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Kurs Ovarialkarzinom verstehen: Lektion 3 von 6

Krankheitsverlauf beim Ovarialkarzinom

Um die optimale Therapie auszuwählen, ist nicht nur die Diagnose wichtig. Auch der Schweregrad muss bestimmt werden. Im Video erfahren Sie von Univ.-Prof. Dr. Alexander Reinthaller, Spezialist für Ovarialkarzinome, wie und warum Ausbreitungsgrad und Stadium der Erkrankung bestimmt werden und wie die Prognose aussieht.

Video Transkript

Was versteht man unter Staging?

„Staging“ bedeutet, dass wir in einem ersten Schritt der Therapie, aber auch der Diagnostik, uns einfach darüber informieren, wie weit der Tumor ausgebreitet ist. Das betrifft hier mehr Frühstadien, die ja deutlich seltener vorkommen, weil sie eben auch seltener diagnostiziert werden. Hier ist es so, dass in den Frühstadien, wo der Tumor auf den Eierstock oder auf die Eierstöcke begrenzt ist, mit einer sogenannten Staging-Operation, aber auch mit Bildgebung geklärt wird, wie weit der Ausbreitungsstand und der Ausbreitungsstatus des Tumors wirklich ist. Das ist deswegen von Bedeutung, weil im Anschluss an dieses Staging, wo dann sozusagen die exakte Tumorausbreitung festgestellt worden ist, auch die Therapie nach diesem Ausbreitungsstand festgelegt wird.

Wann spricht man von einem Frühstadium der Erkrankung?

Wie bereits erwähnt: Im Frühstadium ist die Erkrankung auf die Eierstöcke beschränkt, zumindest auf das kleine Becken. Diese Frühstadien lassen sich naturgemäß besser behandeln und erfordern eben, um dann den tatsächlichen Ausbreitungszustand festzustellen, ein sogenanntes Tumor-Staging. Dieses erfolgt auch häufig chirurgisch.

Wann spricht man von einem Spätstadium der Erkrankung?

Spätstadien sind alle Erkrankungen, die das Organ verlassen haben, die typischerweise das Bauchfell betreffen. Das ist ein ganz charakteristisches Merkmal dieses Tumors, nämlich die Ausbreitung oder Metastasierung, das heißt das Bilden von Tochtergeschwülsten, am Bauchfell. Wir nennen das im Fachjargon „Peritonealkarzinose“. Und die befindet sich dann an ganz typischen Lokalisationen oder Stellen im Bauch. Das ist zuerst einmal das kleine Becken, dort wo der Tumor ja primär entsteht, aber dann auch die Bauchfellareale neben dem Dickdarm, oberhalb der Leber im Bereich der rechten Zwerchfellkuppel, im sogenannten großen Netz, einer Fettschürze, die am queren Dickdarm hängt, bis hin zu Milz. Das sind die klassischen Metastasierungsmuster im Bauch. Oft metastasiert der Tumor auch in die Lymphknoten.

Wovon hängt die Prognose ab?

Die Prognose hängt natürlich naturgemäß in erster Linie vom Ausbreitungsstadium ab. Je früher der Tumor entdeckt wird, umso besser ist die Prognose. Aber es gibt auch eine Reihe von anderen Faktoren, die für die Prognose eine Rolle spielen. So wissen wir heute, dass Ovarialkarzinom oder Eierstockkrebs nicht gleich Eierstockkrebs ist. Es gibt verschiedene histologische Typen, die sich durchaus unterschiedlich verhalten können. Es gibt Tumore, die langsam wachsen, sogenannte niedriggradige oder low grade Tumoren gegenüber den häufigeren, schnell wachsenden Tumoren, den high grade oder hochgradigen Tumoren. Aber es finden sich auch, wie bereits eingangs erwähnt, die erblichen oder durch Genmutationen bedingten Eierstockkrebsformen, die zum Beispiel gegenüber jenen, die nicht durch Genmutationen verursacht sind, eine bessere Prognose aufweisen.

Was versteht man unter kompletter Remission?

Von einer kompletten Remission sprechen wird dann, wenn es uns gelungen ist, durch unsere therapeutischen Maßnahmen den Tumor vollständig zum Verschwinden zu bringen, das heißt, dass wir ihn mit klinischen Methoden nicht mehr nachweisen können.

