3. Therapiewahl im Krankenhaus

Was ist ein Tumorboard und wann wird ein Tumorboard gemacht?

Ein Tumorboard , auch Tumorkonferenz genannt, ist ein Treffen mehrerer Ärzt:innen aus unterschiedlichen Fachrichtungen, die ihr Wissen und ihre Erfahrung zusammenzubringen, um gemeinsam über die beste Behandlungsmethode für eine Krebserkrankung zu entscheiden. Welche Ärzt:innen aus welchen Disziplinen am Tumorboard teilnehmen, hängt von der Art der Krebserkrankung ab. Meistens sind jedoch die folgenden Fachgebiete vertreten:

  • Onkologie
  • Chirurgie
  • Strahlentherapie
  • Radiologie
  • Pathologie

Zusätzlich nehmen oft auch andere Mitarbeitende des Krankenhauses, die für die Versorgung der Patient:innen zuständig sind, an der Konferenz teil. Das Ziel des Tumorboards ist es, den bestmöglichen individuellen Behandlungsplan für die Krebspatient:innen zu erstellen.

Was ist ein Bewertungsboard und welche Rolle spielt es bei der Therapiewahl im Krankenhaus?

Das Bewertungsboard bewertet neue Therapien unter Einbeziehung der Therapiekosten. Bisher lag die Entscheidung über die Anwendung von Therapien im Spitalsbereich. Mit dem nationalen Bewertungsboard soll ab Herbst 2024 ein österreichweit einheitlicher Bewertungsprozess für die Anwendung von Therapien und Medikamenten stattfinden. Es kommen hier Vertreter:innen zusammen, um gemeinsam zu entscheiden, ob ein bestimmtes Arzneimittel im Spitalsbereich zum Einsatz kommen soll oder nicht. Auch wenn ein Medikament bereits zugelassen ist, kann eine Prüfung des Bewertungsboards stattfinden.

Ihre Ärzt:innen sind für die Wahl Ihrer Therapie verantwortlich – diese entscheiden, welche die bestmögliche Therapie für Ihre Erkrankung ist. Die Empfehlung des Bewertungsboards kann die Therapieentscheidung jedoch beeinflussen. So kann das Bewertungsboard zu dem Ergebnis kommen, dass das Produkt nicht im Spitalsbereich eingesetzt werden soll, welches von Ihren Ärzt:innen empfohlen wurde. Es kann auch infolge einer fehlenden Zustimmung des Bewertungsboards zu einer Verzögerung des Therapiebeginns kommen, wenn Ärzt:innen die Entscheidung abwarten möchten. Dies kann besonders bei seltenen oder schwerwiegenden Erkrankungen infolge einer genauen Prüfung der Fall sein.

Die behandelnde Ärztin oder der behandelnde Arzt sollte stets die beste Therapiemöglichkeit für Ihre Erkrankung vorschlagen, unabhängig der Kosten oder anderer Faktoren. Wenn es zu einer Beeinflussung der Therapiewahl kommt, wie etwa durch ein bestehende Empfehlung des Bewertungsboards, haben Sie dennoch einen Rechtsanspruch auf diese Behandlung und können sie gerichtlich einfordern.

Welche Faktoren dürfen die Auswahl meiner Therapie nicht beeinflussen?

Die Entscheidung für eine Therapie muss stets auf den besten verfügbaren medizinischen Erkenntnissen und den individuellen Bedarf der Patientin oder des Patienten basieren. So darf man Ihnen beispielsweise keine Therapieoption verwehren mit dem Argument, Sie seien zu alt. Folgende Faktoren dürfen bei der Therapiewahl keine Rolle spielen:

  • Sozialer Status
  • Herkunft
  • Geschlecht
  • Alter
  • Religion
  • Sexuelle Orientierung
  • Persönliche Vorurteile des medizinischen Personals
  • Finanzielle Interessen des Krankenhauses oder der Ärzt:innen

Unabhängig davon wie teuer die ausgewählte Behandlung ist – als Patient:in haben Sie immer das Recht, die Ihren Umständen entsprechende geeignetste Behandlung zu erhalten.

Was kann ich tun, wenn sich mein Therapiebeginn aufgrund der fehlenden Zustimmung des Bewertungsboards verzögert?

Wenn sich die Therapie verzögert und dies zu einer Verschlechterung Ihres Gesundheitszustandes führt, haben Sie das Recht auf einen sofortigen Therapiebeginn. Sprechen Sie zuerst mit Ihrer behandelnden Ärztin oder Ihrem behandelnden Arzt und weisen Sie auf die Dringlichkeit Ihrer Behandlung aufgrund Ihrer Beschwerden hin. Kontaktieren Sie Ihre Ärzt:innen im besten Fall schriftlich per Mail anstelle mit Ihrem Anliegen auf einen erneuten Besprechungstermin zu warten.

Alternativ können Sie sich an Patientenorganisationen, Ombudsstellen, Patientenanwaltschaften oder an Patientenanwält:innen wenden. Diese können Ihnen helfen einen möglichst schnellen Behandlungsbeginn zu erreichen:

  • Patientenorganisationen sind Organisationen oder Institutionen, die die Interessen von Patient:innen wahrnehmen und diese im Gesundheitswesen repräsentieren.
  • Ombudsstellen in Krankenhäusern sind dafür zuständig die Beschwerden und Anliegen von Patient:innen entgegenzunehmen und bei der Klärung von Konflikten zu helfen.
  • Patientenanwaltschaften sind unabhängige Einrichtungen oder Person, die die Rechte von Patient:innen vertreten und diese in Konfliktfällen mit medizinischen Einrichtungen unterstützen. Ziel ist die Vermittlung und Wahrung der Patientenrechte. Die Dienstleistungen der Patientenanwaltschaft sind in der Regel kostenlos.
  • Patientenanwält:innen mit Spezialisierung auf Medizinrecht können sich für Ihre Versorgung rechtlich einsetzen.

