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Kurs Rechte in der Arzt-Patienten-Beziehung: Lektion 5 von 6

Dokumentationspflicht und Einsichtsrecht

Ihre behandelnden ÄrztInnen sind verpflichtet, die wichtigsten diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen, Verlaufsdaten, aber auch Zwischenfälle zu dokumentieren. In dieser Lektion erfahren Sie, was Ihre Ärztin/Ihr Arzt dokumentieren muss und wie diese festgehaltenen Informationen durch die Verschwiegenheitspflicht geschützt sind. Außerdem erfahren Sie, inwieweit Sie ein Einsichtsrecht in diese Aufzeichnungen haben.

Video Transkript

Was muss von der Ärztin/vom Arzt dokumentiert werden?

Der Arzt ist verpflichtet, Aufzeichnungen über jeden Patienten zu führen. Zur Dokumentation gehören die Beratung, die Diagenose und die Behandlung. Vor allem ist der Zustand der Person bei Übernahme der Beratung oder Behandlung sowie die Vorgeschichte einer Erkrankung, die Diagnose, den Krankheitsverlauf sowie über Art und Umfang der Leistungen zu dokumentieren. Jeder Patient hat ein Recht darauf diese Dokumentation vollständig zu erhalten.

Wie lange müssen die Dokumente aufbewahrt werden?

Die Dokumentation über Behandlungen bei niedergelassenen Ärzten ist 10 Jahre aufzubewahren. Genauso wie die Dokumenation von Krankenanstalten-Ambulanzen 10 Jahre aufzubewahren ist. Für stationäre Pflege in Krankenanstalten gilt eine 30 jährige Aufbewahrungspflicht.

Habe ich als PatientIn jederzeit ein Recht auf Einsichtnahme in meine Krankengeschichte?

Der Patient hat aufgrund des Behandlungsvertrages das Recht in seine Krankengeschichte Einsicht zu nehmen bzw Kopien oder einen Ausdruck zu erhalten. Diese Recht ist ausdrücklich in Gesetzen und in der Patientencharta verankert. Auf die Herausgabe der Originalunterlagen kann der Patient aufgrund der Aufbewahrungspflicht des Behandlers nicht bestehen.

In welchen Fällen darf eine Ärztin/ein Arzt Krankenunterlagen vor mir zurückhalten?

Grundsätzlich ist das Einsichtsrecht in die Krankengeschichte ein absolutes Recht, das nicht eingeschränkt werden kann. Sollte der Arzt jedoch eine ernsthafte gesundheitliche Gefahr für den Patienten erwarten, wenn er bestimmte Informationen an den Patienten preisgibt, dann kann er das sogenannte „therapeutische Privileg“ in Anspruch nehmen und sich weigern jene Teile herauszugeben, die aus Sicht des Arztes eine Gefährdung des Patienten mit hoher Wahrscheinlichkeit hervorrufen können. Der Patient kann hier im Streitfall das Pflegschaftsgericht anrufen, das dann darüber entscheidet, ob diese Gefahr tatsächlich gegeben ist.

Was ist die ärztliche Verschwiegenheitspflicht?

Der Arzt und seine Hilfspersonen sind zur Verschwiegenheit über alle ihnen in Ausübung ihres Berufes anvertrauten oder bekannt gewordenen Geheimnisse verpflichtet. Basis ist sowohl das Gesetz als auch der Behandlungsvertrag. Die Verschwiegenheitspflicht dient dem Schutz des Rechtes auf Selbstbestimmung: Der Patient bestimmt wem er Informationen über sich preisgibt; sowie dem Schutz der Privatsphäre und auch dem Schutz vor Diskriminierung (zB durch Bekanntwerden einer vermeintlich gefährlichen Infektion).

Welche Informationen fallen unter die Verschwiegenheitspflicht?

Alle ihnen in Ausübung ihres Berufes anvertrauten oder bekannt gewordenen Geheimnisse Das beinhaltet allem voran, die Tatsache dass der Arzt diesen Patienten behandelt. Erst danach sind vor allem individuelle Merkmale des Patienten (zB Sucht, Neigungen), personenbezogene Daten (Adresse, Genetische Eigenschaften etc), Diagnose und die Therapie sowie sämtliche anderen Informationen die der Arzt im Rahmen seiner Tätigkeit erhält, geheim zu halten.

Welche Ausnahmen von der Verschwiegenheitspflicht gibt es?

