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Kurs Behandlung der B-Zell-Lymphome: Lektion 3 von 6

Stammzelltransplantation bei B-Zell-Lymphomen

Stammzellen sind Bestandteile des Knochenmarks und Vorläufer für die Blutbildung. Eine Stammzelltransplantation kann bei einem B-Zell-Lymphom zur Heilung führen, indem gesunde Stammzellen in den Körper eingebracht werden. In den meisten Fällen handelt es sich dabei um die eigenen Stammzellen, die im Vorfeld der Behandlung gewonnen werden. In dieser Lektion erfahren Sie, wie eine Stammzelltransplantation abläuft.

Video Transkript

Was sind Stammzellen und welche Eigenschaften haben sie?

Stammzellen sind die Zellen, die grundsätzlich unser blutbildendes System immer wieder erneuern können und daher in einem sogenannten Stammzellenpool in uns unser ganzes Leben vorhanden sind.

Die Stammzellen, von denen wir sprechen, wenn wir über eine Therapie reden, sind Stammzellen, die im peripheren Blut und im Knochenmark zirkulieren oder im Knochenmark sitzen und die wir mobilisieren wollen, damit wir das Immunsystem und das blutbildende System erneuern können.

Diese Stammzellen werden in Form einer Blutwäsche gewonnen, wo die Patientin etwa drei Stunden oder vielleicht ein bisschen mehr an einer Maschine angehängt ist, wo ähnlich wie bei einer Dialyse das Blut aus dem Körper geleitet wird und diese Zellen herausgefiltert werden.

Was ist eine Stammzelltransplantation?

Bei der Stammzelltransplantation handelt es sich im Grunde genommen um den Austausch des Knochenmarks, des Blutes und des Immunsystems, indem man zuerst mit einer Therapie das bereits vorhandene Knochenmark und die vorhandenen Stammzellen abtötet und anschließend durch eine Infusion der Stammzellen, von gesunden Stammzellen dieses blutbildende und Immunsystem wieder herstellt.

Es gibt zwei Arten von Stammzellen, die wir dabei verwenden.

  • Das eine sind Ihre Stammzellen, die wir in Form einer Blutwäsche vorher gewinnen und Ihnen dann nach einer starken Chemotherapie wieder zurückgeben (autologe Stammzellentherapie).
  • Oder die sogenannte allogene Transplantation mit fremden Stammzellen. Das sind Stammzellen von zum Beispiel Geschwistern, von nahen Familienangehörigen wie zum Beispiel Söhnen oder Töchtern oder Eltern, oder eben von einem gesunden, fremden Spender.

Wie funktioniert die autologe Stammzelltransplantation?

Bei der autologen Stammzelltransplantation ist wichtig zu wissen, dass es eigentlich nur eine übersteigerte Form der Chemotherapie ist, wo wir versuchen, die Lymphom- oder Leukämie-Erkrankung durch eine maximale, supramaximale Chemotherapie so weit zurückzudrängen, dass sie nicht mehr zurückkommt.

Dabei nehmen wir aber in Kauf, dass das gesunde Knochenmark und die gesunden Stammzellen der Patientin kaputt werden, und diese müssen dann in Form einer Infusion wieder rückgeführt werden.

Deswegen haben wir vorher diese Stammzellen bereits gewonnen und eingefroren, sodass wir später wieder damit das Blutbild und das Knochenmark und das Immunsystem wiederherstellen können.

Wie funktioniert die allogene Stammzelltransplantation?

Die allogene Stammzelltransplantation ist eine sehr aufwendige, auch mit einigen Nebenwirkungen verbundene Methode der Immuntherapie, wo es in erster Linie darum geht, dass die Krebszellen, die Leukämiezellen, die Lymphomzellen, die in Ihrem Körper sich befinden, durch das neue Immunsystem erkannt werden und von den neuen Immunzellen unterdrückt werden. Es ist nämlich so, dass bei den meisten Krebsarten, auch bei Leukämien und Lymphomen, eine Situation herrscht, wo das Immunsystem, das im Körper der Patientin oder des Patienten ist, nicht mehr in der Lage ist, den Krebs als falsch zu erkennen, und ihn nicht abwehren kann.

Wann wird eine Stammzelltransplantation als Therapieform eingesetzt?

Eine Stammzelltransplantation wird nicht als Therapie normalerweise eingesetzt, sondern wenn Sie einen Rückfall Ihrer Erkrankung leider feststellen mussten und wir eine geeignete Therapiemöglichkeit brauchen.

