Bei den möglichen Blutbildveränderungen im Rahmen einer Brustkrebstherapie handelt es sich in aller Regel um eine Verringerung der Anzahl an Blutzellen. Diese kann, muss sich aber nicht durch Symptome äußern. Vor allem auf die Werte der weißen Blutzellen sollte während einer Brustkrebsbehandlung geachtet werden.
Dr. Simon Gampenrieder, Facharzt für Hämatologie und Onkologie, beantwortet im Video "Auswirkungen von Blutbildveränderungen" folgende Fragen:
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- Auf welche Blutbildveränderungen muss man besonders achten?
- Wie äußern sich veränderte Werte von roten Blutkörperchen und Hämoglobin?
- Welche Beschwerden treten bei verminderten weißen Blutkörperchen auf?
- Wie äußert sich ein Mangel an Blutplättchen?
- Worin bestehen die wichtigsten Risiken bei Blutbildveränderungen?
- Bei welchen Symptomen sollte ich eine Ärztin/einen Arzt aufsuchen?
- Welche Konsequenzen haben Blutbildveränderungen für eine laufende Krebstherapie?
- Auf den Punkt gebracht
Video Transkript
Sind bei Veränderungen der Blutwerte immer auch Beschwerden spürbar?
Nein. In der Regel werden veränderte Blutwerte nicht durch Symptome manifest. Es gibt einzelne Ausnahmen, wie zum Beispiel eine Anämie, eine Blutarmut, die zu Müdigkeit führt. Aber ansonsten sind das meistens reine Werte, die man im Labor bestimmt und auf dem Blatt Papier sehen kann.
Auf welche Blutbildveränderungen muss man besonders achten?
Bei einer Brustkrebserkrankung, die unter Therapie steht, sind vor allem die Blutkörperchen von Wichtigkeit. Und hier stechen vor allem die weißen Blutkörperchen hervor. Eine Chemotherapie kann zum Beispiel zu einem deutlichen Abfall der weißen Blutkörperchen, zu einer Leukopenie führen. Und diese wiederum ist potenziell gefährlich, da eine Infektion in dieser Zeit der Leukopenie sich sehr rasch ausbreiten kann und entsprechend lebensbedrohlich werden kann.
Auch verminderte Blutplättchen, die bei bestimmten Chemotherapien auftreten können, sind relevant, weil eine deutliche Verminderung der Blutplättchen zu einer Blutungsneigung führt.
Deshalb sind bei einer Chemotherapie regelmäßige Blutbildkontrollen indiziert.
Wie äußern sich veränderte Werte von roten Blutkörperchen und Hämoglobin?
Eine Verminderung der Anzahl der roten Blutkörperchen, eine sogenannte Anämie oder Blutarmut, führt in der Regel zu einer allgemeinen Schwäche, Abgeschlagenheit und Müdigkeit.
Welche Beschwerden treten bei verminderten weißen Blutkörperchen auf?
Wenn Ihre weißen Blutkörperchen vermindert sind, zum Beispiel durch eine Chemotherapie, merken Sie das in der Regel nicht. Lediglich besteht eine erhöhte Infektneigung în dieser Phase, in der die weißen Blutkörperchen niedrig sind. Und deshalb sind regelmäßige Blutbildkontrollen unter einer Chemotherapie notwendig.
Wie äußert sich ein Mangel an Blutplättchen?
Wenn bei Ihnen verminderte Blutplättchen gemessen werden, spüren Sie das in der Regel nicht. Der Körper hat hier eine sehr hohe Bandbreite zur Sicherheit eingebaut. Wenn weniger als zehn Prozent der Blutplättchen vorhanden sind, kann es allerdings zu einer Blutungsneigung kommen. Das äußert sich in der Regel anfangs durch leichte Hauteinblutungen, vor allem an den Unterschenkeln. Es können aber auch Schleimhautblutungen in der Mundschleimhaut oder Nasenbluten auftreten.
Worin bestehen die wichtigsten Risiken bei Blutbildveränderungen?
Das Hauptrisiko von Blutbildveränderungen durch eine Chemotherapie ist die Leukopenie. Zirka sieben bis zehn Tage nach einer Chemotherapie fallen die Blutkörperchen auf ihren Tiefstwert an.
Wenn die weißen Blutkörperchen hier einen kritischen Grenzwert unterschreiten, besteht eine gewisse Infektneigung und Infektanfälligkeit. Hier sollte sofort reagiert werden, wenn Fieber auftritt, da eine Infektion in dieser Phase der Leukopenie potenziell gefährlich ist und rasch in eine Blutvergiftung übergehen kann. Deshalb sollte in diesem Fall sofort der Arzt kontaktiert werden, damit ein antibiotische Therapie rasch eingeleitet werden kann.
Bei welchen Symptomen sollte ich eine Ärztin/einen Arzt aufsuchen?
Wenn Sie unter einer Chemotherapie stehen oder eine andere Krebstherapie durchgeführt wird, sollten Sie sich melden, wenn Sie Fieber bekommen. Man kann nie ausschließen kann, dass die weißen Blutkörperchen durch die Chemotherapie abgesunken sind und somit die Infektion schlimmer als üblich verlaufen kann.
Zudem sollten Sie sich melden, wenn Sie Blutungszeichen aufweisen wie Einblutungen in die Haut oder in Schleimhäute.
Welche Konsequenzen haben Blutbildveränderungen für eine laufende Krebstherapie?
Blutbildänderungen können dazu führen,
- dass eine Chemotherapie oder eine andere Krebstherapie pausiert werden muss,
- ein Zyklus verschoben werden muss
- oder die Dosis angepasst werden muss.
