6. Lungenfibrose und rheumatoide Arthritis – alle Fragen

Die rheumatoide Arthritis ist eine Erkrankung, die den ganzen Körper betreffen kann, auch die Lunge. Prim.a Dr.in Judith Sautner, Internistin und Rheumatologin, beantwortet hier die wichtigsten Fragen zur rheumatoiden Arthritis mit einhergehender Lungenfibrose.

Lungenfibrose und rheumatoide Arthritis

Welche Veränderungen finden bei rheumatoider Arthritis im Körper statt?

Die rheumatoide Arthritis, früher auch als chronische Polyarthritis bezeichnet, ist eine Autoimmunerkrankung. Das bedeutet, dass es systemisch bzw. den ganzen Körper betreffend zu einer autoimmunologisch vermittelten Entzündung gegen körpereigenes Gewebe kommt. Das betrifft in erster Linie die Gelenke, aber auch angrenzende Sehnenscheiden, Knorpel oder angrenzende Knochen. Die rheumatoide Arthritis kann jedoch auch innere Organe betreffen, unter anderem auch die Lunge. Hier gibt es einen Befall der Lungenhäute bzw. des Rippenfells oder einen Befall der Gefäße im Sinne einer Vaskulitis (Gefäßentzündung). Die häufigste Lungenmanifestation ist aber die ILD – der Befall des Lungenparenchyms und des Lungengerüsts.

Welche Erkrankungen treten oft zusammen mit rheumatoider Arthritis auf?

Die rheumatoide Arthritis hat eine Reihe von Komorbiditäten. In erster Linie handelt es sich dabei um kardiovaskuläre Erkrankungen, also Herz-Kreislauferkrankungen; das wissen wir aus großen epidemiologischen Beobachtungen. Es können zusätzlich auch verschiedene Organbeteiligungen vorkommen; das kann eben eine Lungenbeteiligung sein oder auch Fettstoffwechselstörungen, welche manchmal medikamentös bedingt sind. Weiters spielen noch psychische Komorbiditäten eine Rolle – das Spektrum ist hier sehr weit.

Wie wird rheumatoide Arthritis behandelt?

Für diese Erkrankung haben wir heute sehr gute und effiziente Medikamente. Es gibt hier verschiedene Behandlungsempfehlungen der rheumatologischen Fachgesellschaften, an die man sich grundsätzlich hält. Hier wird in einem Stufenschema behandelt; begonnen wird mit der ersten Stufe von nichtsteroidalen Antirheumatika, danach wird mit Steroiden bzw. Kortison behandelt und daraufhin werden sehr zügig sogenannte Basistherapeutika, im Englischen auch DMARDs, eingeleitet. In weiterer Folge kommen dann auch Biologika zur Anwendung, welche unsere stärksten und effizientesten Medikamente sind, um die Erkrankung im Verlauf kontrollieren zu können.

Was ist Lungenfibrose?

Lungenfibrose ist ein Überbegriff und eine Zusammenfassung für eine heterogene Gruppe von verschiedenen Erkrankungen. Lungenfibrose ist, vereinfacht gesagt, eine Fibrosierung bzw. ein bindegewebiger Umbau von Lungengewebe. Das kann primär und somit ohne zugrundeliegende Erkrankungen passieren – hier spricht man von einer idiopathischen Lungenfibrose. Die Lungenfibrose kann aber auch in Folge einer zugrundeliegenden entzündlichen Autoimmunerkrankung auftreten; hier gibt es eine Reihe von Autoimmunerkrankungen, welche Lungenfibrose verursachen können. Beispiele dafür wären die systemische Sklerose, das Sjörgen-Syndrom oder Myositiden. Der Verlauf einer Lungenfibrose kann rasch bzw. fulminant von Statten gehen, aber auch langsam und moderat passieren.

Wie entsteht Lungenfibrose bei rheumatoider Arthritis?

