Lebt man mit systemischer Sklerose, kann sich dies auf den ganzen Körper auswirken, auch auf die Lunge. PatientInnen können eine Lungenfibrose entwickeln. Priv.-Doz. Dr.in Florentine Moazedi-Fürst, Fachärztin für Innere Medizin und Rheumatologie, beantwortet hier die wichtigsten Fragen zur systemischen Sklerose mit einhergehender Lungenfibrose.
Systemische Sklerose verstehen
Was bedeutet systemische Sklerose?
Systemische Sklerose ist eine Autoimmunerkrankung, die vor allem das Bindegewebe betrifft und zu einem Funktionsverlust von Organen führt. Die Erkrankung geht mit einer Verhärtung der Haut einher, eine solche Verhärtung kann auch in Organen, wie beispielsweise der Lunge oder dem Herzen stattfinden.
Die Erkrankung selbst betrifft vor allem Frauen zwischen dem 30. und 50. Lebensjahr, sie kann aber auch bei Männern vorkommen. Zwischen dem 70. und 80. Lebensjahr gibt es auch Formen, die erstmalig auftreten können. Diese verlaufen dann meist milder.
Was bedeutet Autoimmunerkrankung?
Eine Autoimmunerkrankung kann man sich vereinfacht so vorstellen, dass das Immunsystem gegen Bestandteile des eigenen Körpers Antikörper bildet. Es ist nicht ganz so einfach, dass man sagt, der Körper reagiert allergisch, aber vielleicht wäre das eine Parallele, mit der man es sich leichter vorstellen kann.
Sie haben bestimmte Bestandteile Ihres Körpers von Zellen, die Eiweißbestandteile. Gegen diese bildet das eigene Immunsystem Antikörper. Folglich attackiert das eigene Immunsystem diese Zellen, beziehungsweise Organe und kann sie damit zerstören.
Welche Formen der systemischen Sklerose werden unterschieden?
Die Formen der systemischen Sklerose werden nach ihrem Hautbefallsmuster eingeteilt. Das heißt aber nicht, dass die eine Form leichter oder schwerer ist als die andere.
Allgemein unterscheidet man die diffuse systemische Sklerose von der limitierten. Die diffuse systemische Sklerose befällt die Haut diffus, das heißt großflächig an Oberarmen, Dekolletee, Bauch und Beinen. Die limitierte Form befällt die Haut, wie der Name schon sagt, limitiert. Betroffen sind vor allem die Akren, darunter versteht man die Hände oder Vorfüße.
Beide Formen können Organe befallen, wobei die diffuse systemische Sklerose eher eine Fibrose, das heißt eine Bindegewebsumwandlung der Organe mit sich bringt. Die limitierte Form erzeugt eher einen Gefäßtyp, auch vaskulären Typ genannt. Es befällt die kleinen Gefäße und erzeugt typische Symptome wie Raynaud, das Verfärben der Finger oder einen Lungenhochdruck.
Ist systemische Sklerose heilbar?
Die systemische Sklerose ist eine chronische Erkrankung des Immunsystems und des Bindegewebes. Eine Heilung ist derzeit nicht möglich, jedoch können wir durch Therapien den Zustand so stabilisieren, dass die Patienten eine gute Lebensqualität haben. Dies ist natürlich auch abhängig von der Form der systemische Sklerose und dem Befallsmuster.
Die systemische Sklerose kann aber auch sporadisch aufhören. Es gibt Berichte, vor allem aus dem asiatischen Raum, dass es zum Stagnieren der Erkrankung ohne Therapie kommt. Warum der eine Patient schwer betroffen ist und ein anderer spontan in Remission geht, das heißt nicht aktiv ist, kann zum derzeitigen Zeitpunkt nicht vorausgesagt werden.
Wie ist der Verlauf bei systemischer Sklerose?
Der Verlauf der systemischen Sklerose hängt vom Typ ab. Die diffusen systemischen Skleroseformen zeichnen sich dadurch aus, dass sie sehr oft eine Beteiligung der inneren Organe mit sich bringen. Diese Patienten, die auch oft aktiv sind, benötigen eine regelmäßige rheumatologische Kontrolle und meist auch eine Therapie.
Die limitierten systemischen Sklerosen zeichnen sich eher durch kalt werden oder offene Stellen an den Fingern und Lungenhochdruck aus. Auch diese Patienten benötigen regelmäßige rheumatologische, pulmonologische, oder thermatologische Kontrollen.
