Auch im Rahmen einer Brustkrebs-Erkrankung können Blutwerte wichtige Hinweise liefern. Veränderungen geben Aufschluss über die körperliche Verfassung der Patientin und über die Auswirkungen einer angewandten Therapie. Aus diesem Grund sind Blutkontrollen unverzichtbarer Bestandteil einer Behandlung.
Dr. Simon Gampenrieder, Facharzt für Hämatologie und Onkologie, beantwortet im Video "Veränderung der Blutwerte" folgende Fragen:
Klicken Sie auf eine Frage, um direkt zum entsprechenden Videoabschnitt zu springen!- Kann eine routinemäßige Blutwertebestimmung Anzeichen auf eine Krebserkrankung geben?
- Kommt es während einer Brustkrebserkrankung immer zu Veränderungen der Blutwerte?
- Welche Blutwerte werden bei Verdacht auf Brustkrebs erhoben?
- Wie häufig ist die Therapie für Blutbildveränderungen verantwortlich?
- Wann im Laufe einer Krebstherapie ist es besonders wichtig, die Blutwerte zu kontrollieren?
- Können sich schlechte Blutwerte von selber wieder erholen?
- Kann es zu einer dauerhaften Schädigung der Blutzusammensetzung kommen?
- Auf den Punkt gebracht
Video Transkript
Kann eine routinemäßige Blutwertebestimmung Anzeichen auf eine Krebserkrankung geben?
Eine fortgeschrittene Tumorerkrankungen führt häufig zu Veränderungen von Blutwerten. Zum Beispiel können Lebermetastasen zu erhöhten Leberwerten führen oder Knochenmetastasen zu erhöhten Kalziumwerten.
Umgekehrt kann es aber auch sein, dass eine Tumorerkrankung entsteht oder rezidiviert (zurückkehrt), ohne dass die Standardblutabnahmen verändert sind.
Eine reine Bestimmung von Blutwerten ist also zur Vor- oder Nachsorge von Tumorerkrankungen nicht geeignet.
Kommt es während einer Brustkrebserkrankung immer zu Veränderungen der Blutwerte?
Hier gibt es keine allgemein gültige Regel. Normalerweise wird ein großes Blutbild sowie die Funktion von Leber und Niere sowie die Blutsalze bestimmt inklusive Kalzium. Der Hintergedanke ist allerdings weniger, dass man die Tumorerkrankung damit diagnostizieren kann als vielmehr, dass dadurch die Belastbarkeit für eine Therapie überprüft werden kann sowie der allgemeine Gesundheitszustand der Patientin.
Welche Blutwerte werden bei Verdacht auf Brustkrebs erhoben?
Eine frühe Brustkrebserkrankung führt in der Regel nicht zu veränderten Blutwerten. Auch eine metastasierte Erkrankung kann ohne veränderte Blutwerte auftreten. Erst bei einer fortgeschrittenen Metastasierung werden in der Regel veränderte Blutwerte gemessen, unter anderem erhöhte Leberwerte oder erhöhte Kalziumwerte.
Wie häufig ist die Therapie für Blutbildveränderungen verantwortlich?
Die häufigsten Blutbildveränderungen, die bei Patientinnen mit Brustkrebs festgestellt werden können, sind Therapie-assoziiert. Einerseits kann eine Chemotherapie, aber auch andererseits zielgerichtete Therapien wie eine CDK4/6-Inhibitoren-Therapie zu Blutbild Veränderungen führen. Hier können
einerseits Leukopenien, also ein Mangel an weißen Blutkörperchen auftreten,
aber auch Thrombopenien, also ein Mangel an Thrombozyten, Blutplättchen,
sowie eine Anämie, eine Blutarmut, das heißt ein Mangel an roten Blutkörperchen.
Wann im Laufe einer Krebstherapie ist es besonders wichtig, die Blutwerte zu kontrollieren?
Vor dem Start einer Krebstherapie sollten in jedem Fall Blutwerte kontrolliert werden, um die Organfunktion festzustellen. Sollte eine Chemotherapie gestartet werden, wird zudem im Rahmen jedes Therapiezyklus und manchmal auch dazwischen eine Blutbildkontrolle angeordnet, um das Ansprechen auf die Therapie, aber vor allem um Nebenwirkungen, zum Beispiel Blutbildveränderungen durch die Chemotherapie detektieren zu können.
Können sich schlechte Blutwerte von selber wieder erholen?
Ja, schlechte Blutwerte erholen sich in der Regel selbst, insbesondere wenn die Veränderungen Therapie-assoziiert sind.
Kann es zu einer dauerhaften Schädigung der Blutzusammensetzung kommen?
Eine dauerhafte Schädigung der Blutzusammensetzung ist in der Regel nicht zu erwarten. In Einzelfällen kann eine vorbestehende genetische Disposition oder eine vorbestehende, aber nicht erkannt Knochenmarkserkrankungen dazu führen, dass Blutbildveränderungen langfristig bestehen bleiben. In der Regel erholt sich das Blutbild allerdings innerhalb kurzer Zeit, wenn die Veränderungen Therapie-assoziiert sind.
