9. Befunde verstehen bei Glioblastomen – Alle Fragen

Wenn der Verdacht auf einen Hirntumor besteht, werden verschiedene diagnostische Verfahren angewendet, um die Art des Hirntumors zu bestimmen. Das ist wichtig, um die richtige Therapie einzuleiten.

Der Online-Kurs „Befunde verstehen bei Glioblastomen richtet sich sowohl an Patient:innen als auch an Angehörige und beantwortet Fragen wie:

  • Welche Arten von Untersuchungen werden bei Verdacht auf ein Glioblastom durchgeführt?
  • Was bedeuten die einzelnen Befunde?
  • Welche weiteren diagnostischen Schritte sind beim Glioblastom möglich?

Einleitung durch Prim. Assoc.-Prof. Priv.-Doz. Dr. Stefan Oberndorfer

Guten Tag, mein Name ist Stefan Oberndorfer. Ich bin Neurologe, der Leiter der Neurologie in Sankt Pölten. Mein Spezialgebiet unter anderem ist die Neurologie. Ich beschäftige mich auch klinisch und wissenschaftlich mit Hirntumor-Erkrankungen.

Der Inhalt der heutigen Schulung betrifft vor allem diagnostische Methoden bei Glioblastom-Erkrankungen. Es gibt eine ganze Reihe von diagnostischen Instrumenten, die wir hier zur Verfügung haben, die relativ auffällig und kompliziert sind. Auch die ganzen Fachbegriffe, die hier verwendet werden, sind nicht einfach zu verstehen. Und wir versuchen hier, ein bisschen Licht in die Angelegenheit für Sie als Patient, aber auch für Ihre Angehörigen zu bringen.

Arten von Glioblastomen

Welche Arten von Hirntumoren gibt es?

Es gibt unglaublich viele Hirntumore. Also im Vergleich zu anderen Erkrankungen, Krebserkrankungen, gibt es allein im Gehirn über 120 verschiedene Arten von Tumoren. Sie werden sich fragen, was diese Zahl in der Praxis bedeutet. Also das ist etwas, was auch die Spezialisten in der Praxis sehr herausfordert. Und jeder dieser Hirntumor hat eine eigene biologische Aktivität, will eigens diagnostiziert und will auch eigens behandelt werden.

Das Glioblastom ist nur eine dieser vielen Hirntumor-Erkrankungen und leider auch eine der häufigsten. Es hat die Eigenschaft, dass es besonders schnell wächst. Das heißt, die Notwendigkeit einer Therapie ist hier besonders hoch, in einem hohen Ausmaß gegeben.

Das Glioblastom entsteht aus den Stützzellen des Gehirns. Also es ist nicht eine Erkrankung der Nervenzellen im eigentlichen Sinne, sondern aus den Stützzellen. Diese heißen Gliazellen . Daher kommt auch der Begriff Glioblastom.

Man kann das unterscheiden nach Wachstumsgeschwindigkeit: Ein Gliom Grad eins wächst sehr langsam. Grad vier, wie das Glioblastom, wächst eher tendenziell schneller.

Das ist hauptsächlich eine unter dem Mikroskop herangewachsene Beschreibung. In Wirklichkeit kann man die Glioblastome selbst auch noch untergliedern, je nach deren genetischen Veränderungen, die wir mittlerweile heute sehr gut analysieren können, um diese Glioblastome noch weiter in Untergruppen zu unterteilen.

Also ein Glioblastom ist ein Tumor aus den Stützzellen des Gehirns, das aus fachlicher Perspektive heraus eher rasch behandelt werden muss, weil es biologisch sehr aktiv ist.

Warum ist es wichtig, dass die Art meines Glioblastoms bestimmt wird?

Die Unterscheidung von Glioblastomen unter dem Mikroskop bezeichnet man auch als histologische Unterscheidungen. Aber als wesentlich wichtiger hat sich herausgestellt, die Genetik dieser Tumorerkrankungen zu charakterisieren.

Diese Charakterisierung hat zum Teil auch schon eine Behandlungskonsequenz. Wir wissen, dass bei bestimmten Arten des Glioblastoms manche Medikamente sehr gut wirken, andere eher weniger gut, oder dass Behandlungskombinationen bei bestimmten Glioblastomen eher erfolgsversprechend sind als andere Zugänge.

Darum ist es wichtig, das Glioblastom sowohl unter dem Mikroskop als auch genetisch möglichst genau zu beschreiben.

Es gibt auch Varianten des Glioblastoms, wie das Riesenzellglioblastom, zum Beispiel auch das Gliosarkom. Aber im Wesentlichen unterscheiden sich die Behandlungsstrategien zum Glioblastom nicht, sondern vielmehr die Unterscheidung nach genetischen Merkmalen ist hier das Entscheidende.