Ist ein Organ, wie beispielweise die Lunge befallen, liegt die Mortalität, die Sterblichkeit dieser Gruppe, aktuell bei circa 50 % in fünf Jahren. Das bedeutet, dass jeder zweite diffuse systemische Sklerose-Patient innerhalb von fünf Jahren ohne Therapie verstirbt. Zum Glück sind unsere Medikamente und die therapeutischen Zugänge so fortgeschritten, dass wir diese Schicksale nicht mehr so oft sehen.
Welche Organe können bei systemischer Sklerose mitbetroffen sein?
Die systemische Sklerose ist eine Multiorganerkrankung. In den meisten Fällen, das heißt neun von zehn Patienten leiden an einem Befall der Haut. Dies zeichnet sich durch harte, derbe Hautareale aus.
Die diffuse systemische Sklerose betrifft auch in 70 % die Lunge. Die Lunge ist aktuell bei dieser Diagnose das am häufigsten mitbeteiligte Organ. Andere Organe, die betroffen sein können, sind vor allem die Speiseröhre, aber auch der Dünn- und der Dickdarm. Neuere Studien zeigen auch, dass das Urogenitalsystem gerne betroffen ist. Dementsprechend leiden viele Patienten auch an Inkontinenzproblemen. Den Lungenhochdruck findet man vor allem bei limitierter systemischer Sklerose und auch dieser kann lebenslimitierend sein.
Welche Lungenerkrankungen kommen bei systemischer Sklerose vor?
Die Lungenbeteiligung ist aktuell die häufigste Organbeteiligung bei systemischer Sklerose. Wir unterscheiden zwischen interstitieller Lungenbeteiligung und Lungenhochdruck.
Die interstitielle Lungenbeteiligung ist eine Erkrankung des Parenchyms, das heißt des Lungengewebes und führt zu einem Verlust des Sauerstoffaustausches. Der Lungenhochdruck führt zu einem hohen Druck in den Lungengefäßen und damit zu einer Belastung des Herzens.
Die beiden Lungenerkrankungen hängen auch stark mit dem Antikörperprofil des Patienten zusammen. Patienten mit SCL-70-Antikörpern haben eher interstitielle Lungengerüst-Veränderungen und Patienten mit Zentromer-Antikörpern leiden eher an einem Lungenhochdruck.
Die Bestimmung der Antikörper im Vorfeld sowie die klinische Untersuchungen helfen dem Patienten, aber vor allem auch dem Arzt. Denn dieser kann den Patienten so regelmäßig konsultieren und das Risiko eines Organbefalls frühzeitig erkennen. Die frühzeitige Erkennung ist besonders wichtig, damit sich keine Spätschäden oder vermindert Spätschäden bilden.
Was ist eine Lungenfibrose?
Die Lungenfibrose ist ein Umbau der Lunge, sodass es zu einem Verlust der Funktion des Lungengewebes kommt. Das heißt, dass es durch Antikörper vermittelte Entzündungsreaktionen zu einer Veränderung des Gewebes in der Lunge und zu einer vermehrten Collageneinlagerung kommt. Dies führt letztendlich zur Bildung von Bindegewebe. Dies könnte man sich auch als eine Narbe vorstellen. Folglich ist die Elastizität und auch die Funktion des Sauerstoffaustausches in diesem Organ nicht mehr möglich.
Hier geht es zum Video-Interview: „Systemische Sklerose verstehen”
Zusammenhang von systemischer Sklerose und Lungenfibrose
Warum kommt Lungenfibrose bei PatientInnen mit systemischer Sklerose häufig vor?
Warum systemische Sklerose-PatientInnen häufig an einer Lungenbeteiligung leiden, ist nicht geklärt. Wir wissen aber, dass bestimmte Antikörper Konstellationen eine Beteiligung dieses Organs begünstigen.
Wie entsteht eine Lungenfibrose bei systemischer Sklerose?
Die systemische Sklerose ist in ihrer Entstehung bis dato noch nicht geklärt. Was man jedoch weiß ist, dass der Krankheitsverlauf auf drei Säulen aufbaut.
Am Anfang der Erkrankung steht ein Endothelschaden, welcher zu einer Entzündungsreaktion und einer Aktivierung des Immunsystems führt. Folglich kommt es zu einer Stimulierung von Bindegewebszellen, den sogenannten Fibroblasten. Diese wandeln sich um und werden zu Fibroblasten, die viel Kollagen und Bindegewebsbestandteile produzieren, die sich letztendlich im Gewebe ablagern. Dadurch kommt es zu einem Fibroisierungsvorgang und einer Verhärtung des Gewebes.