Das heißt allerdings leider nicht, dass nicht die eine oder andere Tumorzelle noch immer im Körper vorhanden ist und wir sie im Moment der Vollremission eben durch klinische Methoden nicht mehr nachweisen können.

Wie sind die Heilungschancen bei Eierstockkrebs?

Fast drei Viertel aller Ovarialkarzinome (Eierstockkrebs) werden erst in einem fortgeschrittenen Stadium erkannt. Auch wenn früh diagnostizierte Fälle besser behandelbar sind: Machen Sie sich keine Vorwürfe, dass Sie nicht früher zum Arzt gegangen sind oder auf eine umfangreiche Abklärung bestanden haben. Aufgrund der unspezifischen und spät einsetzenden Symptome wirken die Beschwerden, wenn überhaupt vorhanden, oft über längere Zeit völlig harmlos. Es gibt zudem keine Früherkennung.

„Was wäre wenn“-Gedanken sind deshalb verständlich. Besser ist es jedoch, wenn Sie Ihre Kraft und Energie nach einer Eierstockkrebs-Diagnose lieber nach vorne richten. Nehmen Sie die Krankheit als einen unvermeidbaren Wegbegleiter an. Heute gibt es immer längere Überlebenszeiten durch bessere Behandlungsmöglichkeiten und individualisierte Therapien, die zum Beispiel bestimmte genetische Marker berücksichtigen.

Die Krankheitsstadien: Staging / Klassifikation

Um die optimale Therapie auszuwählen und den Schweregrad bzw. die Tumorausbreitung zu bestimmen, führt die Ärztin/der Arzt ein sogenanntes Staging durch. Das bedeutet, dass der Ausbreitungsgrad des Tumors ermittelt wird. Beim Ovarialkarzinom erfolgt die Einteilung meist nach der FIGO-Klassifikation, ein von der Fédération Internationale de Gynécologie et d’Obstétrique (FIGO) vorgeschlagenes Einteilungssystem für gynäkologische Krebserkrankungen.

Das Stadium ist gemäß der FIGO-Klassifikation niedriger, je mehr der folgenden Punkte zutreffen:

  • Der Krebs ist nur auf den Eierstock begrenzt.
  • Der Krebs hat die Kapsel, die den Eierstock umgibt, nicht durchbrochen. Es sind keine Tumorzellen außen am Eierstock nachweisbar.
  • Es sind keine Tumorzellen im Bauchwasser oder in der Spülflüssigkeit nach einer Bauchspülung nachweisbar.
  • Es sind keine Metastasen (Ansiedlungen von Krebszellen) in anderen Organen nachweisbar, zum Beispiel am Bauchfell, an der Gebärmutter oder am Eileiter.

Anhand dieser und weiterer Parameter wird Ihr Ovarialkarzinom nach dem Schweregrad eingestuft. Je niedriger der Schweregrad, desto besser ist der Krebs auch behandelbar.

Die Information über das Tumorstadium, aber auch viele weitere Punkte wie Ihr Alter, Ihren allgemeinen Gesundheitszustand und den genauen Tumortyp berücksichtigt der Arzt, um die individuell passende und erfolgversprechendste Therapie auszuwählen.

Was bedeutet „Remission“?

Wenn bei Ihnen Eierstockkrebs diagnostiziert wurde, wird Ihnen früher oder später der Begriff der Remission begegnen. Die Remission ist das Ziel jeder Therapie. Sie drückt das Verschwinden der Krebszellen aus.

Besonders günstig ist es, wenn Sie eine Komplettremission erreichen. Das bedeutet: Nach einer Therapie sind mit den verfügbaren klinischen Methoden keine Tumorzellen mehr nachweisbar. Eine Komplettremission ist jedoch nicht mit einer vollständigen Heilung gleichzusetzen. Es ist nicht ausgeschlossen, dass sich noch einzelne Tumorzellen im Körper befinden, die mit klinischen Methoden nicht nachgewiesen werden können. Allerdings bedeutet eine komplette Remission, dass die Therapie bestmöglichen Erfolg hatte. Wie es danach weitergeht, können Sie im Kapitel „Nachsorge“ erfahren.

Geprüft Univ.-Prof. Dr. Alexander Reinthaller: Stand 03.10.2017

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