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Kurs Minimale Resterkrankung (MRD) bei Blutkrebs: Lektion 2 von 6

Klassischer Nachweis von Krebszellen

Von der Stammzelle im Knochenmark bis zum ausdifferenzierten Blutkörperchen im Blutkreislauf ist es ein weiter Weg, auf dem die Zellreifung aus dem Ruder laufen kann. Je nachdem wo die Krankheit entsteht und sich dann ausbreitet, müssen auch unterschiedliche Proben für das Labor entnommen werden. Informieren Sie sich in dieser Lektion über das breite Spektrum der Methoden, mit denen Blutkrebs nachgewiesen und identifiziert wird.

Video Transkript

Wie wird eine Krebserkrankung allgemein nachgewiesen?

Wenn der Verdacht auf eine so genannte Krebserkrankung besteht, dann wird versucht, Zellen oder eine Gewebeprobe zu gewinnen, von der man meint, dass sie Teil des Krebsgeschwulst oder der bösartigen Erkrankung oder der Blutkrebserkrankung ist. Also bei Blutkrebs oder Blutkrebsverdacht, muss man korrekterweise sagen, werden Sie in der Regel eine Blutabnahme machen und schauen, ob Sie in dieser Blutprobe mit irgendeiner Methode, Mikroskop oder womit auch immer Krebszellen nachweisen können.

Wenn Sie zum Beispiel Brustkrebs nachweisen wollen, dann wird man logischerweise versuchen, aus der Geschwulst, die im Verdacht steht, eine Krebsgeschwulst zu sein, eine repräsentative Gewebeprobe zu gewinnen. Und das gilt im Prinzip für alle anderen Krebsarten genauso.

Was ist ein mikroskopischer Nachweis?

Ein mikroskopischer Nachweis ist zum Beispiel bei einer Blutprobe ein Blutabstrich, den Sie nach herkömmlicher Art, wie es seit Jahrzehnten Usus und Gebrauch ist, in das Mikroskop legen und beurteilen. Oder eben ein Stück einer Gewebeprobe, das Sie nach entsprechender Aufbereitung und Aufarbeitung durch den Pathologen ebenfalls im Mikroskop beurteilen.

Was ist ein zytochemischer Nachweis?

Ein zytochemischer Nachweis ist grundsätzlich sehr ähnlich dem mikroskopischen Nachweis. Nur nimmt man sich zu Hilfe, dass mit bestimmten chemischen Reagenzien spezifische Strukturen auf Krebszellen so reagieren, dass Sie sie besser von gesunden, von anderen Zellen unterscheiden können. Dadurch haben Sie sozusagen ein besseres Merkmal als die reine Gestalt der Zelle, um eine kranke Zelle von einer gesunden Zelle zu unterscheiden.

Was ist ein zytogenetischer Nachweis?

Ein zytogenetischer Nachweis ist der Nachweis auf genetischer Ebene einer Zelle, sprich auf chromosomaler Ebene von Zellen, von denen Sie vermuten, dass sie bösartig entartet sind.

Welche Proben werden für diese Nachweismethoden bei Blutkrebs entnommen?

In der Regel sind es Blutproben. In vielen Fällen, in den meisten Fällen, versucht man auch, an den Entstehungsort des Blutes zu kommen und von dort Proben zu entnehmen, sprich aus dem Knochenmark.

Ich muss dazu sagen: Das Knochenmark hat nur eine im Deutschen sprachliche Ähnlichkeit mit dem Rückenmark. Es hat damit gar nichts zu tun. Das Knochenmark finden wir in allen unseren Knochen – Brustbein, Oberarmknochen, Beckenknochen, Rippenknochen, Oberschenkelknochen, und es ist weit weg vom Rückenmark. Ich sage das deshalb, weil hier die deutsche Sprache eine Ähnlichkeit oder einen Zusammenhang signalisiert, der gar nicht besteht.

Warum wird manchmal zusätzlich zur Blutprobe noch eine Knochenmarksprobe benötigt?

Das, was Sie im Blut sehen, ist ja genau genommen die Endstufe der Entwicklung aller Blutzellen, die im Knochenmark ihren Ausgang nimmt. Und natürlich ist es nachvollziehbarer Weise sehr oft sinnvoll, an der Produktionsstätte sozusagen sich umzusehen und nicht nur beim Endprodukt.

