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Kurs Rechte in der Arzt-Patienten-Beziehung: Lektion 4 von 6

Kassenleistungen

Durch das System der Pflichtversicherung sind die meisten Menschen in Österreich bei einer Krankenkasse versichert. Dadurch haben sie ein Recht auf gewisse Leistungen von dieser. Informieren Sie sich in dieser Lektion, welche Leistungen Ihnen daraus zustehen und was ein Behandlungsvertrag ist.

Video Transkript

Habe ich als PatientIn ein Recht auf Leistungen von der Sozialversicherung?

In Österreich gibt es eine Pflichtversicherung für alle Einwohner. Darum sind mindestens 95% der Bevölkerung krankenversichert. Jeder Versicherte hat in Österreich das Recht auf Krankenbehandlung und Anstaltspflege und Hauskrankenpflege nach den allgemein anerkannten medizinischen Standards. Dazu gehören auch Arzneimittel, Medizinprodukte, sonstige Therapien und Pflege. Die Kasse muss die Leistungen nicht nur bezahlen, sondern muss auch dafür sorgen, dass ausreichend Ärzte und Krankenanstalten zur Verfügung stehen.

Welche Leistungen schuldet mir die Krankenkasse?

Die Kasse schuldet ihren Versicherten Krankenbehandlung, Anstaltspflege und Hauskrankenpflege inklusive dazugehörende Medikamente, Medizinprodukte und sonstige Therapien. Sämtliche Diagnosen und Therapien haben dem Stand der Medizin zu entsprechen. Der Stand der Medizin wird in Leitlinien festgehalten. Stand der Medizin sind auch von Universitäten empfohlene Praktiken. Die Kasse schuldet zudem eine Sachleistung. Das bedeutet, dass sie Ärzte, Krankenanstalten und Institute die Leistungen direkt mit der Kasse verrechnen können unter Vertrag nehmen muss, sodass für die Versicherten eine Behandlung ohne Vorfinanzierung möglich ist.

Warum benötige ich eine Chef- und kontrollärztliche Bewilligung und wer muss diese einholen?

Die Krankenkasse kann für bestimmte (oft teure) Leistungen eine vorherige Bewilligung durch die den Chefarzt der Kasse verlangen. Dabei handelt es sich um eine administrative Kontrolle, mit der geprüft werden soll, ob die Leistung tatsächlich erforderlich ist oder ob eine gleichwertige kostengünstigere Leistung zur Verfügung steht. Für Arzneimittel muss die Chefarztbewiligung im Rahmen des ABS (Arzneimittel-Bewilligungs-)Systems von den Ärzten elektronisch eingeholt werden. Für andere Leistungen wie zB CT´s und MR´s hat der Patient selbst die Bewilligung einzuholen. In diesem Fall kann die Bewilligung persönlich eingeholt werden oder per Fax oder Post übermittelt werden.

Welche Aufgaben hat die Chefärztin/der Chefarzt der Krankenkassen?

Der Chef- und Kontrollärztliche Dienst der Krankenkassen ist nicht der medizinische „Vormund“ der Kassenärzte, sondern ist alleine für wirtschaftliche Agenden zuständig, wie zB die Bewilligung von teureren Arzneimitteln, oder die wirtschaftliche Kontrolle der Ärzte. Der Chefarzt darf in das Verhältnis zwischen Arzt und Patient und auch nicht in die Therapie eingreifen. Die Kasse darf nur im Gesetz festgelegten Kontrollzwecken Kontakt mit dem Patienten aufnehmen (zB Nachfrage, ob eine bestimmte Therapie tatsächlich durchgeführt wurde). Sollte daher vorherigen Chefarztantrag ein Schreiben von der Kasse kommen indem angekündigt wird, dass eine Therapie in Zukunft nicht mehr bewilligt wird, dann sollte sich der Patient sofort an seinen behandelnden Arzt wenden.

Darf die Sozialversicherung Leistungen verweigern?

Die Kasse darf nur dann die Kostenübernahme einer Leistung ablehnen, wenn eine gleich gute aber billigere Therapie zur Verfügung steht. In diesem Fall ist das Wirtschaftlichkeitsgebot zu beachten. Dabei handelt es sich zum Beispiel um billigere Generika bei einer Ersteinstellung.

Was ist der Behandlungsvertrag und gibt es einen Zusammenhang mit der sozialen Krankenversicherung?

