Die Medizin kennt inzwischen gute Möglichkeiten, die Lebensqualität von PatientInnen mit Lungenhochdruck zu verbessern, trotzdem können sie früher oder später auf Unterstützung angewiesen sein. Dies ist für alle Beteiligten nicht einfach. Wie lässt sich Hilfe organisieren? Wie gelingt der Spagat zwischen den eigenen Bedürfnissen und denen des/der Betroffenen? Wie hilft man am besten und welche Maßnahmen sind besonders wichtig? Diese Fragen beantworten wir in dieser Lektion.
Eva Otter und Gerald Fischer von der Initiative Lungenhochdruck beantworten im Video "Unterstützung für PatientInnen" folgende Fragen:
Klicken Sie auf eine Frage, um direkt zum entsprechenden Videoabschnitt zu springen!- Welche wichtigen Lektionen haben Sie gelernt, wenn es um das Helfen geht?
- Was sollten Angehörige beachten, wenn sie PatientInnen helfen wollen?
- Wie können Ihnen Freunde und Verwandte am besten helfen?
- Was können Angehörige tun, um zu unterstützen?
- Wünschen Sie sich manchmal mehr oder andere Hilfe?
- Wie können Menschen außerhalb des Haushaltes helfen?
- Welche gut gemeinten Angebote schaden mehr als sie nützen?
Video Transkript
Welche wichtigen Lektionen haben Sie gelernt, wenn es um das Helfen geht?
Die Lektion, die ich gelernt habe über das Helfen, das war für mich eigentlich das Schwierigste. Ich bin ein Mensch, der sich nicht gerne helfen lässt. Der mit beiden Beinen gut steht und alles gerne selbst in die Hand nimmt. Das war für mich ein großes Thema. Mein Mann hat mir dabei sehr geholfen. Meine ganze Familie hat mir dabei geholfen. Aber es ist jetzt so: Ich habe an Eigenständigkeit wieder sehr viel dazugewonnen. Das passiert dann, wenn die Medikamente wieder super wirken, wenn man richtig gut eingestellt ist. Dann kommt auch wieder die Selbstständigkeit. Dann macht man, unternimmt man, wieder viele Dinge, die man vorher nicht mehr tun konnte. Und das trägt natürlich auch zu einer positiven Lebenseinstellung bei.
Was sollten Angehörige beachten, wenn sie PatientInnen helfen wollen?
Das Helfen, speziell jetzt in der eigenen Familie, ist ein sehr feinfühliger Akt. Es ist auch generell nicht nur in der eigenen Familie so. Man darf nicht aufdringlich sein beim Helfen. Es ist dem Patienten unangenehm, wenn man ihm alles abnimmt. Er möchte dann nicht so hingestellt werden, als wäre er hilflos. Ich würde das Helfen eigentlich mit einem englischen Wort, dem Coaching gleichsetzen. Das heißt eher beratend zur Seite zu stehen. Ganz, ganz wichtig ist einfach, Verständnis zu zeigen und sich vielleicht so zu adaptieren, dass es dem Betroffenen gar nicht auffällt, dass man ihm hilft. Einfach so im Alltag. Kommen wir wieder zurück zum Gentleman, der einem in den Mantel hilft, der einem den Sessel hinschiebt, ohne dass es jetzt aufdringlich wird oder ohne dass man jemanden wirklich alles abnimmt. Man muss einfach eine Vertrauensperson sein, und man muss lernen, gut, gut, gut zuzuhören.
Wie können Ihnen Freunde und Verwandte am besten helfen?
Freunde und Verwandte können am besten helfen, wenn sie mit mir etwas unternehmen. Wenn wir shoppen gehen. Wenn wir gemeinsam gute Gespräche führen. Wenn wir zusammensitzen – ich liebe die Wiener Kaffeehauskultur – wenn wir auf einen guten Kaffee gehen in ein tolles Kaffeehaus, das ist mehr Hilfe als immer zu fragen: „Geht‘s dir eh gut und schaffst du das eh?“ Das erinnert einen immer an die Krankheit, und das finde ich gar nicht gut. Also: Je mehr Normalität im Leben erhalten bleibt, desto besser ist es.
Was können Angehörige tun, um zu unterstützen?