Diese Vorgänge sieht man vor allem in der Haut. Sie werden aber auch in anderen Organen, überall, wo die systemische Sklerose aktiv ist, beschrieben. Warum ein Patient eine systemische Sklerose entwickelt, beziehungsweise das Autoimmunsystem bei dieser Entzündungsreaktion mitspielt, ist nicht geklärt.
Wie wahrscheinlich ist es, mit systemischer Sklerose an einer Lungenfibrose zu erkranken?
Die Wahrscheinlichkeit an einer Lungenfibrose beziehungsweise an einer interstitiellen Lungenerkrankung durch die systemische Sklerose zu erkranken, wird bei 70 bis 90 % der diffusen systemischen Sklerose angesetzt. Patienten, die an einer limitierten systemischen Sklerose erkrankt sind, leiden eher an Lungenhochdruck und selten an einer interstitiellen Lungenerkrankung, die dann in eine Lungenfibrose endet.
Welche Faktoren spielen bei der Entwicklung von Lungenfibrose bei systemischer Sklerose eine Rolle?
Wir wissen, dass es bestimmte Risikofaktoren für die Entwicklung einer Lungengerüst-Erkrankung im Rahmen der systemischen Sklerose gibt. Dazu gehören das Antikörper-Profil im Speziellen, die SCL-70-Antikörper, sowie ein hoher Rodnan Skin Score.
Der Rodnan Skin Score beschreibt das Ausmaß des Befalls der Hautbeteiligung, das heißt Patienten mit einer großflächigen Hautbeteiligung im Rahmen der systemischen Sklerose haben ein höheres Risiko, eine Organbeteiligung zu bekommen als solche, die limitierte Hautareale befallen haben.
Darüber hinaus sind auch Entzündungswerte ausschlaggebend. So wurde auch beschrieben, dass Patienten, die einen erhöhten CRP-Wert bei Erstdiagnose haben, ein höheres Risiko für eine Organbeteiligung mit sich bringen. Andere Risikofaktoren sind vor allem Mikroaspirationen durch die Speiseröhrenbeteiligung.
Welchen Einfluss hat die Lungenfibrose auf den Krankheitsverlauf bei systemischer Sklerose?
In den siebziger Jahren war vor allem die Nierenbeteiligung der lebenslimitierende Faktor bei systemischer Sklerose. Die Daten der letzten Jahre haben gezeigt, dass heutzutage die Lungenbeteiligung der lebenslimitierende Faktor ist. Das heißt, dass Patienten mit einer interstitiellen Lungengerüsterkrankung unbehandelt eine Mortalität von beinahe 50 % in den ersten fünf Jahren nach der Diagnosestellung haben.
Wie kann sich ein Schub der systemischen Sklerose auf die Lungenfibrose auswirken?
Ein Schub der systemischen Sklerose kann sich auf alle beteiligten Organe im Rahmen der Grunderkrankung auswirken. So sind zum Beispiel bei Patienten, die einen hohen Rodnan Skin Score haben, also ein ausgeprägtes Befallsmuster der Haut, auch oft die Lunge oder andere Organe beteiligt.
Dies hilft im Verlauf, die Patienten gut zu beurteilen. Hat der Patient nach therapierter systemische Sklerose wieder einen Schub, was in erster Linie als Beteiligung der Haut interpretiert wird, so ist darauf zu achten, dass auch begleitend die inneren Organe kontrolliert werden, um auch hier frühzeitig einen Schub des Organs entgegenwirken zu können.
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Lungenfibrose früh erkennen
Welche Symptome können auf eine Lungenfibrose im Rahmen einer systemischen Sklerose hinweisen?
Symptome, die für eine Lungenbeteiligung bei systemischer Sklerose sprechen, sind vor allem belastungsabhängige Atemnot oder Husten. Normalerweise wird bei Erstdiagnose-Stellung eine lungenfachärztliche Begutachtung empfohlen. Ebenso gilt das HRCT als Goldstandard der nicht invasiven Lungendiagnostik bei interstitieller Lungengerüsterkrankung bei systemischer Sklerose. Dies wird nach neuestem Stand der Wissenschaft bereits bei Erstvorstellung empfohlen, um frühzeitige Veränderungen zu erkennen.
