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Kurs Mutter sein mit Krebs: Lektion 1 von 6

Diagnose Krebs als Mutter – und nun?

An einem Freitagnachmittag erhielt ich meine Diagnose Brustkrebs und bereits am folgenden Wochenende entwickelte ich einen ersten Plan, der meinem Sohn und mir dabei helfen sollte, die anstehende Therapiezeit bestmöglich zu bewältigen.

Das war in unserem Fall zwingend erforderlich, da ich meinen Sohn allein erziehe. Mir war bewusst, dass wir Unterstützung benötigen werden, damit wir unseren Alltag aktiv und selbstbestimmt fortsetzen konnten. Zudem benötigte ich freie Zeitfenster, um sowohl Arzt- und Kliniktermine, aber auch bürokratische Wege bewältigen zu können.

Pläne schmieden gegen das Gefühl des Ausgeliefertseins

Wer könnte die Betreuung für meinen Sohn übernehmen, wenn ich beispielsweise durch eine Operation in die Klinik musste oder mich deren Folgen einschränken sollten? Dies waren meine dringendsten Sorgen, die ich zu meiner Beruhigung geklärt wissen wollte.

Das Pläne schmieden minderte zudem das Gefühl, der Erkrankung hilflos ausgeliefert zu sein.

Die größte Sorge, neben der Schockbewältigung unserer Krebsdiagnose, gilt unseren Kindern. In diesem Bezug sind wir Mütter uns alle gleich und doch sind wir individuell so verschieden und die Gegebenheiten von Mutter zu Mutter anders.

  • Bild von Familie

    Jede Familie ist anders

    Ganz gleich, ob wir unsere Kinder alleinstehend erziehen, als zusammengewürfelte Patchworkfamilie oder als klassische Familie leben

  • Bild von Krankheit

    Jede Erkrankung ist einzigartig

    Ganz gleich, ob unsere Diagnose mit einer Metastasierung verbunden ist oder die Erkrankung früh diagnostiziert wurde und die Chancen auf Heilung gut stehen

  • Bild von Kinder

    Jedes Kind ist einmalig

    Ganz gleich, ob unsere Kinder mit all ihren facettenreichen Persönlichkeiten und Talenten gesund, schwerkrank oder mit einer Behinderung unser Leben bereichern

Die Sorge um deine Kinder werde ich dir leider nicht nehmen können. Aber indem du Pläne schmiedest und den Alltag von dir und deiner Familie bewusst und aktiv mitgestaltest, kannst du etwas gegen das Gefühl des Ausgeliefertseins vorgehen. Dabei möchte ich dich gerne unterstützen. Nachfolgend daher einige erste Schritte für die Zeit nach der Diagnose, die hilfreich sein können:

Kommunikation mit Familie und Umfeld

Der erste Schritt nach der Diagnose Krebs wird die Überlegung sein: Wen aus meiner Familie und Umfeld möchte ich ins Vertrauen ziehen? Wer bekommt welche Informationen und welche Vertrauensperson kann evtl. als Sprachrohr nach außen fungieren?

Dieser Schritt des ins Vertrauen ziehen, ist eine sehr individuelle Entscheidung und ich kann es doch nur jeder betroffenen Frau ans Herz legen. Oft ergeben sich aus diesen Gesprächen, erste wichtige Unterstützungsangebote und großer Trost.

KEINE von uns sollte still leiden!

Hin- und wieder braucht es aber auch eine Abgrenzung. Kurz nach Bekanntwerden meiner Diagnose im Familienkreis, stand mein Telefon nicht mehr still und ich musste Angehörige trösten und ihnen oft im Beisein meines Sohnes erklären, was ich selbst noch nicht verinnerlicht hatte. Um meinem Sohn und mir diesen emotionalen Stress zu ersparen, bat ich alle weitere Fragen an eine von mir benannte Vertrauensperson zu stellen.

Im Familien- und Freundeskreis kann es sinnvoll sein, eine SOS Whatsapp-Gruppe zu gründen, in der ein persönliches Netzwerk auf schnellstem Weg informiert und bei Bedarf Hilfe erbeten und rasch organisiert werden kann.

Unterstützungsmöglichkeiten

Neben einer möglichen Unterstützung aus dem Familien- und Freundeskreis, gibt es weitere Unterstützungsmöglichkeiten, auf die man vorübergehend oder längerfristig zurückgreifen kann:

Eine Beratung bei der Krankenkasse

Sobald sich der erste Schock über die Diagnose gelegt hat, sollte eine ausführliche Beratung bei der Krankenkasse in Anspruch genommen und gegebenenfalls eine Haushaltshilfe beantragt werden, die von einem Arzt durch eine Notwendigkeitsbescheinigung bestätigt wird.

Der Anspruch auf eine Haushaltshilfe besteht grundsätzlich immer dann, wenn Kinder bis zum 12. Lebensjahr im Haushalt leben (ohne Altersbeschränkung bei einem behinderten Kind). Ein Anspruch auf Haushaltshilfe besteht auch dann, wenn ein Lebenspartner in Vollzeit arbeitet und sich nicht um den gemeinsamen Haushalt kümmern kann.

