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Kurs CML verstehen: Lektion 1 von 5

Leukämie und CML

Video Transkript

Was ist eine chronische myeloische Leukämie (CML)?

Eine chronische myeloische Leukämie ist eine Bluterkrankung, die sich durch einen Anstieg der weißen Blutkörperchen im Blutbild bemerkbar macht. Die chronische myeloische Leukämie entsteht durch eine Veränderung einer einzelnen Blutstammzelle im Knochenmark, die sich derart verändert, dass sie sich ungehemmt teilen kann. Dadurch kommt es eben zu einer Vermehrung dieser Zellen im Knochenmark und in der Folge auch im peripheren Blutbild.

Wie verändern sich Blutbildung und Blutbild bei CML?

Bei der chronisch-myeloischen Leukämie beginnt die Erkrankung im Knochenmark. Wie gesagt, kommt es zu einer Veränderung in einer einzelnen peripheren Blutstammzelle und dadurch zu einer Vermehrung der weißen Blutkörperchen vor allem im peripheren Blutbild. In der weiteren Folge können im peripheren Blutbild auch die Blutplättchen, die Thrombozyten, erhöht sein und das rote Blutbild, also die roten Blutkörperchen bzw. das Hämoglobin kann in der weiteren Folge der Erkrankung erniedrigt sein.

Wie kann eine CML entstehen?

Die Veränderung in der Blutstammzelle bei der chronisch-myeloischen Leukämie entsteht dadurch, dass es im Bereich der Chromosomen zu einer Veränderung kommt. Das heißt: Es kommt zu einem Bruch in zwei bestimmten Chromosomen, das ist einerseits das Chromosom 9 und andererseits das Chromosom 22, und ein Teil des Chromosoms 9 wird auf das Chromosom 22 transferiert und umgekehrt. Dadurch entsteht die ganz spezifische Translokation 9 22. Das wird auch das Philadelphia-Chromosom genannt. Diese Veränderung führt letztlich dazu, dass ein Fusionsgen entsteht. Es kommen sozusagen dort zwei Teile, ein Teil des Chromosoms 9 und ein Teil des Chromosoms 22 zusammen, und dadurch entsteht ein Fusionsgen — das BCR-ABL. In der weiteren Folge entsteht ein Fusions-Protein.
Diese Veränderungen sind ganz typisch und spezifisch für die chronisch-myeloische Leukämie und führen dazu, dass sich die Zellen letztlich ungehemmt teilen und vermehren können.

Warum kommt es zu der genetischen Veränderung?

Diese genetische Veränderung, also das Philadelphia-Chromosom bzw. dieses BCR-ABL-Fusionsgen entsteht im Laufe des Lebens. Man erwirbt diese Translokation. Das heißt: Sie wird nicht vererbt, sondern man erwirbt sie im Laufe des Lebens.
Warum es zu dieser Veränderung kommt, ist unklar.

Kann man CML haben, auch wenn kein Philadelphia-Chromosom und BCR-ABL-Gen gefunden wurden?

Für die Diagnose einer chronischen myeloischen Leukämie wird das Vorhandensein eines Philadelphia-Chromosoms beziehungsweise des BCR-ABL- Fusions-Gens gefordert. Es gibt seltene Fälle von chronischen myeloischen Leukämien, in denen das Philadelphia-Chromosom nicht nachgewiesen werden kann. In diesen Fällen ist aber dann ein BCR-ABL- Fusionsgen nachzuweisen.

Auf den Punkt gebracht

  • Durch Fortschritte in der Therapie haben die CML und ihre Behandlung ihren Schrecken weitgehend verloren.
  • Durch eine frühzeitige und richtige Behandlung kann in vielen Fällen eine normale Lebenserwartung mit guter Lebensqualität erreicht werden.

Welche Leukämiearten gibt es?

Zu den wichtigsten Leukämien gehören vier Formen:

  • Chronische myeloische Leukämie (CML)
  • Chronische lymphatische Leukämie (CLL)
  • Akute myeloische Leukämie (AML)
  • Akute lymphatische Leukämie (ALL)

Hierzulande erkranken pro Jahr rund 40 % der LeukämiepatientInnen an einer CLL, 20 % an AML und jeweils etwa 10 % an ALL beziehungsweise CML.

Wie häufig ist die chronische myeloische Leukämie (CML)?

CML gehört zu den seltenen Erkrankungen. Pro 100.000 Einwohner treten hierzulande nur ein bis zwei Fälle auf. Die Erkrankten sind häufig zwischen 50 und 60 Jahre alt, es kann jedoch auch jüngere oder ältere Menschen treffen. Männer sind öfter betroffen als Frauen.

Was sind die wichtigsten Begriffe, um CML zu verstehen?

Um CML zu verstehen, sind einige Begriffe wichtig:

Leukämie

Leukämien sind Krebserkrankungen des blutbildenden Systems. Oft (aber nicht immer) gehen sie mit einer Erhöhung der weißen Blutkörperchen einher. Davon leitet sich auch der Name Leukämie (altgriechisch: „weißes Blut“) ab.