Warum ist es wichtig, dass die Lage meines Glioblastoms bestimmt wird?

Die Lage des Tumors ist aus vielerlei Hinsicht sehr relevant.

Zum einen natürlich, je nach Lokalisation der Erkrankung, haben die Patienten ganz unterschiedliche Symptome und Probleme. Ist es zum Beispiel in der Sprachregion, wird es mit dem Sprechen schwierig. Ist es in der Sehrinde oder in der Sehregion des Gehirns, treten Sehprobleme auf, et cetera, et cetera.

Und das ist natürlich auch in der Behandlungsstrategie sehr, sehr wichtig, denn natürlich werden durch die Behandlung nicht nur die Tumorzellen selbst behandelt, sondern es kommt auch zu Nebenwirkungen. Und die sind dann, je nach Lokalisation der Erkrankung, auch mit spezifischen Symptomen, wie zum Beispiel Sehstörungen, Sprachstörungen oder anderen neurologischen Beschwerden vergesellschaftet.

Also die Lokalisation ist einerseits für die subjektive Klinik der Patienten wichtig, also was für Beschwerden sie haben, aber auch für die Therapeuten, zum Beispiel den Chirurgen, wie weit er hier an den Tumor herankommt, wie viel er herausschneiden kann. Oder auch für einen Strahlentherapeuten ist es wichtig, dass er hier das Risiko abschätzt, inwieweit hier andere Strukturen des Gehirns durch die Therapie möglicherweise auch in Mitleidenschaft gezogen werden können.

Und darüber hinaus gibt es noch Symptome, die bei Hirntumorerkrankungen auftreten können, wie zum Beispiel epileptische Anfälle. Die sind meistens auch in der Region des Hirntumors verortet, und auch das gibt uns Hinweise für eine adäquate Therapie.

Hier geht es zum Video-Interview: „Arten von Glioblastomen”

Neurologische Untersuchungen bei Glioblastomen

Was ist eine klinisch-neurologische Untersuchung und warum ist sie beim Glioblastom wichtig?

Vor einer klinisch-neurologischen Untersuchung braucht sich heutzutage niemand mehr zu fürchten. Wir Neurologen werden immer mit diesem berühmten Hammer assoziiert, aber das tut nicht weh.

Ich glaube, es ist wichtig zu verstehen, dass eine klinisch-neurologische Untersuchung die Funktionen des Nervensystems überprüft. Und wir sehen aufgrund dieser Überprüfung, welche Bereiche des Nervensystems hier in welchem Ausmaß geschädigt sind.

So eine klinische neurologische Untersuchung dauert, je nach Erfahrung und je nach Fragestellung, so ungefähr 15 Minuten, vielleicht manchmal auch 20 Minuten. Und man kann das erstens zur Beurteilung des momentanen Zustandes gebrauchen, aber auch im Verlauf ist es sehr wichtig, ob hier Beschwerden z.B. zugenommen haben oder sich manche Beschwerden auch im Verlauf gebessert haben.

Das sind für uns wichtige Informationen, die auf die Krankheitsaktivität oder auf mögliche Nebenwirkungen von Therapien rückschließen lassen.

Wie läuft eine klinisch-neurologische Untersuchung ab?

Die Kliniker schauen sich bei der neurologischen Untersuchung vor allem die Funktionen des Körpers und des Nervensystems an.

Sie überprüfen zum Beispiel, ob Sie einigermaßen orientiert sind. Das heißt, ob Sie das Datum wissen, ob Sie wissen, wo Sie hier sind, ob Sie vielleicht auch den Namen des Bundespräsidenten wissen oder was Sie gestern gefrühstückt haben.

Darüber hinaus ist es wichtig zu erfahren, wie es mit dem Sehen ist, wie es mit dem Brechen, mit dem Schlucken ist, ob Sie Gefühlsstörungen haben im Gesicht oder im Bereich des Körpers, ob Lähmungen aufgetreten sind oder Koordinationsstörungen.

Das sind alles wichtige Informationen, die uns eventuell auf die Aktivität des Tumors hinweisen oder auch möglicherweise auf die Wirkungen der Therapie der Tumorerkrankung.

Welche Auswirkungen hat das Ergebnis der neurologischen Untersuchung auf meine Behandlung

Die Auswirkungen dieser Untersuchungen auf die Behandlung sind ganz, ganz wichtig. Die klinische Untersuchung gibt uns ein Abbild über die Funktion des Nervensystems. Und wenn wir das im Verlauf immer kontrollieren, sehen wir, ob zum Beispiel Lähmungen zugenommen haben, oder ob die Probleme beim Sprechen zugenommen haben oder andere neurologische Beschwerden sich im Verlauf verändern.