Angehörige können Eigeninitiative zeigen, um dem Patienten mit Lungenhochdruck generell zu helfen. Man kann kleine Veranstaltungen machen, das gibt es immer wieder. Wir haben eine ganze nette Familie bei Linz, die immer wieder kleine Veranstaltungen machen, die einfach hellhörig sind, wenn rundherum ein Charity gemacht wird, die Kuchen backen und den Kuchen gegen eine Spende abgeben, die immer quer durch Österreich fahren. Man kann sehr viel Eigeninitiative zeigen. Und ich glaube, man muss vor allem, und das mit unserer Hilfe, sehr, sehr hartnäckig sein. Wenn Sie irgendwo eine Ablehnung bekommen von einem Amtsarzt, von einem Amt, eine Unterstützung nicht bekommen, das Gefühl haben, ungerecht behandelt zu werden, dann bleiben Sie hartnäckig. Und wir helfen Ihnen gerne dabei.
Wünschen Sie sich manchmal mehr oder andere Hilfe?
Mehr Hilfe wünsche ich mir nicht, weil bei uns ist das wirklich gut eingespielt. Und ich möchte das allen Patienten mitgeben, allen Lungenhochdruck-Patienten, das sich selbst zu richten: Das brauche ich an Hilfe. Das möchte ich annehmen. Und diese Art von Hilfe brauche ich nicht. Aber ich glaube, das muss jeder für sich selber finden.
Wie können Menschen außerhalb des Haushaltes helfen?
Menschen außerhalb des Haushaltes können Patienten dahingehend helfen, indem sie sich einfach still und leise gut informieren. Und wenn ich wirklich gut informiert bin über die Schwere der Krankheit, über die Symptome, über die Auswirkungen, über die Belastungen, denen ein Patient ausgesetzt ist, dann mache ich das eigentlich ganz automatisch. Und dann helfe ich einfach automatisch dort, wo ich kann, habe immer ein offenes Ohr, aber ich übertreibe es nicht, wie gesagt. Es gibt dann viele Möglichkeiten, hier zu helfen, den Alltag normal zu gestalten. Das heißt: Ich werde natürlich vermeiden, den Patienten jetzt zum Squashspielen einzuladen und werde lieber mit ihm auf eine bequeme Wanderung durch die Natur gehen. Also ich glaube, das macht man automatisch, wenn man gut informiert ist. Die meisten Fehler werden dann gemacht, wenn man nicht richtig informiert ist.
Welche gut gemeinten Angebote schaden mehr als sie nützen?
Die gut gemeinten Angebote: „Soll ich dir das tragen? Soll ich dir helfen? Ist es eh nicht zu schnell? Ist es eh nicht zu weit? Können wir eh noch ein Stück gehen?“ Diese Fragen finde ich sehr störend. Man weiß selber, wie weit man gehen kann, man muss auch Grenzen austesten, das ist ganz, ganz wichtig, sonst lässt man sich ja gehen. Und durch das Austesten der Grenzen weiß man: „Hey, das kann ich auch noch!“ Oder: „Das funktioniert auch noch! Na, das war jetzt zu viel. Das mache ich nicht mehr.“ Und durch diese ewigen Fragen „Kann ich dir helfen? Kann ich dich irgendwie unterstützen?“, das bremst eher, als dass es hilft.
Tipps: So können Sie helfen
Fragen Sie den/die PatientIn, was er/sie braucht
Jeder Mensch ist anders, jede Erkrankung auch. Sie sind unsicher, welche Hilfe sinnvoll oder notwendig ist? Fragen Sie doch einfach den/die Betroffene/n, denn er/sie weiß am besten, was ihm/ihr besonders schwerfällt und wo die Hilfe am meisten gebraucht wird.
Bieten Sie bei alltäglichen Aufgaben Hilfe an
Konkrete Hilfen im Alltag können viel ausmachen. Bieten Sie zum Beispiel an, die Einkäufe zu erledigen, beim Fensterputzen zu helfen oder bei Terminen als Begleitung beizustehen.
