6. Kontrolluntersuchungen bei Hämophilie B

In welchem Intervall finden Kontrolluntersuchungen bei Hämophilie B statt?

Wenn eine Gentherapie bei Hämophilie B erfolgt, ist es wichtig, regelmäßige Kontrolluntersuchungen wahrzunehmen, um Nebenwirkungen frühzeitig zu erkennen. Zu Beginn sind mehrmalige Kontrolle pro Wochen notwendig. Danach werden die Abstände zwischen den Untersuchungen immer größer. Nach 6 Monaten muss nur noch alle 6 bis 12 Monate kontrolliert werden. Es ist wichtig, dass Sie die Untersuchungen auch bei Beschwerdefreiheit regelmäßig wahrnehmen, auch noch viele Jahre nach der Therapie.

Bei einer Therapie mit Faktorkonzentraten hängt die Häufigkeit der Kontrolluntersuchungen von der Ausprägung Ihrer Hämophilie B ab. Bei leichter bis mittelschwerer Hämophilie B sollten Sie mindestens einmal pro Jahr einen Kontrolltermin vereinbaren, bei einer schweren Hämophilie mindestens zweimal pro Jahr.

Ihr Behandlungsteam wird Sie über die Abstände zwischen den Untersuchungen bei den jeweiligen Therapien informieren.

Welche Werte werden bei den Untersuchungen kontrolliert?

Bei Kontrollterminen werden, unabhängig davon, welche Art von Therapie angewendet wird, vor allem Blutuntersuchungen bei Hämophilie-B-Patient:innen durchgeführt. Kontrolliert werden folgende Werte:

  • Blutbild: Beim Blutbild wird vor allem auf Ihre Thrombozytenzahl (Blutplättchen) und Ihren Eisenwert geachtet. Diese Werte können Auskunft über Ihr Blutungsrisiko geben.
  • Leberwerte : Ihre Leber steht bei den Kontrolluntersuchungen besonders im Fokus. Sollten sich Ihre Werte verschlechtern, kann Ihr Behandlungsteam Leberspezialist:innen hinzuziehen, um mögliche Ursachen dafür zu untersuchen.
  • Gerinnungswerte:
    • Es wird eine Gerinnungsanamnese, also ein ausführliches Gespräch über Ihr Blutungsverhalten, mit Ihnen geführt.
    • Es wird auch der sogenannte Quick-Wert bestimmt. Dafür wird Ihnen Blut abgenommen. Ihr Blut wird mit Blutproben gesunder Personen verglichen. Es wird überprüft, wie viel langsamer Ihr Blut im Vergleich zu dem Blut der gesunden Personen gerinnt.
    • Ein anderer Gerinnungswert ist die aktivierte partielle Thromboplastinzeit (aPTT). Zur Bestimmung dieses Werts wird im Labor nicht gerinnbar gemachtes Blut von Ihnen verwendet. Die Blutgerinnung wird durch Zugabe bestimmter Stoffe in Gang gesetzt und die Zeit bis zur Entstehung der ersten Blutgerinnsel gemessen. Anhand dieser Zeit können Aussagen über Ihr Blutungsrisiko getroffen werden.
  • Faktor IX Aktivität:
    • Durch die Gentherapie soll es zu einem Anstieg der Faktor-IX-Produktion kommen. Nachdem die Gentherapie verabreicht worden ist, baut sich der Faktor langsam auf. In Studien konnte man schon nach einigen Wochen einen Anstieg um 42 Prozent erkennen.
    • Durch körpereigene Antikörper und Leberschädigungen kann es zum Abfall des Gerinnungsfaktors kommen. Deshalb wird auf den Verlauf des Anstieges und auf die gleichbleibende Aktivität geachtet. Gleichbleibende Aktivität bedeutet, dass der Köper durchgängig Faktor IX produziert und so das Blutungsrisiko dauerhaft gesenkt wird. Meist hängt der Abfall mit einer Leberschädigung zusammen. In diesem Fall werden weitere Leberuntersuchungen durchgeführt.
  • Transaminasenanstieg: Bei den Untersuchungen wird besonders auf den Anstieg von Transaminasen geachtet, da diese Nebenwirkung den Erfolg der Gentherapie einschränken könnte. Sie wird mit einer Therapie, die das Immunsystem unterdrückt, also mit Cortison, behandelt.