Auf den Punkt gebracht
- Eine fortgeschrittene Krebserkrankung kann zu veränderten Blutwerten führen.
- Eine Chemotherapie oder die Behandlung mit CDK4/6-Inhibitoren kann die Blutwerte beeinflussen, meist erholen sich die Blutwerte aber von selbst wieder.
Veränderung durch die Krebserkrankung selber
Eine Brustkrebs-Erkrankung kann, muss aber nicht zu Veränderungen des Blutbildes führen. Die Blutwerte können zu jedem Zeitpunkt völlig normal sein. Lediglich bei fortgeschrittener Metastasierung sind in der Regel Veränderungen im Blutbild zu erwarten.
Welche Leberwerte können durch die Erkrankung an Brustkrebs verändert werden?
Bei einer Schädigung der Leber, zum Beispiel durch Metastasen, können Leberwerte verändert sein.
- Leberenzyme (z. B. Gamma-GT, alkalische Phosphatase etc.) geben Aufschluss über die Leberfunktion und können bei Metastasen in der Leber erhöht sein.
- Bilirubin, ein Abbauprodukt des Hämoglobins der roten Blutzellen, kann bei einer Leberschädigung im Blut erhöht sein.
Welche Auswirkungen kann eine Brustkrebs-Erkrankung auf die Blutsalze haben?
Der Blutwert des Kalziums kann durch den Knochenabbau bei Knochenmetastasen erhöht sein.
Wie kann sich eine Brustkrebs-Erkrankung auf die Blutzellen auswirken?
Aufgrund von Entzündungsprozessen können bei einer Tumorerkrankung die Blutzellwerte verändert sein.
- Die weißen Blutzellen (Leukozyten) können insbesondere zu Anfang einer Erkrankung erhöht sein. Man nennt das eine Leukozytose.
- Durch den Tumor ausgelöste Entzündungsprozesse können zu einer Verschlechterung bei der Produktion der roten Blutkörperchen führen.
Es gibt viele andere Ursachen, die solche Blutbildveränderungen hervorrufen können.
Die Blutwerte allein sind deshalb für die Diagnose oder die Einschätzung des Krankheitsverlaufs einer Brustkrebs-Erkrankung nicht geeignet. Dennoch sind Blutwerte von Bedeutung, weil sie Auskunft über die körperliche Verfassung der Patientin geben und sich die gesundheitlichen Auswirkungen einer Therapie über das Blutbild erkennen lassen.
Blutbildveränderungen durch die Therapie
Am häufigsten treten Blutbildveränderungen bei metastasiertem Brustkrebs als Folge einer Therapie auf. Man nennt sie deshalb „therapieassoziiert“.
Die Bestimmung der Blutwerte ist deshalb besonders wichtig:
- vor Beginn einer Behandlung, um die körperliche Belastbarkeit der Patientin einzuschätzen
- während der Behandlung, um Veränderungen von Blutwerten zu erkennen.
Welche Blutbildveränderungen können durch eine Therapie auftreten?
Zu den Nebenwirkungen mancher Medikamente gehört es, dass sie die blutbildenden Stammzellen im Knochenmark schädigen. Die Folge ist eine verminderte Produktion und ein Absinken der verschiedenen Zellen im Blut.
Leukopenie
- Ein Absinken der weißen Blutzellen unter den Normbereich nennt man Leukopenie.
- Sie gehört zu den häufigsten Nebenwirkungen einer Krebs-Therapie.
- Eine Leukopenie kommt vor allem im Rahmen einer Chemotherapie, unter Antikörper-Therapie und bei Strahlentherapie vor, wenn Knochen bestrahlt werden.
- Eine Behandlung mit CDK4/6-Inhibitoren betrifft besonders die Untergruppe der neutrophilen Granulozyten. Ein Absinken dieser Zellen nennt man Neutropenie.
Anämie
- Die Blutarmut wird im Fachbegriff als Anämie bezeichnet.
- Unter ihr versteht man nicht eine Verringerung der Blutmenge, sondern der Anzahl der roten Blutkörperchen.
- Sie kann als Nebenwirkung bei Chemotherapie und bei zielgerichteten Therapien auftreten und bei einer Bestrahlung von Knochen.
Thrombozytopenie
- Ein Abfall der Blutplättchen wird als Thrombozytopenie bezeichnet, auch kürzer als Thrombopenie.
- Sie kann im Rahmen einer Chemotherapie, von zielgerichteten Therapien und bei einer Strahlentherapie von Knochen auftreten. Sehr selten kann bei der Behandlung von Knochenmetastasen mit sogenannten Bisphosphonaten eine Thrombopenie auftreten.
Um Auswirkungen auf die Gesundheit so früh wie möglich zu erkennen, werden die Blutwerte während einer Therapie regelmäßig kontrolliert.
Wussten Sie schon
Vor allem therapieassoziierte Blutbildveränderungen erholen sich nach Therapieende in den meisten Fällen von selber wieder. Eine dauerhafte Schädigung des Blutbilds ist äußerst selten.
Geprüft OA Dr. Simon Gampenrieder: Stand April 2019