbstverständlich sein.
Hier geht es zum Video-Interview: „Alltag organisieren bei Depression“
Geprüft Prim. Dr. Christian Wunsch: Stand 22.05.2022 | TT_11654_22042022 | Quellen und Bildnachweis