Da das klinische Bild meist erst auftritt, wenn bereits Schäden entstanden sind, versucht man heutzutage durch zielgerichtete radiographische Untersuchungen zu einem frühen Zeitpunkt Veränderungen darzustellen, die noch keine klinischen Symptome mit sich bringen.
Welche anderen Krankheiten können Atemnot und Husten bei PatientInnen mit systemischer Sklerose auslösen?
Neben der interstitiellen Lungenerkrankung können PatientInnen natürlich an anderen Ursachen für Atemnot und Husten leiden. Das häufigste sind bestimmte Infektionen, aber auch Refluxbeschwerden, wie Sodbrennen oder Mikroaspirationen durch eine Beteiligung der Speiseröhre sind sehr häufig. Der Lungenhochdruck geht ebenfalls mit einer belastungsabhängigen Atemnot einher. Andere Ursachen für Atemnot oder Husten reichen von Wasser in der Lunge bis hin zu Lungenkrebserkrankungen.
Welche Untersuchungen, vor allem in Bezug auf die Lunge, finden üblicherweise bei Kontrollterminen zur systemischen Sklerose statt?
Wenn Sie an systemischer Sklerose leiden, werden Sie bei einer Erstuntersuchung viele Untersuchungen durchlaufen müssen. Dazu gehören unter anderem ein Speiseröhren-Röntgen oder eine Ösophagus-Manometrie, das bedeutet eine Kraftmessung der Speiseröhre, ob dort eine Beteiligung vorliegt. Ebenso wird das Labor mit einer Blutabnahme und auch eine Harndiagnostik durchgeführt.
In Bezug auf die Lunge werden Lungenfunktionsparameter erhoben, sowie die Blutgase nach Belastung gemessen. Ein CT der Lunge ist nach neuesten Richtlinien bereits bei Erstvorstellung empfohlen, um frühzeitige Veränderungen darzustellen.
Je nach Befallsmuster und Organbeteiligung Ihrer systemischen Sklerose werden die weiteren Untersuchungen geplant. Zu Beginn in dreimonatigen Abständen, bei einem stabilen Zustandsbild nach sechs bis zwölf Monaten. Mindestens einmal jährlich sollte eine Lungenfunktionsmessung, sowie ein Herzultraschall und eine Bestimmung des Pro BB bei stabilem Zustandsbild durchgeführt werden.
Die Ärzte, die sie begleiten, erkennen meist frühzeitig, ob eine Progredienz vorliegt. Dann entscheidet sich, ob sich die Intervalle der Untersuchungen dem Zustandsbild anpassen. In Bezug auf den Lungenhochdruck wird dieser in Spezialambulanzen evaluiert. Das heißt, sie werden bei Erstvorstellung einem Lungenfacharzt vorgestellt, der eine Echo-Spiroergometrie durchführen wird. Sollten sich hier Verdachtsmomente erhärten, dass sie an einem Lungenhochdruck leiden, wird in weiterer Folge eine Rechtsherz-Katheteruntersuchung im Spezialzentrum durchgeführt.
Was passiert bei einer Lungenfunktionsprüfung?
Eine Lungenfunktionsprüfung wird beim Lungenfacharzt oder in einer Lungenambulanz durchgeführt. Dazu dienen Spezialgeräte, die ihre Gase messen können. Dazu müssen Sie in eine Eprouvette husten und das Gerät misst die jeweilige Zusammensetzung Ihrer Atemluft.
Daraus kann man in weiterer Folge auch Diffusionsstörungen ableiten. Also ob sie genug Sauerstoff oder zu viel Kohlendioxid in der Atemluft haben.
Welche Rolle spielen bildgebende Verfahren wie das HRCT bei der Diagnose und der Verlaufskontrolle?
Das HRCT ist aktuell der nichtinvasive Goldstandard zur Diagnose einer interstitiellen Lungenerkrankung. Sie brauchen keine Bronchoskopie, Narkose oder Probeentnahme und es können früh Veränderungen in Ihrer Lunge dargestellt und entdeckt werden. Aktuell wird gefordert, dass das HRCT bereits bei Erstvorstellung eines Patienten mit systemischer Sklerose veranlasst wird.
Welche FachärztInnen sind an der Diagnose einer Lungenfibrose beteiligt und welche Bedeutung haben Kontrolltermine im Verlauf?