Was muss ich vor einer Knochenmarksuntersuchung beachten?

Im Prinzip relativ wenig. Natürlich ist es eine Untersuchung, die in der Regel im Bereich der Hüfte, selten im Bereich des Brustbeins, manchmal im Bereich des Vorderteils des Beckens durchgeführt wird. Also sprich mit einer dickeren Nadel eine Art größere Stichverletzungen darstellt. Dementsprechend sollte die Blutgerinnung einigermaßen funktionieren.

Wir haben natürlich oft das Problem, dass gerade bei Patienten, die an einer Bluterkrankung leiden, auch das Blutgerinnungssystem eingeschränkt ist, oder, wie wir sagen kompromittiert ist. Und hier müssen Sie dann in der jeweiligen Situation eine Entscheidung treffen, ob Sie zuerst die Blutgerinnung verbessern oder ob Sie mit der vorhandenen auskommen und risikoarm für den Patienten die Untersuchung, die oft auch aus zeitlichen Gründen dringend notwendig sein kann, durchführen.

Was sind die Vor- und Nachteile der klassischen Nachweismethoden?

Ich würde sagen: Sie ergänzen sich. Ich würde da jetzt kenne keine Gewichtung oder Vor- und Nachteil-Kategorisierung vornehmen, sondern es so formulieren:

  • Der Vorteil der klassischen und der ältesten Methode, nämlich des Mikroskops, ist natürlich die einfache Verfügbarkeit.
  • Der Vorteil der ganz modernen, hoch sensitiven Methoden ist eben eine Präzision, eine Genauigkeit, die wir uns früher mit der Methode eines Mikroskops oder auch später einer zytochemischen Untersuchung oder eben einer zytogenetischen Untersuchung nie vorstellen konnten.

Aber natürlich ergänzen sich diese Methoden und finden auch heute ihren Platz nebeneinander und nicht anstelle.

Auf den Punkt gebracht

Klassischer Nachweis von Krebszellen

  • Bei Blutkrebs werden zum Nachweis von Krebszellen meist Blutproben oder auch Knochenmarksproben entnommen.
  • Diese Proben können unter dem Mikroskop (mikroskopisch), indem Zellen anhand deren Reaktion auf chemische Substanzen charakterisiert werden (zytochemisch), oder auf genetischer Ebene durch Analyse der Chromosomen (zytogenetisch) untersucht werden.

Wie hängt der Nachweis von Krebszellen mit deren Entstehung zusammen?

Das Knochenmark als blutbildendes Organ des Körpers ist auch der Ursprungsort von Blutkrebs. Dabei reifen weiße Blutkörperchen nur unvollständig, vermehren sich aber schneller als gesunde Zellen und werden dann vom Knochenmark ins Blut bzw. über das Lymphsystem ins Blut abgegeben. Dadurch verbreiten sie sich schließlich bis in den ganzen Körper und verdrängen die gesunden Blutzellen aus den Organen. Diese können ihre eigentlichen Funktionen nicht mehr ausüben, was zu den Krankheitsbildern der verschiedenen Formen von Blutkrebs führt.

Das bedeutet, dass sich Blutkrebs zwar auf das Blut auswirkt, aber eigentlich eine Erkrankung des blutbildenden oder lymphatischen Systems ist. Man erkennt somit über eine Blutuntersuchung zwar vorhandene Krebszellen, eine genauere Diagnose erfordert aber üblicherweise eine Analyse des Knochenmarks.

Welchen Arten von Proben sind für eine Untersuchung auf Blutkrebs notwendig?

Neben den bereits erwähnten Untersuchungen von Blut und Knochenmark, kann bei Verdacht auf bestimme Krankheitsformen auch eine Untersuchung des Liquors (also der Flüssigkeit, die Gehirn und Rückenmark umflutet) nötig sein:

Welche Nachweismethoden für Blutkrebs gibt es?

Mit den gewonnenen Proben bzw. den daraus isolierten Zellen und Zellbestandteilen, kann man anschließend verschiedene Untersuchungen durchführen. Diese unterscheiden sich in ihrer Genauigkeit und damit auch dem erforderlichen (zeitlichen) Aufwand. Sie dienen dabei nicht nur der ersten Diagnose sondern werden auch bei der Verlaufskontrolle und Nachuntersuchung eingesetzt. Besonders durch Immunphänotypisierung (das ist ein Verfahren zur Analyse von Antigenen auf der Oberfläche von Zellen) und molekularbiologische Methoden wird auch die Minimale Resterkrankung (MRD) im Verlauf der Krankheit bestimmt.

