Im Zuge einer Konfrontation mit Blutkrebs tauchen viele Begriffe auf, deren Bedeutung nicht immer gleich klar ist. Sie erfahren hier was es mit MRD, also Minimaler Resterkrankung, auf sich hat, in welchem Zusammenhang diese Abkürzung meist vorkommt und warum sie für eine Behandlung und darüber hinaus wichtig ist.
Dr. Reinhard Ruckser, Facharzt für Innere Medizin und Hämato-Onkologie, beantwortet im Video "Was bedeutet MRD?" folgende Fragen:
Klicken Sie auf eine Frage, um direkt zum entsprechenden Videoabschnitt zu springen!- Wofür steht die Abkürzung MRD?
- Was bedeutet MRD-Negativität?
- Was bedeutet Remission?
- Was bedeutet hämatologische Remission?
- Was bedeutet zytogenetische Remission?
- Was bedeutet tiefe molekulare Remission?
- Wie unterscheiden sich die hämatologische, die zytogenetische und die tiefe molekulare Remission in Zahlen?
- Wie unterscheidet sich MRD-Negativität von tiefer molekularer Remission?
- Wann ist es wichtig den MRD-Status zu kennen?
- Auf den Punkt gebracht
Video Transkript
Wofür steht die Abkürzung MRD?
MRD ist eine Abkürzung, die sich immer häufiger in Befunden oder auch in einschlägigen Publikationen findet. Sie steht für „minimal residual disease“. Sie merken: Es ist eine englische Abkürzung. Ins Deutsche übersetzt bedeutet dies „minimale Resterkrankung“.
MRD bezeichnet einfach die Tatsache, dass
- am Beginn einer Tumorerkrankung im Körper sich natürlich sehr viele Tumorzellen finden,
- nach einer entsprechenden Therapie die Zahl dieser Tumorzellen hoffentlich dramatisch reduziert werden konnte
- und möglicherweise noch ein minimaler Rest an diesen Zellen besteht.
Was bedeutet MRD-Negativität?
MRD-Negativität bedeutet sinngemäß, dass wir im idealen Fall keine Resterkrankung, also keine restlichen Tumorzellen im Körper finden. Allerdings ist dies eine Definition, die von der jeweiligen Untersuchungsmethode und der Sensitivität der angewandten Methode abhängt.
Was bedeutet Remission?
Remission bedeutet, global gesprochen, „Zurückdrängen einer Erkrankung“ – im Konkreten einer Krebserkrankung, von der wir heute sprechen.
- Wir unterscheiden partielle Remissionen, also Teilremissionen, wenn es gelingt einen Teil von Tumorzellen zu eliminieren durch entsprechende Therapien.
- Wir sprechen von sogenannten kompletten Remissionen, wenn wir mehr oder weniger davon ausgehen können, dass alle Tumorzellen eliminiert wurden.
Diese Aussage ist immer nur vor dem Hintergrund der jeweils angewandten Methode, mit der Sie eventuell vorhandene restliche Tumorzellen nachweisen wollen, zu betrachten. Je sensitiver diese Methode ist, umso mehr Gewicht hat sozusagen der Begriff einer kompletten Remission.
Was bedeutet hämatologische Remission?
Das bezieht sich jetzt auf Erkrankungen in der Hämatologie, also Erkrankungen des blutbildenden Systems. Und es bezieht sich darauf, dass die einfachste Methode, wie Sie eine Erkrankung des Blutbildes beurteilen können, das Mikroskop ist. Wenn Sie im Mikroskop keine Tumorzellen mehr finden, also Leukämiezellen oder Lymphomzellen, dann können Sie das als hämatologische Remission bezeichnen.
Was bedeutet zytogenetische Remission?
Zytogenetische Remission bedeutet vom Namen her, dass man den Remissionsstatus auf genetischer Ebene beurteilt. Was heißt das? – Grundsätzlich ist jede Krebserkrankung eine Erkrankung der Gene, nämlich der Gene der jeweiligen Zelle. Da geht es auch nicht um Vererbung über Generationen von Eltern zu Kindern et cetera. Es geht vielmehr um die Weitergabe von Gendefekten von einer Zelle zur nächsten Zellgeneration, also wenn sich eine Zelle in die nächsten Nachfolgezellen teilt und so weiter. Und wenn genetische Veränderungen nachgewiesen werden können, eben auf so genannter zytogenetischer Ebene, also im Bereich der sogenannten Chromosomen-Analyse, dann gibt es einen Marker, einen Stempel, wenn Sie so möchten, für eine jeweilige Erkrankung. Wenn Sie diesen Marker mit der Analyse der Chromosomen nicht mehr nachweisen können, dann sprechen Sie von einer zytogenetischen Remission.
