Welche Therapiemaßnahmen zur Behandlung von Brustkrebs eingesetzt werden können, hängt unter anderem vom Rezeptorstatus ab. Um die Eigenschaften eines Tumors zu bestimmen, ist eine Reihe von Laboruntersuchungen notwendig. Die meisten sind binnen weniger Tage abgeschlossen, spezielle Tests können aber weitere Zeit in Anspruch nehmen. Auch wenn diese Zeit belastend ist, ist es wichtig, das Endergebnis abzuwarten. Erst auf Basis des vollständigen Befundes lässt sich das weitere Vorgehen besprechen.
Priv.-Doz. Dr. Michael Hubalek, Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, beantwortet im Video "Bestimmung des Rezeptorstatus" folgende Fragen:
Klicken Sie auf eine Frage, um direkt zum entsprechenden Videoabschnitt zu springen!- Wie wird festgestellt, ob es sich um einen hormonabhängigen Tumor handelt?
- Wie wird festgestellt, ob die Zellen HER2-Rezeptoren tragen?
- Wie wird festgestellt, ob eine Therapie mit CDK4/6-Inhibitoren in Frage kommt?
- Werden diese Untersuchungen routinemäßig durchgeführt oder muss ich danach fragen?
- Was passiert bei einer Biopsie?
- Ist für eine Biopsie ein Krankenhausaufenthalt notwendig?
- Wie lange dauert es in der Regel, bis ein Ergebnis vorliegt?
- Auf den Punkt gebracht
Video Transkript
Wie wird festgestellt, ob es sich um einen hormonabhängigen Tumor handelt?
Dies ist die Aufgabe des Pathologen. Er untersucht das Tumorgewebe, welches der Chirurg oder der Radiologe entnommen hat, mittels spezifischer Färbemethoden, ob sich an den Zellen Hormonrezeptoren befinden oder nicht.
Ebenso prüft er, ob HER2 vorhanden ist oder nicht. Dies wird mit einer Methode gemacht, die man Immunhistochemie nennt.
Wie wird festgestellt, ob die Zellen HER2-Rezeptoren tragen?
Dies ist die Aufgabe des Pathologen. Er untersucht das entnommene Tumorgewebe zuerst mikroskopisch und stellt dann mit einer spezifischen Färbemethode dar, ob sich HER2-Rezeptoren an der Zelloberfläche befinden oder nicht bzw. ob diese Rezeptoren überexprimiert sind oder nicht.
Falls dies nicht zielführend ist, gibt es noch eine zweite Methode, die nennt man FISH-Untersuchung. Hier wird mittels Antikörpern und einem Fluoreszenzmikroskop untersucht, ob das genetische Material in der Tumorzelle verändert ist und dies zu einer Überexpression von HER2 führt.
Wie wird festgestellt, ob eine Therapie mit CDK4/6-Inhibitoren in Frage kommt?
Prinzipiell kommen alle hormonabhängigen Tumoren für eine Therapie mit CDK4/6-Inhibitoren in Frage. Die CDK4/6- Inhibition wird immer gemeinsam mit einer antihormonellen Therapie durchgeführt.
Werden diese Untersuchungen routinemäßig durchgeführt oder muss ich danach fragen?
Selbstverständlich werden diese Untersuchungen routinemäßig durchgeführt. Ihr behandelnder Arzt schickt das Gewebe dann zum Pathologen, und dieser führt diese Untersuchungen durch.
Was passiert bei einer Biopsie?
Bei einer Biopsie wird aus Tumorgewebe oder auch aus gesundem Gewebe mit einer feinen dünnen Hohlnadel ein etwa ein bis zwei Millimeter großer Stanzzylinder entnommen. Dieses Gewebe wird dann weiter vom Pathologen untersucht.
Ist für eine Biopsie ein Krankenhausaufenthalt notwendig?
Nein, für eine Biopsie ist kein Krankenhausaufenthalt notwendig. Es handelt sich um eine ambulante Untersuchung und Abklärung von Veränderungen, die im Körper auftreten können.
Wie lange dauert es in der Regel, bis ein Ergebnis vorliegt?
In der Regel dauert das Ergebnis 1 bis 4 Tage.
Auf den Punkt gebracht
Bestimmung des Rezeptorstatus
- Die Bestimmung des Hormonrezeptors und des HER2-Rezeptors ist für die Prognose und die Therapie von Brustkrebs wesentlich.
- Die Bestimmung wird vom Pathologen routinemäßig bei jedem entnommenen Gewebe durchgeführt.
Die Entnahme einer Biopsie
Grundlage für die Bestimmung der Tumoreigenschaften bei Brustkrebs ist eine kleine Gewebeprobe, die aus einem verdächtigen Areal entnommen wird. Diese Biopsie kann auf unterschiedliche Weisen erfolgen, meistens aber minimal-invasiv und mit örtlicher Betäubung. Ein Krankenhausaufenthalt ist nicht notwendig.