Die Lungenfibrose bei rheumatoider Arthritis ist ein Beispiel für eine Fibrose, die im Gefolge einer entzündlichen Autoimmunerkrankung wie der rheumatoiden Arthritis auftritt. Auf die Phase der Entzündung im Rahmen der rheumatoiden Arthritis folgt dann eine Phase des bindegewebigen Umbaus von Lungengewebe mit Fibrosierung und schlussendlich der Vernarbung. Wenn Lungengewebe untergeht und umgewandelt wird, ist klar, dass das Bindegewebe und somit die Gasaustauschfläche in der Lunge weniger wird – das bedeutet eine Reduktion der Sauerstoffaustauschfläche und somit auch eine Reduktion der Atemfähigkeit. Hier gibt es verschiedene Mechanismen auf molekularer und zellulärer Ebene und es gibt verschiedene Antikörper, die eine Rolle spielen. Die wesentlichsten scheinen die ACPA (Anti-CCP-)Antikörper zu sein, welche bei der rheumatoiden Arthritis auftreten und in der Lunge produziert werden. Interessant ist, dass eine Lungenfibrose einer rheumatoiden Arthritis oft schon Jahre vorausgehen kann; aus Studiendaten ist bekannt, dass diese schon ein bis fünf Jahre vor der Gelenkerkrankung auftreten kann. Das passiert gar nicht so selten – nämlich in bis zu 20% der Fälle.

Wie ist das Risiko für weitere Erkrankungen höher, wenn ich bereits eine Lungenfibrose und rheumatoide Arthritis habe?

Das Risiko für weitere Erkrankungen ist erhöht; eine große Krankheitsgruppe, die das Risiko erhöht, sind Infektionen – hier spielt die begleitende Steroid- also Kortison-Dosis eine große Rolle. Es gibt zusätzlich eine erhöhte Prädisposition und das erhöhte Risiko für bösartige Lungenerkrankungen oder Schlafapnoe. Tatsächlich erhöht eine Lungenbeteiligung bei rheumatoider Arthritis auch das Sterblichkeitsrisiko und in Abhängigkeit von den zitierten Daten kann man mit einem zwei- bis zehnfach erhöhten Mortalitäts- bzw. Sterblichkeitsrisiko rechnen.

Welchen Einfluss hat die Lungenfibrose auf den Krankheitsverlauf bei rheumatoider Arthritis?

Sie hat einen großen Einfluss; wenn wir davon sprechen, dass es zu einem Verlust von Gasaustauschfläche und zu einer Reduktion der Atemfähigkeit kommt, dann bedeutet das zwangsläufig, dass das auch zu einer reduzierten Belastbarkeit des Patienten bzw. der Patientin führt. In weiterer Folge führt das wiederum zu einer reduzierten Möglichkeit, sich zu bewegen und Sport zu treiben, was sich natürlich auch auf das kardiovaskuläre Risiko dieser Patienten negativ auswirkt, welches ohnehin schon aufgrund der rheumatoiden Arthritis erhöht ist. Man weiß auch, dass das radiologische Muster der Lungenfibrose einen großen Unterschied machen kann; es gibt hier zwei zu unterscheidende Muster: Es gibt das UIP-Muster, welches eher mit Fibrose assoziiert ist und es gibt das NISP-Muster, welches eher mit einer Entzündung assoziiert ist (UIP und NISP sind radiologische Spezialbegriffe). Wenn in der Bildgebung ein UIP-Muster besteht, ist aufgrund der eher raschen Fibrosierung auch mit einem kontinuierlichen Verlust von Lungenaustauschfläche zu rechnen und das hat einen ungünstigen prognostischen Verlauf.

Wie kann sich ein Schub der rheumatoiden Arthritis auf die Lungenfibrose auswirken?

Ein Schub der rheumatoiden Arthritis kann auch zu einem Schub der ILD (der entzündlichen Lungenaffektion) führen; das wiederum führt zu einer Progression der Lungenfibrose, was es zu vermeiden gilt. Dies ist am besten durch eine möglichst effiziente Therapie der rheumatoiden Arthritis möglich.

Bedeuten starke Beschwerden durch die rheumatoide Arthritis, dass meine Lunge auch stark betroffen ist?