Das gibt uns auch wichtige Hinweise darauf in den Bildern, die wir machen natürlich, aber auch im Rahmen der Untersuchung der Funktion des Nervensystems — wichtige Informationen, die man auf keinen Fall auslassen sollte.

Hier geht es zum Video-Interview: „Neurologische Untersuchungen bei Glioblastomen”

MRT beim Glioblastom

Was ist eine MRT-Untersuchung und warum wird sie bei einem Glioblastom durchgeführt?

Das MRT ist ja mittlerweile in der Bevölkerung eine sehr, sehr bekannte Untersuchung. Also jeder Mensch, der mal Kopfschmerzen gehabt hat, der wird wahrscheinlich im Genuss eines MRTs vom Kopf kommen. Das ist mittlerweile sehr niederschwellig verfügbar. Die Genauigkeit ist sehr hoch. Es gibt auch keine Strahlenbelastung. Das wird, einfach gesagt, mit Magnetfeldern generiert, und es dauert auch nicht sehr lange.

Das einzig Unangenehme daran ist: Man kommt in eine relativ enge Röhre. Also Platzangst darf man nicht haben. Wenn man das hat, dann wird man wahrscheinlich Beruhigungstabletten brauchen. Aber auch das ist heutzutage kein Problem mehr.

Das MRT ist für uns ganz wichtig, weil es uns einfach die Form, die Ausdehnung und die Größe dieser Erkrankung zeigt. Wir sagen oft in der Neuro-Onkologie, das sind Spezialisten, die für Hirntumore zuständig sind: Das, was wir im Bild sehen, ist oft nur die Spitze des Eisbergs. Aber es gibt uns ganz, ganz wichtige Hinweise, ob im Verlauf bestimmte Eigenschaften des Tumors aktiver werden, ob andere durch die Behandlung z.B. ansprechen, ob Nebenwirkungen zu erwarten sind und ob die Beschwerden, die der Patient hat, auch mit dem Tumor zusammenhängen können.

Wie läuft eine MRT-Untersuchung ab?

Für die Diagnose eines Glioblastoms gibt es Empfehlungen. Man sagt, dass man ungefähr alle drei Monate zu einer MR-Kontrolle, zumindest am Beginn der Erkrankung, erscheinen sollte.

Das wird normalerweise durch das behandelnde Team terminisiert und ausgemacht. Da brauchen Sie sich nicht darum zu kümmern. Das ist einfach wichtig, um ein Gefühl für die individuelle Erkrankung zu bekommen.

Im weiteren Verlauf, wenn sich die Situation stabilisiert, sind auch längere Intervalle möglich, zum Beispiel sechs Monate oder in Einzelfällen auch einmal jährlich.

Also meiner Erfahrung nach sind die Patienten meistens sehr nervös vor einer MRT-Untersuchung. Klarerweise nicht, weil die MRT-Untersuchung so unangenehm ist, sondern weil man natürlich gespannt ist, wie es um den Tumor steht. Das ist eigentlich das Hauptproblem bei diesen Erkrankungen, und das sehen wir auch immer, dass es durch diese sehr engen Intervalle von drei Monaten immer wieder zu Aufregung kommt.

Die Untersuchung selbst ist überhaupt kein Problem: Sie bekommen eine Nadel gesetzt, hier wird das Kontrastmittel gespritzt. Es ist keine Strahlenbelastung. Das Einzige, was auf Sie zukommt: Sie müssen ungefähr eine Viertelstunde in einem sehr engen Tunnel liegen Und das ist auch etwas laut, aber dafür gibt es Kopfhörer, und es ist auch dafür gesorgt, dass manchmal auch Musik gespielt wird, die Sie ein bisschen ablenkt. Also vor dem braucht man sich heutzutage nicht mehr zu fürchten.

Wie sieht ein typischer MRT-Befund bei einem Glioblastom aus?

Den typischen MRT-Befund beim Glioblastom gibt es eigentlich so gut wie nicht.

Das Glioblastom hat früher auch „Glioblastoma Multiforme“ geheißen. Das heißt, mit multiplen Formen, weil es auch in der MRT-Untersuchung viele Gesichter hat. Und es ist auch, ich sage mal, für einen erfahrenen Radiologen nicht immer einfach, die Bilder zu interpretieren. Und darum gibt es auch hier Spezialisten, die mit unterschiedlichen Varianten dieser MRT-Untersuchung versuchen, den Tumor selbst besser zu charakterisieren.

Also Sie werden in diesem Befund, Befunde, die in einem Spezialzentrum gemacht worden sind, viele Begriffe sehen, die auch für Mediziner, die damit nicht so sehr in Verbindung stehen, schwer zu interpretieren sind.

