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Kurs Tipps für Angehörige bei Angina pectoris: Lektion 4 von 7

Unterstützung und Kommunikation bei Angina pectoris

Die Diagnose „Angina pectoris“ ist für die Betroffenen nicht immer leicht hinzunehmen. Viele leiden unter ständiger Angst vor einem Herzinfarkt. Bei schweren Ausprägungen kommt noch der Verzicht auf liebgewonnene Hobbys hinzu. Nicht wenige Erkrankte entwickeln aus den genannten Gründen depressive Gedanken. Diese Lektion soll Ihnen helfen, die Ängste und Gefühle Ihrer/Ihres Angehörigen nachzuvollziehen und Ihnen zeigen, wie Sie bestmöglich darauf reagieren können.

Video Transkript

Welche Unternehmungen eignen sich für Angina pectoris PatientInnen besonders?

Als gemeinsame Unternehmungen, wenn Sie Partnerin oder Partner eines Angina-pectoris-Patienten sind, sind in erster Linie günstig alle körperlichen Aktivitäten, die mit runden Bewegungsmustern einhergehen. Das heißt: Sie können Wandern gehen, Radfahren, Skilanglauf, wenn Sie geübte Skifahrer sind. Auch Skifahren, durchaus auch Wandern in unseren Mittelgebirgslagen bis 2.500 Meter Höhe sind für einen Angina-pectoris-Patienten mit niedrigem und mittlerem Risiko kein Problem.

Ausnahmen sind Patienten, die als Grundkrankheit eine schlecht eingestellte Hochdruckerkrankung haben. Die sollten sich in höheren Höhen nicht bewegen.

Und auch Patienten, die immer an der Grenze zur Luftnot aufgrund einer Pumpschwäche des Herzens sind, die können in höheren Höhen durchaus Probleme haben.

Aber alle anderen Aktivitäten, die in Mittelgebirgslagen oder in unseren niederen Lagen mit ruhigen und runden Bewegungsmustern einher gehen, die können Sie unternehmen.

Sie sollten meiden Sportarten, die im Sinne eines Kompetitivsports, das heißt wo Sie gewinnen wollen, namentlich Tennisspielen oder derlei Dinge, auch Run & Stop-Sportarten, da ist typischerweise das Tennis, wo man rann rasch anläuft und rasch abstoppt. Diese Aktivitäten sind besonders für Koronarpatienten nicht geeignet.

Wie kann ich meine/n Angehörige/n beim Abbau von Stress unterstützen?

Grundsätzlich für jeden Angina-pectoris-Patienten, den Sie als Partner haben, ist es wichtig, dass er einen geregelten Tagesablauf hat, dass er tunlichst nicht irgendwelche Aktivitäten von jetzt auf dann erledigen muss. Sie sollten eine ruhige Atmosphäre schaffen. Und wenn Sie damit Probleme haben, gibt es hinreichend auch Unterstützung von psychologischen Trainings, die Sie dann gemeinsam mit Ihrem Partner unternehmen könnten.

Wie soll ich mich verhalten, wenn mein/e Angehörige/r die Erkrankung scheinbar nicht ernst nimmt?

Wenn Ihr Angehöriger seine Erkrankung nicht ernst nimmt, sollten Sie in erster Linie als der nicht kranke Partner wissen,

  • dass es in der Eigenverantwortung Ihres Partners liegt, die Krankheit zu gestalten,
  • dass es in seiner Eigenverantwortung liegt, die Anweisungen des Arztes zu befolgen oder zu missachten,
  • dass es in der Eigenverantwortung des Patienten liegt, seine Medikamente strikt einzunehmen.

Sie haben dafür keine Verantwortung. Sie sollten ihn nur darauf aufmerksam machen, dass Missachtung aller dieser Empfehlungen zu einer Verschlechterung bis hin zu unter Umständen lebensbedrohlichen Situationen führen kann. Allerdings hilft in aller Regel auch nicht, wenn Sie Ihren Partner bevormunden. Und ein Überprotektionismus scheint auch in diesem Falle für den Patienten nicht zielführend zu sein.

Wie gehe ich damit um, wenn meine Hilfe nicht angenommen wird?

Im Wesentlichen bezieht sich das auf die vorhergehende Frage, dass der Patient selber Eigenverantwortung hat. Ich glaube, Sie können einfach Ihren Partner definitiv darauf aufmerksam machen, dass diese Situation, die Missachtung der Unterstützung und die Missachtung der Therapie, seiner Erkrankung zu schlimmen Folgen führen kann und dass Sie sich, und das auch dem Partner gegenüber ganz klar äußern, aus dieser Verantwortung zurückziehen werden.

Woran merke ich, dass mein/e Angehörige/r psychologische Unterstützung benötigt?

