7. Atopische Dermatitis verstehen – alle Fragen

Atopische Dermatitis ist der medizinische Fachbegriff für Neurodermitis. Es handelt sich um eine chronische Hautentzündung, welche im Kindesalter auftritt. Oft kommt es zu Juckreiz, Rötungen oder entzündlichen Hautveränderungen, sogenannten Ekzemen.

Was ist atopische Dermatitis?

Was ist atopische Dermatitis?

Atopische Dermatitis ist eine chronisch entzündliche Hauterkrankung, bei der Ekzeme eine wichtige Rolle spielen. Was ist ein Ekzem? Das ist, wenn die Haut juckt und gerötet ist, sie kann auch nässen oder schuppen. Der Juckreiz ist sozusagen das erste Merkmal der atopischen Dermatitis.

Das zweite Merkmal ist, dass die Ekzeme über einen längeren Zeitraum bestehen bleiben oder immer wiederkehren. Wenn dann noch der Faktor dazu kommt, dass ein Familienangehöriger eine allergische Erkrankung hat, dann ist für uns Dermatologen und Hautärzte klar, dass es sich um eine atopische Dermatitis handelt.

Wer ist am häufigsten davon betroffen?

Jeder kann eine atopische Dermatitis bekommen, im Kindes- und Jugendalter tritt sie ein bisschen häufiger auf. Das häufigste Auftreten findet in den ersten zwei Lebensjahren statt, aber auch Kinder, Jugendliche und Erwachsene können daran erkranken. Insofern ist es eine häufige Erkrankung, die alle Altersgruppen betreffen kann.

Wie wahrscheinlich ist es an atopischer Dermatitis zu erkranken?

Wenn man die Statistik betrachtet, sagt man, dass zehn bis zwanzig Prozent der Kinder an atopischer Dermatitis leiden, sie sind häufiger betroffen. Bei den Erwachsenen liegt der Prozentsatz bei zwei Prozent der Gesamtbevölkerung.

Vergleicht man dies mit den anderen häufigen Hauterkrankungen, wie Akne oder Schuppenflechte, dann ist atopische Dermatitis sehr häufig. Akne, Schuppenflechte und atopische Dermatitis zählen zu den großen Drei, die atopische Dermatitis ist vielleicht sogar die häufigste chronische Hauterkrankung.

Was bedeutet Atopie?

Eine Atopie ist eine genetisch festgesetzte Überempfindlichkeit von Haut und Schleimhäuten. Das bedeutet für den Betroffenen ein erhöhtes Risiko für Neurodermitis, aber auch für Lebensmittelallergien, Heuschnupfen und allergisches Asthma.

Was passiert bei atopischer Dermatitis mit der Haut?

Wenn die Haut sich entzündet wird diese rot, sie kann ein bisschen anschwellen und dann beginnt der Juckreiz, der sozusagen die atopische Dermatitis so quälend macht. Im weiteren Verlauf kann es vorkommen, dass die Haut so entzündet ist, dass sie zum Nässen beginnt oder anschwillt. Besteht dies über einen längeren Zeitraum, kann es sein, dass sie schuppt und sich verdickt. Wir sprechen dann von der sogenannten Lichenifikation der Haut.

Welche Bedeutung hat das Immunsystem für die Haut und wie ist dieses bei atopischer Dermatitis verändert?

Das Immunsystem der Haut dient dazu, uns vor Bakterien und Viren zu schützen. Bei Patienten mit atopischer Dermatitis ist ein bestimmter Teil des Immunsystems zu stark ausgebildet. Dadurch kommt es zu einer Überexprimierung von einer bestimmten Zelllgruppe in der Haut, den TH2-Zellen.

Das ist, was alle allergischen Erkrankungen gemeinsam haben, die TH2-Zellen, welche zu stark vorhanden sind und zu viel Entzündung hervorrufen. Betroffene leiden deswegen an Neurodermitis und allergischen Erkrankungen wie Asthma oder Lebensmittelallergien.

Welche Arten oder Schweregrade der atopischen Dermatitis gibt es?

Die atopische Dermatitis kann man entweder so einteilen, dass man sagt, es gibt die atopische Dermatitis des Säuglings, des Kleinkindes und der Jugendlichen und Erwachsenen.

