2. Symptome beim hereditären Angioödem

Was sind typische Symptome bei einer HAE-Attacke?

Da das hereditäre Angioödem (HAE) unterschiedliche Körperregionen befallen kann, können die Symptome vielfältig sein. Patient:innen klagen unter anderem über:

  • Hautschwellungen: Die Hautschwellungen können zu einem Druck- und Spannungsgefühl führen.

Hautschwellungen bei HAE jucken nicht

Anders als bei Schwellungen durch allergische Reaktionen oder Nesselsucht treten bei einem hereditären Angioödem in der Regel kein Juckreiz und keine erhabenen Hautstellen in Form von Quaddeln auf.

  • Schwellungen an den Extremitäten: Häufig von Schwellungen betroffen sind Arme und Beine. Dies kann zu einer eingeschränkten Beweglichkeit oder Behinderungen beim Gehen führen. Es kann auch vorkommen, dass die Schuhe plötzlich nicht mehr passen.
  • Magen-Darm-Beschwerden: Schwellungen der Wände des Verdauungstraktes können zu Unwohlsein, Bauchschmerzen, Bauchkrämpfen, Übelkeit oder Erbrechen führen.
  • Kopfschmerzen und Schwindel: Schwellungen im Kopfbereich können diese Symptome verursachen. Auch Sprachstörungen, Sehstörungen oder Lähmungserscheinungen können auftreten.
  • Schwellungen im Hals- und Rachenraum : Solche Schwellungen können zu Schwierigkeiten beim Schlucken, Stimmveränderungen (Heiserkeit) bis hin zu Atemnot führen. Schwellungen im Kehlkopfbereich (sogenanntes Larynxödem) sind zwar selten, aber immer als Notfall zu behandeln, da sie schnell lebensbedrohlich werden können.
  • Schwellungen der Geschlechtsorgane: Auch starke Schwellungen an der Vulva und am Penis sind möglich.
  • Harnwegs- oder Nierenbeschwerden: Wenn der Bereich um die Harnwege oder Nieren betroffen ist, kann dies zu Brennen und/oder Schmerzen beim Wasserlassen und Beschwerden ähnlich wie bei einer Harnwegsinfektion führen.
  • Mit der Erkrankung können zudem auch Symptome wie Abgeschlagenheit, Erschöpfung, Müdigkeit, Schlafstörungen, Durstgefühl, Antriebslosigkeit, innere Unruhe, sowie Angstzustände, depressive Verstimmungen oder Aggressivität einhergehen.

Je nach Schweregrad der Schwellungen fällt die Attacke stärker oder schwächer aus. Bei einer leichteren HAE-Attacke können beispielsweise nur einzelne Finger geschwollen sein, deren Funktionen aber noch intakt sind. Bei einer schwerwiegenderen Attacke lassen sich die Finger möglicherweise nicht mehr richtig beugen und es kommt vermehrt zu Schmerzen.

Wie häufig kommt es beim Hereditären Angioödem zu Schwellungen? Wie lange halten die Schwellungen an?

Die HAE-Attacken treten immer wieder auf. Die Häufigkeit der Attacken ist von Patient:in zu Patient:in unterschiedlich. Während die Schwellungen bei manchen Patient:innen mehrmals pro Woche auftreten, treten sie bei anderen wiederum nur einmal im Jahr oder noch seltener auf. Dabei ist es nicht möglich vorherzusagen, wann und wo am Körper die nächste HAE-Attacke auftritt.

Die Beschwerden halten in der Regel zwei bis fünf Tage an. Sie können sich jedoch auch schon nach wenigen Stunden oder erst nach einer Woche legen.

Mit welchen Erkrankungen kann das hereditäre Angioödem verwechselt werden?

Die Symptome des hereditären Angioödems (HAE), wie Schwellungen, Juckreiz, Bauchschmerzen oder Atemnot, sind recht unspezifisch. Zahlreiche andere Krankheitsbilder weisen ähnliche Beschwerden wie das HAE auf. Daher ist die Diagnostik eines HAE schwierig und es kommen immer wieder Fehldiagnosen vor. Es kann also dauern, bis Patient:innen die richtige Diagnose erhalten.

Die Symptome eines hereditären Angioödems können fälschlicherweise auch als eine der folgenden Erkrankungen interpretiert werden (sogenannte Differentialdiagnose ):

  • Allergie
  • Urtikaria (Nesselsucht)
  • Nebenwirkung von bestimmten Blutdruckmedikamenten
  • Nierensteine und Nierenkoliken
  • Blinddarmentzündung, die dann zu einer Blinddarmentfernung führt
  • Erkrankungen im Magen-Darm-Trakt (z. B. Gastritis oder Darmverschluss) – zur Abklärung wird häufig eine Darmspiegelung oder Magenspiegelung durchgeführt
  • Atemwegsinfektion
  • Psychische Ursachen
  • Gelenksbeschwerden durch die Schwellungen können als Rheuma, Arthritis oder Schleimbeutelentzündung fehlinterpretiert werden

Ein HAE spricht nur auf eine spezifische Therapie für das hereditäre Angioödem an. Medikamente wie Kortison oder Antihistaminika , die bei allergischen Reaktionen eingesetzt werden, helfen beim HAE nicht. Aus diesem Grund wird Ihr Arzt oder Ihre Ärztin ganz genau untersuchen, welche Erkrankung bei Ihnen vorliegt.

Folgende Symptome unbedingt abklären lassen

Wenn Schwellungen

  1. ohne erkennbare Ursache,
  2. plötzlich und
  3. wiederkehrend auftreten,

sollten diese von Ihrer Ärztin/Ihrem Arzt abgeklärt werden.
Ebenso sollten Sie sofort Hilfe suchen, wenn Sie unter plötzlicher Atemnot oder starken, undefinierbaren Bauchschmerzen leiden.

Diesen Kurs bewerten

Ihr Feedback hilft anderen Nutzern die für sie passenden Kurse zu finden.
5/5 - (10)
Geprüft OÄ Priv.-Doz.in DDr.in Sabine Altrichter: Stand Oktober 2024 | Quellen und Bildnachweis
Die Kurse sind kein Ersatz für das persönliche Gespräch mit Ihrer Ärztin/Ihrem Arzt, sondern ein Beitrag dazu, PatientInnen und Angehörige zu stärken und die Arzt-Patienten-Kommunikation zu erleichtern.
Angioödem
Schwellung der tieferen Hautschichten, oft verursacht durch Flüssigkeitsaustritt aus Blutgefäßen.
Antihistaminika
Medikamente, die die Wirkung von Histamin blockieren und häufig bei allergischen Reaktionen eingesetzt werden.
Differentialdiagnose
Prozess, bei dem verschiedene mögliche Erkrankungen in Betracht gezogen werden, um zu ermitteln was die Symptome einer Patientin/eines Patienten tatsächlich verursacht. Erkrankungen mit ähnlicher oder nahezu gleicher Symptomatik wie die Verdachtsdiagnose müssen dabei auch in Betracht gezogen werden und werden deshalb auch als Differentialdiagnosen bezeichnet.
Kortison
Kortison ist ein körpereigenes Hormon. Für therapeutische Zwecke wird es meist in höheren Konzentrationen verwendet und wirkt dann vor allem entzündungshemmend. 
Rachenraum
(Pharynx)
Der Bereich im Hals, der hinter der Nasenhöhle und dem Mund liegt.