Nicht zwingend, es ist aber möglich. Das Grundprinzip ist eine möglichst gute Einstellung der rheumatoiden Arthritis mit den zur Verfügung stehenden Medikamenten, um hier die entzündliche Aktivität gering zu halten, damit es nicht laufend zu einer weiteren Entzündung und zu einer weiteren Fibrosierung in der Lunge kommt.

Hier geht es zum Video-Interview: „Lungenfibrose und rheumatoide Arthritis”

Verdacht auf Lungenfibrose

Welche Symptome deuten auf eine Lungenfibrose im Rahmen einer rheumatoiden Arthritis hin?

Erste Anzeichen für eine Lungenfibrose sind u.a. eine Belastungsdyspnoe; darunter versteht man eine Atemnot bei Belastung. Man merkt beispielsweise, dass das Stockwerk, dass man sonst problemlos hochgegangen ist, zu einem Problem wird. In weiterer Folge kann auch eine Ruheatemnot bzw. eine Ruhedyspnoe dazukommen. Darüber hinaus kann auch trockener Husten ein frühes Symptom sein, außerdem die sogenannte Fatigue – das ist eine generelle Müdigkeit und Abgeschlagenheit. Wir Ärzte bzw. Ärztinnen hören in diesen Frühstadien oft ein ganz charakteristisches Knisterrasseln über den Lungenbasen und das macht uns gleich sensibel dafür, dass hier schon eine beginnende Lungenfibrose vorliegen kann.

Welche anderen Krankheiten können Atemnot und Husten bei PatientInnen mit rheumatoider Arthritis auslösen?

Das ist genau die Schwierigkeit; Atemnot und Husten können sehr viele verschiedene Ursachen haben. Das können etwa Infekte sein, jedoch auch eine Bronchitis oder eine Pneumonie (Lungenentzündung). Außerdem kann das, wenn die Patientin bzw. der Patient raucht, auch eine COPD (chronisch obstruktive Lungenerkrankung) sein oder eine Herzinsuffizienz – der Rückstau von Flüssigkeit in der Lunge aufgrund einer Herzschwäche – sein; es gibt jedoch noch viele andere Ursachen. Somit ist es sehr wichtig, die korrekte Ursache dieser Atemnot, Belastungsdyspnoe oder auch Abgeschlagenheit herauszufinden – das muss der Arzt/die Ärztin tun.

Wann sollte ich bei Verdacht auf Lungenfibrose bei rheumatoider Arthritis eine Ärztin/einen Arzt aufsuchen?

Sie sollten dann eine Ärztin oder einen Arzt aufsuchen, wenn Sie eines der geschilderten Frühsymptome bemerken. Wenn Sie Atemnot bei Belastung oder vielleicht in weiterer Folge eine Atemnot bei Ruhe verspüren, Sie länger ohne eine Ursache einen trockenen Husten bzw. einen Husten ohne Schleimproduktion haben, wenn Sie einen Leistungsknick bemerken und Dinge, die Sie zuvor ganz leicht und “mit genug Luft” erledigt haben, plötzlich sehr mühsam werden und Sie leicht außer Atem kommen, dann sollten Sie diesbezüglich einen Arzt oder eine Ärztin aufsuchen.

An wen wende ich mich, wenn ich einen Verdacht auf Lungenfibrose habe?

Das hängt davon ab, zu welchem Arzt Sie zuerst gehen. Oft ist ja der Allgemeinmediziner bzw. der Hausarzt die erste Anlaufstelle; aber auch wenn Sie das Ihrem Rheumatologen sagen, wird dieser Sie in weiterer Folge an eine ILD-Ambulanz, also eine Lungenambulanz, die spezialisiert ist oder an einen niedergelassenen Pulmologen, der damit Erfahrung hat, überweisen.

Welche Fragen stellen mir meine BehandlerInnen bei Verdacht auf rheumatoide Arthritis und Lungenfibrose?