Oder man geht nach dem Schweregrad vor, das heißt eine leichte atopische Dermatitis, die mit einer trockenen Haut beginnt und bei der immer wieder ein bisschen eine Entzündung vorliegt. Dann gibt es die mittelschwere bis schwere atopische Dermatitis. Bei der mittelschweren atopischen Dermatitis treten Ekzeme immer wieder auf und sind  stärker vorhanden. Bei einer schweren atopischen Dermatitis heilt das Ekzem überhaupt nicht mehr ab. Die Haut der Patienten ist teilweise immer entzündet und rot.

Es gibt genaue Möglichkeiten wie eine leichte von einer mittelschweren bis schweren atopischen Dermatitis unterschieden werden kann Patienten mit mittelschwerer bis schwerer atopischer Dermatitis sollte eine systemische Therapie, eine Dauertherapie mit Spritzen oder Tabletten angeboten werden.

Inwieweit unterscheiden sich die Prognose und Behandlung je nach Art oder Schweregrad?

Wenn Sie selbst betroffen sind oder ein Familienmitglied in jungen Jahren an einer atopischen Dermatitis erkrankt, stellt sich natürlich die Frage nach dem weiteren Verlauf. Wenn man die Statistik betrachtet, gehen wir davon aus, dass 75 Prozent der Patienten mit atopischer Dermatitis in den Jugendjahren im Laufe der Zeit erscheinungsfrei werden.

Gibt es besondere Arten der atopischen Dermatitis?

Die atopische Dermatitis hat viele Gesichter. Es gibt natürlich das klassische Erscheinungsbild, das man bei Jugendlichen, Erwachsenen oder auch älteren Kindern findet. Dort sind vor allem die Beugen, die Ellenbeugen oder Kniebeugen stark betroffen.

Es gibt jedoch auch Bilder, die nicht ganz so klar sind. Dazu gehört zum Beispiel beim Erwachsenen auftretende “Head and Neck Dermatitis”. Dies ist eine Rötung, die sich vor allem im Gesicht und am Hals manifestiert und bei der oft nicht ganz klar ist, dass es sich um eine atopische Dermatitis handelt. Es gibt auch Patienten, die nur Ekzeme an den Lidern haben und natürlich gerade die Säuglinge oder Kleinkinder, wo die atopische Dermatitis sich ausschließlich an den Streckseiten, den Außenseiten der Extremitäten äußert. Dadurch ist es oft schwierig, gerade in so frühen Kinderjahren eine frühe Diagnose zu stellen.

Hier geht es zum Video-Interview: „Was ist atopische Dermatitis?”

Ursachen und Risikofaktoren der atopischen Dermatitis

Welche Ursachen kann atopische Dermatitis haben?

Es gibt mehrere Faktoren, die ursächlich eine Rolle spielen. Zuerst einmal gibt es genetische Faktoren, denn ein hohes Risiko für atopische Dermatitis wird von den Eltern vererbt. Des Weiteren gibt es zwei Faktoren, die eine wesentliche Rolle spielen, einerseits eine gestörte Hautbarriere, die zu schwach ist, um Allergene abzuwehren. Auf der anderen Seite ein dysreguliertes oder entfesseltes Immunsystem, das zu stark auf äußere Allergene mit Entzündung reagiert.

Das Zusammenwirken der zwei Faktoren auf der einen Seite, die Barrierestörung und das vermehrte Eindringen von Allergenen und Bakterien auf der anderen Seite die erhöhte Bereitschaft des eigenen Körpers, vermehrt Entzündungsbotenstoffe zu produzieren, erzeugt das Vollbild der Neurodermitis.

Kann atopische Dermatitis vererbt werden?

Das Risiko für atopische Dermatitis wird vererbt. Die Statistik sagt hier zum Beispiel, wenn ein Elternteil von einer atopischen Dermatitis oder einer allergischen Erkrankung betroffen ist, ist das Risiko, eine atopische Dermatitis zu bekommen, bis zu 40 Prozent. Wenn beide Eltern betroffen sind, steigt dieses Risiko auf 60 bis 80 Prozent.

Welche Ursachen kann atopische Dermatitis haben, wenn sie erst im Erwachsenenalter wieder- oder neu auftritt?

