In dieser Lektion erfahren Sie, wie ein B-Zell-Lymphom entsteht und welche Faktoren seine Entstehung begünstigen. Zum Verständnis der Vorgänge ist es hilfreich, über den Aufbau und die Funktionen des lymphatischen Systems Bescheid zu wissen. Aus diesem Grund beginnen wir mit einem kurzen Einblick in das lymphatische System.
Assoc. Prof. Priv.-Doz. DDr. Philipp Staber, Facharzt für Innere Medizin und Hämato-Onkologie, beantwortet im Video "Ursachen und Risikofaktoren" folgende Fragen:
Klicken Sie auf eine Frage, um direkt zum entsprechenden Videoabschnitt zu springen!- Wie entsteht ein B-Zell-Lymphom?
- Was erhöht das Risiko ein B-Zell-Lymphom zu entwickeln?
- Wie verändert sich das Erkrankungsrisiko mit höherem Alter?
- Ist das B-Zell-Lymphom vererbbar?
- Welchen Einfluss hat die Lebensweise auf die Entstehung des B-Zell-Lymphoms?
- Erhöht ein geschwächtes Immunsystem die Wahrscheinlichkeit, am B-Zell-Lymphom zu erkranken?
- Welche Rolle spielen Viren und Bakterien bei der Entstehung eines B-Zell-Lymphoms?
- Auf den Punkt gebracht
Video Transkript
Wie entsteht ein B-Zell-Lymphom?
Ein B-Zell-Lymphom entsteht durch eine maligne Transformation einer gesunden B-Zelle. Und der Ort, an dem das passiert, ist in erster Linie der Lymphknoten. Durch eine Infektion, durch einen Antigen-Kontakt entstehen dort Reaktionszentren, reaktive Follikel, Lymphknoten-Follikel. Und in diesen Follikeln herrscht ein Milieu, in dem sehr leicht Mutationen und genetische Veränderungen passieren und sich eine gesunde Zelle in eine aggressive Lymphom-B-Zelle transformieren lässt.
Was erhöht das Risiko ein B-Zell-Lymphom zu entwickeln?
Es gibt bestimmte Zustände, in denen das Risiko tatsächlich erhöht ist, ein B-Zell-Lymphom zu bekommen. Das sind meist Zustände der Immunsuppression. Das sind also Zustände, in denen immunsuppressive Substanzen oder Medikamente genommen werden oder in denen eine Infektionskrankheit vorliegt, in denen auch eine Immunsuppression vorliegt.
Wie verändert sich das Erkrankungsrisiko mit höherem Alter?
Der Altersgipfel der meisten B-Zell-Lymphome ist um das sechste Lebensjahrzehnt, also zwischen 60 und 65 ist der Altersgipfel der meisten B-Zell-Lymphome.
Ist das B-Zell-Lymphom vererbbar?
B-Zell-Lymphome sind prinzipiell nicht vererbbar. Es gibt aber Familien, in denen B-Zell-Lymphome sehr wohl gehäuft auftreten. Das heißt, wir wissen es zumindest von der B-CLL, also einem leukämisch verlaufenden indolenten B-Zell-Lymphom, dass ungefähr 10 Prozent dieser Erkrankungen familiär gehäuft auftreten.
Welchen Einfluss hat die Lebensweise auf die Entstehung des B-Zell-Lymphoms?
Die Lebensweise hat durchaus Einfluss oder kann zumindest – ich kann das leider nur im negativen Sinne sagen, wir wissen nicht, welche positiven Maßnahmen die Entstehung eines Lymphoms verhindern, sondern wir sehen nur, dass bestimmte Lebensweisen das Auftreten häufen oder begünstigen.
Und schuldige Risikofaktoren dafür sind
- Haarfärbemittel,
- Gegrilltes und
- Rauchen
Erhöht ein geschwächtes Immunsystem die Wahrscheinlichkeit, am B-Zell-Lymphom zu erkranken?
Ein geschwächtes Immunsystem erhöht tatsächlich die Wahrscheinlichkeit, an einem B-Zell-Lymphom zu erkranken. Es hat sich vor allem in dem Zustand nach Organtransplantationen eine eigene Krankheitsentität entwickelt, das ist die der transplantations-assoziierten B-Zell-Lymphome oder auch T-Zell-Lymphome oder auch Hodgkin-Lymphome, also die gesamte Spielwiese der Lymphdrüsenkrebs-Erkrankungen lässt sich in immunsupprimierten Zuständen gehäuft finden.
