6. Weg zur Diagnose bei Myelofibrose

Welche Untersuchungen werden zur Diagnose von Myelofibrose durchgeführt?

Blutuntersuchungen

Zentral ist die Untersuchung des Blutes. Hier werden folgende Untersuchungen durchgeführt:

  • Genanalysen: In einem Speziallabor wird das Blut auf Veränderungen in den drei Genen JAK2, CALR und MPL geprüft.
  • Kleines Blutbild: Dabei wird die Anzahl der weißen Blutkörperchen, der roten Blutkörperchen und der Blutplättchen bestimmt.
  • Großes Blutbild (Differentialblutbild): Hierbei werden die verschiedenen Arten der weißen Blutkörperchen genauer untersucht. Auffällig sind bei Myelofibrose häufig viele Blutzellen und frühe Zellformen, die auf eine gestörte Blutbildung hinweisen.
  • LDH und Blutsenkungsgeschwindigkeit: Zusätzlich werden Werte wie LDH (Laktatdehydrogenase) und die Blutsenkungsgeschwindigkeit gemessen, um den Zellumsatz zu beurteilen. Der Begriff „Zellumsatz“ bezeichnet den Prozess, bei dem alte oder geschädigte Zellen im Körper durch neue ersetzt werden. Bei Erkrankungen wie der Myelofibrose kann der Zellumsatz erhöht sein. Das bedeutet, dass die Zellen schneller abgebaut oder ersetzt werden, was oft mit einer verstärkten Aktivität des Immunsystems oder einer Schädigung von Geweben einhergeht. Bei Myelofibrose können deswegen LDH und Blutsenkungsgeschwindigkeit erhöht sein.

Bildgebung

Oft wird ein Ultraschall der Milz durchgeführt, um ihre Größe zu bestimmen. Eine vergrößerte Milz spricht oft für eine Myelofibrose, da die Milz bei Myelofibrose durch die Verlagerung der Blutbildung belastet wird. Allerdings schließt eine kleine oder normalgroße Milz eine Myelofibrose nicht aus. Eine vergrößerte Milz allein ist kein Nachweis für eine Myelofibrose.

Knochmarkpunktion

Eine Knochenmarkpunktion dient dazu, die Diagnose zu sichern und Myelofibrose von anderen Erkrankungen wie Polycythaemia vera oder essentieller Thrombozythämie abzugrenzen.

Wie sieht ein typischer Befund im Blutbild bei Myelofibrose aus?

Ein typisches Blutbild bei Myelofibrose zeigt charakteristische Veränderungen der Blutwerte, die auf eine gestörte Blutbildung hinweisen. Diese Befunde können allerdings variieren und insbesondere in frühen Stadien der Krankheit nicht immer eindeutig sein.

Frühe Krankheitsstadien

  • Leukozytenzahl: Zu Beginn der Erkrankung ist häufig eine erhöhte Anzahl weißer Blutkörperchen (Leukozytose ) feststellbar.
  • Thrombozytenzahl: In der präfibrotischen Phase der Myelofibrose zeigt sich oft eine erhöhte Anzahl von Blutplättchen (Thrombozytose ).
  • Blasten : Das Auftreten unreifer Vorstufen von Blutzellen, sogenannter Blasten, im peripheren Blut ist ein Hinweis auf eine gestörte Blutbildung.

Fortgeschrittene Krankheitsstadien

  • Leukozytenzahl: Im weiteren Verlauf kann die Anzahl der Leukozyten abnehmen, was auf eine fortschreitende Beeinträchtigung der Blutbildung hindeutet.
  • Anämie : Eine Abnahme des Hämoglobins und der roten Blutkörperchen kann auftreten. Dies führt zu Symptomen wie Müdigkeit und Schwäche.

Mehr Informationen dazu, wie die Erkrankung fortschreitet, erhalten Sie in der Lektion „Verlauf und Prognose bei Myelofibrose“.

Sekundäre Myelofibrose

Wenn die Myelofibrose als Folge einer anderen myeloproliferativen Erkrankung entsteht, können frühere Blutbilder folgende Auffälligkeiten bei den Blutwerten zeigen:

  • Polycythaemia vera: Erhöhte Hämoglobinwerte aufgrund einer Zunahme der roten Blutkörperchen.
  • Essentielle Thrombozythämie: Erhöhte Anzahl von Blutplättchen.

Diese Veränderungen im Blutbild sind wichtige diagnostische Hinweise und unterstützen die Differenzierung zwischen den verschiedenen Phasen und Formen der Myelofibrose.

Wie läuft eine Knochenmarkpunktion ab?