Bei manchen Erkrankungen, zum Beispiel aggressiven Lymphomen, wird diese Therapie in der zweiten Therapielinie bereits eingesetzt. Es handelt sich hier normalerweise um die autologe Stammzellentransplantation mit den eigenen gesunden Zellen.

Bei anderen Erkrankungen erst, nachdem schon ein oder zwei oder drei Rückfälle eingetreten sind, bei Lymphomerkrankungen zum Beispiel.

Bei Patientinnen und Patienten mit akuten Leukämien, die zum Beispiel eine schlechte Prognose haben, was wir aus genetischen, molekularbiologischen Untersuchungen bereits bei der Diagnose manchmal feststellen können, ist es so, dass wir die Stammzelltransplantation mit gesunden Zellen eines gesunden Spenders bereits planen nach relativ kurzer Zeit und ohne dass wir warten, bis ein Rückfall auftritt.

Wovon hängt es ab, ob eine allogene oder eine autologe Stammzelltransplantation durchgeführt wird?

Das hängt in erster Linie von der Art der Erkrankung ab.

  • Bei Lymphen z.B. oder auch beim Multiplen Myelom sind es vor allem autologe Stammzelltransplantation.
  • Bei akuten Leukämien, die sehr aggressiv normalerweise sind, sind es Stammzelltransplantationen mit gesunden Stammzellen eines gesunden Spenders.

Beides hängt vom Fitnesszustand und vom Alter, von Ihrem Fitnesszustand und Ihrem Alter ab, wo wir dann schon entscheiden müssen, ob Ihnen eine allogene Stammzelltransplantation überhaupt zugemutet werden kann, weil die Nebenwirkungen doch sehr stark sind und ab einem gewissen Alter eine allogene Stammzelltransplantation mit hohem Risiko verbunden ist. Da müssen wir dann abwägen, wie das Risiko- und Nebenwirkungsprofil für die einzelne Erkrankung ist.

Was ist das Ziel einer Stammzelltransplantation?

Das Ziel ist die endgültige Eradikation, Unterdrückung der bösen Zellen. Das kann einerseits erreicht werden, indem man bei der autologen Stammzelltransplantation die bösen Zellen mit einer ganz starken Chemotherapie kaputtmacht und dann die Stammzellen, die gesunden Stammzellen, Ihre gesunden Stammzellen wieder einsetzt, um das Knochenmark zu erneuern, das dabei kaputt gegangen ist.

Bei der Spendertransplantation ist es eher ein Erneuern des Immunsystems, wo wir darauf abzielen, dass diese neuen Immunzellen des gesunden Spenders die bösen Zellen bei Leukämie- und Lymphom-Patienten erkennen als falsch und damit aus dem Weg räumen.

Wie läuft eine Stammzelltransplantation ab?

Eine Stammzelltransplantation für Sie als Patientin bedeutet natürlich schon einen größeren Aufwand mit einer stationären Aufnahme. Bei der autologen Stammzelltransplantation mit den eigenen Zellen ist es so, dass man auch in einem Isolierzimmer ist. Das läuft aber im Grunde genommen nicht viel anders ab wie eine sehr starke Chemotherapie. Das Wesentliche dran ist, dass man die Stammzellen dann aus einem kleinen Säckchen wie bei einer Bluttransfusion zurückerhält in Form einer Infusion. Und dann muss man gegebenenfalls eben 14 Tage, drei Wochen warten, bis diese Stammzellen anwachsen, sodass man also rechnen kann, dass man drei bis vier Wochen im Spital ist.

Bei einer Stammzelltransplantation mit einem gesunden Spender, einer allogenen Stammzelltransplantation, ist der Aufwand wesentlich höher. Man ist komplett isoliert in einem Sterilzimmer. Man hat Nebenwirkungen zu erwarten, die zum Beispiel Abstoßungsreaktionen hervorrufen, durch Abstoßungsreaktionen hervorgerufen sind. Man muss sich auf einen langen Spitalaufenthalt einstellen, der manchmal mehrere Wochen dauern kann. Auch hier werden die gesunden Stammzellen in Form einer Infusion wie bei einer Bluttransfusion in den Körper des Patienten über einen Katheter infundiert in die Blutbahn.

Welche Nebenwirkungen können bei einer Stammzelltransplantation auftreten?