Meine Empfehlung erstens ist, dass Sie sich an ein spezialisiertes Zentrum wenden, die Ihnen diese Begriffe ausdeuten und wo auch ausreichend Expertise vorhanden ist, um diese vielschichtigen Befunde richtig zu interpretieren.

Wenn man da nur einen Teil des Befundes heraus nimmt, dann sieht man wahrscheinlich nie das gesamte Bild, sondern immer nur einen Puzzleteil. Und darum meine wichtigste Empfehlung hier: Verlassen Sie sich auf die Experten.

Welche Auswirkungen hat der MRT-Befund bei einem Glioblastom auf meine Therapie?

Der MRT-Befund ist sicher eine ganz, ganz wichtige Säule in der Interpretation im Verlauf der Erkrankung. Also natürlich sagt uns das MRT, wie es um den Tumor, um die Erkrankung steht. Also sprechen die Therapien zum Beispiel ausreichend an, oder entstehen Komplikationen? Also darum müssen wir das auch regelmäßig machen.

Aber insgesamt gibt es noch andere Säulen in dieser Beurteilung. Und da gehört, wie wir zuerst besprochen haben, die klinisch-neurologische Untersuchung dazu. Also ganz wichtig ist: Wie fühlen Sie sich? Wie ist Ihr Befinden? Welche Beschwerden haben Sie? Das ist ein ganz wesentlicher Faktor, der in die Entscheidungen mit einfließt.

Natürlich gibt es immer Unsicherheiten bei dieser Beurteilung. Darum haben wir noch andere Möglichkeiten, die Aktivität der Erkrankung zu beurteilen. Und da gehört zum Beispiel auch die Nuklearmedizin dazu, zu der wir dann noch kommen werden. Das wäre die dritte große Säule in der Beurteilung.

Aber das MRT ist einmal der erste Anfang, und darauf basierend werden dann weitere Entscheidungen meistens im Rahmen eines interdisziplinären Tumorboards beschlossen. Da gehört auch ein Experte für Radiologie dazu, der diese MRT-Bilder besonders gut beurteilen kann, aber auch Neuro-Onkologen, wie der Radio-Onkologen und andere Disziplinen.

Hier geht es zum Video-Interview: „MRT beim Glioblastom”

PET beim Glioblastom

Was ist eine PET-Untersuchung und wann wird sie bei einem Glioblastom durchgeführt?

Der Begriff PET-Untersuchung steht für „Positronenemissionstomografie“. Das ist eine Untersuchung, die nur in ausgewählten Zentren auch zur Verfügung steht. Ich denke, dass das zur Routineüberprüfung beim Glioblastom nicht unbedingt notwendig ist. Es kann aber in manchen Fällen entscheidende Zusatzinformationen bringen.

Das ist eine Methode, die weniger die Form und die Größe des Tumors im Auge hat, sondern sich eher auf die Aktivität, die biologische Aktivität der Tumorzellen fokussiert und konzentriert. Man kann mit Hilfe der PET-Untersuchung beurteilen, wie aktiv diese Zellen in bestimmten Regionen des Gehirns sind.

Wie läuft eine PET-Untersuchung ab?

Eine PET-Untersuchung ist auch nichts, was schlimm ist. Also man muss sich nicht fürchten davor. Das Problem dabei ist eher die Verfügbarkeit und die Organisation dahinter, aber das betrifft die Patienten nicht. Sie kriegen einen Termin, Sie kommen dorthin, Sie kriegen eine Nadel gesetzt, es wird Ihnen ein Kontrastmittel gespritzt, das ist nuklearmedizinisch markiert, das sind Proteine, und die leuchten dann in Ihrem Körper und in bestimmten Zellen, die sehr aktiv sind, eben mehr. Und dieses Leuchten kann mit einer Kamera fotografiert werden, und dadurch wird ein Bild Ihres Tumors gebildet, wo farbcodiert auch Zellen, die besonders aktiv sind, auch zum Beispiel heißer scheinen und andere Zellen, die normal oder weniger aktiv sind, eher kälter scheinen.

Das zeigt uns sozusagen jetzt nicht nur das Bild des Tumors, sondern auch differenzierter, welche Anteile dieses Tumors besonders aktiv sind und welche weniger aktiv sind, weil sie zum Beispiel auf die Therapie auch ansprechen.

Wie sieht ein typischer PET-Befund bei einem Glioblastom aus?

Also wenn Sie die Gelegenheit haben, mit Ihrem betreuenden ärztlichen Team die Befunde zu besprechen, dann können Sie durchaus auch mal erbitten, dass man die Bilder anschaut, weil die sind auch ganz interessant manchmal, weil sie erstens schön bunt sind und weil sie ein sehr authentisches Bild vermitteln, wie es im Zentrum dieses Tumors eigentlich ausschaut. Man kriegt ein besseres Gefühl dafür. Und ich rate eher davon ab, die Befunde zu lesen, weil hier sehr viele Zahlen stehen, sehr viele Begriffe stehen, die meistens sehr verwirrend sind. Und hier gilt fast das Gleiche, wie ich bei der MRT-Untersuchung gesagt habe, dass man sozusagen die Interpretation den Spezialisten überlässt.