Kontakte für Anlaufstellen in Ihrem Bundesland oder Ihrer Region finden Sie im Internet und in der Broschüre „Ihr Recht als Patient:in“.

Als Patient:in haben Sie das Recht, jederzeit in Ihre Akte zu sehen – inklusive des Antrags beim Bewertungsboard. Dadurch können Sie sich einen Überblick über den aktuellen Status Ihres Antrags machen und gegebenenfalls weitere Schritte einleiten. Fragen Sie bei der Patientenannahme im Spital oder Ihrem behandelnden Ärzteteam nach, wie Sie Zugang zu Ihrer Akte erhalten. In der Regel wird diese in der Krankenhausverwaltung aufbewahrt.

Fallbeispiel: Fortschreiten der Erkrankung bei ausstehender Therapiegenehmigung

Eine junge Frau hat eine seltene Erkrankung diagnostiziert bekommen. Es gibt ein geeignetes Medikament, das ein Fortschreiten der Erkrankung und eine Verschlimmerung der Beschwerden verhindern kann. Ihre Ärztin hat diese Therapie empfohlen, jedoch ist die finale Zustimmung des Bewertungsboards noch nicht getroffen worden. Die Beschwerden der Frau schränken ihren Alltag bereits ein. Da die lange Wartezeit negative Auswirkungen auf ihren gesundheitlichen Zustand nimmt, kann sie die einzig mögliche Behandlung rechtlich einfordern.

Was kann ich tun, wenn im Rahmen des Bewertungsboards die für mich bestmögliche Therapie abgelehnt wird?

Wenn das Bewertungsboard die für Sie am besten geeignete Behandlung aus verschiedenen Gründen ablehnt, haben Sie dennoch Anspruch auf diese Behandlungsmethode. Falls es jedoch andere gleichwertige Behandlungsmöglichkeiten gibt, die das gleiche Ergebnis versprechen, wird Ihnen eine alternative Therapie vorgeschlagen. Bei schwerwiegenden Erkrankungen oder wenn neue und/oder kostenintensive Therapien zum Einsatz kommen, gibt es oftmals keine gleichwertige Behandlungsalternative. In diesem Fall ist es Ihr Recht, die Therapie trotz der hohen Medikamentenkosten zu erhalten.

Wie kann ich Widerspruch gegen eine abgelehnte Therapie erheben?
  • Rechtsmittel nutzen: Sie haben das Recht, Widerspruch gegen die Entscheidung des Bewertungsboards einzulegen. Gemeinsam mit Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt und möglicherweise einer Anwältin oder einem Anwalt können Sie die Ablehnung anfechten und eine erneute Prüfung des Falles beantragen.
  • Zusätzliche Beweise einreichen: Wenn neue medizinische Erkenntnisse oder Studien vorliegen, die die Wirksamkeit der abgelehnten Therapie belegen, können Sie diese im Rahmen des Verfahrens bei Ihrer Krankenkasse, der Versicherung oder der betreffenden medizinischen Einrichtung einreichen.

Auch nicht sehr kostenintensive Therapien können aus verschiedenen Gründen abgelehnt werden. Eine Ablehnung von Therapien kann also auch bei nicht seltenen oder nicht schwerwiegenden Erkrankungen vorkommen. In diesem Fall können Sie auch gegen die Ablehnung der Krankenkasse vorgehen. Was Sie tun können, erfahren Sie im Kurs „Vorgehen bei abgelehnter Kostenübernahme“.

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Geprüft Dr.in Karin Prutsch-Lang: Stand Oktober 2024 | Quellen und Bildnachweis
Die Kurse sind kein Ersatz für das persönliche Gespräch mit Ihrer Ärztin/Ihrem Arzt, sondern ein Beitrag dazu, PatientInnen und Angehörige zu stärken und die Arzt-Patienten-Kommunikation zu erleichtern.
Behandlungsplan
Umfasst Informationen darüber, welche Behandlungen, Medikamente oder Maßnahmen zu welchem Zeitpunkt durchgeführt werden sollen, um die beste Genesung oder Verbesserung der Gesundheit zu erreichen.
Onkologie
Fachbereich der Medizin, der sich mit bösartigen Tumoren und anderen Krebserkrankungen beschäftigt.
Pathologie
Medizinisches Fachgebiet, das sich mit der Untersuchung von Gewebeproben, Organen und Körperflüssigkeiten befasst, um Krankheiten zu diagnostizieren. Patholog:innen analysieren dabei Veränderungen auf zellulärer und molekularer Ebene.
Radiologie
Medizinisches Fachgebiet, das sich mit der Bildgebung des Körpers zur Diagnose und Behandlung von Krankheiten beschäftigt. Dazu zählen Verfahren wie Röntgen, MRT, CT und Ultraschall.
Strahlentherapie
Behandlung mit hochenergetischen Strahlen, um Krebszellen abzutöten.
Tumorboard
Ein Team aus medizinischen Expert:innen und Therapeut:innen verschiedenster Fachrichtungen. Sie treffen sich regelmäßig, um sich über Patient:innen mit einer Krebserkrankung auszutauschen und die für die jeweiligen Patient:innen bestmögliche Therapie zu empfehlen.