Die ärztliche Verschwiegenheitspflicht besteht nicht wenn:

  • eine vom Gesetz definierte meldepflichtige Erkrankung vorliegt. In diesem Fall muss der Arzt eine Meldung an die Behörde abgeben (zB Tuberkulose, HIV). Die Geheimhaltung ist nur gegenüber der Behörde aufgehoben und diese ist dem Amtsgeheimnis verpflichtet.
  • Sozialversicherungsträger, Spitäler oder sonstige Kostenträger Daten benötigen, um ihren Aufgaben nachkommen zu können bestimmte Daten. Daher dürfen die erforderlichen Daten per Gesetz an diese Institutionen weitergegeben werden. Die Sozialversicherung zB hat nur ein Anrecht auf Daten die zur Kostenübernahme und Kontrolle der Wirtschaftlichkeit erforderlich sind. Auch diese Institutionen unterliegen einer eigenen Verschwiegenheitspflicht.
  • der Patient kann den Arzt von der Geheimhaltung entbinden zB für die Beratung mit einem anderen Arzt oder eine Aussage vor Gericht oder für die Privatversicherung.

Was hat sich durch ELGA für die Patientenrechte geändert?

ELGA berührt die Patientenrechte nicht, sondern stellt eine elektronische Art der Dokumentation dar, die aber weder in die Rechte des Arztes oder des Patienten eingreifen soll. Im ELGA-Gesetz ist klar geregelt, wer mit ELGA auf Gesundheitsdaten zugreifen darf. Der Zugriff ist damit streng auf jene Ärzte oder Gesundheitseinrichtungen beschränkt, die die betreffenden Patienten behandeln. Der Patient hat zudem das Recht bestimmte Dokumentationen (zB Laborwerte, Röngtenbilder) für bestimmte Ärzte oder Institutionen zu sperren und hat so die Möglichkeit zu entscheiden, wer auf welche Informationen Zugriff haben soll. Bei bestimmten Indikationen sind Ärzte verpflichtet eine eigene Zustimmung einzuholen, ob diese Daten überhaupt in ELGA gestellt werden dürfen (zB psychische Erkrankungen und HIV).

Bei missbräuchlicher Verwendung von ELGA-Gesundheitsdaten drohen hohe Strafen.

selpers FallbeispielFallbeispiel zum Einsichtsrecht

Ein Ehepaar kommt immer gemeinsam zum Arzt und ist als Vertrauensperson auch bei der Therapie anwesend. Nach ca. 9 Monaten kommt der Ehegatte alleine in die Ordination und möchte ein Duplikat des Leberbefundes seiner Frau.

Darf dieser herausgegeben werden?

Ja, der Befund darf ohne weiteres herausgegeben werden, da der Ehegatte bei der letzten Therapie anwesend war.
Nein, da kein naher zeitlicher Zusammenhang mit der letzten Behandlung besteht, darf ohne Zustimmung der Patientin keine Auskunft erteilt werden.

Falsch Wenn ein sehr naher zeitlicher Zusammenhang (zB nächster Tag) mit der letzten Behandlung bestanden hat, dann könnte der Arzt auf den Anschein vertrauen, dass hier eine Vollmacht vorliegt. Im vorliegenden Fall liegen allerdings zwischen dem letzten Kontakt 9 Monate. Im konkreten Fall hat die Sprechstundenhilfe richterweise die „Frau“ angerufen und erfahren, dass das Paar in Scheidung lebt. Der Mann wollte offenbar den Befund im Scheidungsverfahren verwenden. ACHTUNG auch Kindern und Geschwistern darf ohne ausdrückliche Zustimmung des Patienten keine Auskunft erteilt werden.

Richtig Wenn ein sehr naher zeitlicher Zusammenhang (zB nächster Tag) mit der letzten Behandlung bestanden hat, dann könnte der Arzt auf den Anschein vertrauen, dass hier eine Vollmacht vorliegt. Im vorliegenden Fall liegen allerdings zwischen dem letzten Kontakt 9 Monate. Im konkreten Fall hat die Sprechstundenhilfe richterweise die „Frau“ angerufen und erfahren, dass das Paar in Scheidung lebt. Der Mann wollte offenbar den Befund im Scheidungsverfahren verwenden. ACHTUNG auch Kindern und Geschwistern darf ohne ausdrückliche Zustimmung des Patienten keine Auskunft erteilt werden.