Welche Auswirkungen hat der PET-Befund bei einem Glioblastom auf meine Therapie?

Die Auswirkungen der PET-Untersuchungen sind manchmal ganz, ganz wichtig, vor allem bei nicht klaren Entscheidungssituationen. Also zum Beispiel: Ihnen geht es wunderbar, Sie haben keine Beschwerden. In der MRT-Untersuchung gibt es Hinweise darauf, dass manche Anteile des Tumors zum Beispiel in der Aktivität zugenommen haben. Dann ist es manchmal sinnvoll, hier eine zusätzliche PET-Untersuchung zu machen, um eben zu schauen, ob dieser Verdacht der MRT-Untersuchung sich auch in der PET-Untersuchung bestätigt.

Wenn diese beiden Befunde zueinander passen, dann ist der Verdacht hier schon sehr groß, dass hier zum Beispiel Tumoraktivität gekommen ist. Und dann können Ihre Therapeuten, Ihr therapeutisches Team auch entsprechend therapeutische Schritte setzen, bevor es zu Beschwerden oder Symptomen bei Ihnen kommt.

Hier geht es zum Video-Interview: „PET beim Glioblastom”

Untersuchungen des Tumorgewebes beim Glioblastom

Was ist eine neuropathologische Untersuchung und warum wird sie bei einem Glioblastom durchgeführt?

Die Neuropathologie spielt eine ganz, ganz wesentliche Rolle in der Betreuung von Hirntumorpatienten. Ich selbst bin kein Neuropathologe, darum kann ich hier im Detail auch nicht mit der Expertise hier aufwarten, die ein Neuropathologe hätte. Aber im Team ist es ganz, ganz wichtig, dass Sie einen kompetenten Neuropathologen haben. Zum einen, weil das Glioblastom auch mit anderen Erkrankungen durchaus verwechselt werden kann. Zum anderen, weil es im Verlauf der Erkrankungen, wenn zum Beispiel noch einmal Gewebe genommen wird, hier verschiedenste Veränderungen auftreten, die zum Teil auch durch die Therapie bedingt sind. Und die Interpretation dieser Befunde ist also wirklich nur Experten vorbehalten.

Aber für uns sind das wichtige Informationen, weil wir darauf basierend auch das weitere therapeutische und diagnostische Vorgehen beschließen.

Also die Neuropathologie hat hier eine ganz, ganz wesentlich Rolle.

  • Wichtig ist einerseits die Histologie , das werden Sie oft hören. Histologie bedeute: „Wie heißt der Tumor“, zum Beispiel Glioblastom.
  • Und die Molekularpathologie, das werden Sie auch öfters in diesen Befunden lesen, beschreibt dann die Eigenheiten dieses Glioblastoms, zum Beispiel mit genetischen Veränderungen wie diesem MGMT-Status oder IDH-Status oder sonst irgendwelche unbegreiflichen Abkürzungen. Aber das ist wirklich nur den Experten vorbehalten, dies zu interpretieren.

Was ist die Schnellschnittdiagnostik?

Ich glaube, das ist auch ganz wichtig für Sie: Man sieht ja vom Bild alleine her nicht, welche Art von Tumorerkrankung es ist. Wie gesagt, es gibt in einem Gehirn 120 verschiedene Tumorerkrankungen, die man vom Bild alleine her nicht unterscheiden kann.

Darüber hinaus gibt es noch viele Tumorerkrankungen wie Brustkrebs oder Lungenkrebs, die im Gehirn Veränderungen verursachen können, die einem Hirntumor sehr ähnlich schauen, also einem hirneigenen Tumor.

Also wir haben vom Bild nicht die Möglichkeit, eine Diagnose zu erstellen. Deshalb brauchen wir die Chirurgie. Und die Chirurgie braucht auch eine neuropathologische Untersuchung während der Operation. Das heißt, da steht auch ein Neuropathologe daneben und schaut sich sozusagen live die Gewebeproben unterm Mikroskop an und sagt dem Chirurgen dann, das könnte zum Beispiel ein Glioblastom sein oder es ist mit großer Wahrscheinlichkeit ein Glioblastom, auf den ersten Blick. Damit hat der Chirurg ausreichende Information, um sein weiteres chirurgisches Vorgehen danach auszurichten. Wäre es zum Beispiel eine Entzündung, würde er anders vorgehen. Wenn es eine Tumorerkrankung ist, wird aber natürlich versuchen, so viel wie möglich von diesem Gewebe herauszuschneiden.

