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Kurs Vorgehen bei abgelehnter Kostenübernahme: Lektion 3 von 6

Den Bescheid anfechten

Nachdem Sie die schriftliche Ablehnung durch Bescheid erhalten haben, haben Sie vier Wochen Zeit, um vor Gericht zu klagen. In dieser Lektion erfahren Sie, wann dies sinnvoll ist, wie die Klage vor Gericht abläuft und was Sie dabei beachten sollten.

Video Transkript

Was spricht für eine Klage vor Gericht, was dagegen?

Der Vorteil einer Klage ist die kostenlose Überprüfungsmöglichkeit der Entscheidung der Sozialversicherungsträger über ihre Rechte.

Allerdings bedeutet kostenlos nicht, dass eine Klage keinen Aufwand bedeutet. Sie sollten sich mit der Sache intensiv beschäftigen und natürlich liegt ein Erfolg auch darin wie gut die Unterlagen vorbereitet und aufbereitet sind. Daher macht es durchaus auch Sinn Hilfe in Anspruch zu nehmen und sich beraten zu lassen.

Wie lange habe ich Zeit, um eine Klage einzubringen?

Die Klage muss binnen 4 Wochen ab Bescheidzustellung oder Hinterlegung des Bescheides bei der Post eingebracht werden. Bitte achten Sie darauf, dass auch ein hinterlegtes Schriftstück schon als zugestellt gilt und damit die Frist bereits läuft, wenn das Schriftstück bei der Post liegt.

Wie kann ich Klage gegen den Bescheid einbringen?

Die Klage kann entweder schriftlich eingebracht werden

  • beim Versicherungsträger, der den Bescheid erlassen hat
  • oder Arbeits- und Sozialgericht, das im Bescheid in der Rechtsbelehrung angeführt ist oder mündlich zu Protokoll gegeben werden,
  • beim zuständigen Arbeits- und Sozialgericht,
  • oder Bezirksgericht des Wohnsitzes des Versicherten.

Schriftlich bedeutet per Post, Fax oder E-Mail. Wenn Sie eine Klage mündlich zu Protokoll geben, empfiehlt es sich mit sämtlichen Unterlagen ausgerüstet zu den Amtstagen der Gerichte vorzusprechen.

Was muss ich für eine Klage beachten?

Im Rahmen einer Klage an das Arbeits- und Sozialgericht sind folgende Punkte wichtig:

  • Die Frist muss unbedingt eingehalten werden, sonst wird sie nicht vom Gericht bearbeitet;
  • Der Bescheid muss jedenfalls beiliegen, damit das Gericht weiß um welche Sache es geht.
  • Hilfreich sind die wesentlichen Befunde und medizinischen Unterlagen.

Welche Dokumente werden dafür benötigt?

Unbedingt erforderlich ist der ablehnende Bescheid der Kasse.

Helfen können zusätzliche Dokumente wie Befunde (CT, MRT, Labor etc) sowie ärztliche Gutachten oder die Krankengeschichte.

In der Klageschrift sind die Umstände darzulegen, aus welchen Gründen die Leistung benötigt wird und keine gleichwertige kostengünstigere Alternative zur Verfügung steht.  Die Klage muss ein Klagebegehren enthalten, das aber mit den Worten „Ich beantrage die Leistung im gesetzlichen Ausmaß“, ausreichend behandelt werden kann.

Wie ist der weitere Ablauf nach Einbringen der Klage?

Durch die Klagseinbringung tritt der angefochtene Bescheid der Kasse außer Kraft und das Gericht entscheidet neu. Wenn allerdings im Bescheid neben der Ablehnung auch die Zuerkennung von Leistungen Leistungen angeführt sind, dann bleibt diese Zustimmung aufrecht.

Was kann ich tun, um meine Erfolgschancen zu erhöhen?

Wie überall kann persönliches Engagement und eine gute Vorbereitung der Sache weiterhelfen. Wichtig ist jedenfalls eine gute Dokumentation und die Vorlage von Befunden und Gutachten, ärztlichen Attesten etc. Sie sollten sich auch gut auf den Termin bei Gericht vorbereiten, denn oft kann man sich an bestimmte Details nach längerer Zeit nicht mehr erinnern.

Wer übernimmt die Kosten für das Gerichtsverfahren?

Das Gerichtsverfahren ist bis auf ihren Zeitaufwand oder eine anwaltliche Vertretung völlig kostenlos auch wenn das Verfahren verloren wird.

Was, wenn auch durch das Gerichtsurteil die Kostenübernahme abgewiesen wird?

Wenn auch das Gericht zu der Ansicht gelangt, dass hier keine Leistungspflicht vorliegt, dann besteht noch die Möglichkeit diese Entscheidung vor dem zuständigen Oberlandesgericht überprüfen zu lassen und schlussendlich gibt es danach noch den Obersten Gerichtshof. Erst beim obersten Gerichtshof besteht Anwaltspflicht.