Die atopische Dermatitis des Erwachsenenalters ist, eine weniger gut charakterisierte Unterform der atopischen Dermatitis. Generell spielen hier wahrscheinlich eher Allergien und Sensibilisierungen eine Rolle, gegen Umweltallergene, aber auch Allergien gegenüber Kontaktsubstanzen. Diese zwei Faktoren findet man bei atopischer Dermatitis des Erwachsenenalters häufiger, im Gegensatz zu Kindern. Das führt dann auch zu dem Bild der Rötung im Gesicht, auch “Head and Neck Dermatitis” genannt.

Welche Risikofaktoren fördern die Entstehung von atopischer Dermatitis?

Risikofaktoren, die eine atopische Dermatitis fördern, sind potenzielle Allergen-Situationen zu Hause. Dazu zählen in erster Linie zum Beispiel das Halten von Haustieren, hier sind vor allem Katzen als Haustiere während  der Schwangerschaft oder Kleinkindphase zu nennen. Die Rolle von Hunden wiederum auf die Entwicklung einer atopischen Dermatitis  ist eher umstritten. Auch der Kontakt mit Milben, eine hohe Milbenbelastung oder Schimmelbelastung zu Hause oder das Rauchen zu Hause stellen Risikofaktoren dar.

Im Weiteren können auch beruflich bedingte Expositionen gegenüber bestimmten allergieauslösenden Stoffen einen Risikofaktor darstellen. Betroffene Berufsgruppen sind  beispielsweise Friseure oder Maurer, die allgemein mit potenziell hoch allergieauslösenden Chemikalien hantieren.

Welche Risikofaktoren für atopische Dermatitis kann ich selbst beeinflussen?

Was ich bei mir oder zumindest bei meinem Nachkommen beeinflussen kann, ist in erster Linie das, was sich in Studien zur Allergieprävantion und Prävention von Neurodermitis als sinnvoll erwiesen hat. Dazu zählen  das Stillen mit Muttermilch, sofern es möglich ist, zumindest über sechs Monate.

Sinnvoll ist zusätzlich das regelmäßige, einmal tägliche Eincremen bei Risikopopulationen mit einer Hauptpflege. Das sind Dinge, die auf jeden Fall das Risiko vermindern können, an einer schweren atopischen Dermatitis zu erkranken.

Ist atopische Dermatitis eine ansteckende Erkrankung?

Nein, atopische Dermatitis ist keinesfalls ansteckend.

Welche Erkrankungen treten häufig zusammen mit atopischer Dermatitis auf?

Andere Begleiterkrankungen der atopischen Dermatitis oder Neurodermitis sind sogenannte Erkrankungen des atopischen Formenkreises. Das sind Erkrankungen, denen ein ähnlicher Mechanismus zugrunde liegt.

Dazu zählen das allergische Asthma, Nahrungsmittelallergien, Heuschnupfen und in weiterer Folge Autoimmunerkrankungen, die bei Neurodermitis häufiger vorkommen. Das wären kreisrunder Haarausfall und die Weißfleckenkrankheit. Es gibt jedoch auch gewisse Veränderungen oder Erkrankungen im Bereich des Auges, beispielsweise ein Keratokonus oder Augenentzündungen. Das sind Erkrankungen, die häufiger im Zusammenhang mit atopischer Dermatitis auftreten können.

Welche Folgeerkrankungen bzw. Komplikationen können auftreten?

Komplikationen, die durch atopische Dermatitis auftreten können, sind Hautinfektionen, wie beispielsweise Herpesinfektionen oder bakterielle Infektionen. Darunter leiden relativ viele Patienten mit atopischer Dermatitis, nicht zuletzt, weil durch den Juckreiz zusätzlich gekratzt wird und damit vermehrt Keime eintreten können.

Zusätzlich weiß man mittlerweile auch, dass zahlreiche neuropsychiatrische Erkrankungen häufiger bei Neurodermitis-Patienten auftreten, das wären Depressionen, Angststörungen bis hin zu einer erhöhten Neigung für Selbstmorde.

Was kann ich tun, um Folgeerkrankungen und Komplikationen zu vermeiden?