Wie läuft die weitere histologische und molekularpathologische Untersuchung bei einem Glioblastom ab?

Die endgültige Diagnose nach einer Operation dauert leider einige Zeit. Wir haben zwar den Schnellschnitt während der Operation. Da wird die Hypothese mal aufgestellt, zum Beispiel ein Glioblastom.

Für die Bestätigung brauchen wir aber noch weitere Untersuchungen. Das Material wird aufbereitet, wird gefärbt, es wird genetisch untersucht. Und bis diese ganzen Befunde vorhanden sind, dauert das in der Regel ein bis zwei Wochen. Das ist natürlich eine Wartezeit, die sehr beunruhigend ist, aber das ist einfach methodischen Rahmenbedingungen geschuldet, dass man diese Zeit kaum verkürzen kann.

Und erst dann kann man basierend auf diesen ganzen Ergebnissen sagen, es ist die und die Tumorerkrankung und wir schlagen im Rahmen eines Tumorboards dann die und die weiteren therapeutischen Schritte vor.

Wie sieht ein typischer neuropathologischer Befund beim Glioblastom aus?

Der typische histologische Befund oder pathologische Befund eines Glioblastoms bezieht sich meistens erstens auf das, was man unter dem Mikroskop sieht. Also das wäre das Glioblastom. Das beinhaltet bestimmte Zellveränderungen. Das heißt, dass man im Mikroskop Hinweise darauf hat, dass sich die Zellen schnell teilen, dass z.B. Nekrosen auftreten, dass hier Zelluntergang vorhanden ist oder sehr viele neue Gefäße sich bilden, das heißt Gefäßproliferation. Das sind typische Veränderungen, die man unter einem Mikroskop sehen kann.

Darüber hinaus, aber sehr wichtig, was Sie auch oft in den Befunden finden, ist der sogenannte MGMT-Methylierungsstatus. Das zeigt uns den Zustand des Genoms in diesem Tumor, der für eine bestimmte Therapie mit Tabletten den Tumor sehr empfänglich macht.

Also wenn Sie dieses Merkmal haben, man spricht von einem methylierten MGMT-Status, heißt das, dass wir als Therapeuten hier eine ganz spezifische Therapie vorschlagen können und die besonders gut auf diese Therapievariante auch anspricht.

Welche Auswirkungen hat das Ergebnis des neuropathologischen Befundes bei einem Glioblastom auf meine Behandlung?

Es ist nicht alleine das neuropathologische Ergebnis ausschlaggebend für die Therapie. Also natürlich ist das wichtig, was wir sehen und welche Analyseergebnisse kommen. Darüber hinaus ist es natürlich auch wichtig, wie es Ihnen geht. Nicht nur das Befinden ist wichtig, auch das Alter ist wichtig, Ihr soziales Umfeld ist wichtig und vor allem, welche Therapie Sie wollen und welche Therapie Sie bevorzugen.

Und das muss man im Gespräch ausmachen. Man muss die Optionen auf den Tisch legen und dann versuchen, konsensuell, gemeinsam die richtige Entscheidung für Sie individuell zu treffen.

Hier geht es zum Video-Interview: „Untersuchungen des Tumorgewebes beim Gliobblastom”

Blutwerte beim Glioblastom

Warum ist die Bestimmung der Blutwerte bei einem Glioblastom wichtig?

Die Blutuntersuchung, Blutkontrollen können wir Ihnen leider nicht ersparen. Die sind regelmäßig dabei, wie die bildgebenden Kontrollen mit dem MRT und anderen. Das brauchen wir deswegen, weil die Tabletten, die Sie bei dieser Erkrankung bekommen, nicht nur sozusagen einen Effekt auf die Tumorzellen machen, sondern die machen auch einen Effekt auf die blutbildenden Zellen. Das heißt, zum Beispiel die roten Blutkörperchen, die weißen Blutkörperchen oder auch die Blutplättchen.

Das ist ein Nebeneffekt, der sehr häufig auftritt. Ist nicht schlimm, aber man muss es kontrollieren, weil in Einzelfällen kann das Herabsetzen dieser einzelnen Zellreihen, zum Beispiel der roten Blutkörperchen, zu Komplikationen führen. Um das zu vermeiden, müssen Sie regelmäßig eine Kontrolle machen. Dann können wir rechtzeitig darauf reagieren, um zum Beispiel die Dosis der Therapie herabzusetzen oder auch, um eine Therapiepause zu machen.

Gibt es typische Veränderungen im Blutbefund bei einem Glioblastom?

Also wie Sie vielleicht von anderen Tumorerkrankungen wissen: Es gibt im Blut ja auch Tumormarker, die man bestimmen kann, und die geben auch einen Hinweis, wie aktiv der Tumor ist oder wie es um die Tumorerkrankung bestellt ist.