Auf den Punkt gebracht
- Ein Abfall der weißen Blutkörperchen (Leukopenie) kann die Infektanfälligkeit erhöhen.
- Eine deutliche Verminderung der Blutplättchen ((Thrombozytopenie) kann zu einer erhöhten Blutungsneigung führen.
- Eine Verminderung der roten Blutkörperchen (Anämie) kann zu Schwäche & Müdigkeit führen.
Symptome von Blutbildveränderungen
Mit Ausnahme der Blutarmut sind die Veränderungen im Blutbild für die Patientinnen nicht spürbar. Sie machen keine Symptome. Dennoch muss man Blutbildveränderungen im Auge behalten, da sie gesundheitliche Auswirkungen haben können.
Welche Auswirkungen kann…
... eine Verringerung der weißen Blutzellen (Leukopenie) haben?
Eine zu geringe Anzahl weißer Blutzellen führt zu einer Schwächung der Immunabwehr.
Der Körper ist
- anfälliger für Infektionskrankheiten und
- weniger fähig, Infektionen zu bekämpfen.
... eine Blutarmut (Anämie) haben?
Eine Verringerung der roten Blutkörperchen und damit des Blutfarbstoffs Hämoglobin hat eine verminderte Sauerstoffversorgung des Körpers zur Folge.
Die Anämie äußert sich in
- allgemeiner Schwäche, Abgeschlagenheit, Müdigkeit
- Leistungsminderung, Luftnot schon bei leichter Anstrengung
- Blässe von Haut und Schleimhäuten
- Kopfschmerzen, Schwindel
... eine Verringerung der Blutplättchen (Thrombozytopenie) haben?
Eine Verringerung der Blutplättchenanzahl ist nur sehr selten so ausgeprägt, dass sie Beschwerden verursacht.
Erst ab einem Absinken des Werts unter 10 Prozent der Norm zeigen sich durch die Verzögerung der Blutgerinnung Symptome wie
- punktförmige Einblutungen in Haut oder Schleimhäute (z. B. an Unterschenkeln oder Mundschleimhaut)
- Nasenbluten, Zahnfleischbluten
- Blutungsneigung bei Verletzungen
- verstärkte oder länger dauernde Regelblutung
Tipp
Sprechen Sie während einer Krebstherapie jede Einnahme blutverdünnender Medikamente mit Ihrer Ärztin/Ihrem Arzt ab, auch die Einnahme rezeptfreier Medikamente. Viele schmerzlindernde Wirkstoffe wie Ibuprofen oder Acetylsalicylsäure haben blutverdünnende Wirkung.
Risiken von Blutbildveränderungen
Die häufigste und auch gefährlichste Veränderung der Blutwerte im Rahmen einer Krebstherapie ist die Leukopenie. Betrifft sie besonders die neutrophilen Granulozyten, nennt man das Neutropenie. Eine Leukopenie oder Neutropenie tritt im Falle einer intravenösen Chemotherapie ca. 7 bis 10 Tage nach Therapiebeginn auf.
Warum kann eine Leukopenie oder Neutropenie gefährlich werden?
Die damit einhergehende erhöhte Infektanfälligkeit führt dazu, dass Infektionskrankheiten vom Körper nicht rasch genug abgefangen werden und schneller voranschreiten können als bei gesunden Menschen.
Unter Umständen kann die Gefahr einer Blutvergiftung bestehen, wenn sich die Infektion aufgrund der geschwächten Abwehr über das Blut auf den gesamten Körper ausweitet.
Vor allem eine mit Fieber einhergehende Neutropenie (sogenannte febrile Neutropenie) ist sehr ernst zu nehmen.
Um eine Infektanfälligkeit früh genug feststellen zu können, muss deshalb die Anzahl der weißen Blutkörperchen auf jeden Fall regelmäßig kontrolliert werden.
Bei welchen Anzeichen sollte ich zum Arzt?
- Fieber über 38°C
- Symptome wie Husten, Halsschmerzen, Atembeschwerden, rasselnde Atemgeräusche
- Bauchschmerzen, starker Durchfall
- häufiges Wasserlassen (öfter als 6 Mal pro Tag), evtl. mit schmerzhaftem Brennen
- Nasenbluten, Einblutungen in Haut und Mundschleimhäute
Was sollte ich sonst noch beachten?
- Sorgen Sie dafür, dass Sie ein funktionierendes Fieberthermometer im Haus haben.
- Nehmen Sie bei auftretendem Fieber keine fiebersenkenden Medikamente ohne ärztliche Absprache.
- Verständigen Sie bei Fieber sofort Ihre behandelnde Ärztin/Ihren Arzt.
Therapeutische Konsequenzen bei Blutbildveränderungen
Wenn die Blutwerte, insbesondere die Werte der Blutzellen, eine gewisse Anzahl unterschreiten, kann das möglicherweise eine Anpassung der Therapie notwendig machen:
Eine Pause in der Behandlung einlegen
Zeitdauer zwischen Therapiezyklen verlängern
Dosis der Medikamente angepassen
Umstellung auf die Therapie mit einem anderen Medikament
Wussten Sie schon
Im Rahmen einer Brustkrebstherapie ist vor allem eine Verringerung der weißen Blutzellen eine mögliche Nebenwirkung, die beobachtet und, wenn nötig, behandelt werden sollte. Eine Anämie hingegen ist nur selten derart ausgeprägt, dass man etwas dagegen unternehmen muss.
Geprüft OA Dr. med. Simon Gampenrieder: Stand April 2019