Was passiert bei der Stanzbiopsie?
Unter Ultraschallkontrolle wird eine Führungskanüle zur entsprechenden Stelle vorgeschoben. Mittels einer etwa 1,5 Millimeter dicken Biopsienadel werden mit hoher Geschwindigkeit (zumeist völlig schmerzlos) 3 bis 5 zylinderförmige Gewebeproben herausgestanzt.
Was passiert bei der Vakuumbiopsie?
Ist das verdächtige Areal weder tastbar noch im Ultraschall sichtbar, etwa bei Mikroverkalkungen, wird eine Vakuumbiopsie unter Mammographie-Kontrolle durchgeführt. Die Biopsienadel wird durch eine Führungskanüle vorgeschoben und Gewebe mittels Vakuum in die Hohlnadel gesaugt. Die Vakuumbiopsie dauert etwas länger und es können größere Gewebeproben entnommen werden.
Was passiert bei der Operativen/offenen Biopsie?
Sie ist nur sehr selten notwendig, wenn durch die anderen Verfahren kein klarer Befund erzielt werden kann.
Abgesehen von einem möglichen kleinen Bluterguss und leichter Druckempfindlichkeit an der Einstichstelle verläuft eine Biopsie in der Regel ohne weitere Nebenwirkungen. Wegen der etwas dickeren Nadel kann von der Vakuumbiopsie eine winzige Narbe bleiben.
Die Untersuchung der Gewebeprobe
Zuerst wird die Gewebeprobe unter dem Mikroskop hinsichtlich zweier Fragen untersucht:
- Wie sieht das Gewebe aus (Histologie): Von wo im Drüsengewebe geht ein Tumor aus, wächst er ins umliegende Gewebe ein oder nicht.
- Wie sehen die Zellen aus (Zytologie): Ähneln die Tumorzellen gesunden Zellen oder sind sie entartet.
Je nach Grad der Abweichung von Normalgewebe wird im sogenannten Grading in drei Grade eingeteilt. G1 = gut differenziert bis G3 = stark abweichend von Normalgewebe.
In Zusatzuntersuchungen wird der Rezeptorstatus festgestellt:
- Bestimmt wird das Vorhandensein von Hormonrezeptoren für Estrogen (ER) und Progesteron (PR).
- Das Vorliegen von HER2-Rezeptoren wird mit dem sogenannten Immunhistochemie(IHC)-Test untersucht. Bei unklarem Ergebnis kann ein sogenannter Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierungs(FISH)-Test oder ein Chromogenic-in-situ-Hybridisierungs(CISH)-Test folgen.
- Bestimmt wird außerdem die Zellteilungsrate. Je nach Menge des Eiweißes Ki67 im Gewebe wird die Proliferation als niedrig oder hoch eingestuft.
Nur in bestimmten Fällen werden ergänzende genetische Untersuchungen angeschlossen.
Die Angaben im Befund
Die Ergebnisse dieser Untersuchungen werden in Ihrem Befund angegeben. Was die Informationen zu Tumorlokalisation, Art und Wachstum des Tumors, Grading, Tumorgröße, Lymphknotenstatus, Metastasierung, Wächterlymphknotenbiopsie, Lymphgefäße, Venen, Resektionsränder, Hormonrezeptorstatus, HER2 und Ki67 bedeuten erfahren Sie im Folgenden.
Tumorlokalisation
Um die Lokalisation des Tumors anzugeben, wird die Brust in 4 Quadranten (oberer äußerer, oberer innerer, unterer äußerer, unterer innerer) und den Bereich um die Brustwarze unterteilt. Mit mehr als der Hälfte der Fälle ist der obere äußere Quadranten am häufigsten betroffen.
- Äußerer oberer Quadrant (I)
- Äußerer unterer Quadrant (II)
- Innerer unterer Quadrant (III)
- Innerer oberer Quadrant (IV)
Art und Wachstum des Tumors
Die verschiedenen Arten von Brustkrebs werden in nicht-invasive Tumore (auch „in situ“ genannt) und invasive Tumore (wachsen in umliegendes Gewebe) eingeteilt. Lobular bedeutet, dass der Krebs von den Drüsenläppchen ausgeht, während ductal heißt, dass der Krebs von den Milchgängen ausgeht.
- DCIS: Duktales Carcinoma in situ, nicht invasiv, also noch auf den Milchgang beschränkt
- IDC: invasives duktales Karzinom, (wird auch als nicht spezifischer Typ NST bezeichnet), mit Abstand die häufigste Brustkrebsart
- ILC: invasives lobuläres Karzinom, die zweithäufigste Brustkrebsart
Abgesehen davon gibt es noch einige seltenere Brustkrebsarten.