Chronisch oder akut?

Eine chronische Leukämie beginnt schleichend, schreitet langsam voran und wird oft nur zufällig entdeckt. Bei akuten Leukämien hingegen können innerhalb kurzer Zeit plötzlich schwere Symptome auftreten.

Myeloisch oder lymphatisch?

Die Begriffe myeloisch und lymphatisch geben an, welcher Zelltyp betroffen ist. Bei der Bildung von Blutzellen im Knochenmark können Zellen in zwei große Gruppen (Zellreihen) zusammengefasst werden.

Lymphatische Zellreihe: Hier entstehen die Lymphozyten (bestimmte Form der weißen Blutkörperchen).

Myeloische Zellreihe: Hier entstehen alle Blutzellen, die keine Lymphozyten sind. Das sind unter anderem Blutplättchen, rote Blutkörperchen und Granulozyten. Diese Zellreihe ist bei CML betroffen.

 Bestandteile des Blutes

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Differentialblutbild bei CML

Blutplasma

Blutplasma macht ca. 55% des Blutes aus. Es besteht zum größten Teil aus Wasser und dient als Transportmedium für feste Blutbestandteile, Stoffwechselprodukte und für verschiedene im Plasma gelöste Stoffe (z.B. Proteine, Salze, Zucker).

Thrombozyten & Leukozyten

Machen zusammen ca. 2% des Blutes aus. Thrombozyten (Blutplättchen) sind wichtig für die Blutgerinnung. Leukozyten (weiße Blutkörperchen) sind Zellen des Immunsystems. Sie lassen sich in Granulozyten, Monozyten und Lymphozyten unterteilen.

Erythrozyten

Erythrozyten (rote Blutkörperchen) machen ca. 43% des Blutes aus. Sie enthalten den roten Blutfarbstoff und sorgen für den Sauerstofftransport.

Im kleinen Blutbild wird die Konzentration der verschiedenen Blutzellen (Erythrozyten, Leukozyten, Thrombozyten), des Blutfarbstoffes Hämoglobin, sowie der Anteil der Blutzellen am Gesamtblut (Hämatokrit) bestimmt.

In einem Differentialblutbild werden die Untergruppen der Leukozyten (weißen Blutkörperchen) ausgewertet. Zusammen mit dem kleinen Blutbild ergibt es dann das große Blutbild.

Bei CML ist die Zusammensetzung des Blutes verändert. Weiße Blutkörperchen (speziell die Granulozyten) steigen an. Dadurch werden rote Blutkörperchen und Blutplättchen unterdrückt. Die Anteile der jeweiligen Blutzellen zeigen, in welcher Krankheitsphase sich der/die PatientIn befindet und ob Therapien anschlagen.

Ursachen und Risikofaktoren für CML

Ursache für CML ist bei fast allen PatientInnen eine genetische Veränderung, das sogenannte Philadelphia-Chromosom. Diese Veränderung ist nicht vererbbar. CML ist nicht ansteckend (auch nicht im Falle einer Bluttransfusion).

Wie entsteht das Philadelphia-Chromosom?

Das Philadelphia-Chromosom entsteht durch den genetischen Mechanismus der Translokation. Dabei brechen Stücke von Chromosom 9 und 22 ab und tauschen ihre Plätze. Es entsteht das neue BCR-ABL-Gen. Dieses ist Teil des durch die Translokation verkürzten Chromosoms 22, das als Philadelphia-Chromosom bezeichnet wird.

Entstehung Philadelphia Chromosom Schritt 1

Entstehung Philadelphia Chromosom Schritt 2

Entstehung Philadelphia Chromosom Schritt 3

Was bewirkt das BCR-ABL-Gen?

Der Teil des Philadelphia-Chromosoms, der für die Entstehung von Leukämiezellen zuständig ist, ist das BCR-ABL-Gen. Dieses produziert ein neues Protein/Enzym, das zur Gruppe der Tyrosinkinasen zählt. Durch dieses Enzym wird die Produktion von abnormen weißen Blutkörperchen im Knochenmark angeregt.

Was sind die Risikofaktoren für CML?

Das Philadelphia-Chromosom entsteht spontan im Verlauf des Lebens. Es sind nur wenige Risikofaktoren bekannt.

Dazu gehören:

  • Männer sind häufiger betroffen als Frauen
  • Mit höherem Lebensalter steigt das Risiko
  • Ionisierende Strahlung: mehr CML-Fälle nach Atombombenabwürfen in Japan im zweiten Weltkrieg
  • Das Einatmen von Benzol und anderen organischen Lösungsmitteln erhöht das CML-Risiko

Wussten Sie schon

.., dass über 95 Prozent aller CML-PatientInnen die gleiche genetische Veränderung – das Philadelphia-Chromosom – aufweisen? Diese Veränderung führt zur Bildung eines neuen Proteins, das BCR-ABL genannt wird und ein Angriffspunkt für gezielte Therapien ist.

AT1809888772 | Geprüft OÄin Dr.in Sonja Burgstaller: Stand September 2018

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