Die Knochenmarkpunktion ist der wichtigste Eingriff, um die Diagnose einer Myelofibrose (MF) zu bestätigen. Während Blutuntersuchungen Hinweise auf eine Erkrankung des Blutes liefern können, ermöglicht die Analyse des Knochenmarks die Unterscheidung zwischen Myelofibrose und anderen Erkrankungen wie Polycythaemia vera (PV) oder essentieller Thrombozythämie (ET).

Wie läuft eine Knochenmarkpunktion ab?

  1. Positionierung: Die Patientin, der Patient liegt auf der Seite oder dem Bauch, sodass der Arzt den hinteren Beckenkamm als Punktionsstelle ertasten kann.
  2. Lokalanästhesie: Die Haut und das Periost (Knochenhaut) werden lokal betäubt, um Schmerzen während des Eingriffs zu minimieren.
  3. Hautschnitt: Mit einem feinen Skalpell wird ein kleiner Hautschnitt von etwa 0,5 cm Länge vorgenommen.
  4. Knochenmarkaspiration: Eine spezielle Hohlnadel wird durch den Schnitt in den Knochen eingeführt, um eine kleine Menge Knochenmarksblut (wenige Milliliter) abzusaugen. Dieses Absaugen kann aufgrund des entstehenden Unterdrucks Schmerzen verursachen, ähnlich wie bei zahnärztlichen Eingriffen. Daher wird der Eingriff oft unter leichter Sedierung (Dämmerschlaf) durchgeführt.
  5. Knochenmarkbiopsie: Anschließend wird mit einer größeren Hohlnadel ein kleiner Zylinder festen Knochenmarks entnommen, um die Gewebestruktur genauer untersuchen zu können.
  6. Ergebnis: Die gewonnenen Proben werden zur histologischen und zytologischen Untersuchung ins Labor geschickt. Die Dauer bis zum Vorliegen der Ergebnisse kann variieren: In der Regel sind sie nach 10 bis 14 Tagen verfügbar; in dringenden Fällen können erste Befunde bereits nach 1 bis 2 Tagen vorliegen.

Tipps zur Vorbereitung auf eine Knochenmarkspunktion

Eine Knochenmarkspunktion kann unangenehm sein, aber eine gute Vorbereitung hilft, die Situation besser zu bewältigen:

  • Teilen Sie Ihre Sorgen mit: Sprechen Sie mit Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt über Ängste oder Schmerzen.
  • Bequeme Kleidung tragen: Wählen Sie lockere Kleidung, die den Zugang zum Punktionsbereich erleichtert.
  • Entspannungstechniken nutzen: Atmen Sie während der Untersuchung ruhig und gleichmäßig, um sich zu entspannen. Nutzen Sie, wenn möglich, erlernte Entspannungstechniken.
  • Begleitung organisieren: Bitten Sie eine Vertrauensperson, Sie zu begleiten oder abzuholen, falls Sie sich danach unsicher fühlen.
  • Fokussieren Sie sich auf den Nutzen: Erinnern Sie sich daran, dass die Punktion wichtige Informationen für Ihre Gesundheit liefert und oft nur wenige Minuten dauert.

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Geprüft Priv.-Doz.in Dr.in Stefanie Jilg: Stand Jänner 2025 | Quellen und Bildnachweis
Die Kurse sind kein Ersatz für das persönliche Gespräch mit Ihrer Ärztin/Ihrem Arzt, sondern ein Beitrag dazu, PatientInnen und Angehörige zu stärken und die Arzt-Patienten-Kommunikation zu erleichtern.
Anämie
Verminderung der roten Blutkörperchen oder des Hämoglobins im Blut, die zu einer reduzierten Sauerstoffversorgung des Körpers führt. Symptome können Müdigkeit, Schwäche und Blässe sein.
Blasten
Unreife Vorstufen von Blutzellen, die normalerweise im Knochenmark gebildet werden. Ihr Auftreten im peripheren Blut ist ein Hinweis auf eine gestörte Blutbildung.
Knochenmarkspunktion
Medizinisches Verfahren zur Entnahme einer Gewebeprobe aus dem Knochenmark, das zur Diagnose und Verlaufskontrolle bei verschiedenen Bluterkrankungen eingesetzt wird.
LDH
Abkürzung für Laktat-Dehydrogenase. Dieses Enzym entsteht beim Abbau von Zellen. Ein erhöhter LDH-Wert deutet auf viele absterbende Zellen hin und ist bei verschiedenen Tumorerkrankungen erhöht. 
Leukozyten
Der medizinische Begriff für "weiße Blutkörperchen". Sie sind ein Teil des Immunsystems und spielen dort eine wichtige Rolle, indem sie dort Krankheitserreger bekämpfen. 
Leukozytose
Erhöhung der Anzahl weißer Blutkörperchen im Blut, häufig bei Entzündungen oder bestimmten Erkrankungen des Blutes.
Thrombozytose
Erhöhung der Anzahl der Blutplättchen, häufig bei myeloproliferativen Erkrankungen.