Grading
Das Grading gibt an, wie stark die Tumorzellen gesunden Zellen ähneln. Gesunde Zellen sind stark ausdifferenziert, also sehr spezialisiert, damit sie ihren spezifischen Aufgaben nachkommen können. Je weniger gut Tumorzellen differenziert sind, desto stärker unterscheiden sie sich von gesundem Gewebe.
- G1: gut differenziert und damit gesunden Zellen ähnlich
- G2: mittelmäßig differenziert
- G3: schlecht differenziert und damit stark abweichend von Normalgewebe
Je stärker die Tumorzellen vom Normalgewebe abweichen, also entartet sind, desto aggressiver und prognostisch ungünstiger ist der Tumor.
Tumorgröße
Die Abkürzung „T“ steht für die Größe und Ausbreitung des Primärtumors.
- T0: kein Tumor
- Tis: Tumor in situ, die Krebs-Frühform hat die Grenze zu dem sie umgebenden Gewebe noch nicht durchbrochen
- T1: Der Tumor ist kleiner als 2 cm
- T2: Der Tumor ist zwischen 2 und 5 cm groß
- T3: Der Tumor ist über 5 cm groß
- T4: Der Tumor dehnt sich auf benachbartes Gewebe aus
- TX: nicht beurteilbar
Mit Buchstaben kann noch eine weitere, feinere Unterteilung erfolgen (z. B. pT1a, pT1b etc.).
Lymphknotenstatus
Mit der Abkürzung „N“ wird beschrieben, ob und wie stark Lymphknoten (Noduli) befallen sind.
- N0: keine Anzeichen für Lymphknotenmetastasen
- N1: Lymphknoten der gleichseitigen Achselhöhle befallen, Knoten verschiebbar
- N2: Lymphknoten der gleichseitigen Achselhöhle befallen, aber untereinander oder an anderen Strukturen fixiert
- N3: Gleichseitige Lymphknoten entlang der inneren Brustwandarterie befallen
- NX: nicht beurteilbar
Auch kann mit Buchstaben noch feiner unterteilt werden (z. B. pN2a, pN2b etc.).
Metastasierung
Die Abkürzung „M“ beschreibt, ob Fernmetastasen vorliegen.
- M0: keine Fernmetastasen
- M1: Fernmetastasen vorhanden
- MX: nicht beurteilbar
Es kann auch angegeben werden, wo sich die Metastasen befinden (z.B. PUL = Lunge, OSS = Knochen, HEP = Leber, BRA = Gehirn)
Die Tumorgröße (T), der Lymphknotenstatus (N) und die Metastasierung (M) sind Teil der TNM-Klassifikation, anhand derer das Tumorstadium eingeschätzt wird. Von ihm hängen die wichtigsten Therapieentscheidungen und auch die Prognose der Erkrankung ab.
Wächterlymphknotenbiopsie
Der dem Tumor am nächsten gelegene Lymphknoten (manchmal auch mehrere) wird Wächterlymphknoten (Sentinel node) genannt. Eine Metastasierung über das Lymphsystem erfolgt immer zunächst über Wächterlymphknoten.
- PN0 (sn): Der Wächterlymphknoten ist tumorfrei
- PN1 (sn): Tumornachweis im Wächterlymphknoten
Wenn der Wächterlymphknoten tumorfrei ist, kann davon ausgegangen werden, dass sich der Tumor nicht über das Lymphsystem weiter ausgebreitet hat und eine Entfernung weiterer Lymphknoten nicht nötig ist.
Lymphgefäße
Die umliegenden Lymphgefäße im Umfeld des Tumors werden untersucht und im Befund wird mit „L“ angeführt, ob sich Krebszellen in den Lymphbahnen ausgebreitet haben.
- L0: keine Lymphgefäßinvasion
- L1: Lymphgefäße sind befallen
- LX: nicht beurteilbar
Das hat Einfluss auf die Therapie, da befallene Lymphgefäße in der Strahlentherapie mitbestrahlt werden.
Venen
Mit dem Buchstaben „V“ wird angegeben, ob der Tumor in umliegende Blutgefäße/Venen eingewachsen ist.
- V0: keine Invasion in Blutgefäße
- V1: mikroskopische Invasion, also mit dem Mikroskop erkennbar
- V2: makroskopische Invasion, also mit bloßem Auge erkennbar
- VX: nicht beurteilbar
Wenn eine Invasion in Blutgefäße erfolgt ist, muss davon ausgegangen werden, dass eine Metastasierung über den Blutweg erfolgt sein kann.
Resektionsränder
Nach einer Tumor-Operation wird angegeben, ob der Tumor vollständig entfernt werden konnte und die Schnittränder frei von Tumorzellen waren.