Was wird Sie die Ärztin oder der Arzt in der Ambulanz oder Niederlassung fragen? Sie werden nach ihrer Grundkrankheit gefragt – ist diese rheumatologisch oder pulmologisch; weiters werden Sie nach einer Familienanamnese gefragt (ob es Lungenerkrankungen, rheumatische Erkrankungen oder Autoimmunerkrankungen in der Familie gibt). Außerdem werden Sie nach ihrer beruflichen und privaten Exposition befragt; hier wird meist abgefragt, ob Sie beruflich mit Stäuben oder mit irgendwelchen lungenschädigenden Substanzen exponiert sind oder exponiert waren. Zusätzlich werden Sie natürlich auch noch gefragt werden, ob Sie rauchen – all das fließt dann in die weitere Diagnostik ein.

Wie wird Lungenfibrose festgestellt?

Anschließend an ein ausführliches Patientengespräch, in dem all diese Fragen, die ich erläutert habe, mit Ihnen besprochen werden, kommt dann die Untersuchung. Die Ärztin bzw. der Arzt wird Sie abklopfen und die Lunge abhorchen; im Anschluss kommen dann apparative Untersuchungen. Apparative Untersuchungen sind einerseits Laboruntersuchungen; darunter fallen zum Beispiel eine Blutgasanalyse (BGA), bei welcher der Gehalt an Sauerstoff und Co2 im Blut und somit die Sauerstoffsättigung im Blut gemessen werden. Weitere Untersuchungen sind zum Beispiel ein 6-Minuten-Gehtest, bei dem geschaut wird, wie weit die Strecke ist, die Sie in sechs Minuten zurücklegen können; dieser ist sehr sensitiv für Veränderungen, die durch die Lungenfibrose induzierte Einschränkungen in der Belastung und der Gehstrecke gesehen werden können. Sie werden in weiterer Folge eine Lungenfunktion bekommen, was bedeutet, dass Sie ein Gerät bekommen, bei welchem Sie dann in einen Schlauch blasen müssen und mithilfe dessen man Ihre Fähigkeit, Sauerstoff in die Lunge ein- und auszuatmen, messen kann. Außerdem wird bei Ihnen eine Bildgebung gemacht werden – das geschieht in erster Linie durch ein Nativröntgen, also ein ganz normales Lungenröntgen; das ist aber im Erkennen einer Lungenfibrose nicht sehr sensitiv und somit nicht sehr gut. Wesentlich sensitiver ist eine sogenannte HRCT; das ist eine High Resolution CT oder auch Dünnschicht-CT, durch welche man jede Schicht der Lunge ganz genau beobachten kann und auch früh Veränderungen durch eine Lungenfibrose sehr gut beurteilen kann. An gewissen Zentren gibt es auch die Möglichkeit für einen Lungenultraschall; dafür braucht man eine entsprechende Expertise, der Arzt/die Ärztin muss darin erfahren sein. Das ist grundsätzlich aber schon an allen größeren ILD-Zentren verfügbar. Eventuell wird bei Ihnen in weiterer Folge eine Bronchoskopie, also eine Spiegelung der Lunge, durchgeführt werden müssen – ganz selten brauchen wir auch eine Biopsie; das ist eine Entnahme von Lungengewebe.

Wie funktioniert die Lungenfunktionsprüfung?

Das Lungenfunktionsgerät ist ein kleines Gerät, in welches Sie dann über ein Mundstück hineinblasen. Wichtig ist dabei, dass Sie gut mitarbeiten; die Lungenfunktion ist immer so gut wie die Mitarbeit des Patienten. Sie werden aufgefordert werden, einzuatmen und ganz fest auszuatmen; je besser Sie diesen Kommandos folgen, desto aussagekräftiger ist auch die Lungenfunktion.

Was ist eine high resolution computed tomography und wann wird sie gemacht?

