Haben Sie sich entschlossen, den Bescheid schriftlich anzufechten? Selbst wenn Sie das Schreiben gemeinsam mit Ihrer/Ihrem InteressensvertreterIn aufsetzen sollten, kann es nicht schaden, die wichtigsten Erfordernisse zu kennen. Hier erklären wir Ihnen, was bei einer schriftlichen Klage per Brief zu beachten ist und wie solch ein Schreiben formuliert werden sollte.
Dr.in Maria-Luise Plank, Rechtsanwältin, beantwortet im Video "Schriftliche Klage" folgende Fragen:
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Wenn Sie nicht zu den Amtstagen beim Bezirksgericht oder Arbeits- und Sozialgericht die Klage zu Protokoll geben, besteht die Möglichkeit die Klage per eigenem Schreiben einzubringen. Dabei sollten Sie beachten, dass jedenfalls der Bescheid beizulegen ist und dass Sie klar zum Ausdruck bringen sollten, dass Sie die Bezahlung einer bestimmten Therapie möchten wie zB mit den Worten: „Ich beantrage die Bezahlung der Therapie xy“ durch die Krankenkasse.“
In welchen Fällen lohnt sich eine Klage?
Wenn die Sozialversicherungsträger eine Therapie ablehnt für die ihren Arzt keine gleichwertige Alternative empfehlen kann und ein nochmaliges Nachhaken bei der Kasse keinen Erfolg gebracht hat, macht es Sinn nach Erhalt des Bescheides die Klage einzubringen, um die Möglichkeit zu erhalten die Entscheidung überprüfen zu lassen.
Eine Klage macht vor allem dann Sinn, wenn Sie die Kosten für die abgelehnte Therapie zwischenzeitlich selbst übernommen haben; dann sollten Sie jedenfalls die Rechnungen der Klage beilegen und auf diesen Umstand hinweisen.
Wie muss ein solches Schreiben (Klage) aussehen? Was sollte das Schreiben (die Klage) beinhalten?
Das Schreiben muss keine bestimmte Form haben. Das Schreiben muss sich an ein Gericht richten. Es sollte folgende Elemente enthalten:
den relevanten Sachverhalt,
Begründung warum ich glaube, dass die Kasse diese Therapie übernehmen sollte,
Antrag auf Kostenübernahme „Ich beantrage die Bezahlung der Therapie xy“ durch die Krankenkasse“.
Beilage des Bescheides und der medizinischen Unterlagen
Welche Dokumente muss ich anhängen?
Es ist verpflichtend den Bescheid an die Klage anzuhängen. Sinnvoll ist es die Krankengeschichte ärztliche Atteste und weitere nützliche Unterlagen wie Rechnungen über die Therapie beizulegen.
Welche Tipps haben Sie für das Verfassen solch eines Briefes?
Wichtig ist, die Situation möglichst genau, chronologisch und für einen nicht Beteiligten Dritten nachvollziehbar auszuführen. Die Unterlagen sollten gut geordnet und die wichtigsten Stellen markiert sein.
Muss ich beim Versand etwas Bestimmtes beachten?
Für die Klagseinbringung empfiehlt es sich diese per „Einschreiben“ aufzugeben, um die Postaufgabe an sich und das Datum beweisen zu können. Bezüglich der Frist zählt der Postenlauf nicht. Entscheidend ist das Datum des Poststempels.
Wie geht es nach dem Einbringen der Klage weiter?
Durch die Klagseinbringung tritt der angefochtene Bescheid außer Kraft. Enthält der Bescheid neben der Ablehnung auch die Zuerkennung von Leistungen, dann sind diese durch den Versicherungsträger weiter zu gewähren.
Das Sozialgericht führt – soweit der Bescheid bekämpft wird – ein völlig neues Verfahren durch. Die Zuständigkeit geht vom Krankenversicherungsträger auf das Sozialgericht über. Das Sozialgericht wird einen medizinischen Sachverständigen um ein Gutachten bitten und auf dieser Basis eine neue Entscheidung treffen.
Auf den Punkt gebracht
Sie können auch die Klage selbst beim Arbeits- und Sozialgericht einbringen. Dazu reicht ein formloses Schreiben dem der Bescheid angehängt ist und aus dem hervorgeht, dass Sie die Kostenübernahme für eine bestimmte Therapie beantragen.
An wen Sie das Schreiben richten müssen
Adressieren Sie Ihren Brief an die Sozialversicherung, die den Bescheid erlassen hat, beziehungsweise an das zuständige – in der Rechtsbelehrung des Bescheides angegebene – Sozialgericht.
Was die Klageschrift enthalten sollte
1. Erhebung der Klage
Aus dem ersten Absatz sollte klar hervorgehen:
dass Sie klagen
wen Sie klagen
gegen welchen Bescheid Sie klagen
Ein Beispiel:
KLAGE
Ich erhebe in offener Frist Klage gegen den Bescheid der …. (Name der Krankenkasse) …. vom …. (Datum des Bescheids) …., der mir am …… (Datum der Bescheidsübernahme) …. zugestellt wurde und mit dem mir die Kostenübernahme für …….. (Name des Heilmittels)…. abgelehnt wurde.
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2. Klagebegründung
In Ihrem Brief sollten Sie plausibel erklären, warum Sie Ihrer Meinung nach Anspruch auf die abgelehnte Leistung haben. Legen Sie dazu die Umstände dar, warum das Medikament, der medizinische Behelf etc. für Sie eine dringende Notwendigkeit darstellt.