Mikroskopischer Nachweis aus dem Blut oder Knochenmark

Nachweismethoden für Blutkrebs: Mikroskopischer Nachweis

Mikroskopischer Nachweis aus dem Blut oder Knochenmark

Aus dem entnommenen Blut kann man ein Blutbild anfertigen, welches die Anzahl von Blutplättchen, sowie roten und weißen Blutkörperchen angibt. Im Differentialblutbild wird auch der Anteil an verschiedenen Typen von weißen Blutkörperchen und unreifen Zellen (Blasten) ermittelt. Beim dafür nötigen Blutausstrich wird das abgenommene Blut dünn ausgestrichen um im Mikroskop einzelne Zellen zu erkennen.

Ähnlich wie Blut, kann man auch ein Knochenmarksausstrich zur mikroskopischen Untersuchung verwenden. Zusätzlich liefert eine Knochenmarksprobe das Material für die weiteren, aufwendigeren Analysen.

Zytochemischer Nachweis

Nachweismethoden für Blutkrebs: Zytochemischer Nachweis

Zytochemischer Nachweis

Mittels Zytochemische Methoden färbt man Bestandteile der Zellen, um diese erkennbar und identifizierbar zu machen. So kann man Zelltypen zuordnen und die Art von Blutkrebs feststellen. Diese feingeweblichen Untersuchungsarten bezeichnet man als histologische Untersuchungen.

Zytogenetischer Nachweis

Nachweismethoden für Blutkrebs: Zytogenetischer Nachweis

Zytogenetischer Nachweis

Den meisten Typen von Blutkrebs liegen Mutationen der Chromosomen zugrunde. Die Untersuchung dieser Träger der genetischen Information nennt man zytogenetischer Nachweis. Die Karyotypisierung ist die genaue biologische Beschreibung der gefundenen Chromosomeneigenschaften.

Molekularbiologischer Nachweis

Nachweismethoden für Blutkrebs: Molekularbiologischer Nachweis

Molekularbiologischer Nachweis

Um nicht nur Veränderungen ganzer Chromosomenabschnitte, sondern auch einzelne Mutationen auf Molekülebene zu erfassen, benötigt man molekularbiologische Methoden. Bei der Polymerase-Kettenreaktion (englisch: polymerase chain reaction, PCR) genügen wenige Milliliter Blut um einzelne Mutationen nachzuweisen. Diese erlauben Rückschlüsse auf den genauen Typ der Erkrankung und helfen bei der Auswahl einer darauf abgestimmten Behandlung.

Immunphänotypisierung

Nachweismethoden für Blutkrebs: Immunphänotypisierung

Immunphänotypisierung

Winzige Strukturen wie Antigene an den Oberflächen von Zellen spielen normalerweise eine Rolle im Immunsystem. Der Phänotyp, also das Aussehen erkrankter weißer Blutkörperchen ermöglicht ein genaues Einteilen in die verschiedenen Unterarten von Blutkrebs. Dazu werden Antigene speziell gefärbt und damit die Zellen zugeordnet.

Wussten Sie schon

Es müssen nicht immer alle verfügbaren Analysemethoden angewendet werden. Die einfacheren und schnelleren Bestimmungen dienen immer auch zur Orientierung, um einschätzen zu können welche weiteren Untersuchungen noch nötig sind. So kann die Wartezeit und Belastung für die Patientin/den Patienten möglichst gering gehalten werden, bei gleichzeitiger Sicherstellung der maximalen Diagnosesicherheit.

Geprüft OA Dr. Reinhard Ruckser: Stand Juni 2019 | AT-VNCCLL-200027-16032020

Die Kurse sind kein Ersatz für das persönliche Gespräch mit Ihrer Ärztin/Ihrem Arzt, sondern ein Beitrag dazu, PatientInnen und Angehörige zu stärken und die Arzt-Patienten-Kommunikation zu erleichtern.

Bildnachweis: Jadoo, NikolayAsasis, Double Brain, corbac40 | Bigstock, Onkodin, Abbvie