Die beste Möglichkeit Folgeerkrankungen und Komplikationen zu vermeiden, ist natürlich eine gute Kontrolle der Krankheitsaktivität der Neurodermitis. Das bedingt natürlich ein ausgefeiltes und durchaus komplexeres Behandlungsregime, dem man folgen sollte. Denn wenn es mir gelingt, die Entzündungsspitzen, diese “Flares”, zu verhindern, dann kann ich natürlich auch damit rechnen, dass Komplikationen wie Hautinfektionen seltener auftreten.

Ob es eine rechtzeitige Therapie der Neurodermitis spätere psychiatrische Probleme, wie Depressionen und Angststörungen, verhindern kann, das ist derzeit noch nicht klar. Es ist aber natürlich davon auszugehen, dass wenn man generell besser schläft und die Haut weniger Juckreiz empfindet, dass auch spätere Begleiterkrankungen geringer ausfallen dürften.

Hier geht es zum Video-Interview: “Ursachen und Risikofaktoren der atopischen Dermatitis”

Symptome und Verlauf der atopischen Dermatitis

Was sind typische Symptome bei atopischer Dermatitis und bei welchen Symptomen sollte ich zur Ärztin/zum Arzt gehen?

Typische Symptome der Neurodermitis sind juckende Haut, Rötungen der Haut, nässende oder schuppende der Haut, insbesondere an typischen Stellen des Körpers wie Ellenbeugen, Kniebeugen, im Bereich des Halses oder der Lider.

Wann sollte ich zum Arzt gehen? Ich sollte auf jeden Fall zum Arzt gehen, wenn die Haut entzündet ist, wenn sie juckt, wenn ich nicht mehr schlafen kann, wenn ich einfach meinen täglichen Lebensaktivitäten nicht mehr folgen kann.

Auf welche speziellen Warnzeichen kann ich achten, um frühzeitig auf atopische Dermatitis aufmerksam zu werden?

Frühzeichen atopischer Dermatitis wären eine trockene Haut, besonders an bestimmten Körperstellen, wie Ellenbeugen oder Kniebeugen. Auch immer wieder auftretende rote, juckende Haut, Juckreiz in der Nacht oder auch rote, juckende Hände, insbesondere im Winter.

All das könnte Zeichen für eine gestörte Hautbarriere im Rahmen einer Neurodermitis sein. Hier würde es sich durchaus schon lohnen, sich regelmäßiger zu pflegen, um vielleicht das Auftreten von schlimmeren Formen der Neurodermitis zu verhindern.

Gibt es Erkrankungen, die aufgrund ähnlicher Symptome mit atopischer Dermatitis verwechselt werden können?

Erkrankungen, die häufig mit Neurodermitis verwechselt werden, sind in erster Linie die Schuppenflechte und andere Ekzeme der Haut. Die Schuppenflechte tritt genauso häufig auf, wie die Neurodermitis. Auch sie kann jucken und hat gerade im frühen Kindesalter oder im Säuglingsalter fast dieselbe Verteilung im Bereich des Körpers, wie Neurodermitis.

Andere Ekzeme wiederum, die im Laufe des Lebens auftreten können, wie zum Beispiel das seborrhoische Ekzem oder ein Trockenheitsekzem, das durch zu hohe Trockenheit der Haut entsteht, oft durch mangelnde Pflege oder ein zu starkes Waschen der Haut. Auch dieses kann ähnlich wie eine Neurodermitis aussehen. Daher ist es manchmal auch für den erfahrenen Hautarzt schwierig eine genaue Diagnose zu stellen.

Wie äußert sich eine akute Verschlechterung (Schub)?

Eine Neurodermitis, die sich akut verschlechtert, ist für viele Betroffene sehr belastend. Diese Verschlechterung kann so weit gehen, dass es zu einem sogenannten “Flare” kommt. Das bedeutet, der ganze Körper wird rot und juckt massiv, teilweise können die Patienten sogar fieberhafte Zustände und Herzklopfen entwickeln.

Das bedeutet für viele Patienten oft auch eine Einlieferung ins Krankenhaus. Dem Patienten kann hier nur mehr durch gezielte Infusionstherapie und intensive Lokaltherapie geholfen werden.

Was sollte ich bei einem Schub tun?