Was bedeutet tiefe molekulare Remission?
Tiefe molekulare Remission ist ein Begriff, der sich bei der Behandlung der Chronisch-Myeloischen Leukämie entwickelt hat und auch mehr oder weniger mit dieser Erkrankung assoziiert ist. Es ist so, dass die Chronische Myeloische Leukämie historisch betrachtet die Erkrankung ist, bei der man erstmals eine Veränderung in den Chromosomen als Ursache für diese Erkrankung nachweisen konnte. Das war schon in den 60er Jahren, nämlich das sogenannte Philadelphia-Chromosom. Und mit wesentlich feineren Methoden, die eben, wenn man so möchte, ganz sensibel in das Innerste des Vererbungsapparates jeder einzelnen Leukämiezelle schauen können, können Sie heute auf molekularer Ebene eine Remission nachweisen, ein Zurückdrängen der Erkrankung. Diese Remission betrifft eine wesentlich kleinere Zellzahl, als es zum Beispiel nur mit dem Mikroskop oder mit der sogenannten Zytogenetik möglich ist. Und hier hat sich, je nach dem Ausmaß dieser sogenannten molekularbiologischen Remission, der Begriff einer guten molekularbiologischen Remission oder einer tiefen molekularbiologischen Remission eingeprägt.
Wie unterscheiden sich die hämatologische, die zytogenetische und die tiefe molekulare Remission in Zahlen?
Konkret in Zahlen bedeutet das:
- In der sogenannten hämatologischen Remission sprechen wir von weniger als zehn Prozent der erkrankten Zellen von der Gesamtzahl der jeweils untersuchten Blutkörperchen Gruppe, also in dem Fall der Leukozyten (also der weißen Blutkörperchen).
- Bei einer zytogenetischen Remission sind wir zirka im Bereich von 0,1 Prozent.
- Und bei der molekularen Remission, bei der tiefen molekularen Remission sprechen wir von weniger als 0,1 Prozent der Gesamtzahl der Zellen, die noch befallen sind.
Wie unterscheidet sich MRD-Negativität von tiefer molekularer Remission?
Eigentlich liegen diese Begriffe sehr nahe nebeneinander.
Tiefe molekulare Remission, wie wir sie bei der CML bezeichnen, bezieht sich konkret auf diese sogenannte PCR-Methode, Polymerase-Kettenreaktion als Nachweismethode des befallenen Gens, des sogenannten BCR-ABL-Gens.
Und den Begriff einer MRD-Negativität soll man daher immer in Abhängigkeit von der jeweils genannten untersuchten Erkrankung sehen.
Grundsätzlich wäre eine wirkliche MRD-Negativität das komplette Ausrotten aller Tumorzellen bei einem Patienten in einer Krankheitssituation. Es hängt von der Erkrankung und der jeweils zur Verfügung stehenden Methode ab, wie präzise Sie diese Aussage treffen können.
Wann ist es wichtig den MRD-Status zu kennen?
Es ist dann wichtig, wenn im Körper verbleibende Tumorzellen, auch wenn das auf einem vielleicht nur sehr geringen Niveau besteht, ein früheres Rezidiv, also einen früheren Rückfall, ein früheres Wiederauftauchen der Erkrankung bewirkten. Das heißt bei Erkrankungen, wo ich sagen kann, dass das Krankheitsfrei-Intervall oder eine mögliche Heilung unmittelbar davon abhängt, wie viele mögliche restliche Tumorzellen im Körper verblieben sind.
Auf den Punkt gebracht
Was bedeutet MRD?
- MRD steht für eine Minimale Resterkrankung und beschreibt einen minimalen Rest von Krebszellen, der nach einer Therapie im Körper verbleiben kann.
- MRD-Negativität bedeutet, dass mit den zur Verfügung stehenden Nachweismethoden keine Krebszellen mehr im Körper gefunden wurden.
MRD-Positivität
Minimale (messbare) Resterkrankung
Bezeichnet eine winzige Menge an Krebszellen, die nach einer Behandlung noch im Körper verbleiben und mit modernen Labormethoden nachgewiesen werden können.
MRD-Negativität
Keine messbare Resterkrankung
Können auch mit modernsten Labormethoden keine Krebszellen mehr nachgewiesen werden, spricht man von MRD-Negativität.
Was bedeutet die Abkürzung MRD in der Medizin?