Der Behandlungsvertrag ist der Vertrag zwischen Arzt und Patienten nachdem der Arzt die Pflicht hat, sorgfältig und am Stand der Medizin zu behandeln und der Patient eine Mitwirkungspflicht an der Therapie sowie die Leistung zu bezahlen hat. Führt ein Kassenarzt die Behandlung durch, muss der Patient die Leistung nicht direkt dem Arzt bezahlen, sondern die Kosten werden von der Versicherung direkt an den Arzt bezahlt (Verrechnungsvertrag zwischen Kasse und Arzt – auch Vertragsärzte genannt).

Was passiert bei einer Überweisung zu einer/einem anderen Ärztin/Arzt?

Stellen behandelnde Ärzte fest, dass sie bestimmte Geräte für eine Untersuchung nicht haben oder ein Facharzt erforderlich ist, dann haben diese Ärzte ihre Patienten zu diesen Spezialisten oder an ein Labor oder ein Röngteninstitut zu überweisen. Der Überweisungsschein wird gemeinsam mit der e-card (als Anspruchsnachweis) der Ärztin/dem Arzt vorgelegt, an die/den Sie überwiesen wurden. Überweisungen bzw. Zuweisungen sind ab dem Ausstellungstag einen Monat gültig. In der Überweisung gibt der behandelnde Arzt bestimmte Aufträge wie zB die Feststellung von Laborwerten, Durchführung eines MRT oder Röngtenbildes oder einfach die Weiterbehandlung des Patienten. Der überweisende Arzt erhält dann automatisch die Testergebnisse oder einen Bericht über die Behandlung, sodass er – wenn der Patient wieder zu ihm kommt – über die entsprechenden Informationen verfügt. Möchte der Patient nicht, dass diese Information weitergeleitet wird, können diese einzelnen Befunde auch in der elektronischen Krankenakte ELGA gesperrt werden.

Kann ich jederzeit die Ärztin/den Arzt wechseln?

Es herrscht die sogenannte Quartalsregelung das bedeutet pro Quartal können ohne Überweisung folgende Ärzte aufgesucht werden:

  • eine Vertragsärztin/ein Vertragsarzt für Allgemeinmedizin
  • bis zu drei Vertragsfachärztinnen/Vertragsfachärzte verschiedener Sparten
  • beliebig viele Vertragszahnärztinnen/Vertragszahnärzte

Wahlärzte können jederzeit gewechselt werden. Am Beginn eines neuen Quartals ist für den Wechsel eines Vetragsarztes keine Zustimmung der Krankenversicherung notwendig (d.h. wenn bei dem vorigen Arzt im betreffenden Quartal noch nicht die E-Card gesteckt wurde). Während des laufenden Quartals kann aus wichtigen Gründen (z. B. Vertrauensverlust) mit Zustimmung des jeweiligen Krankenversicherungsträgers gewechselt werden. In diesem Fall muss die zuständige Bezirks-/Dienststelle der Krankenversicherung zwecks Freischaltung Ihrer E-Card kontaktiert werden.

selpers FallbeispielFallbeispiel zur chefärztlichen Bewilligung

Sie haben seit Wochen anhaltend starke Schmerzen und haben bereits versucht sich mit üblichen Schmerzmitteln selbst zu therapieren. Da die üblichen Schmerzmittel wirkungslos waren, suchen Sie eine Ärztin auf und diese rät Ihnen zu einem neuartigen Schmerzmittel und sucht um eine Bewilligung beim Chefarzt der Krankenkasse an. Die Kasse lehnt die Therapie mit der Begründung ab, dass sie dieses Schmerzmittel generell nicht bezahlt.

Werden für Ihre Behandlung somit nur die üblichen Schmerzmittel von der Kasse erstattet?

Ja, für die Behandlung werden demnach fix nur die üblichen Schmerzmittel erstattet.
Nein, mit einer Begründung für die Kasse von der Ärztin, besteht die Möglichkeit, dass das Rezept doch bewilligt wird.

Falsch Ihre Ärztin klärt sie darüber auf und weist Sie darauf hin, dass Sie die Möglichkeit haben einen Bescheid zu verlangen und bietet Ihnen an, eine Begründung für die Kasse bereitzustellen. In der Begründung stellt die Ärztin dar, warum in ihrem Fall billigere Schmerzmittel nicht in Frage kommen. Anstatt des Bescheides erhalten Sie aufgrund der Begründung der Ärztin nun doch das Rezept bewilligt.