Bei einem Schub sollte man zuerst einmal danach sehen: Wie geht es einem insgesamt? Fühlt man sich stark erschöpft? Ist man vielleicht schon zittrig? Hat man vielleicht schon Fieber? Je nach dieser allgemeinen Situation und der Stärke der Ausprägung an der Haut, wenn sie rot ist, wenn sie stark juckt und wenn man sich mit den Mitteln, die man zu Hause vor Ort hat, nicht mehr helfen kann, dann sollte man ins Krankenhaus gehen. Auf eine dermatologische Abteilung in besten Fall.

Wie bemerke ich typische Komplikationen der atopischen Dermatitis?

Wenn sich die atopische Dermatitis akut verschlechtert, kann die Haut stark zu nässen beginnen, gelbliche Beläge oder Krusten können auftreten oder auf einmal Bläschen am ganzen Körper, einhergehend mit starken Schmerzen der Haut.

Diese Symptome können Zeichen einer sogenannten Superinfektion sein. Eine Superinfektion ist nichts anderes, als dass sich Bakterien oder Herpes Viren im Bereich der Haut stark vermehren. Dies führt zu einer Infektion, die zusätzlich zur atopischen Dermatitis die Haut stark in Mitleidenschaft zieht.

Ist atopische Dermatitis heilbar?

Die atopische Dermatitis ist nicht heilbar. Hier kann ich Sie nur vor einzelnen Erfahrungsberichten warnen, in denen eine spezielle Therapie oder Maßnahme von heute auf Morgen zum Abheilen der atopischen Dermatitis führte.

Es ist bekannt, dass die atopische Dermatitis einen extrem schubhaften Verlauf nehmen kann und hier wird oft der Spontanverlauf oder ein spontanes Abflachen der Krankheitsaktivität mit einer Abheilung gleichgesetzt. Ausheilen kann eine atopische Dermatitis nicht. Die Anlage dazu ist in den Genen festgeschrieben und diese können wir bekanntermaßen nicht ändern.

Wie sieht der Krankheitsverlauf von atopischer Dermatitis aus?

Generell ist es so, dass die meisten neuen Fälle von atopischer Dermatitis in den ersten zwei Lebensjahren auftreten. Diese bleiben bestehen, aber man geht davon aus, dass bis zu 75 Prozent zur Jugend erscheinungsfrei werden. Danach kann es jedoch vereinzelt wieder zum Aufflammen der Erkrankung kommen.

Kann die atopische Dermatitis von selbst wieder verschwinden?

Die atopische Dermatitis kann von selbst wieder verschwinden. Das bedeutet nichts anderes, als dass die Krankheitsaktivität auf ein nicht wahrnehmbares Maß zurückgeht. Was nicht heißt, dass sie abgeheilt ist. Sie kann jederzeit wieder aufflammen, denn die Grundvoraussetzungen für die atopische Dermatitis, die gestörte Hautbarriere und die erhöhte Entzündungsbereitschaft bleiben nach wie vor bestehen, wenn auch nicht klinisch wahrnehmbar.

Hier geht es zum Video-Interview: „Symptome und Verlauf der atopischen Dermatitis”

Weg zur Diagnose atopische Dermatitis

An welche Ärztin/welchen Arzt sollte ich mich bei Verdacht auf atopische Dermatitis zuerst wenden?

Die atopische Dermatitis wird generell von Hautärzten behandelt, denn dort ist eine große Expertise in der Diagnose und der Differentialdiagnose vorhanden, das heißt nicht nur die atopische Dermatitis ist dem Arzt bekannt, sondern auch andere Erkrankungen. Darüber hinaus kennen sich Hautärzte ausreichend gut mit Lokaltherapien aus, das heißt mit dem Zusammenspiel aus Basistherapie und verschiedenen Lokaltherapien mit Kortisonen. Das wird an den Hautkliniken und Ausbildungszentren geleert.

Nichtsdestotrotz gibt es auch Kinderärzte und Allgemeinmediziner, die sich ausreichend gut mit dieser Erkrankung auskennen und leichtere Fälle dann auch in deren Praxen managen können.

Welche FachärztInnen befassen sich mit atopischer Dermatitis?