Momentan, zum heutigen Stand, ist es nicht möglich, bei Hirntumorerkrankungen, oder zumindest beim Glioblastom, aus dem Blut verlässliche Ergebnisse zu bekommen, die darauf hinweisen, ob der Tumor aktiv oder derzeit im Ruhemodus ist.

Ich denke aber, dass in Zukunft wir Möglichkeiten zur Verfügung haben werden, das auch über das Blut festzustellen, sozusagen die vierte Säule dann in der Verlaufsbeurteilung bei Glioblastomen.

Wie häufig werden bei einem Glioblastom Blutuntersuchungen durchgeführt?

Die Häufigkeit der Blutuntersuchungen variiert sehr stark. Also am Beginn braucht man zum Beispiel vor der Operation sicher eine Blutuntersuchung, nach der Operation natürlich, bevor die Strahlentherapie beginnt. Das ist die Standardtherapie gemeinsam mit einer Chemotherapie . Hier müssen natürlich auch Ausgangswerte mal bestimmt werden.

Und auch im Verlauf der Strahlentherapie und Chemotherapie werden regelmäßig Blutuntersuchungen durchgeführt.

Das hängt natürlich immer davon ab, inwieweit sich die Blutergebnisse verändern.

  • Wenn es zu raschen Abfällen kommt und raschen Blutveränderungen, werden die Frequenzen erhöht.
  • Wenn das Blutbild über Wochen, Monate stabil ist, kann man durchaus die Intervalle auch ausdehnen und weniger häufige Kontrollen machen.

Letztendlich bleiben die Blutkontrollen jedoch für die gesamte Therapie erhalten, und die dauert beim Glioblastom in etwa acht Monate.

Hier geht es zum Video-Interview: „Blutwerte beim Glioblastom”

Weitere diagnostische Methoden

Was ist eine EEG-Untersuchung und wann wird sie bei einem Glioblastom durchgeführt?

Es gibt auch noch weitere diagnostische Methoden, die beim Glioblastom zur Anwendung kommen.

Das eine ist zum Beispiel das EEG, das heißt Elektroenzephalografie. Bei dieser Untersuchung wird eine Haube aufgesetzt oder werden Elektroden an den Kopf angebracht, und die leiten die elektrische Aktivität der Hirnrinde ab. Das ist für uns insofern wichtig, weil natürlich auch diese Erkrankungen epileptische Anfälle hervorrufen können, und das ist ein diagnostisches Mittel, um die Sicherheit der Diagnose zu unterstützen.

Wenn man unter epileptischen Anfällen leidet, das kann man sehr gut behandeln. Das ist eine sehr gute Behandlungsmethode. Mit Medikamenten kann das manchmal auch im Verlauf dann eingesetzt werden, um zu schauen, ob diese Medikamente ausreichend wirken und ob eine Stabilität damit erreicht werden kann.

Was ist eine kognitive Testung und wann wird sie bei einem Glioblastom durchgeführt?

Das zweite, was manchmal sinnvoll ist, ist neben der klinisch-neurologischen Untersuchungen noch spezielle Untersuchungen zu machen, zum Beispiel was Ihr Gedächtnis betrifft, was Ihre Aufmerksamkeit betrifft, was die Konzentration betrifft, was Handlungsabläufe betrifft, weil das wichtige Informationen für die Funktion im Alltag bedeuten und sie auch manchmal von der Lokalisation der Erkrankung abhängig sind.

Also diese speziellen Untersuchungen zeigen uns manchmal auch Hinweise, ob die Krankheit aktiv ist, die zum Beispiel mit einer Lähmung oder Sprachstörung nicht so leicht zu erfassen sind.

Was ist eine CT-Untersuchung und wann wird sie bei einem Glioblastom durchgeführt?

Die Computertomografie oder das CT ist eine noch einfachere, verfügbare diagnostische Methode im Vergleich zum MRT. Sie hat den Vorteil, dass es weniger lang dauert. Das ist in ein paar Minuten im Prinzip erledigt. Und Sie müssen auch nicht in so einen langen Tunnel hinein. Das ist für Menschen mit Platzangst natürlich leichter erträglich. Und man muss auch keine Medikamente nehmen.

Der Nachteil ist: Die Auflösung der Bilder ist bei weitem nicht so gut wie bei einer Kernspin-Tomografie. Also die Einsetzbarkeit einer Computertomographie, eines CTs im Rahmen eines Glioblastoms ist sehr begrenzt.

Wir verwenden das in der Klinik nur in Ausnahmefällen, wenn zum Beispiel akute Situationen vorliegen, dass der Patient nicht mehr ansprechbar ist, dass er das Bewusstsein verliert oder Verdacht besteht, dass hier Störungen der Flüssigkeitszirkulation im Gehirn zum Beispiel auftreten, oder auch bei anderen Notsituationen.