Nach der Transplantation, auch in Abhängigkeit von der Art der Transplantation, ist es also so, dass bei der autologen Transplantation man in erster Linie auf Infektionen achten muss und darauf achten muss, dass möglicherweise etwas Blutungsneigung besteht oder die weißen Blutkörperchen zu niedrig sind, dass man vielleicht einmal eine Bluttransfusion braucht. Man muss also in Wirklichkeit immer darauf achten, dass man die Intervalle, die einem von den Ärztinnen vorgegeben werden, einhält.

Bei einer autologen Transplantation sagt man, dass nach einem Monat eigentlich die wichtigsten Nebenwirkungen unter Kontrolle sein sollten. Und ab dem Tag 100 sollte eigentlich wieder alles im Lot sein.

Bei der allogenen Stammzelltransplantation ist nach der Entlassung auf jeden Fall bei den allermeisten Patienten nötig, dass sie eine immunsuppressive Therapie nehmen müssen. Daher sind sie mehr infektgefährdet, es treten häufiger Viruserkrankungen auf. Die Intervalle sind für die Kontrollen sind sehr kurz, und Langzeitnebenwirkungen wie chronische Abstoßungsreaktionen können manchmal über Jahre auftreten, sodass man hier nicht nach zwei, drei Monaten wieder fit ist, sondern manchmal in langen Zeiträumen von mehreren Monaten denken muss.

 

Auf den Punkt gebracht

Stammzelltransplantation

  • Eine Stammzelltransplantation (SZT) wird bei B-Zell-Lymphomen vor allem bei einer Rückkehr der Erkrankung eingesetzt.
  • Bei der autologen SZT werden der Patientin / dem Patienten eigene Stammzellen transplantiert.
  • Bei der allogenen SZT erhält die Patientin / der Patient Stammzellen von einer/einem gesunden Spenderin/Spender.

Was ist eine Stammzelltransplantation?

Als Stammzelltransplantation bezeichnet man die intravenöse Gabe von eigenen (autologen) oder fremden (allogenen) Stammzellen.

Stammzellen befinden sich im Knochenmark und sind für die Blutbildung verantwortlich. Sie erneuern sich laufend durch Zellteilung. Aus den Stammzellen im Blut entstehen die weißen Blutkörperchen (Leukozyten), die roten Blutkörperchen (Erythrozyten) und die Blutplättchen (Thrombozyten).

Eine Stammzelltransplantation ist eine weitere Therapieoption bei jungen PatientInnen mit indolenten Lymphomen in höheren Stadien bzw. bei aggressiven Lymphomen. Sie kommt dann infrage, wenn mit der anfänglichen (Immun-)Chemotherapie keine Heilung erzielt werden konnte oder es zu einem Rückfall (Rezidiv) des Lymphoms kommt. Das Ziel einer Stammzelltransplantation ist die Heilung. Sie wird im Anschluss an eine hochdosierte Chemotherapie durchgeführt.

Wie läuft die autologe Stammzelltransplantation ab?

Bei Lymphom-PatientInnen wird für gewöhnlich die autologe Stammzelltransplantation durchgeführt. Dabei werden die zuvor gewonnenen eigenen Stammzellen wieder verabreicht.

Ablauf Stammzelltransplantation: Gabe von Wachstumsfaktoren

1. Gabe von Wachstumsfaktoren

Zunächst bekommen Sie häufig einen sogenannten Wachstumsfaktor. Dieser Wachstumsfaktor wird über mehrere Tage in das Fettgewebe unter der Haut gespritzt und führt zu einem vermehrten Transport von Stammzellen aus dem Knochenmark in den Blutkreislauf.

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Ablauf Stammzelltransplantation: Entnahme der Stammzellen

2. Entnahme der Stammzellen

Mittels eines bestimmten Verfahrens, der Stammzellapherese, können die Stammzellen nach einigen Tagen oder Wochen aus dem Blut gesammelt werden. Das läuft ähnlich wie eine Blutspende ab. Ein wesentlicher Unterschied dazu ist, dass der venöse Zugang größer sein muss. Dafür eignet sich zum Beispiel eine Halsvene.

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Ablauf Stammzelltransplantation: Aufbewahrung der Stammzellen

3. Aufbewahrung der Stammzellen

Aus dem gewonnenen Serum werden im Labor die Stammzellen entnommen, tiefgefroren und bis zur Transplantation aufbewahrt.