Die Diagnose der systemischen Sklerose wird im Normalfall durch den Rheumatologen oder Dermatologen gestellt. In weiterer Folge kommt es zur Exploration der inneren Organe.
In Bezug auf die Lungenfibrose kann die Diagnose hier vor allem durch den Lungenfacharzt gestellt werden. Auch der Radiologe sieht Veränderungen, die dem Bild einer Fibrose beziehungsweise interstitiellen Lungenerkrankung entsprechen und wird dies in seinem Befund einfließen lassen. inwieweit diese Veränderungen im CT auch in ihrer Funktion relevant sind, das heißt mit der Atemnot oder den Blutgasen in Zusammenhang stehen, wird letztendlich vom Lungenfacharzt diagnostiziert.
Wie läuft eine hochauflösende Computertomographie (HRCT) ab?
Die Computertomographie wird in radiologischen Einrichtungen durchgeführt. Die Untersuchung selbst dauert in der Regel nur wenige Minuten. Der Patient liegt auf einem Tisch, im Idealfall in Bauchlage. Dann wird das CT durchgeführt und die Bilder beim Radiologen interpretiert.
Welche Veränderungen ich zu erwarten habe, hängt natürlich davon ab, ob bereits Lungenveränderungen vorliegen. Radiographische Veränderungen, die man erwarten würde, wären zwischen milden Veränderungen wie hellen Einziehungen von der Pleura ausgehend bis hin zu honigwabenartigen Veränderungen, die auch als „Honeycombing“ beschrieben sind, und auch ein Zeichen für eine bereits fortgeschrittene Lungenfibrose sind.
Wie erfolgt die Zuteilung zu einer HRCT-Untersuchung und werden die Kosten von der Gesundheitskasse übernommen?
Die Zuweisung zum CT erfolgt durch den betreuenden Arzt und die Kosten werden von der Gesundheitskasse übernommen.
Hier geht es zum Video-Interview: „Lungenfibrose früh erkennen”
Vorsorge und Lungenfibrose
Warum sind bei systemischer Sklerose regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen sinnvoll?
Bei systemischer Sklerose sind regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen sehr sinnvoll. Folgende Gründe werden angeführt. Einerseits gibt es langsam progrediente Formen, die ich nur durch eine regelmäßige Kontrolle sowohl der Haut als auch der Lungenfunktionsparameter erfassen kann.
Andererseits wissen wir heutzutage, dass es Formen gibt, die zwei oder drei Jahre ohne wesentliche Verschlechterung verlaufen und sich dann aber rasch verschlechtern können. Das heißt, die Funktion der Lunge zum Beispiel ist plötzlich eingeschränkt. Hier können dann im Rahmen der Vorsorge- und Kontrolluntersuchungen bereits Maßnahmen gesetzt werden. Darunter fallen zum Beispiel weitere Untersuchungen oder eine Anpassung der Therapie.
Warum sollte ich Vorsorgetermine wahrnehmen, auch wenn ich keine Beschwerden habe?
Auch wenn Sie keine Beschwerden haben, die auf eine Progredienz der systemischen Sklerose hinweisen, ist es sinnvoll, in regelmäßigen Abständen Ihren Rheumatologen, Dermatologen oder behandelnden Arzt aufzusuchen. Denn wir wissen, dass es Formen gibt, die sehr lange in Remission ablaufen und dann doch aktiv werden. Je früher ich hier einschreite und mit Medikamenten gegenwirke, umso weniger wahrscheinlich werden dauerhafte Schäden bleiben.
Wie häufig sollte ich als PatientIn mit systemischer Sklerose zur Vorsorge gehen, um Organbeteiligungen frühzeitig zu erkennen?
Das Intervall beziehungsweise die Art der Vorsorge- und Kontrolluntersuchung ist vom Typ der systemischen Sklerose abhängig. Zu Beginn werden nach der Erstdiagnose Kontrollen im Abstand von drei bis sechs Monaten empfohlen. Sieht man im weiteren Verlauf, dass der Patient keine fortschreitenden Symptome hat, können diese Intervalle auch auf sechs bis zwölf Monate gestreckt werden. Dennoch ist es sinnvoll, mindestens einmal im Jahr bei fehlenden Beschwerden seinen betreuenden Arzt aufzusuchen.
Was passiert nach der Diagnose der systemischen Sklerose?