Hier geht es zum Video-Interview: „Weitere diagnostische Methoden”

Meine Nachricht an Sie

Zum Abschluss: Ich denke, es werden viele Fragen trotzdem offen geblieben sein, und ich darf Sie nur ermuntern: Wenn Sie Fragen haben, wenden Sie sich an Ihr Expertenteam. Es gibt viele Neuro-Onkologische Zentren in Österreich, die von hochkompetenten Kolleginnen und Kollegen geführt werden. Und die sind sicher gerne bereit, Ihre Fragen zu beantworten. Vielen Dank.

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Geprüft Prim. Dr. Stefan Oberndorfer: Stand August 2024 | Quellen und Bildnachweis
Die Kurse sind kein Ersatz für das persönliche Gespräch mit Ihrer Ärztin/Ihrem Arzt, sondern ein Beitrag dazu, PatientInnen und Angehörige zu stärken und die Arzt-Patienten-Kommunikation zu erleichtern.
(Zirkardianer Rhythmus )
Biologisches Phänomen, das in einem Rhythmus von ungefähr 24-Stunden bestimmte körperliche Funktionen beeinflusst.  Ein Beispiel ist der Schlaf-Wach-Zyklus durch die Freisetzung des Schlafhormons.
Chemotherapie
Behandlung mit Medikamenten (Zytostatika), die das Wachstum von Krebszellen hemmen sollen.
CT
(Computertomografie)
Bildgebendes Verfahren. Dabei werden Röntgenstrahlen aus verschiedenen Richtungen durch den Körper geführt. Ein Computer verarbeitet die so erzeugten Bilder zu einer Schnittbildreihe. Dadurch ist eine genaue Beurteilung des untersuchten Körperteiles möglich. So können beispielsweise Lage und Größe von Organen und Tumoren dargestellt werden. Die Untersuchung ist schmerzlos.
Elektroden
Eine Elektrode ist ein elektrisch leitendes Objekt. Diese kann sowohl außerhalb des Körpers angebracht werden, wie beim EKG, oder im Körper.
Gefühlsstörungen
Veränderungen des normalen Empfindens, wie Kribbeln, Taubheit oder Brennen.
Gliazellen
Zellen im Gehirn und im Nervensystem, die die Nervenzellen unterstützen und schützen. Sie helfen bei der Ernährung der Nervenzellen, halten das Umfeld sauber und sorgen dafür, dass die Signale im Nervensystem gut funktionieren. Gliazellen sind wichtig für die Gesundheit und Funktion unseres Gehirns.
 
Glioblastom
Ein bösartiger Hirntumor, der zur Gruppe der Gliome zählt. Diese Art der Hirntumore entstehen aus den Stützzellen des Gehirns (Gliazellen). Das Glioblastom ist der häufigste unter den Hirntumoren.
Histologie
Das Studium von Geweben unter dem Mikroskop. Es hilft zu verstehen, wie Zellen in unserem Körper zusammenarbeiten und wird oft verwendet, um Krankheiten zu diagnostizieren und die Struktur und Funktion von Geweben zu verstehen.
Hypothese
Eine theoretische Annahme, deren Richtigkeit noch nicht bewiesen wurde.
MRT
(Magnetresonanztomografie, auch Kernspintomografie)
Bildgebendes Verfahren, das sich besonders zur Darstellung von Weichteilen wie Muskeln oder Fettgewebe eignet. Magnetfelder lösen in den verschiedenen Geweben unterschiedliche Signale aus. Diese werden zu Bildern umgewandelt. Die Untersuchung ist schmerzlos und hat keine Strahlenbelastung.
Radiologie
Medizinisches Fachgebiet, das sich mit der Bildgebung des Körpers zur Diagnose und Behandlung von Krankheiten beschäftigt. Dazu zählen Verfahren wie Röntgen, MRT, CT und Ultraschall.
Standardtherapie
Die Standardtherapie ist die Therapie, die den aktuell gültigen wissenschaftlichen Empfehlungen entspricht. Die Standardtherapie ist für verschiedene Erkrankungen unterschiedlich.
Strahlentherapie
Behandlung mit hochenergetischen Strahlen, um Krebszellen abzutöten.
Tumor
(„Geschwulst“)
Lokalisierte Vermehrung von Körpergewebe durch unkontrolliertes Wachstum von gutartigen oder bösartigen Zellen. Bösartige Tumore können in umliegendes Gewebe einwachsen und in entfernte Organe streuen. Der Begriff Tumor wird auch verwendet für eine Schwellung von Gewebe z.B. durch Einlagerung von Flüssigkeit im Rahmen von Entzündungsprozessen oder Blutungen.