In erster Linie sollen Sie aufmerksam werden, wenn Ihr Angehöriger im Rahmen seiner Erkrankung sich gänzlich zurückzieht, wenn er auffällig depressiv wirkt, wenn er, wobei er vorher immer seine Medikation genau eingenommen hat, auf einmal das alles weglässt und nicht mehr seinem normalen Tagesablauf zurückgeht. Das sind typische Anzeichen von Depression. Und Depression ist sehr häufig mit der Angina pectoris vergesellschaftet. und die braucht Unterstützung, weil die Depression die Sterblichkeit an der Grunderkrankung deutlich erhöht.

Außerdem sollten Sie sehr darauf achten, wenn es sich total zurückzieht und ein Mensch, der vorher zu Ihnen Kontakt gesucht hat, jeden Kontakt meidet. Das sind lauter Zeichen, dass er jetzt mit seiner Krankheit nicht mehr zurechtkommt und unter Umständen professionelle Unterstützung aus der psychiatrischen Ecke brauchen wird.

 

Auf den Punkt gebracht

Unterstützung und Kommunikation

  • Sie sollten sich bewusst sein, dass Sie nicht für die Erkrankung verantwortlich sind und sich daher keine Schuld zuweisen.
  • Obwohl unterstützende Maßnahmen von Angehörigen helfen können, ist die Patientin/der Patient selbst für die Lebensstiländerungen und das Einhalten der Therapie verantwortlich.

Psychische Belastung der PatientInnen bei Angina pectoris

Das Herz ist ein lebenswichtiges Organ in unserem Körper. Hört es auf zu schlagen, kann der Organismus nicht mehr funktionieren. Daher erlebt Ihr/e Angehörige/r die Angina pectoris als lebensbedrohliche Erkrankung. Vieles, das bislang selbstverständlich war, ist vielleicht nicht mehr möglich oder muss eingeschränkt werden. Das Gefühl, selbständig und unabhängig das Leben gestalten zu können, wird oftmals durch ein Gefühl der Hilflosigkeit und des Ausgeliefertseins ersetzt.

Möglicherweise macht Ihr/e Angehörige/r sich auch Selbstvorwürfe und fragt sich, ob die Krankheit durch eine andere Lebensführung, beispielsweise einen rechtzeitigen Rauchverzicht, hätte vermieden werden können. In aller Regel verblassen diese negativen Gedanken nach einiger Zeit wieder. Haben Sie jedoch das Gefühl, dass die/der PatientIn in Wut und depressiven Gedanken gefangen ist und sich sozial isoliert, empfiehlt es sich, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Wie kann ich unterstützen, ohne zu bevormunden?

Ist die Angina pectoris erst einmal diagnostiziert, gilt es zu lernen, mit der Erkrankung umzugehen. Das stellt nicht nur die/den PatientIn vor eine schwierige Situation, sondern auch die Familienangehörigen. Schließlich ist es nicht leicht, einzuschätzen, wie stark die Symptome gerade sind und welchen Grad an Unterstützung die/der Betroffene momentan benötigt.

Viele Angehörige neigen dazu, lieber zu viel zu helfen als zu wenig. Das führt jedoch häufig dazu, dass sich die Erkrankten bevormundet fühlen und jegliche Hilfe ablehnen. Hier ist es wichtig, miteinander zu kommunizieren, um Missverständnissen vorzubeugen.

Fragen Sie die/den Betroffene/n am besten direkt, wobei Sie sie/ihn unterstützen können und was sie/er noch alleine erledigen kann. Sie/er kann selbst am besten beurteilen, wie viel sie/er sich zumuten kann und was vielleicht zu viel ist.

Was können wir gegen Angst vor einem erneuten Anfall tun?

Ein Angina-pectoris-Anfall ist ein einschneidendes Erlebnis, das bei vielen Betroffenen Todesangst auslöst. Die daraus resultierenden Angstgefühle sind völlig normal. Nimmt die Angst aber so überhand, dass sie das gesamte Denken und Handeln der/des PatientIn bestimmt, kann sich das sowohl auf die körperliche als auch auf die seelische Gesundheit auswirken und tatsächlich neue Anfälle begünstigen.

Der wichtigste Schritt, um aus dem Teufelskreis aus Angstgefühlen und wiederauftretenden Symptomen auszubrechen, ist Wissen. Begleiten Sie Ihre/n PartnerIn bei ihren/seinen Arztbesuchen und lassen Sie sich ausführlich über die Erkrankung informieren. Sprechen Sie die Ärztin/den Arzt auf die Ängste an und fragen Sie, was Sie dagegen tun können.