HRCT ist die Abkürzung für die high resolution CT, auf Deutsch Dünnschicht-CT; das ist ein bildgebendes Verfahren bzw. eine spezielle Computertomographie, bei welcher die Lunge des Patienten in jeder Schicht ganz genau radiologisch beurteilt werden kann. Man kann am normalen Lungenröntgen Veränderungen einer Fibrose oder auch Entzündung nicht gut beurteilen; diese HRCT kann das auch in Frühstadien sehr gut. Die HRCT zeigt Entzündungsanzeichen und frühe Fibrose-Stadien und ist darüber hinaus gut dafür geeignet, Verläufe bzw. das Voranschreiten der Lungenfibrose gut zu beurteilen.

Kann eine HRCT auch einen auffälligen Befund zeigen, wenn ich keine Beschwerden habe?

Ja, das ist möglich. Wie bereits zuvor erwähnt, ist das eine sehr sensitive Untersuchung und man weiß aus Studiendaten, dass man entzündliche Veränderungen bzw. diese interstitiellen Lungenerkrankungen (ILD), welche bei 35 – 60% von rheumatoiden Arthritis-Patienten zur Fibrose führen, sehen kann. Man kann dabei sogar jene sehen, welche noch keine Symptomatik zeigen und bei welchen Patienten noch unter keinem Lungenproblem leiden. Das führt nicht immer zwingend zur Fibrose, es gibt jedoch gewisse Patientengruppen, die ein erhöhtes Risiko haben, dass aus dieser ILD eine Fibrose entsteht. Dazu gehören Männer, Menschen höheren Alters, Raucher bzw. Raucherinnen und auch Patienten, die zu Beginn der Diagnostik schon eine schlechte Lungenfunktion haben. Das sind dann Patienten, bei welchen sich die Lungenfunktion oder die Belastbarkeit innerhalb von sechs Monaten sehr rapide verschlechtern kann.

Hier geht es zum Video-Interview: „Verdacht auf Lungenfibrose”

Lungenvorsorge bei rheumatoider Arthritis

Wie wahrscheinlich ist es, als PatientIn mit rheumatoider Arthritis an Lungenfibrose zu erkranken?

Unter allen Autoimmunerkrankungen ist die rheumatoide Arthritis assoziierte ILD also die entzündliche Lungenerkrankung auf Basis einer Autoimmunerkrankung bei der RA (rheumatoiden Arthritis) am wahrscheinlichsten. ungefähr 2 – 10% auch hier variieren die Studiendaten. Grundsätzlich kann man sagen, dass jeder 10. RA-Patient eine Lungenbeteiligung hat.

Welche Faktoren spielen bei der Entwicklung von Lungenfibrose bei rheumatoider Arthritis eine Rolle?

Es gibt verschiedene Risikofaktoren, die das Risiko für die Entwicklung einer Lungenfibrose bei RA (rheumatoider Arthritis) erhöhen. Das ist höheres Lebensalter, männliches Geschlecht und Rauchen; das sind aber auch gewisse Laborparameter wie zum Beispiel ein positiver Anti-CCP-Antikörpertiter (ACPA-Titer). Das ist auch ein UIP-Muster im schon erwähnten HRCT, also ein gewisses radiologisches Muster in diesem. Das ist auch eine aktive Grunderkrankung bzw. eine schlecht kontrollierte Krankheitsaktivität der rheumatoiden Arthritis; das kann beispielsweise Positivität für Rheumafaktor im IgM-Bereich sein und auch eine schlechte Ausgangslungenfunktion, also schlechte Werte bei der Diagnosestellung.

Kann die Behandlung der rheumatoiden Arthritis mit Medikamenten das Risiko für eine Lungenfibrose bedeutsam erhöhen?

Eine ILD (interstitielle Lungenerkrankung) bei rheumatoider Arthritis wird nur sehr selten durch Medikamente hervorgerufen. Man hatte früher die Befürchtung, dass sich Methotrexat, die Goldstandardtherapie bei rheumatoider Arthritis, negativ auf die Lunge auswirkt. Mittlerweile kann man auf Basis von großen Untersuchungen sagen, dass das nicht zutrifft. Sollte es, was sehr selten der Fall ist, doch eintreten, so tritt es in den ersten Monaten der Therapie auf. Grundsätzlich lässt sich sagen, dass Methotrexat – was die Lunge betrifft – eine sichere Therapie ist. Wenn Ihre rheumatoide Arthritis gut medikamentös eingestellt ist, dann ist das auch die beste Vorsorge für eine Lungenfibrose.