Auf den Punkt gebracht

Der Versicherte hat in Österreich das Recht eine ablehnende Entscheidung der Sozialversicherungsträger bei Gericht überprüfen zu lassen. Dazu ist die Einholung eines Bescheides erforderlich, um danach eine Klage einbringen zu können. Das gesamte Verfahren ist kostenlos. Kosten können lediglich für eine gewählte Vertretung (zB Rechtsanwalt anfallen).

Die Kostenfrage

Sicher fragen Sie sich, welche Kosten für Sie bei einer Klage anfallen. Die gute Nachricht lautet: Das Verfahren selbst ist für Sie gratis. Egal, wie es ausgeht: Für anfallende Zahlungen muss die Sozialversicherung aufkommen. Darunter fallen beispielsweise:

  • Notwendige Ausgaben wie Fahrtspesen, Reisekosten oder Verdienstentgang
  • Zeugen- und Sachverständigenkosten
  • Aufwendungen für einen allfälligen Lokalaugenschein
  • Vertretungskosten der Sozialversicherung vor Gericht

AUSNAHME: Bei mutwilligen, irreführenden oder verschleppten Prozessen gehen Kosten der Krankenkasse zu Lasten des Versicherten.

Pro & Contra: Ist eine Klage sinnvoll?

Schriftlich oder mündlich?

Es gibt mehrere Formen, wie Sie Ihr Anliegen vor Gericht bringen können:

Infografik Anliegen vor Gericht bringen Infografik Anliegen vor Gericht bringen

Das Gerichtsverfahren: Schritt für Schritt

1. Untersuchung durch Sachverständige/n

Aufgrund der Klage werden Sie zu einer Untersuchung bei einer/einem gerichtlichen Sachverständigen geladen, die/der für Ihren Fall ein Gutachten erstellt. Bestehen Sie darauf, dass dafür eine Person ausgewählt wird, die mit Ihrer spezifischen Erkrankung vertraut ist.

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2. Mündliche Verhandlung

In der 1. Instanz können Sie sich von einer/einem Rechtsanwältin/Rechtsanwalt oder einer anderen geeigneten Person (siehe Lektion 2) vertreten lassen. Eine Vertretung ist aber nicht gesetzlich vorgeschrieben. Wichtig ist, dass Sie sich auf den Termin bei Gericht gut vorbereiten. Oft kann man sich an bestimmte Details nach längerer Zeit nicht mehr erinnern. Gehen Sie daher rechtzeitig alles durch. Außerdem sollten Sie Befunde, Gutachten, ärztliche Atteste etc. bereitstellen.

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3. Urteil

Die Klage wird entweder abgewiesen oder es wird ihr stattgegeben. Die Entscheidung wird Ihnen nach Schluss der mündlichen Verhandlung in der Regel schriftlich mitgeteilt.

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4. Berufung

Sind entweder Sie oder der Beklagte mit der gerichtlichen Entscheidung nicht einverstanden, kann Berufung an das Oberlandesgericht (OLG) erhoben werden – das Verfahren geht dann in die 2. Instanz. Dort kommen als Vertretung ausschließlich RechtsanwältInnen beziehungsweise FunktionärInnen und ArbeitnehmerInnen einer gesetzlichen Interessensvertretung oder freiwilligen kollektivvertraglichen Berufsvereinigung in Frage.

Was mache ich, wenn neuerlich abgelehnt wird?

Gegen die Entscheidung des OLG besteht noch die Möglichkeit, ein Rechtsmittel (Revision) beim Obersten Gerichtshof (OGH) einzubringen. Hier besteht absolute Anwaltspflicht.

So läuft eine Klage ab

Infografik So läuft eine Klage ab Infografik So läuft eine Klage ab

selpers Fallbeispiel Praktische Tipps

  • Auch wenn Sie das Verfahren manchmal emotional aufwühlt: Bleiben Sie sowohl beim Verfassen der Klageschrift als auch im Gerichtssaal so sachlich wie möglich.
  • Achten Sie bei der mündlichen Verhandlung auf ein ordentliches Erscheinungsbild. Es muss nicht Anzug und Krawatte sein, aber Flip Flops und Shorts sind fehl am Platz.

Wussten Sie schon

Ein Protokoll kann üblicherweise nicht an jedem Wochentag aufgenommen werden. Sollten Sie die Klage mündlich einbringen wollen: Erkundigen Sie sich rechtzeitig, wann das zuständige Gericht Amtstag hat. Sonst könnte es Ihnen passieren, dass Sie aus bürokratischen Gründen die Klagsfrist nicht einhalten können.

Geprüft Dr.in Maria-Luise Plank: Stand 21.04.2020

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Dieser Kurs ist Teil der Kursreihe "Sozialversicherung & Recht bei chronischer Erkrankung"

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