2. Bedarfsorientierte Therapie mit Faktorkonzentrat bei Blutungen

Was ist eine Bedarfstherapie bei Hämophilie B?

Die Bedarfstherapie wird auch On-Demand-Therapie genannt. Bei dieser Form der Therapie wird der fehlende Faktor IX verabreicht. Da der fehlende Faktor so im Körper ersetzt wird, spricht man auch von einer Substitutionstherapie mit Faktorkonzentraten, auch Faktorpräparate genannt.

Diese Bedarfstherapie wird nur in bestimmten Situationen eingesetzt:

  • Bei akuten Blutungen oder Verletzungen
  • Vor Situationen, bei denen ein höheres Blutungsrisiko besteht. Solche Situationen können sportliche Aktivitäten (z. B. Skifahren, Extremsportarten) oder andere Ereignisse mit erhöhter Verletzungsgefahr sein.
  • Vor Operationen

Die bedarfsorientierte Therapie wird bei Patient:innen mit leichteren Formen der Hämophilie B angewendet.

Wann sollte ich vorbeugend eine Bedarfstherapie einnehmen?

Ihr Behandlungsteam wird Sie zur Bedarfsmedikation beraten, insbesondere wenn Sie eine Operation oder einen anderen Eingriff geplant haben. Zögern Sie nicht, vor besonderen Aktivitäten wie sportliche Unternehmungen oder anderen risikoreicheren Ereignissen Ihre Behandler:innen um Rat zu fragen. Auch vor dem Stechen von Tattoos oder Piercings ist es als Hämophilie-B-Patient:in sinnvoll, Rat von Expert:innen einzuholen.

Welche Nebenwirkungen können bei einer Bedarfstherapie bei Hämophilie B auftreten?

Bei der Therapie von Hämophilie B mit Faktorkonzentrat können folgende Nebenwirkungen auftreten:

  • Allergische Reaktionen: Besonders bei der ersten Gabe der Therapie können allergische Reaktionen auftreten. Daher wird die erste Infusion meist unter ärztlicher Aufsicht verabreicht. Bei allergischen Reaktionen kann Ihr Behandlungsteam Ihnen Antihistaminika oder Cortison verabreichen. Antihistaminika sind Medikamente, die die Wirkung von Histamin blockieren und so allergische Symptome lindern. Cortison ist ein Steroid, das Entzündungen hemmt und ebenfalls zur Behandlung von allergischen Reaktionen eingesetzt wird.
  • Immunologische Reaktion: Der Körper kann in einigen Fällen Antikörper gegen die zugeführten Faktoren produzieren. Dadurch ist die Therapie weniger wirksam und es kann trotz Medikation zu Blutungen kommen. Diese Nebenwirkung tritt bei Hämophilie B seltener auf als bei Hämophilie A. Sollte eine immunologische Reaktion bei Ihnen auftreten, werden Faktor IX-Präparate regelmäßig verabreicht, damit sich der Körper daran gewöhnen kann und keine Antikörper mehr bildet. So kann die Wirksamkeit der Therapie wiederhergestellt werden.
  • Nebenwirkung der Injektion: Jede Injektion birgt ein gewisses Risiko. An der Einstichstelle kann es zu Beschwerden wie Rötung, Überwärmung oder Schmerzen kommen. Achten Sie auf die notwendige Hygiene, um diese zu verhindern. Auch blaue Flecken können an der Injektionsstelle auftreten. Drücken Sie mit einem Stofftupfer fest auf die Injektionsstelle, um blaue Flecken zu verhindern oder ihre Größe zu minimieren.
Wie gefährlich ist diese Art der Therapie bei Hämophilie B?

Die bedarfsorientierte Therapie beziehungsweise Substitutionstherapie bei Hämophilie B gilt als sichere Therapie. Es besteht kein Ansteckungsrisiko bei dem Faktorkonzentrat, welches aus dem Plasma anderer Menschen hergestellt wird. Auch können die möglichen Nebenwirkungen gut behandelt werden.

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Geprüft Univ.-Prof. Dr. Cihan Ay: Stand Oktober 2024 | Quellen und Bildnachweis
Die Kurse sind kein Ersatz für das persönliche Gespräch mit Ihrer Ärztin/Ihrem Arzt, sondern ein Beitrag dazu, PatientInnen und Angehörige zu stärken und die Arzt-Patienten-Kommunikation zu erleichtern.
Antihistaminika
Medikamente, die die Wirkung von Histamin blockieren und häufig bei allergischen Reaktionen eingesetzt werden.
Antikörper
(Immunoglobuline)
Eiweiße (Proteine), die von Zellen des Immunsystems gebildet werden, um Krankheitserreger wie Bakterien oder Viren zu bekämpfen. Bei manchen Erkrankungen kann es zu einer fehlgeleiteten Bildung von Antikörpern gegen körpereigene Zellen oder Strukturen kommen.
Bedarfstherapie
Therapie, die nur im Bedarfsfall bei akuten Beschwerden zum Einsatz kommt und diese schnell lindern soll. Anders als eine Langzeittherapie (=Prophylaxe), die regelmäßig und langfristig eingenommen wird.
Hämophilie
(Bluterkrankheit)
Erkrankung der Blutgerinnung. Betroffene haben einen Mangel an Gerinnungsfaktoren, die zur Blutstillung benötigt werden. Dadurch treten Blutungen häufiger auf als bei gesunden Personen und werden langsamer gestoppt. Es gibt zwei Arten der Hämophilie. Bei Hämophilie A fehlt der Gerinnungsfaktor VIII (acht). Bei Hämophilie B fehlt der Gerinnungsfaktor IX (neun).
Infusion
Verabreichung einer Flüssigkeit (mit oder ohne darin gelösten Medikamente) über einen Zugang in ein Blutgefäß.
Plasma
In der Medizin ist mit Plasma häufig das Blutplasma gemeint. Blutplasma ist der flüssige Bestandteil unseres Blutes und hat verschiedenste Aufgaben. Aber auch unserer Zellen bestehen zu einem großen Teil aus Plasma (Zellplasma oder Zytoplasma).