Wenn sie die Diagnose einer systemischen Sklerose erhalten, ist es im Normalfall so, dass Ihr Arzt Sie über den weiteren Verlauf aufklärt. Das heißt, er wird Ihnen erklären, welche Krankheitsbilder auftreten können und wann Sie welche Untersuchungen machen sollten.
Bitte informieren Sie sich nicht zu viel im Internet, denn es ist oft der Fall, dass hier die verschiedenen Formen nicht unterschieden werden. Leiden Sie an einer diffusen Form, haben sie andere Beschwerden zu erwarten als jemand mit einer limitierten Form. Nicht jede diffuse Form ist automatisch auch fortschreitend. Es gibt diffuse Formen, die in einen Zustand niedriger Krankheitsaktivität gehen.
Daher ist es am besten, wenn Sie sich mit Ihrem Arzt des Vertrauens austauschen und dass dieser Sie über Ihr Erkrankungsbild und die weitere Vorgehensweise hinsichtlich Ihrer Kontrolluntersuchung aufklärt.
Wer kann an der Vorsorge der systemischen Sklerose beteiligt sein?
In meinem Bereich ist es so, dass wir vor Jahren eine Sklerodermie-Ambulanz gegründet haben. Diese steht im regen Austausch mit den anderen Fachdisziplinen. Das heißt unsere Patienten werden interdisziplinär, von allen Fachgruppen, mitbetreut. Das betrifft den Lungenfacharzt, aber genauso den Nierenspezialisten, den Hautspezialisten oder den Magen-Darm-Spezialisten, je nachdem welche Beschwerden vorliegen.
Hier geht es zum Video-Interview: „Vorsorge und Lungenfibrose”
Maßnahmen bei Lungenfibrose
Wie wird systemische Sklerose behandelt?
Die Behandlungsmöglichkeiten für die systemische Sklerose sind sehr vielfältig und orientieren sich am Krankheitsbild.
Leiden sie an einer limitierten systemischen Sklerose mit Raynaud-Phänomen, kalt werdenden Fingern und offenen Stellen, dann wird in der Regel zu Medikamenten gegriffen, die die Gefäße erweitern. Sehr hilfreich sind auch gefäßerweiternde, physikalische Maßnahmen, wie zum Beispiel das Paraffin-Handbad. Ganz wichtig ist auch die Ergotherapie, die die Mobilität, das heißt die Funktionstüchtigkeit der Finger, unterstützt.
Leiden Sie an einer Organbeteiligung, dann orientiert sich die Therapie an dem jeweiligen Organ. Während beim Sodbrennen symptomatische Therapien zum Einsatz kommen, wie zum Beispiel Protonenpumpenhemmer, ist bei entzündlichen Beschwerden auch eine immunsupprimierende Therapie sehr hilfreich.
Hier gibt es unterschiedlichste Ansätze, wir in Graz haben ein eigenes Therapieschema, das Grazer Protokoll zur Behandlung der systemischen Sklerose, entworfen. Verschiedenste Immunmedikamente werden hier sinnvoll und effektiv eingesetzt. Die Behandlung des Lungenhochdrucks wird über den Lungenhochdruckspezialisten mit Spezialmedikamenten eingeleitet.
Wie wird Lungenfibrose als Folge der systemischen Sklerose behandelt?
In der Behandlung der systemischen Sklerose sind große Fortschritte gemacht worden. Wir wissen heutzutage, dass vor allem die Beteiligung der Lunge gut in Schach gehalten werden kann. Wir unterscheiden hier zwei verschiedene Phasen der Lungenentzündung.
Einerseits die frische Phase, in der viele Immunzellen im Gewebe zu finden sind. Andererseits die Phase, in der bereits ein fibrotischer Umbau begonnen wurde, das bedeutet eine Narbenbildung dieser Entzündung. Vor allem, wenn eine entzündliche Phase vorliegt, helfen vor allem immunsupprimierende Medikamente. Das sind Medikamente, die in das Immunsystem eingreifen. Finden sich bereits fibrotische Elemente, dann helfen Antibiotika. Die Zugabe dieser neuen Medikamente hat gezeigt, dass der Verlust der Lungenfunktion über einen bestimmten Zeitrahmen verringert werden kann.
Kann eine frühe Therapie der systemischen Sklerose das Auftreten der Lungenfibrose vorbeugen?
Die systemische Sklerose ist eine Multiorganerkrankung und es gibt verschiedene Verlaufsformen. Eine Früherkennung hilft dahingehend, dass man zu einem Zeitpunkt therapieren kann, wo sekundäre Schäden möglicherweise noch vermieden werden können.