Allgemeine Rechte und Pflichten

Im Rahmen der Behandlung gibt es verschiedene Rechte für die Patientin/den Patienten und Pflichte für die Ärztin/den Arzt. Diese überlappen sich teilweise. Diese Tabelle stellt einen Überblick darüber dar:

Arztpflicht
Arzt in weißem Kittel mit Stethoskop
Patientenrecht
Männlicher Patient
Aufklärung Selbstbestimmtheit
Behandlung
Schmerzbehandlung
Dokumentation Einsicht
Verschwiegenheit Recht auf Wahrheit

Eine Patientin/ein Patient hat das Recht auf Behandlung, wobei dies gleichzeitig eine Pflicht für die Ärztin/den Arzt darstellt. Wenn bei gewissen Erkrankungen keine tatsächliche Behandlung mehr möglich ist, haben PatientInnen zumindest das Recht auf Schmerzbehandlung.

Wie bereits in “Lektion Aufklärung und Einwilligung” besprochen, ist die Aufklärung gleichzeitig ärztliche Pflicht und Recht der Patientin/des Patienten. Sie ist außerdem Voraussetzung für das Recht auf Selbstbetimmung der PatientInnen. Noch nicht besprochen wurden die Rechte und Pflichten aus den Bereichen Dokumentation und Einsichtnahme:

Dokumentationspflicht und Einsichtsrecht

ÄrztInnen sind verpflichtet, die wichtigsten Eckdaten der Behandlung zu dokumentieren. Dazu zählen zum Beispiel Verlauf, Maßnahmen und Zwischenfälle, sowie Änderungen der Diagnose oder Behandlung. Sie müssen diese außerdem für 10 Jahre bzw. manche Dokumente sogar für 30 Jahre aufbewahren.

PatientInnen haben demgegenüber ein Recht auf Einsicht und Abschrift ihrer gesamten Krankengeschichte. Dabei besitzen PatientInnen ihre Krankenakte nicht, haben also kein Recht auf Herausgabe der Originale. Sie dürfen diese aber gegen einen angemessenen Kostenersatz kopieren.

Gibt es Ausnahmen vom Einsichtsrecht?

Es gibt vereinzelt Ausnahmen in denen bestimmte Unterlagen zurückgehalten werden dürfen. Das kann unter anderem der Fall sein, wenn die Einsicht zu einer Verschlechterung der psychischen oder Gesamtgesundheit führen würde. Dies kann besonders im Bereich der Psychiatrie oder bei depressiven und suizidgefährdeten PatientInnen der Fall sein.

Verschwiegenheitspflicht

Die ärztliche Schweigepflicht stellt das Vertrauensverhältnis in der Arzt-Patient-Beziehung sicher. Sie umfasst nicht nur Untersuchungsergebnisse, sondern auch Dinge wie den Namen, persönliche Umstände oder sogar ob jemand überhaupt krank ist.

Mit der Ausnahme der Eltern von minderjährigen Kindern, gilt die Verschwiegenheitspflicht grundsätzlich auch gegenüber Angehörigen, wie Ehegatten. Sie gilt auch für bereits verstorbene PatientInnen.

Gibt es Ausnahmen von der Verschwiegenheitspflicht?

Eine Ärztin/ein Arzt ist von der Verschwiegenheitspflicht befreit, wenn eine Gefahr für die Allgemeinheit, z.B. bei drohenden Seuchen, oder für die/den jeweilige/n PartnerIn besteht, z.B. bei einer verheimlichten HIV-Infektion.

Bei einem berechtigten öffentlichen Interesse oder in Strafprozessen sind ÄrztInnen ebenfalls von der Verschwiegenheitspflicht entbunden.

Ansonsten nur wenn die Patientin/der Patient dies ausdrücklich erlaubt.

Wussten Sie schon

Wussten Sie schon, dass Ihnen Patientenanwälte zur Beratung aber auch zur Hilfe im Konfliktfall zur Verfügung stehen? Diese werden in manchen Bundesländern auch als Patientenvertretungen bezeichnet. Sie helfen kostenlos und unverbindlich bei der Vertretung Ihrer Rechte, z.B. im Beschwerdefall oder bei vermuteten Behandlungsfehlern.

Geprüft Dr.in Maria-Luise Plank: Stand Juni 2019

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Dieser Kurs ist Teil der Kursreihe "Sozialversicherung & Recht bei chronischer Erkrankung"

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Die Kurse sind kein Ersatz für das persönliche Gespräch mit Ihrer Ärztin/Ihrem Arzt, sondern ein Beitrag dazu, PatientInnen und Angehörige zu stärken und die Arzt-Patienten-Kommunikation zu erleichtern.

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