Richtig Ihre Ärztin klärt sie darüber auf und weist Sie darauf hin, dass Sie die Möglichkeit haben einen Bescheid zu verlangen und bietet Ihnen an, eine Begründung für die Kasse bereitzustellen. In der Begründung stellt die Ärztin dar, warum in ihrem Fall billigere Schmerzmittel nicht in Frage kommen. Anstatt des Bescheides erhalten Sie aufgrund der Begründung der Ärztin nun doch das Rezept bewilligt.

Der Behandlungsvertrag als Grundlage der Beziehung

Ein Behandlungsvertrag regelt die grundlegenden juristischen Rahmenbedingungen in der Beziehung zwischen PatientIn und Ärztin/Arzt. Er muss nicht schriftlich abgeschlossen werden. Ein Behandlungsvertrag kommt automatisch zustande, sobald Sie z.B. die Anmeldung und Aufnahme in einer Ordination oder im Krankenhaus abgeschlossen haben, und die Ärztin/der Arzt die Behandlung aufnimmt.

Welche Rechte und Pflichten sind damit verbunden?

Damit treten gewisse Rechte und Pflichte für PatientInnen und ÄrztInnen in Kraft. Als PatientIn erlangen Sie das Recht auf fachkundige Untersuchung, Aufklärung und Behandlung nach dem letzten Stand der Wissenschaft. Das stellt gleichzeitig die Pflichten der Ärztin/des Arztes dar. Auch die Verschwiegenheit ist eine ärztliche Pflicht. Ebenso wie eine umfassende Dokumentation und Gewähren des Patientenrechts der Einsichtnahme in diese Dokumente.

Die Pflichten der Patientin/des Patienten umfassen die Bezahlung der Leistungen und das Mitbringen der E-Card. Dazu sind PatientInnen verpflichtet, alle für die Diagnose und Behandlung relevanten Informationen anzugeben und an der Behandlung bestmöglich mitzuwirken.

Verschiedene Arten von Behandlungsverträgen:

Der einfache (ärztliche) Behandlungsvertrag

Ein Behandlungsvertrag in seiner einfachsten Form wird zwischen PatientIn und frei praktizierender/ praktizierendem, niedergelassener/ niedergelassenem Ärztin/ Arzt geschlossen. Bei einer Überweisung wird ein neuer Vertrag mit der/dem neuen Ärztin/Arzt geschlossen und diese/r übernimmt die ärztlichen Pflichten.

Der Krankenhausaufnahmevertrag

Als Krankenhausaufnahmevertrag wird der Vertragsschluss zwischen PatientIn und Krankenanstalt bzw. Krankenhausträger bezeichnet. Nichtärztliches und ärztliches Personal haftet zwar unter Umständen ergänzend für eigene Fehler, steht aber in keinem vertraglichen Verhältnis zu den PatientInnen.

Gemischter/Gespaltener Krankenhausaufnahmevertrag

Oft gibt es auch Mischformen der beiden erstgenannten Varianten. So kommt es für die Aufnahme in die Sonderklasse des Krankenhauses zu einem Behandlungszusatzvertrag. Auch wenn ein/e Belegärztin/-arzt z.B. neben der eigenen Ordination in einem (Privat)Krankenhaus arbeitet aber dort rechtlich nicht beschäftigt ist, entsteht zur Patientin/zum Patienten ein gemischter Krankenhausaufnahmevertrag.

Führt eine Kassenärztin/ein Kassenarzt die Behandlung durch, müssen Sie als PatientIn die Leistung nicht direkt dem Arzt bezahlen. Die Kosten werden von der Versicherung direkt an den Arzt bezahlt (Verrechnungsvertrag zwischen Kasse und Arzt – auch Vertragsärzte genannt).

Auf welche Leistungen von der Sozialversicherung habe ich ein Recht?

Ein Teil der beanspruchbaren Leistungen von einer Versicherung sind Geldleistungen, wie Krankengeld oder Kostenzuschüsse. Auch wenn die Leistungen von einer/einem Wahlärztin/-arzt ohne Vertrag mit der jeweiligen Versicherung erbracht werden, besteht Anspruch auf Rückerstattung eines Teils der entstandenen Kosten.

In den meisten Fällen erbringen Krankenversicherungen allerdings Sach- oder Dienstleistungen:

  • Anstaltspflege im Krankenhaus
  • Hauskrankenpflege
  • Ärztliche Behandlungen inklusive Vorsorgeuntersuchungen und (externe) Diagnosehilfen
  • Arzneimittel oder Heilbehelfe
Grafik: Anspruch auf Leistungen von der Sozialversicherung

Welche Kosten werden übernommen?