Leichte Entzündungen oder Ekzeme im Rahmen einer atopischen Dermatitis können leicht mit einer kortisonhaltigen Creme behandelt werden. Eine solche kann natürlich auch ein Allgemeinmediziner oder ein Kinderarzt verschreiben. Wenn jedoch eine mittelschwere bis schwere Erkrankungsform vorliegt, dann ist oft ein komplexeres Management notwendig. Hierbei ist es gut, wenn sich der Betroffene einen Dermatologen sucht, mit dem man gerne zusammenarbeitet und mit dem man dann ein langfristig tragfähiges Therapiekonzept erarbeitet.

Was erwartet mich beim ersten Arztbesuch?

Beim ersten Arztbesuch eines Neurodermitis-Patienten möchte man sich als Hausarzt natürlich einen Überblick des gesamten Hautbildes verschaffen. Das heißt, man muss damit rechnen, dass der Hautarzt sich die Haut von oben bis unten ansehen wird. Man wird wahrscheinlich eingehend nach bestehenden Allergien gefragt und wie lange die Erkrankung schon vorliegt.

Welche Fragen kann mir meine Ärztin/mein Arzt stellen?

Wenn Sie zum Arzt gehen und es um das Thema Neurodermitis geht, wird eine der ersten Fragen bestimmt sein:

  • Wie lange haben Sie diese Hautveränderungen schon?
  • Haben Sie allergische Erkrankungen in der Familie?
  • Haben Sie schon eine Therapie versucht?
  • Wie pflegen Sie Ihre Haut?
  • Gibt es Allergien, wie Nahrungsmittelallergien, allergisches Asthma oder Heuschnupfen?

Diese Informationen sind sehr wichtig für die Diagnose.

Welche Fragen sollte ich dem Arzt/der Ärztin stellen?

  • Wie sicher ist die Diagnose?
  • Ist es wirklich Neurodermitis oder ist es vielleicht sogar Schuppenflechte?
  • Oder ist es momentan noch nicht genau feststellbar?
  • Wie ist der Schweregrad einzuordnen?
  • Welche Therapien machen Sinn?
  • Welche Pflege sollte ich verwenden?
  • Was kann ich sonst tun, um die Erkrankung von meiner Seite her möglichst in Schach zu halten?

Wann wird ein Bluttest durchgeführt und was wird dabei getestet?

Die Neurodermitis kann man nicht im Blut feststellen, das heißt, es gibt keine Blutuntersuchungen, die Ihnen schwarz auf weiß sagen werden, dass es Neurodermitis ist. Was man abnehmen kann, ist das Gesamtimmunglobulin E (IgE), da dieses einen Hinweis darauf geben kann, ob eine Neigung für allergische Erkrankungen vorliegt. Das kann wichtig für die Diagnose sein. Ansonsten ist eine Blutabnahme nicht unbedingt für die Diagnose dieser Erkrankungen notwendig.

Was sind Pricktest, Epikutantest und Intrakutantest und wann werden sie durchgeführt?

Pricktest, Epikutantest und Intrakutantest sind Tests aus der allergologische Diagnostik, die für die Neurodermitis Diagnose nur sekundär von Bedeutung sind.

Ein Pricktest kann nichts anderes feststellen als eine Sensibilisierung gegenüber Nahrungsmitteln oder Allergenen aus der Luft. Hier kann man bei Neurodermitis zumindest eine Sensibilisierung, aber keinen Auslöser feststellen. Man kann beispielsweise bei Nahrungsmitteln Hinweise bekommen, ob es mögliche Unverträglichkeiten gibt, die eine Neurodermitis verschlechtern.

Der Epikutantest ist ein Test, bei dem potenziell allergisierende Substanzen auf dem Rücken aufgeklebt werden. Hierbei geht es vor allem darum, Kontaktallergien festzustellen. Diese kommen oft zusammen mit Neurodermitis vor. Wenn Ihr Arzt glaubt, dass Sie eine Kontaktallergie haben, wird sie zum Epikutantest schicken.

Der Intrakutantest ist eine Analysemöglichkeit aus der Allergologie, die an sich nur bei aufwendiger Allergietestung durchgeführt wird, aber nicht bei der Diagnosesicherung der Neurodermitis.