Warum sollte ich als PatientIn mit rheumatoider Arthritis regelmäßig zur Lungenvorsorge gehen?

Wie zuvor schon erwähnt hat in etwa jeder zehnte RA-Patient eine Lungenbeteiligung – das ist nicht wenig. Auch habe ich bereits vorher schon gesagt, dass es wichtig ist, diese Lungenbeteiligung so früh wie möglich zu erkennen, um therapeutisch darauf reagieren zu können; deswegen ist es wichtig, zur Vorsorge zu gehen. Abseits der klinischen Untersuchung ist es auch wichtig, dass regelmäßige Lungenfunktionstests durchgeführt werden, da innerhalb der Lungenfunktion die sogenannte DLCO, die Diffusionskapazität für Kohlenmonoxid, den verlässlichsten Parameter darstellt, um eine Lungenbeteiligung früh festzumachen.

Können ich und mein behandelndes Team etwas tun, um der Entstehung von Lungenfibrose bei RA vorzubeugen?

Manche Risikofaktoren kann man nicht beeinflussen – man kann beispielsweise an seinem Alter oder Geschlecht nichts ändern. Aber all jene Patienten, die rauchen, sollten das wirklich beenden; das ist sowohl für die Gelenke als auch für die Lungenbeteiligung bei rheumatoider Arthritis schlecht. Man führt hier ein sogenanntes risikofaktoren-basiertes Screening durch; das heißt, dass jene Gruppen, welche ein höheres Risiko für eine Lungenfibrose oder für den schweren Verlauf einer Lungenfibrose haben, engmaschiger kontrolliert werden und dann adäquat therapiert werden.  Das bedeutet, zusätzlich zu einer antientzündlichen immunsuppressiven Therapie für die rheumatoide Arthritis eventuell auch eine antifibrotische Therapie dazu zu kombinieren.

Warum kann eine frühe Diagnose der Lungenfibrose von Bedeutung sein?

Man muss auch betonen, dass diese frühe Diagnose erst heute durch die verbesserte Bildgebung durch die HRCT möglich ist. Früher hatte man nur das Lungenröntgen zur Verfügung und konnte gar keine frühe Diagnose stellen, da das Lungenröntgen derartige Bilder nicht liefern kann. Daher sind die HRCT und andere Neuerungen so wichtig, da man einerseits weiß, welche Medikamente, welche man für die rheumatoide Arthritis einsetzt, zusätzlich gut auf die Lunge wirken und weil man andererseits heute auch sehr wirksame antifibrotische Medikamente hat, die eine Lungenfibrose im Verlauf möglichst gut aufhalten können.

Welche ÄrztInnen können an der Vorsorge beteiligt sein?

Das hängt davon ab, wem Sie Ihre Symptome schildern. Das kann beispielsweise der Arzt für Allgemeinmedizin sein, welcher Sie im Anschluss überweist, oder auch der Rheumatologe bzw. der Pulmologe. Es gibt in fast allen größeren Spitälern sogenannte ILD-Ambulanzen (Lungenambulanzen), die sich speziell mit entzündlichen Lungenerkrankungen oder auch mit Lungenfibrose beschäftigen. Es gibt jedoch auch niedergelassene Kolleginnen und Kollegen bzw. Lungenfachärzte, die in diesem Bereich spezialisiert sind.

Wie häufig sollte ich zur Vorsorge gehen?

Ein eindeutiges, standardisiertes Vorgehen gibt es hier für die rheumatoide Arthritis noch nicht; üblicherweise werden alle drei bis sechs Monate Follow-ups gemacht. Auch in Bezug darauf, wie oft man eine HRCT, also eine Bildgebung, wiederholt, um zu schauen, ob es keine Progression der Fibrose gibt, ist in Abhängigkeit von der Klinik.

Was passiert bei der Vorsorge und welche Untersuchungen finden statt?