Die in Ihrem Fall gewählte Behandlung muss ausreichend und zweckmäßig sein. Zweckmäßig bedeutet, dass die Therapie am Stand der Medizin und nach einer Berücksichtigung der Eignung und der Qualität der Maßnahme mit Ihren Wünschen vereinbar ist. Gleichzeitig soll die Therapie aber auch das Maß des Notwendigen nicht überschreiten (Ökonomiegebot).

Stehen gleichwertige aber kostengünstigere Alternativen zur Verfügung, kann die Sozialversicherung auf die kostengünstigere Therapie verweisen. Chef- und Kontrollärzte der Sozialversicherung dürfen den behandelnden ÄrztInnen aber keine bestimmte Therapie vorschreiben. Ob zwei Therapiealternativen in Ihrem Fall tatsächlich gleichwertig sind, entscheidet Ihre Ärztin/Ihr Arzt gemeinsam mit Ihnen. Bei bestimmten Leistungen muss auch ein Teil der Kosten selbst übernommen werden, z.B. bei der Rezeptgebühr.

Bis die Frage der Notwendigkeit einer Behandlung geklärt ist, besteht Anspruch auf Behandlung und Aufnahme in einem Krankenhaus. Wenn sich herausstellt, dass die Notwendigkeit nicht (mehr) gegeben ist, müssen PatientInnen die ab diesem Zeitpunkt anfallenden Kosten ebenfalls selbst bezahlen.

Umgang mit einer Behandlungs-Ablehnung durch die Krankenkasse, trotz Verschreibung nach Stand der Medizin durch Ihren Arzt (negativer Bescheid)

Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. Wenn die Sozialversicherung Leistungen verweigert, also z.B. eine Therapie ablehnt, können Sie unkompliziert einen sogenannten Bescheid anfordern und die Entscheidung überprüfen lassen.

Wie fordere ich einen Bescheid bei der Sozialversicherung ein?

Dafür müssen Sie einfach ein kurzes Schreiben mit den Worten „Bitte um Ausstellung eines Bescheides“, Datum und Unterschrift mit den Unterlagen der Ablehnung an die Kasse übermitteln. Die Übermittlung muss per Post, per Fax oder persönlich erfolgen. Die Kasse möchte das Rezept nämlich im Original haben (auch ein Fax gilt als Original).

Die Sozialversicherung muss dann innerhalb von 14 Tagen einen Bescheid ausstellen. Darin muss sie genau begründen, warum sie in Ihrem Fall keinen Anspruch auf die gewünschte Therapie sieht.

Was kann ich tun, wenn die gewünschte Behandlung weiterhin abgelehnt wird?

Sollte die gewünschte Behandlung weiterhin abgelehnt werden, können Sie diese negative Entscheidung kostenfrei vom Arbeits- und Sozialgericht überprüfen lassen. Nach Ausstellung des Bescheides haben Sie dann 3 Monate Zeit um zu entscheiden, ob Sie eine Klage beim zuständigen Arbeits- und Sozialgericht einbringen wollen.

Auch wenn durch das Gericht entschieden wird, dass Sie tatsächlich keinen Anspruch auf die Behandlung haben, müssen Sie nicht für das Verfahren zahlen. Falls Sie dabei gerne Unterstützung hätten, können Sie Rechtsberatung und Rechtsschutz bei der Arbeiterkammer oder der Patientenanwaltschaft suchen. Streitigkeiten mit der Sozialversicherung sind durch die überwiegende Anzahl der Rechtsschutzversicherungen abgedeckt.

Grafik: Was kann ich tun, wenn die gewünschte Behandlung abgelehnt wird?

Wussten Sie schon

Wenn Sie einen Anspruch über das Sozialgericht geltend machen, ist der Weg zur Bewilligung auch für nachfolgende PatientInnen meist einfacher. Sie machen dadurch also nicht nur Ihr eigenes Recht geltend, sondern helfen auch anderen Betroffenen.

Geprüft Dr.in Maria-Luise Plank: Stand Juni 2019

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Dieser Kurs ist Teil der Kursreihe "Sozialversicherung & Recht bei chronischer Erkrankung"

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Die Kurse sind kein Ersatz für das persönliche Gespräch mit Ihrer Ärztin/Ihrem Arzt, sondern ein Beitrag dazu, PatientInnen und Angehörige zu stärken und die Arzt-Patienten-Kommunikation zu erleichtern.

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