Befinde ich mich in der entzündlichen Phase, kann ich mit speziellen Medikamenten die Entzündung hemmen, ohne dass es bereits zu einer Narbenbildung, einer Fibrosierung gekommen ist. Behandle ich im Stadium einer Fibrosierung, dann können bereits entstandene Schäden nicht mehr rückgängig gemacht werden. Aber auch hier ist die Therapie sehr wichtig, um Schäden, die noch entstehen könnten, zu vermeiden.
Wie beeinflussen systemische Sklerose und Lungenfibrose meine Leistungsfähigkeit?
Leidet man an einer systemischen Sklerose dann ist die Leistungsfähigkeit oft eingeschränkt. Das Ausmaß hängt von der Beteiligung der inneren Organe und vom Befallsmuster der Haut und der Gelenke ab. Finden sich starke Einschränkungen, dann sind normale Bewegungen oft schwer oder nur schmerzhaft möglich. Ist die Lunge stark betroffen, funktioniert der Gasaustausch nicht optimal und bei Belastung kommt es zu Atemnot.
Warum ist es wichtig als Sklerose-PatientIn mit Lungenfibrose in Bewegung zu bleiben?
Leiden Sie an einer systemischen Sklerose und wird diese auch therapiert, so ist es auch wichtig, in Bewegung zu bleiben. Wenn sie von medizinischer Seite her gut eingestellt sind und sich wohlfühlen, können Sie dieses Wohlbefinden und auch die Lebensqualität durch regelmäßige Bewegung deutlich verbessern.
Beispiele für erfolgreiche Trainings finden Sie zum Beispiel auf der Homepage des Reha-Zentrums Bad Rheinfelden in der Schweiz. Hier hat ein Kollege mit mehreren Sklerodermie-Patienten den Berliner Marathon bestritten. Auch eine meiner Patientinnen hat unlängst das Race Around Austria auf dem Fahrrad erfolgreich beendet. All diese Patienten leiden an einer systemischen Sklerose, einer chronischen Erkrankung. Sie haben uns aber gezeigt, dass durch regelmäßige Bewegung und Training vieles mehr möglich ist.
Gibt es die Option an einer Lungen-Reha teilzunehmen?
Die Systemische Sklerose profitiert sehr von Rehabilitationsmaßnahmen. Je nachdem welches Organ betroffen ist, können verschiedene Rehabilitationen angestrebt werden. Steht die Lunge im Vordergrund, so ist natürlich eine Lungen-Reha sehr sinnvoll.
Worauf kann ich bei meiner Ernährung achten, um Beschwerden beim Essen zu vermeiden?
Bei der systemischen Sklerose ist es sehr häufig, dass die Speiseröhre betroffen ist. Das führt dazu, dass die Patienten oft an Sodbrennen oder Druck hinter dem Brustbein leiden. Dadurch isst der Patient weniger und es kann zu einer Gewichtsabnahme kommen. Deshalb ist es sehr wichtig, zu Beginn der Erkrankung festzustellen, welche Teile des Darms beziehungsweise Magen-Darm-Traktes betroffen sind.
Ist eher die Speiseröhre betroffen, dann achtet man darauf, eher mehrmals täglich in kleinen Portionen zu essen. Nicht spät abends vor dem Liegen gehen zu essen und auch auf anregende Speisen, wie Grapefruitsaft, Schokolade oder Kaffee zu verzichten.
Findet sich eine Beteiligung des Darms, die im Vergleich zum oberen Magen-Darm-Trakt jedoch selten ist, dann leiden die Patienten meistens an Aufnahmestörungen, sogenannten Malabsorptionsstörungen. Das heißt oft ist der Eisenspiegel vermindert oder auch der Vitamin D-Spiegel. Hier können Substitutionen durch Medikamente sehr hilfreich sein.
Leiden Sie an einer Gewichtsabnahme und Durchfall, sollte auch daran gedacht werden, dass es zu einer Fehlbesiedelung der Darmbakterien gekommen ist. Dann müsste dies abgeklärt werden, und sie benötigen eine entsprechende Therapie.
Hier geht es zum Video-Interview: „Maßnahmen bei Lungenfibrose”
Gerprüft Priv.-Doz.in Dr.in Florentine Moazedi Fürst: Stand Mai 2022 | Quellen und Bildnachweis