Welche Rolle spielen Viren und Bakterien bei der Entstehung eines B-Zell-Lymphoms?
Es ist erst für wenige bakterielle oder virale Erreger gelungen, eine tatsächliche Assoziation herzustellen. Ein bekanntes Beispiel ist die Assoziation mit dem Bakterium Helicobacter pylori und dem Mucose-assoziierten B-Zell-Lymphom des Magen Typs, dem MALT-Lymphom.
Auf den Punkt gebracht
Ursachen und Risikofaktoren
- B-Zell-Lymphome sind prinzipiell nicht vererbbar.
- Mit zunehmendem Alter steigt das Risiko, an einem B-Zell-Lymphom zu erkranken.
- Ein unterdrücktes Immunsystem und manche Infektionskrankheiten erhöhen das Risiko.
- Strahlung, Chemikalien und Rauchen können das Risiko weiter erhöhen.
Das lymphatische System
Als lymphatisches System bezeichnet man die Gesamtheit aller Lymphbahnen und lymphatischen Organe. Ähnlich wie das Blutgefäßsystem, durchzieht es den gesamten Körper. Zu den lymphatischen Organen gehören die Lymphknoten, die Milz, die Thymusdrüse sowie die lymphatischen Gewebe im Rachen und im Magen-Darm-Trakt. Die Lymphknoten filtern als kleine bohnenförmige Organe an zahlreichen Stellen des Körpers das Gewebswasser (Lymphe).
Die Zellen des lymphatischen Systems, die Lymphozyten, entstehen und reifen im Knochenmark (B-Zellen) bzw. in der Thymusdrüse (T-Zellen). Von dort gelangen sie in Lymphknoten, Milz oder lymphatisches Gewebe im Magen-Darm-Trakt, wo sie sich im Kontakt mit körperfremden Strukturen spezialisieren. Als Bestandteil des menschlichen Immunsystems sind Lymphozyten wesentlich an der Abwehr von Infektionen mit Viren, Bakterien oder Pilzen sowie an der Bekämpfung von Krebszellen beteiligt.
Welche Risikofaktoren für die Entstehung eines B-Zell-Lymphoms gibt es?
Wie und warum B-Zell-Lymphome entstehen, ist noch immer weitgehend unklar und Inhalt intensiver Forschung. Bekannt ist, dass B-Lymphozyten in einem bestimmten Zell-Entwicklungsstadium entarten und damit die Entstehung eines B-Zell-Lymphoms auslösen können.
Einige Faktoren erhöhen die Wahrscheinlichkeit für die Entstehung eines B-Zell-Lymphoms:
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Genetische Aspekte
Ein B-Zell-Lymphom kann aufgrund zufälliger genetischer Veränderungen entstehen. Für eine Vererbung und damit eine familiäre Belastung gibt es hingegen keine Hinweise.
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Chemische Substanzen und Strahlung
Der Kontakt mit verschiedenen chemischen Schadstoffen (z. B. Schwermetalle) kann die Entstehung eines B-Zell-Lymphoms begünstigen. Auch ein häufiger Kontakt mit Pestiziden und Insektiziden trägt vermutlich zu einem erhöhten Risiko bei. Durch ihre Erbgut schädigende Wirkung kann auch radioaktive Strahlung die Entstehung von Lymphomen fördern.
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Lebensalter
Mit zunehmendem Alter steigt das Risiko, an einem Non-Hodgkin-Lymphom zu erkranken.
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Geschwächtes Immunsystem
Eine angeborene oder erworbene Immunschwäche (z. B. bei einer HIV-Erkrankung oder immununterdrückenden Therapie) erhöhen das Risiko, an einem Lymphom zu erkranken.
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Infektionen mit Bakterien und Viren
Eine chronische Entzündung der Magenschleimhaut (durch das Bakterium Helicobacter pylori) kann das Risiko für Lymphome der Magenschleimhaut erhöhen. Eine Infektion mit dem Epstein-Barr-Virus kann die Entstehung eines Burkitt-Lymphoms begünstigen. Bei HIV-Infektion im fortgeschrittenen Stadium treten vermehrt Non-Hodgkin-Lymphome auf.
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Autoimmunerkrankungen
Im Rahmen eines Sjögren Syndroms, einer chronischen Autoimmunerkrankung, treten vermehrt Non-Hodgkin-Lymphome auf.
Geprüft Assoc. Prof. Priv.-Doz. DDr. Philipp Staber: Stand Februar 2020