Können weitere Untersuchungen erforderlich sein?

In wenigen Fällen ist eine Hautbiopsie notwendig, um eine Neurodermitis zu diagnostizieren. Sie empfiehlt sich zum einen dann, wenn eine Unterscheidung zwischen Neurodermitis und Psoriasis nicht unbedingt möglich ist.

Zum anderen auch, wenn der Verdacht besteht, gerade bei Neurodermitis des Erwachsenenalters, dass es sich möglicherweise um eine ganz andere Erkrankung als eine Neurodermitis oder eine Schuppenflechte handelt, nämlich möglicherweise sogar um ein Hautlymphom. Dann sollte man eine Biopsie machen. Ansonsten ist die Hautbiopsie standardmäßig nicht unbedingt notwendig, um die Diagnose zu stellen.

Hier geht es zum Video-Interview: „Weg zur Diagnose atopische Dermatitis”

Leben mit atopischer Dermatitis

Was kann für meine Haut eine Belastung darstellen?

Jeder Patient mit Neurodermitis sollte seine eigenen Triggerfaktoren kennen, das sind Faktoren, die zu einer akuten Verschlechterung der Neurodermitis führen. Diese sind bei jedem unterschiedlich.

Häufig reicht zum Beispiel das Tragen eines Wollpullovers auf nackter Haut, starkes Schwitzen oder der Genuss bestimmter Lebensmittel. Beispielsweise Orangensaft, Milch, Hühnerfleisch, Weizenprodukte oder Milchprodukte. Diese bestimmten Triggerfaktoren sollte der Neurodermitis-Patient kennen und nach Möglichkeit vermeiden.

Hier gibt es leider keinen allgemeinen Leitfaden, was für wen einen Triggerfaktor darstellt. Daher ist die eigene Erfahrung und Beobachtung von enormer Bedeutung.

Welche Rolle spielt Stress als Triggerfaktor bei atopischer Dermatitis?

Stress als Triggerfaktor ist gerade bei Neurodermitis von enormer Bedeutung. Viele Patienten berichten, dass sie in stressigen Situationen, wie Berufsstress oder privatem Stress eine Verschlechterung der Haut erfahren.

Hier kann es natürlich hilfreich sein, dass man lernt, besser mit Stresssituationen umzugehen, indem man bestimmte Entspannungstechniken übt oder sich gewissen Stresssituationen gar nicht mehr aussetzt.

Was kann ich im Alltag tun, um diese Belastungen gering zu halten?

Im Alltag des Patienten mit Neurodermitis ist die einmal tägliche Pflege mit einer feuchtigkeitsspendenden Hautcreme von enormer Bedeutung. Man kann es gar nicht oft genug betonen, jeder Patient mit Neurodermitis sollte sich neben dem täglichen Zähneputzen und der Körperhygiene mindestens einmal am Tag von oben bis unten mit einer Körperpflege eincremen.

Dabei ist es fast sekundär, wie diese Creme zusammengesetzt ist. Das Wichtigste ist, dass es eine Feuchtigkeitscreme ist. Da sind die individuellen Vorlieben viel wichtiger als das, was sozusagen für die Haut laut Lehrbücher besser wäre. Es ist wichtig, eine Pflege zu finden, die man gerne einmal täglich aufträgt, mit der die Haut nicht juckt und die sie gut verträgt.

Wie kann ich meinem Umfeld meine Krankheit erklären?

Normalerweise ist es so, dass Neurodermitis als Erkrankung in der Bevölkerung eigentlich relativ bekannt ist. Nicht zuletzt deswegen, weil viele Kinder und Jugendliche davon auch betroffen sind.

Wenn Sie jemanden die Erkrankung genau erklären wollen, würde ich sagen: “Ich habe eine sehr empfindliche Haut, die empfindlicher reagiert als die anderer. Nicht zuletzt deswegen, weil meine Hautbarriere einfach durchlässiger ist und dadurch reagiere ich einfach mit Entzündungen und Juckreiz der Haut, wo ein anderer nicht reagieren würde”.

Was sollte ich bei der Hautpflege besonders beachten?