Psychische Belastung der Angehörigen bei Angina pectoris

Auch dass Sie durch die Erkrankung Ihrer/Ihres Angehörigen zusätzliche Belastung verspüren ist völlig normal. Es ist wichtig, sich vor Augen zu führen, dass Sie weder für die Erkrankung Ihrer/Ihres Angehörigen, noch für deren Behandlung, zuständig sind. Jeder Mensch ist für sein eigenes Handeln verantwortlich und Sie können nur versuchen dort zu unterstützen, wo Ihre Unterstützung auch angenommen wird.

Was kann ich tun, wenn ich mich selbst überfordert fühle?

Die Unterstützung einer/eines Angehörigen mit Angina pectoris kann neben den normalen Alltagspflichten eine große Belastung darstellen. Häufig gehen die zusätzlichen Aufgaben zu Lasten der eigenen Freizeit und Erholung. Oftmals werden auch eigene Kontakte vernachlässigt.

Fühlen Sie sich aus diesen oder ähnlichen Gründen überfordert, ist es ratsam, bestimmte Aufgaben in Absprache mit der Patientin/ dem Patienten zu delegieren und sich so mehr freie Momente zu verschaffen. Legen Sie ausreichend Pausen ein, um zu entspannen. Schon eine Massage, ein Kinobesuch oder ein Abendessen mit Freunden können Ihre Batterien spürbar aufladen.

Wie gehe ich mit Ablehnung meiner Unterstützung um?

Gerade in der ersten Zeit nach der Diagnose kann es passieren, dass ein/e Angina-pectoris-PatientIn jegliche Unterstützung ablehnt. Das sollten Sie keinesfalls persönlich nehmen. Bedenken Sie, dass Ihr/e Angehörige/r in einer psychischen Ausnahmesituation steckt und die Krankheit erst einmal verarbeiten muss.

Signalisieren Sie, dass Sie jederzeit für sie/ihn da sind, und warten Sie, bis die/der Erkrankte selbst um Hilfe bittet. Vermeiden Sie es, bereits abgelehnte Hilfeleistungen immer wieder anzubieten. Damit würden Sie schlimmstenfalls die ablehnende Haltung zusätzlich fördern.

Die eigenen Gefühle und Bedürfnisse durch Ich-Botschaften kommunizieren

Wenn die angebotene Unterstützung abgelehnt wird, kann das frustrierend sein. Ich-Botschaften können Ihnen dabei helfen, Ihrer/Ihrem Angehörigen klarzumachen, was das bei Ihnen auslöst, ohne sie/ihn vor den Kopf zu stoßen.

Eine Aussage wie „Nie lässt du dir helfen!“ wird meist als Schuldzuweisung und Angriff empfunden und führt zu einer Verteidigungshaltung. Das Ziel von Ich-Botschaften ist es, das eigene Empfinden und Fühlen in den Vordergrund der Aussage zu stellen.

Das funktioniert folgendermaßen:

Erklären Sie Ihr Anliegen ohne Wertung

Erklären Sie das Verhalten oder Ereignis ohne dabei negativ oder wertend zu sein. Dabei hilft der Satzanfang „Wenn…“, da das zeigt, dass das Problem nicht immer da ist, sondern nur wenn das Verhalten gezeigt wird:

z.B. „Wenn du meine Unterstützung ablehnst…“

Verdeutlichen Sie Ihre eigenen Gefühle

Als nächstes erklären Sie, welche Gefühle dieses Verhalten bei Ihnen auslöst:

„…fühle ich mich hilflos…“

Nennen Sie Ihre Bedürfnisse

Dann benennen Sie Ihre eigenen Bedürfnisse:

„…weil ich gerne etwas dazu beitragen würde, dass es dir besser geht.“

Formulieren Sie eine konkrete Bitte

Zum Abschluss können Sie noch eine konkrete Bitte an Ihr Gegenüber formulieren:

„Sag mir bitte Bescheid, falls ich dir wo zur Hand gehen kann.“

Mit solchen Ich-Botschaften kann es gelingen, Probleme ohne Vorwürfe anzusprechen und gemeinsam eine Lösung zu finden.

Denken Sie an Situationen, in denen oft ein Konflikt mit Ihrer/Ihrem Angehöriger/n entsteht. Beispiele dafür können das Thema Ernährung, Sport aber auch ganz alltägliche Diskussionen, wie das schmutzige Geschirr sein. Versuchen Sie nun nach der Vorlage oben Ich-Botschaften zu formulieren.

Geprüft Prim. Mag. Dr. Josef Aichinger: aktualisiert April 2022 | AT-RAN-13-04-2019

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Dieser Kurs ist Teil der Kursreihe „Leben mit Angina pectoris“

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Die Kurse sind kein Ersatz für das persönliche Gespräch mit Ihrer Ärztin/Ihrem Arzt, sondern ein Beitrag dazu, PatientInnen und Angehörige zu stärken und die Arzt-Patienten-Kommunikation zu erleichtern.