Die Abkürzung MRD kommt vom englischen Ausdruck „minimal residual disease“, also Minimale Resterkrankung. Diese bezeichnet eine winzige Menge an Krebszellen, die nach einer Behandlung noch im Körper verbleibt. Diese Zellen können sich im Blut oder auch im Knochenmark befinden, nachwachsen und damit einen Rückfall auslösen. Der Begriff wird zumeist im Zusammenhang mit verschiedenen Arten von Blutkrebs verwendet, gilt grundsätzlich aber auch für feste (solide) Tumore.
Was ist in diesem Zusammenhang mit Blutkrebs gemeint?
Im Zusammenhang mit Blutkrebs kommt es häufig zu einer unscharfen Begriffsabgrenzung, da Blutkrebs der Überbegriff für bösartige Erkrankungen des Knochenmarkes bzw. des blutbildenden Systems ist.
Leukämie wird umgangssprachlich gleichbedeutend damit verwendet, bezeichnet aber ebenso wie Lymphome oder das Multiple Myelom nur eine bestimmte Form davon. Diese Formen werden dann noch genauer in spezifische Erkrankungen unterteilt.
Wann spielt MRD eine Rolle?
Die Minimale Resterkrankung ist bei vielen Blutkrebsarten von großer Bedeutung. Dennoch ist ihr Status in manchen Situationen entscheidender als in anderen.
So deutet bei einigen Erkrankungen das Erreichen von MRD-Negativität gleich nach Abschluss der Ersttherapie auf eine gute Prognose hin. Bei manchen Blutkrebserkrankungen beeinflusst der MRD-Status weitere Therapieentscheidungen.
Auch nach einer Stammzelltransplantation wird mithilfe der MRD-Nachweismethoden die Wirksamkeit dieses Behandlungsschrittes untersucht.
Genauere Informationen zur Bedeutung der MRD bei den verschiedenen Blutkrebsarten erhalten Sie in der Lektion MRD bei verschiedenen Blutkrebsarten.
Welche Rolle spielt die MRD in der medizinischen Forschung?
Das Konzept der Minimalen Resterkrankung ist nicht nur in der Behandlung selbst von Bedeutung, sondern wird auch in der Forschung eingesetzt. Die verbleibende Restmenge an kranken Zellen über moderne Technologien zu analysieren, gibt Aufschluss über die Wirksamkeit einer Behandlungsmethode. MRD in medizinischen Studien zu erheben und auszuwerten, kann also genützt werden, um neue Medikamente und Therapien zu prüfen.
Was bedeutet Remission und MRD-Negativität?
Spricht eine Patientin/ein Patient auf eine Behandlung an, so nennt man dies Remission. Die Bewertung des Behandlungserfolges erfolgt anhand der Menge der verbliebenen Krebszellen, die mit unterschiedlich genauen Techniken nachgewiesen werden.
Um Rückfälle möglichst zu verhindern, versucht man, auch diesen letzten Rest an kranken Zellen zu zerstören. Können auch mit modernsten Labormethoden keine Krebszellen mehr nachgewiesen werden, spricht man von MRD-Negativität.
Warum werden so viele Arten der Remission unterschieden?
Remission wird in verschiedene Meilensteine eingeteilt, je nachdem wie tiefgreifend der Behandlungserfolg ist. Dabei orientiert man sich daran ob der Krebs z.B. über Symptome, Zellen in Blut/Knochenmark oder nur mehr über genaue molekularbiologische Methoden nachweisbar ist.
Bei der sogenannten tiefen molekularen Remission zeigen sich keine Symptome mehr und der Krebs kann nur mehr auf molekularer Ebene ausfindig gemacht werden. Die exakte Definition der Remission hängt von der jeweiligen Krebsart ab.
Was bedeutet die log-Reduzierung bei der Angabe einer Remission?
Um die Laborergebnisse einordnen zu können, werden sie üblicherweise nicht in Konzentrationen, sondern in Veränderungen zur vorherigen Messung angegeben. In der Medizin wird dabei von log-Veränderungen gesprochen. 1-log-Reduzierung bedeutet eine Reduzierung der Krebszellen um das 10-Fache zum vorhergehenden Ergebnis, 2-log-Reduzierung um das 100-Fache und so weiter. Messungen verschiedener Labore sind nur nach Standardisierung der Methoden und Ergebnisse vergleichbar.
Wussten Sie schon
Statt „minimal residual disease“ wird immer häufiger auch „measurable residual disease“ verwendet. Dieser Begriff der „messbaren Resterkrankung“ soll deutlich machen, dass der Nachweis einer „minimalen Resterkrankung“ immer auch von den eingesetzten Nachweismethoden abhängig ist.
Geprüft OA Dr. Reinhard Ruckser: Stand Juni 2019 | AT-VNCCLL-200027-16032020