Eine Haushaltshilfe übernimmt im Krankheitsfall bis zu 26 Wochen die Tätigkeiten, die meist in der Verantwortung von Müttern liegt. Diese können zum Beispiel sein:

  • Grundreinigung des Haushalts
  • Wäsche waschen
  • Einkäufe erledigen und Kochen
  • Botengänge wie Post auf den Weg bringen, Verordnungen bei ÄrztInnen besorgen,
  • Kinder- und Hausaufgabenbetreuung, Begleitung zum Kindergarten oder in die Schule gewährleisten uvm.

Die Kosten werden von der Krankenkasse bis auf eine Eigenbeteiligung, direkt mit dem Dienstleister abgerechnet. Dies kann ein Pflegedienst, Wohlfahrtsverband oder eine örtliche Reinigungsfirma sein. Die Eigenbeteiligung beträgt 10% der Kosten, oder mindestens fünf und höchstens zehn Euro pro Tag.

Für eine privat organisierte Unterstützung im Haushalt, dies kann eine NachbarIn oder FreundIn sein, zahlen Krankenkassen einen Stundenlohn von 6,- bis 9,50 Euro. Verwandte bis zum zweiten Grad und Lebenspartner bekommen einen Ausgleich der Krankenkasse nur dann, wenn sie einen Verdienstausfall oder Fahrtkosten nachweisen können.

Mein Tipp: lasst euch ausführlich beraten, da Krankenkassen zu den gesetzlichen Rahmenverträgen zusätzlich über unterschiedliche Satzungsleistungen verfügen und manchmal mehr möglich ist, als auf den ersten Blick erscheint.

Grundpflege nach § 37.1

Eine Grundpflege kann beispielsweise nach einer Operation von Nutzen sein, wenn man seine persönliche Körperpflege kurzfristig auf Grund von Bewegungseinschränkungen und körperlicher Schwäche nicht selbst ausüben kann und wenn keine Person im Haushalt lebt, die diese übernehmen könnte. Die Grundpflege wird von der behandelnden Ärztin/vom behandelnden Arzt verordnet und von einem ambulanten Pflegedienst übernommen. Wurde jedoch bereits ein Pflegegrad beantragt, entfällt Grundpflege nach § 37.1

Pflegegrad beantragen

Bei einem schweren Krankheitsverlauf, wenn eine Krebsdiagnose beispielsweise palliativ ist und die Krankheit zunehmend fortschreitet, ist es empfehlenswert, einen Antrag für einen Pflegegrad zu stellen. Dies betrifft PatientInnen, die unter körperlichen, kognitiven oder psychischen Beeinträchtigungen leiden oder ihren Alltag auf Dauer von wenigstens sechs Monaten, nicht selbständig bewältigen können.

Ein Pflegegrad bietet zudem die Möglichkeit, weitere Leistungen über die Pflegekasse zu erhalten (Zuschüsse für evtl. Umbaumaßnahmen eines behindertengerechten Bads oder zusätzlicher Hilfsmittelbedarf wie einem Pflegebett uvm.). Der Antrag wird über die Krankenkasse gestellt und diese beauftragt den Medizinischen Dienst, eine Einstufung vorzunehmen.

Sozialdienst der Klinik nutzen

Bei einem Klinikaufenthalt gibt es die Möglichkeit, einen Kontakt zum Sozialdienst der Klinik aufzunehmen. Unter Einbeziehung aller ärztlicher und pflegerischer Informationen und der persönlichen Lebenssituation, werden geeignete Hilfsmöglichkeiten nach gemeinsamer Absprache auf den Weg gebracht, wie sie oben genannt wurden.

Familienhilfe vom Jugendamt

Je nach Familiensituation und Alter der Kinder, kann beim Jugendamt ein Antrag für eine Familienhilfe gestellt werden. Wird ein solcher Antrag bewilligt, kann ein/e FamilienhelferIn bis zu 5-mal die Woche die Familie im Haushalt und der Kinderbetreuung unterstützen.

Nach einem Bewilligungsablauf, kann dieser gegebenenfalls verlängert werden. Die Kosten werden dabei vom Jugendamt übernommen.

Mut und Kraft

Innerhalb kurzer Zeit müssen viele existentielle Entscheidungen getroffen und emotional große Hürden genommen werden. Sobald die Therapie begonnen hat, braucht es einen Alltag, der stützt und auffängt. Es braucht vielleicht Mut, andere um Unterstützung und Hilfe zu bitten oder gar anzunehmen.

Die wertvolle Unterstützung aus dem Familien- und Freundeskreis oder aber von außen, schenkt uns dabei Freiräume, für die wirklich wichtigen Dinge im Leben – Zeit und Kraft für unsere Kinder und unsere liebsten Herzmenschen!

Hab Mut bei allem, was du angehen musst und wage es zu träumen und Wünsche zu äußern!

Geprüft Nicole Kultau: aktualisiert März 2022

Die Kurse sind kein Ersatz für das persönliche Gespräch mit Ihrer Ärztin/Ihrem Arzt, sondern ein Beitrag dazu, PatientInnen und Angehörige zu stärken und die Arzt-Patienten-Kommunikation zu erleichtern.

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