Über schwierige Themen zu sprechen, kann ganz schön verunsichern. Sollte man die Erkrankung ansprechen oder lieber nicht? Darf man mit einem kranken Menschen eigentlich streiten? Wie lassen sich Konflikte vermeiden? Unsere zehn Kommunikationsempfehlungen helfen Ihnen sicherlich weiter.
Eva Otter und Gerald Fischer von der Initiative Lungenhochdruck beantworten im Video "Kommunikation" folgende Fragen:
Klicken Sie auf eine Frage, um direkt zum entsprechenden Videoabschnitt zu springen!- Sollte man Betroffene ansprechen oder lieber schweigen, wenn man unsicher ist?
- Fällt es Ihnen leicht, über Ihre Erkrankung zu sprechen?
- Über Erkrankungen zu sprechen, ist gar nicht so einfach. Was hat Ihnen geholfen?
- Wie sprechen Sie mit anderen über Ihre Erkrankung?
- Welche Verhaltensweisen sollte man lieber vermeiden?
Video Transkript
Sollte man Betroffene ansprechen oder lieber schweigen, wenn man unsicher ist?
Sprechen über Lungenhochdruck und ob man jetzt einen Betroffenen direkt darauf anspricht, ist von zwei Voraussetzungen geprägt:
- Das eine ist: Bin ich wirklich gut informiert? Der Betroffene möchte nicht jedem, den er trifft, erzählen was er hat und was das bedeutet. Das ist einem eher unangenehm. Wir müssen immer noch davon ausgehen, dass diese Krankheit mit Faulheit verwechselt wird und mit hysterisch, und dass die Leute nicht glauben, wie krank man ist. Und man will es nicht immer wieder betonen. Das ist einem mehr als unangenehm. Wenn man also als Nicht-Betroffener sehr gut informiert ist, dann kann man schon spezifische Themen ansprechen, wo der Betroffene dann merkt, dass derjenige gut informiert ist.
- Wenn man nicht wirklich gut informiert ist, dann würde ich es eher vermeiden und würde warten, bis der Betroffene vielleicht von sich aus kommt und vorher einfach mal aufmerksam sein und ein bisschen unterstützend da sein, ohne dass es zu sehr auffällt.
Fällt es Ihnen leicht, über Ihre Erkrankung zu sprechen?
Am Anfang war es ein großes Problem. Da wollte ich eher darüber schweigen als darüber zu sprechen. Mittlerweile ist es so, dass ich darüber spreche, weil zum Beispiel im Bekannten-, Verwandten-, Familienkreis manche Erklärungen gut sind. Warum man dieses oder jenes nicht macht, nicht isst, nicht sportlich mitmacht. Und was mir ganz, ganz wichtig ist: erklärend auch und unterstützend für andere Betroffene. Dass das Leben weitergeht. Dass das ganz wichtig ist.
Über Erkrankungen zu sprechen, ist gar nicht so einfach. Was hat Ihnen geholfen?
Über die Krankheit zu sprechen und sich nicht zu isolieren, ist eine Grundsatzeinstellung. Wenn ich mich dazu entschließe, darüber zu sprechen, weil ich die Notwendigkeit erkenne, dass über eine seltene Krankheit gesprochen werden muss. Eine seltene Krankheit betrifft halt eben wenige. Und hier ist Eigeninitiative gefragt. Und in dem Moment, wo ich diese Initiative beschließe, dann ist das Erste, was ich mache: Aufmerksamkeit zu erregen und darüber zu sprechen. Das fällt einem am Anfang viel schwerer als am Schluss. Also die erste Fernsehsendung, wo wir darüber gesprochen haben, waren wir furchtbar nervös. Und dann haben wir schon gescherzt drüber. Und dann freut man sich über jede Möglichkeit, darüber zu sprechen. Man freut sich über jedes Interview. Man freut sich über jeden Auftritt, man freut sich über jedes Inserat. Man wächst in diese Aufgabe ganz automatisch hinein. Und das macht auch meiner Tochter Spaß.
Wie sprechen Sie mit anderen über Ihre Erkrankung?
Am Anfang war es für mich schwierig zu sagen: „Ich habe Lungenhochdruck.“ Lungenhochdruck, die Krankheit, dadurch dass sie ja zu den seltenen Erkrankungen gehört, kennt fast niemand. Dann kommen eben die Fragen: „Und was ist das? Was heißt das? Ist das so wie Bluthochdruck?“ Gelöst habe ich es damit, dass ich gesagt habe: „Ich habe eine Erkrankung der Lunge. Ich habe aber keine ansteckende Erkrankung. Dadurch kann ich manche sportlichen Aktivitäten nicht mehr machen. Dadurch bin ich vielleicht langsamer und kann nicht so viel tragen wie ihr …“ und hab das in die Richtung erklärt und gar nicht so wissenschaftlich. Das ist für viele sehr, sehr schwierig zu verstehen, dass man sich eigentlich im eigenen Körper eine Zeitlang gar nicht zurechtfindet.
Welche Verhaltensweisen sollte man lieber vermeiden?