Mehr über die Nebenwirkungen einer Gentherapie erfahre Sie in der Lektion “Wirkung der Gentherapie bei Hämophilie B”.

Welche Ereignisse sollte ich meiner Ärztin/meinem Arzt mitteilen?

Ihr Behandlungsteam sollte sich ein gutes Bild von Ihren Blutungsereignissen machen können. Es empfiehlt sich daher für Betroffene von Hämophilie B, alle Ereignisse schriftlich festzuhalten. Ein Hämophilie-Tagebuch kann Sie dabei unterstützen.

  • Notieren Sie, wie oft es zu Blutungen kommt, wie lange die Blutung andauert, wie stark die Blutung ist und auch, ob zusätzlich Faktorkonzentrat (Faktorpräparat) verabreicht wurde.
  • Wenn Sie eine Substitutionstherapie erhalten, sollten Sie im Tagebuch den Zeitpunkt der Verabreichung der Substitutionstherapie und auftretende Blutungsereignisse aufschreiben.
  • Bei einer Gentherapie sollten Sie ein Tagebuch führen, in welchem Sie besondere Ereignisse wie Blutungen festhalten.
  • Auch die Einnahme von Medikamenten sollten Sie dokumentieren, besonders wenn Sie diese zum ersten Mal einnehmen.

Anhand dieses Tagebuchs kann sowohl die Wirkung einer Substitutionstherapie als auch einer Gentherapie nachvollzogen werden.

Wie reagiere ich bei Begleiterkrankungen bei Hämophilie B?

Wenn bei Ihnen eine andere Erkrankung diagnostiziert wird und Sie neue Medikamente verschrieben bekommen, zögern Sie nicht, Ihr Behandlungsteam für Ihre Hämophilie B um Rat zu fragen. Bedenken Sie dabei bitte auch Medikamente, die nicht verschreibungspflichtig sind. Denn manche Medikamente wirken sich negativ auf die Leber oder die Blutgerinnung aus und müssen daher genau dosiert und kontrolliert werden.

Sie sollten auch Ihre anderen Ärzt:innen über die Diagnose Hämophilie B informieren, damit alle Behandler:innen sich ein umfassendes Bild Ihrer Situation machen können.

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Geprüft Univ.-Prof. Dr. Cihan Ay: Stand Oktober 2024 | Quellen und Bildnachweis
Die Kurse sind kein Ersatz für das persönliche Gespräch mit Ihrer Ärztin/Ihrem Arzt, sondern ein Beitrag dazu, PatientInnen und Angehörige zu stärken und die Arzt-Patienten-Kommunikation zu erleichtern.
Antikörper
(Immunoglobuline)
Eiweiße (Proteine), die von Zellen des Immunsystems gebildet werden, um Krankheitserreger wie Bakterien oder Viren zu bekämpfen. Bei manchen Erkrankungen kann es zu einer fehlgeleiteten Bildung von Antikörpern gegen körpereigene Zellen oder Strukturen kommen.
Gentherapie
Behandlungsmethode, die darauf abzielt, genetische Defekte durch die Einführung von gesunden Genen zu korrigieren oder auszugleichen.
Hämophilie
(Bluterkrankheit)
Erkrankung der Blutgerinnung. Betroffene haben einen Mangel an Gerinnungsfaktoren, die zur Blutstillung benötigt werden. Dadurch treten Blutungen häufiger auf als bei gesunden Personen und werden langsamer gestoppt. Es gibt zwei Arten der Hämophilie. Bei Hämophilie A fehlt der Gerinnungsfaktor VIII (acht). Bei Hämophilie B fehlt der Gerinnungsfaktor IX (neun).
Leberwerte
Blutwerte, die Aufschluss über die Funktion der Leber geben.
Quick-Wert
Maß zur Bestimmung der Blutgerinnungsfähigkeit. Die Gerinnungszeit des Blutes wird mit der von gesunden Personen verglichen. Ein niedriger Wert weist auf eine langsamere Gerinnung hin.
Transaminasen
Enzyme, die in der Leber vorkommen und deren Konzentration im Blut auf Leberschäden hindeuten kann.