- R0: Der Tumor wurde vollständig entfernt
- R1: am Rand des entfernten Gewebes konnten mit dem Mikroskop Tumorreste entdeckt werden
- R2: Es sind mit bloßem Auge sichtbare Tumorreste im Körper verblieben
- RX: nicht beurteilbar
Da Metastasierungen ursprünglich vom Primärtumor ausgehen, ist seine vollständig Entfernung von großer Bedeutung. Im Fall von R1 wird deshalb gegebenenfalls nachoperiert.
Hormonrezeptorstatus
Der Hormonrezeptorstatus besagt, ob die Tumorzellen Rezeptoren für Östrogen oder Progesteron aufweisen.
- ER+: Östrogen-Rezeptor positiv
- ER-: Östrogen-Rezeptor negativ
- PR+: Progesteron-Rezeptor positiv
- PR-: Progesteron-Rezeptor negativ
Nur wenn der Tumor Hormonrezeptor-positiv ist, kann die Erkrankung auf eine Hormontherapie ansprechen.
HER2
Der HER2-Rezeptor-Status besagt, ob die Tumorzellen Rezeptoren für den Humanen Epidermale Wachstumsfaktor aufweisen.
- HER2 + (positiv) bedeutet, es sind HER2-Rezeptoren vorhanden.
- HER2- (negativ) bedeutet, es sind keine HER2-Rezeptoren vorhanden.
Die therapeutische Bedeutung besteht darin, dass HER2-positive Tumore mit Antikörper-Therapie behandelt werden können.
Ki67
Ki67 ist ein Eiweiß, das sich in stark teilenden Geweben nachweisen lässt. Damit kann man die Zellteilungsaktivität eines Tumors einschätzen.
- Ein Ki67-Wert über 20 Prozent wird als hoch eingestuft
- Ein Ki67-Wert unter 20 Prozent gilt als niedrig
Ein hoher Ki67-Wert bedeutet eine hohe Wachstumsrate (auch Proliferationsrate genannt) und ist prognostisch ungünstig. Ki67 wird außerdem für manche therapeutische Entscheidungen herangezogen.
Wie sieht ein Befund konkret aus?
Hier wollen wir Ihnen genauer erklären, wie ein Befund zu lesen ist.
Ein Befund auf Basis einer Biopsie könnte beispielsweise so aussehen:
Klicken Sie auf die einzelnen Abschnitte des Befundes, um mehr über ihre Bedeutung zu erfahren.
Folgt eine operative Entfernung des Tumors sowie des nächstgelegenen Wächterlymphknotens, fließen weitere Informationen in den Befund mit ein. Die vollständige Beschreibung im Befund würde dann zum Beispiel so lauten:
Es handelt sich in diesem Fall also um einen mittelgradig differenzierten, hormonabhängigen, HER2-negativen Tumor kleiner als 2 cm mit niedriger Zellteilungsrate, der nicht im Gesunden entfernt wurde. Der Wächterlymphknoten zeigt Tumorzellen. Die Lymphbahnen und Gefäße in der Umgebung des Tumors sind frei von Tumorzellen. Hinweis auf Metastasen.
So sieht ein Beispielbefund konkret aus:
Abschließend wollen wir Ihnen noch anhand eines konkreten Beispieles zeigen, wie ein Befund auf Basis einer Biopsie aussehen könnte:
NST G2 pT1 pN1 (sn) M1 L1 V0 R1 ER+ PR+ HER2 neg Ki67 niedrig
In diesem Fall bedeutet das: Es liegt ein nicht spezieller Typ eines Tumors vor (NST no special type), dessen Zellen mittelgradig differenziert sind (G2). Der Tumor ist kleiner als 2 cm (pT1), der Wächterlymphknoten zeigt Tumorzellenbefall (pN1 (sn)). Es liegen Fernmetastasen (M1) und eine Invasion in umliegende Lymphgefäße (L1) vor. Keine Invasion in umliegende Blutgefäße/Venen (V0). Der Tumor wurde nicht mit ausreichendem Sicherheitsrand im gesunden Gewebe entfernt (R1). Der Tumor ist hormonrezeptor-positiv (ER+ und PR+), HER2-Rezeptor-negativ und zeigt eine niedrige Proliferationsrate (Ki67 niedrig).
Wussten Sie schon
Der Weg zur endgültigen Diagnose passiert Schritt für Schritt. Das erfordert Geduld, ist aber die Voraussetzung dafür, die Behandlung individuell auf Sie als Patientin abstimmen zu können. Der enge Kontakt zu Ihren behandelnden ÄrztInnen ist deshalb sehr wichtig.
PP-AL-AT-0042 | Geprüft Priv.-Doz. Dr. Michael Hubalek: Stand 12.12.2018