Die Verhaltensweise einem Patienten mit Lungenhochdruck gegenüber, die meiner Meinung nach absolut zu vermeiden ist, ist Mitleid. Man will nicht bemitleidet werden. Es gibt ganz, ganz wenige Menschen, die das wollen. Man hat Selbstwertgefühl, man ist ein vollwertiger Mensch, man hat seine Qualitäten und seine Talente. Man braucht kein Mitleid. Man möchte nicht derjenige sein, der jetzt als der Arme ins Eck gestellt wird. Ich glaube, jemanden einfach ganz normal zu behandeln, ist ganz wichtig. Und nicht bemitleiden bitte.
10 wichtige Kommunikations-Empfehlungen für Sie
Bleiben Sie im Gespräch
Ihr/e Angehörige/r ist erkrankt, aber er/sie ist immer noch dieselbe Person. Achten Sie darauf, dass die Erkrankung den Abstand zwischen Ihnen nicht vergrößert, denn Gespräche sind ein zentrales Mittel für Nähe und Vertrautheit. Bieten Sie deshalb Gespräche an, um sich auszutauschen.
Hören Sie zu
Es bedarf nicht immer vieler Worte Ihrerseits, in den meisten Fällen, ist es oftmals wichtiger einfach zuzuhören. Schaffen Sie eine entspannte Gesprächsatmosphäre und lassen Sie zunächst den/die Betroffene/n reden. Dies ist viel hilfreicher als leere Worte.
Akzeptieren Sie ein „Nein“
Der/die Erkrankte möchte nicht über bestimmte Dinge sprechen? Dann sollten Sie dies akzeptieren. Bieten Sie immer wieder das Gespräch an, aber nehmen Sie auch ein Nein an, ohne sich davon angegriffen zu fühlen.
Tauschen Sie Informationen aus
Jede Erkrankung hat nicht nur eine emotionale, sondern auch eine sachliche Seite. Sammeln Sie Informationen und tauschen Sie aus, was Sie wissen, dadurch werden Sie sich beide etwas sicherer im Umgang mit der Krankheit fühlen.
Seien Sie nachsichtig, aber setzen Sie auch Grenzen
Der/die Betroffene muss mit vielen, teils heftigen Emotionen zurechtkommen, von welchen Sie wahrscheinlich einige abbekommen. Zeigen Sie sich nachsichtig, wenn er/sie wütend auf Sie ist oder Ihnen Vorwürfe macht. Solche Verhaltensweisen dürfen allerdings nicht zur Gewohnheit werden: Jemand, der krank ist, darf sich deswegen nicht alles herausnehmen. Wenn Sie sich immer wieder schlecht behandelt fühlen, sprechen Sie dies deutlich aus.
Seien Sie zurückhaltend mit Mitleid
Es gibt einen großen Unterschied zwischen Mitgefühl und Mitleid. Beim Mitgefühl versucht man, sich in andere hineinzuversetzen – ein Prozess auf Augenhöhe. Beim Mitleid empfinden wir dagegen selbst Leid, und dies ist nicht sehr hilfreich, weil wir dadurch handlungsunfähig werden. Ein weiterer Aspekt kommt hinzu: Die meisten Menschen empfinden Mitleidsäußerungen als unangenehm, sie fühlen sich dadurch schwach und „bemitleidenswert“. Üben Sie deshalb Zurückhaltung bei mitleidigen Blicken und Äußerungen. Mitgefühl ist hingegen hilfreich.
Benennen Sie Ihre eigenen Gefühle und Unsicherheiten
Im Umgang miteinander ist es wichtig offen und ehrlich zu sein. Sprechen Sie Ihre eigenen Gefühle und Unsicherheiten aus: „Ich weiß nicht, wie ich gerade mit dir umgehen soll. Kannst du mir dabei helfen?“ Solch eine Kommunikation macht es leichter, zueinander zu finden.
Sprechen Sie über Alltägliches
Natürlich nimmt die Erkrankung in Ihrem Alltag viel Raum ein. Achten Sie trotzdem darauf, dass dies nicht überhandnimmt. Unterhalten Sie sich genauso über alltägliche Dinge, so wie Sie es gewohnt sind.
Sprechen Sie über die Zukunft
Wie wird es weitergehen? Diese Frage stellt sich fast jede Person, welche von einer schweren Krankheit betroffen ist. Auch wenn Sie dieses Thema am liebsten wegschieben möchten: Suchen Sie hin und wieder das Gespräch über die Zukunft. Was ist dem/der Betroffenen wichtig? Wie können Hilfen organisiert werden? Gehen Sie mit solchen Themen sehr feinfühlig um, aber bieten Sie das Gespräch an.
Auch Schweigen ist in Ordnung
Kommunikation besteht aus weit mehr als einem Gespräch. Zeigen Sie Ihre Zuneigung und Ihr Mitgefühl durch ein Lächeln, eine Umarmung, einen liebevollen Blick, mehr ist in vielen Fällen gar nicht nötig.
Geprüft Dr.in med. Iris Herscovici: Stand Mai 2018