Bei der Hautpflege ist die Regelmäßigkeit und die ausreichende Menge das um und auf. Sekundär ist natürlich zu beachten, dass es natürlich Kosmetika gibt, die wir Dermatologen eher empfehlen. Von Vorteil sind Cremes mit möglichst wenig Inhaltsstoffen, Duftstoffen und Emulgatoren. Das heißt, wenn man auf die Rückseite von Hautpflege die Inhaltsbeschreibung ansieht, je weniger Inhaltsstoffe in dieser Hautpflege drinnen sind, desto besser.

Das Wichtigste ist jedoch, dass man etwas findet, dass man als Neurodermitis-Patient gut verträgt, das nicht juckt und das man gerne verwendet. Dabei ist egal, ob es eine teure oder eine billige Pflege ist, ob sie parfümiert ist oder welche Farbe sie hat. Das Wichtigste ist, dass Sie als Patient sie einfach gerne täglich und in ausreichender Menge anwenden. Da ist es fast sekundär, wie diese Pflege an sich zusammengesetzt ist.

Wie kann ich den Verlauf der Erkrankung zusätzlich positiv beeinflussen?

Die Neurodermitis ist häufig mit neuropsychiatrischen Erkrankungen verknüpft. Viele Neurodermitis-Patienten leiden unter Depressionen und Angststörungen. Viele beschreiben auch, dass Alltagsstress zu einer Verschlechterung der Haut führt.

Hier ist es sicher gut, wenn man zusätzlich etwas tun möchte, sich mit seiner Psyche auseinander zu setzen und Entspannungstechniken auszuprobieren. Sie können versuchen psychischen Stress aufgrund verschiedenster Lebenssituationen abzubauen. So kann ein positiver Einfluss auf Juckreiz und Haut ausgeübt werden.

Welche Auswirkungen kann die atopische Dermatitis auf meine Berufsfähigkeit haben?

Es gibt natürlich Berufe, die mit Neurodermitis schlechter vereinbar sind. Das sind alle Berufe, wo ich mit viel Feuchtigkeit oder Chemikalien arbeite oder mir häufig die Hände beispielsweise desinfizieren muss. Dazu zählen zum Beispiel Friseurberufe oder Maurer, aber auch Jobs im Gesundheitssystem, wo man sich häufig die Hände waschen und desinfizieren muss.

Was muss ich bei der Berufswahl beachten?

Bei der Berufswahl generell ist es so, dass es natürlich bestimmte Berufe gibt, die mit einer erhöhten Belastung der Haut einhergehen. Ich kann natürlich trotzdem versuchen, diese Berufe auszuüben. Hierbei ist es jedoch wichtig, seine Hände regelmäßig zu schützen und einzucremen, da diese durch die Exposition gegenüber Feuchtigkeit und Chemikalien häufig belastet sind.

Sollte ich meine atopische Dermatitis beim Arbeitgeber oder bei der Betriebsärztin/dem Betriebsarzt ansprechen?

Ich sollte nach der Einstellung natürlich idealerweise alle chronischen Erkrankungen, dazu zählt auch die Neurodermitis, mit dem Betriebsarzt besprechen können und sollen. Nicht zuletzt deswegen, weil Betriebsarzt oder der betriebsärztliche Dienst für gewisse Schutzvorkehrungen für Neurodermitis-Patienten zuständig ist.

Das beginnt mit der Arbeitskleidung, die anders gestaltet sein kann, wie für die restliche Belegschaft. Wichtig sind auch Hautschutzmaßnahmen am Arbeitsplatz, der Schutz der Haut mit bestimmten Kosmetika, die der Arbeitgeber zur Verfügung stellen sollte. Wenn der Betriebsarzt darüber Bescheid weiß, kann er auch dafür sorgen, dass man beispielsweise latexfreie Handschuhe bekommt, wenn eine Allergie gegen Latex besteht.

Hier geht es zum Video-Interview: „Leben mit atopischer Dermatitis”

Geprüft Dr. Gregor Holzer: Stand Mai 2022 | Quellen und Bildnachweis

Die Kurse sind kein Ersatz für das persönliche Gespräch mit Ihrer Ärztin/Ihrem Arzt, sondern ein Beitrag dazu, PatientInnen und Angehörige zu stärken und die Arzt-Patienten-Kommunikation zu erleichtern.