Es findet jedenfalls eine klinische Untersuchung statt; Sie werden vom Arzt/von der Ärztin abgehört werden, es wird eine Lungenfunktion und möglicherweise auch eine Blutgasanalyse gemacht werden, zusätzlich dazu vielleicht noch ein 6-Minuten-Gehtest. Die Dringlichkeit und Indikation, wie oft eine HRCT bzw. Bildgebungen durchgeführt werden, entscheidet der Arzt, da diese natürlich auch eine Strahlenbelastung darstellen. Das ist in Abhängigkeit von Ihrem klinischen Zustand – wenn es die Möglichkeit gibt, ist der Lungenultraschall eine sehr gute Methode, um eine Fibrose ohne Strahlenbelastung abzuschätzen.

Kann ich dazu beitragen, das Entstehen von Lungenfibrose zu verhindern oder zu verlangsamen?

Bitte gehen Sie regelmäßig zu den rheumatischen und auch zu den pulmologischen Kontrollen. Sollten Sie rauchen, dann hören Sie bitte damit auf.

Hier geht es zum Video-Interview: „Lungenvorsorge bei rheumatoider Arthritis”

Maßnahmen bei rheumatoider Arthritis und Lungenfibrose

Wie wird Lungenfibrose bei rheumatoider Arthritis behandelt?

Diese wird auf der einen Seite entzündungshemmend behandelt; hier werden alle Medikamente eingesetzt, die für die rheumatoide Arthritis gegeben werden – das geht von Kortison über Immunsuppressiva. Auf der anderen Seite stehen jetzt eben auch antifibrotische Medikamente zur Verfügung, die dezidiert auf die Weiterentwicklung der Fibrose einwirken. Abseits der medikamentösen Therapie gibt es natürlich auch noch Einiges, was sonst noch gemacht werden kann. Patienten, die diese brauchen, bekommen eine Sauerstofftherapie; manche Patienten brauchen dabei eine Langzeitsauerstofftherapie für zu Hause. Sehr wichtig ist begleitend dazu eine Atemphysiotherapie, um die Atemmechanik und das ganze Atemmuster womöglich positiv zu beeinflussen. Außerdem gibt es auch die Möglichkeit einer pulmologischen Rehab, die Gott sei Dank immer mehr genutzt wird.

Wird die rheumatoide Arthritis anders behandelt, wenn ich eine Lungenfibrose habe?

Das hängt von mehreren Faktoren ab; es gibt Medikamente für die rheumatoide Arthritis, die sich als besonders gut für die Lunge herausgestellt haben. Je nach Klinik, Gelenksbefall und dem Allgemeinzustand wird man eventuell von einem Medikament auf ein anderes wechseln, welches speziell die Lunge im Fokus hat.

Wie wirkt sich eine frühzeitige Behandlung der Lungenfibrose auf den Verlauf aus?

Das wirkt sich natürlich günstig aus, weil alles, was man an Lungenaustauschfläche erhalten kann und nicht fibrosiert ist, gut für den Patienten ist. Ich habe zuvor schon erwähnt, dass Patienten mit rheumatoider Arthritis ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen haben. Die beste Vorsorge für Herz-Kreislauf-Erkrankungen ist Bewegung; je mehr Luft und je mehr Bewegungsfähigkeit man den Patienten erhalten kann, desto besser ist das auch für deren Herz-Kreislauf-Risiko.

Wie kann ich meinen Alltag mit Lungenfibrose und rheumatoider Arthritis am besten Gestalten und worauf sollte ich achten?

Wichtig ist die Medikamentenadhärenz; dass Sie Ihre Medikamente, so wie sie verordnet sind, einnehmen. Zusätzlich sollten Sie auch rückmelden, wenn etwas mit einem Medikament nicht funktioniert oder wenn Sie Nebenwirkungen haben, damit das wir Ärzte auch wissen und darauf reagieren können. Wie schon bereits mehrfach angesprochen ist ein Rauch-Stopp ein ganz wesentlicher Schritt, den Sie selbst beitragen können. Weiters ist das Up-to-date-Halten Ihres Impfplans wichtig, vor allem von Impfungen, die für die Lunge relevant sind; das sind z.B. die Pneumokokken oder auch die Covid-Impfung. Ein weiterer wichtiger Punkt ist auch die Impfung Ihrer Umgebung und so Sie schon eine Atemphysiotherapie erhalten haben ein regelmäßiges Trainieren ihrer Atemmuskulatur.