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Ablauf Stammzelltransplantation: Intensive Chemotherapie

4. Intensive Chemotherapie

Vor der Stammzellentransplantation wird eine intensive Chemotherapie durchgeführt, um das eigene blutbildende System stark zu vermindern.

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Ablauf Stammzelltransplantation: Refundierung der Stammzellen

5. Refundierung der Stammzellen

In einem letzten Schritt werden die zuvor entnommenen Stammzellen wieder zurückgeführt und damit das Blutbild, das Knochenmark und das Immunsystem wiederhergestellt.

Die allogene (fremde) Stammzelltransplantation

Als eine allogene Stammzelltransplantation bezeichnet man die Transplantation von fremden Stammzellen. Meist stammen diese von einer genetisch ähnlichen Person (zum Beispiel von Geschwistern).

Wann wird die allogene Stammzelltransplantation durchgeführt?

Die allogene Stammzelltransplantation wird nur selten angewendet. Sie kommt eher bei sehr jungen PatientInnen infrage und ist dann in der Regel die letzte Therapiemöglichkeit mit dem Ziel der Heilung.

Wie läuft die allogene Stammzelltransplantation ab?

Die PatientInnen werden mittels Chemotherapie auf die Aufnahme der fremden Stammzellspende vorbereitet. Damit die Stammzellspende später nicht abgestoßen wird, wird das Immunsystem medikamentös oder mit einer Ganzkörperbestrahlung unterdrückt. Diesen Vorgang nennt man Immunsuppression.

Allogene (fremde) Stammzellentransplantation

Welche Komplikationen können entstehen?

Vor und nach einer Stammzelltransplantation können verschiedene Komplikationen als Folge der Chemotherapie, der Bestrahlung oder der Immunsuppression auftreten. Dazu zählen:

  • Übelkeit, Erbrechen, Haarausfall, Entzündungen der Mundschleimhaut und der Haut
  • Infektionen durch Bakterien, Pilze und Viren
  • verzögerte Erholung des Knochenmarks und damit auch des Blutbildes
  • Störungen des Hormonsystems (Unfruchtbarkeit)
  • Wachstumsverzögerungen bei Kindern
  • akute oder verspätete Abstoßungsreaktion (Graft-versus-Host Reaktion/GvHR) bei der allogenen Stammzelltransplantation

Sprechen Sie Nebenwirkungen unbedingt möglichst rasch mit Ihrer Ärztin/Ihrem Arzt ab. Viele Beschwerden können gut behandelt werden.

Was ist nach einer Stammzelltransplantation zu beachten?

Das Immunsystem ist vor und einige Zeit nach der Stammzelltransplantation durch die Behandlung geschwächt. PatientInnen erhalten deshalb vorbeugend Medikamente, um das Risiko von Infektionen zu senken.

Oft werden während dieser Zeit auch andere medikamentöse unterstützende Maßnahmen benötigt. Neben Wachstumsfaktoren für die weißen Blutkörperchen werden meist auch Bluttransfusionen oder Transfusionen von Blutplättchen verabreicht. Zu diesem Zweck bleiben die PatientInnen nach der Gabe der Stammzellen isoliert im Krankenhaus. Die Isolation erfolgt zum Schutz der PatientInnen selbst, da überall verbreitete Keime Infektionen auslösen können.

Wenn die ÄrztInnen eine ausreichende Zahl an Abwehrzellen (weiße Blutkörperchen) im Laborbefund feststellen, können die PatientInnen meist nach Hause entlassen werden.

Welche Nachuntersuchungen sind notwendig?

Nach der Stammzelltransplantation und der Entlassung aus dem Spital sind regelmäßige ärztliche Kontrollen und Blutuntersuchungen notwendig. Dafür arbeiten das Transplantationszentrum und die behandelnde Hämato-Onkologin/der behandelnde Hämato-Onkologe eng zusammen. Bei der Nachsorge prüft die Ärztin/der Arzt Ihren Gesundheitszustand. Durch verschiedene Untersuchungen (zum Beispiel Blutuntersuchungen) sollen allfällige Komplikationen und Spätfolgen frühzeitig erkannt und gegebenenfalls behandelt werden.

Geprüft Univ.-Prof. Dr. Ulrich Jäger: Stand März 2020

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Dieser Kurs ist Teil der Kursreihe „Leben mit B-Zell-Lymphom“

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