Denken Sie praktisch
Überlegen Sie gemeinsam mit dem/der PatientIn, welche Maßnahmen den Alltag erleichtern könnten. Räumen Sie zum Beispiel die Wohnung so um, dass wichtige Dinge besser greifbar sind und unnötige Wege wegfallen. Viele Supermärkte und Apotheken bieten “Bringdienste” an, welche Sie nutzen können. Schaffen Sie einen Trockner an, wenn das Aufhängen der Wäsche schwerfällt, und so weiter …
Organisieren Sie schöne Erlebnisse
Freude und Spaß kommen leicht zu kurz, wenn eine Erkrankung plötzlich so viel Raum im Denken einnimmt. Sorgen Sie deshalb für schöne gemeinsame Erlebnisse: Gehen Sie spazieren oder ins Kino, organisieren Sie ein Picknick oder einen Spieleabend. Was immer Ihnen gemeinsam Freude bereitet, ist eine große Hilfe.
Seien Sie eine emotionale Stütze
Manchmal geht es gar nicht um große Aktionen, sondern um emotionale Unterstützung. Bieten Sie Gespräche an und hören Sie zu, machen Sie Mut, lachen und weinen Sie gemeinsam, wenn es nötig ist.
Informieren Sie sich über die Erkrankung
Möglicherweise macht Ihnen die Erkrankung Ihres/Ihrer Angehörigen Angst. Dies ist sehr verständlich, aber für Sie beide nicht besonders hilfreich. Informieren Sie sich deshalb über Lungenhochdruck und lernen Sie zum Beispiel, wie Sie sich bei einem Atemnotanfall verhalten sollten. Dies wird Ihnen beiden Sicherheit geben.
Verteilen Sie die Aufgaben auf mehrere Schultern
Fragen Sie (nach Rücksprache mit dem/der Betroffenen) in der Familie und im Freundeskreis, wer bereit ist, Sie zu unterstützen. Mit Sicherheit finden sich Verwandte oder Freunde, die gerne ihren Teil beitragen.
Holen Sie sich Unterstützung
Nicht nur Freunde und Angehörige können unterstützen, auch außerhalb des persönlichen Umfelds gibt es hilfreiche Möglichkeiten: Eine Putzkraft kann eine große Unterstützung bei der Bewältigung des Alltags sein. Pflegedienste kommen nach Hause und helfen bei der Körperpflege, der medizinischen Versorgung und anderen Aufgaben. Ein/e PsychotherapeutIn kann Sie bei der Bewältigung der neuen Situation unterstützen. Lassen Sie sich beraten, welche Möglichkeiten es für Sie gibt. Hilfreiche Quellen sind zum Beispiel Selbsthilfegruppen.
No-go: Diese Verhaltensweisen schaden eher!
Gut gemeint ist nicht immer gut gemacht, sagt man … manche Verhaltensweisen sind nicht besonders hilfreich, sondern können sogar schaden. Das sind die No-gos des Helfens:
Alles abnehmen
Der Drang, dem/der Betroffenen nun alles abnehmen zu wollen, ist verständlich. Nur: Er ist nicht hilfreich. Wenn Sie ihm/ihr alles aus der Hand nehmen, fühlt er/sie sich schnell überflüssig und leidet erst recht darunter, anderen zur Last zu fallen. Außerdem schwinden auf diese Weise die Fähigkeiten noch schneller. Helfen Sie, wo es nötig ist. Jene Dinge, welche noch gut zu bewältigen sind, sollte der/die PatientIn selbst erledigen, auch wenn es länger dauert als bei Gesunden.
Wünsche nicht respektieren
Helfen ist etwas anderes als bevormunden! Fragen Sie Ihren/Ihre Angehörge/n nach seinen/ihren Meinungen und Wünschen, denn er/sie trifft natürlich weiterhin die Entscheidungen für sein/ihr Leben selbst, auch wenn Ihnen diese vielleicht nicht gefallen.
Vorwürfe machen
„Ich helfe dir so viel und du bist undankbar!“ Solche und ähnliche Vorwürfe bringen niemanden weiter und schaden Ihrem Verhältnis. Allerdings müssen Sie Grenzüberschreitungen durch den/die PatientIn natürlich auch nicht respektieren.
Über die eigenen Grenzen gehen
Die Pflege eines/einer Angehörigen kann eine große Belastung darstellen. Wenn Ihre Kräfte nachlassen oder Sie sogar einen Burn-Out entwickeln, ist niemandem geholfen. Achten Sie deshalb gut auf sich und auf Ihre eigenen Grenzen! Suchen Sie sich Unterstützung, wenn nötig.
Geprüft Dr.in med. Iris Herscovici: Stand Mai 2018