Warum sollte ich meine Medikamente regelmäßig einnehmen und wie kann ich daran denken?

Die Medikamente, die verordnet werden, brauchen einen gewissen Spiegel im Blut und deswegen ist es wichtig, dass Sie diese Medikamente regelmäßig einnehmen. Es gibt mittlerweile eine Reihe von Möglichkeiten, sich daran erinnern zu lassen, wenn man ein wenig vergesslich ist – das kann durch elektronische Devices wie durch das Handy passieren, es gibt sogar auch Erinnerungen über das Internet. Da gibt es schon eine breite Palette – die können und sollten Sie auch nutzen.

Was ist Atemphysiotherapie und wie kann sie mir helfen?

Ich bin Rheumatologin, keine Pulmologin – aber ich weiß von meinen Patienten, dass die Atemphysiotherapie eine sehr effiziente Methode ist, um Lungenkapazität bzw. Lungenfassungsvermögen zu erhalten. Das sollten Sie nutzen und diese Chance nicht verstreichen lassen. Man weiß z.B. auch aus allen Berichten über Covid-19-Pneumonien, wie wichtig diese Atemphysiotherapie für den Erhalt von Lungenkapazität ist.

Wie kann sich die Lungenfibrose auf meine körperliche Leistungsfähigkeit auswirken?

Lungenfibrose kann zu einer Belastungs- oder einer Ruheatemnot führen und sie kann in der Folge den Radius bzw. die Aktivitäten des täglichen Lebens immer mehr einschränken. Genau dem will man ja entgegenwirken, weil man weiß, dass rheumatoide Arthritis-Patienten ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen haben und die Bewegungsfähigkeit erhalten werden sollte.

Warum ist es wichtig, als RheumapatientIn mit Lungenfibrose in Bewegung zu bleiben und wie gelingt mir das?

Die Bewegung ist der Schlüssel dazu, dass die Gelenke und auch der gesamte Bewegungsapparat bei rheumatoider Arthritis beweglich bleiben. Eine ganz wesentliche Komorbidität bei der rheumatoiden Arthritis ist die Osteoporose; diese wird schlechter, wenn sich der Patient nicht bewegt. Somit ist Bewegung was die Gelenke, das Herz, die Lunge, das Stammskelett und die Knochen betrifft der Schlüssel zum Erfolg.

Welche Möglichkeiten der Heilgymnastik und Rehabilitation stehen mir zur Verfügung?

Die Atemphysiotherapie ist ein ganz wesentlicher Punkt, den jeder Patient mit einer Lungenbeteiligung nutzen sollte. Eine weitere Behandlungsmöglichkeit ist die Sauerstofftherapie, welche kurzzeitig oder wenn notwendig auch in Form einer Langzeitsauerstofftherapie zu Hause durchgeführt werden kann. Darüber hinaus gibt es die Möglichkeit der ambulanten und stationären pulmologischen Rehab. Hier gibt es auch Zentren in Österreich, die sowohl eine Rheuma-Rehab als auch eine Pulmo-Rehab anbieten; beides in Kombination wäre natürlich sehr vorteilhaft.

Hier geht es zum Video-Interview: „Maßnahmen bei rheumatoider Arthritis und Lungenfibrose”

Geprüft Prim.a Dr.in Judith Sautner: Stand März 2023 | Quellen und Bildnachweis

Die Kurse sind kein Ersatz für das persönliche Gespräch mit Ihrer Ärztin/Ihrem Arzt, sondern ein Beitrag dazu, PatientInnen und Angehörige zu stärken und die Arzt-Patienten-Kommunikation zu erleichtern.