Weisen Sie auch auf mögliche gesundheitliche Folgen hin, die durch eine weitere Ablehnung entstehen können – und auf etwaige Kosten, die auf diese Weise entstehen würden. So kann beispielsweise die Verweigerung einer nötigen Gehhilfe bei Gleichgewichtsstörungen das Risiko für einen Sturz mit Knochenbruch erhöhen, der wiederum eine langwierige Behandlung erforderlich macht.
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3. Beigelegte Schriftstücke
Der angefochtene Bescheid muss der Klage verpflichtend beigefügt werden.
Darüber hinaus können Sie – soweit vorhanden – Beweise anhängen, mit denen Sie die Notwendigkeit der medizinischen Leistung belegen, z. B. ein Sachverständigengutachten.
Sollten Sie die Kosten für die abgelehnte Therapie zwischenzeitlich selbst übernommen haben: Legen Sie auch die Rechnungen dafür bei.
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4. Klagebegehren
Das Schreiben muss auch ein Klagebegehren enthalten, in dem Sie angeben, was vom Gericht entschieden werden soll. Dabei genügt zumeist die Formulierung „Ich beantrage die Leistung im gesetzlichen Ausmaß“. Darunter versteht man die geeignetste Leistungsvariante nach den Bedürfnissen der/des Versicherten.
Sie können das von Ihnen angestrebte Ziel aber auch konkreter in Worte fassen, z. B.
„Ich stelle daher den Antrag auf die Erlassung des folgenden Urteils: Die beklagte Partei ist bei sonstiger Exekution schuldig, binnen 14 Tagen ab Rechtskraft des Urteils die Kosten für … (Name und Menge des Heilmittels)… im gesetzlichen Ausmaß zu übernehmen“
Wann Sie den Brief abschicken sollten
Der Bescheid wird vier Wochen nach Zustellung rechtskräftig. Die Klage muss vorher eingebracht werden. Dabei zählt das Datum des Poststempels bei Absendung.
Was Ihr Schreiben bewirkt
Die Klagseinbringung setzt den angefochtenen Bescheid im Ausmaß des Klagebegehrens außer Kraft. Falls in dem Bescheid neben der Ablehnung auch Leistungen genehmigt wurden, sind diese durch die Versicherung weiter zu gewähren.
Wird der Bescheid bekämpft, dann beginnt das Sozialgericht ein völlig neues Verfahren. Die Zuständigkeit geht dann von der Krankenkasse auf das Sozialgericht über.
Praktische Tipps
Geben Sie die Klageschrift per „Einschreiben“ auf.
Strukturieren Sie Ihr Schreiben übersichtlich. Machen Sie genügend Absätze und Leerzeilen und heben Sie Titelwörter wie „Begründung“ hervor, indem Sie z. B. eine fettere Schriftvariante verwenden.
Achten Sie auf korrekte medizinische Bezeichnungen.
Vergessen Sie nicht auf die gültige Unterschrift.
Sonderfall Säumnisklage
Der von Ihnen angeforderte Bescheid ist binnen zwei Wochen zu erlassen. Wird er Ihnen nicht innerhalb von drei Monaten zugestellt, können Sie eine Säumnisklage einreichen. Sie wird wie eine Klage gegen einen Ablehnungsbescheid eingebracht. Auch für dieses Verfahren gelten die gleichen Grundsätze.
Das Sozialgericht entscheidet bei Einbringung einer Säumnisklage an Stelle der Sozialversicherung über den Anspruch im Rahmen des Gerichtsverfahrens. Die Entscheidungszuständigkeit wechselt also von der Krankenkasse auf das Sozialgericht. Was für Sie wegfällt, ist die vierwöchige Klagsfrist.
Wie läuft eine Säumnisklage ab?
Wie schreibe ich einen Brief für eine Säumnisklage?
Das Schreiben ähnelt in fast allen Punkten der Klageschrift. Einziger Unterschied: Sie erheben im ersten Absatz nicht Klage gegen einen Bescheid, sondern Säumnisklage wegen Nicht-Erlassung eines solchigen.
Ein Beispiel:
SÄUMNISKLAGE
Die beklage Partei … (Name der Krankenkasse)… wurde von mir am … (Datum der Beantragung der Bescheiderlassung)… zur Erlassung eines Bescheides über die Ablehnung der Kostenübernahme für …(Name des Heilmittels)… aufgefordert. Da seit diesem Zeitpunkt mehr als drei Monate vergangen sind und diesem Antrag nicht nachgekommen wurde, erhebe ich Säumnisklage.
Geprüft Dr.in Maria-Luise Plank: Stand 21.04.2020
https://www.gesundheit.gv.at/gesundheitsleistungen/patientenrechte/recht-auf-behandlung
https://www.gesundheit.gv.at/gesundheitsleistungen/institutionen/patientenanwalt
https://www.oeziv.org/rechtsdatenbank/pensionen/verfahren-klagemoeglichkeit-bei-negativem-bescheid/
https://www.psychotherapie.at/sites/default/files/files/patientinnen/Was-tun-bei-Zuschussverweigerung-Patientinnen-Info-2013.pdf https://www.rechtsanwaelte.at/buergerservice/infocorner/rechtswoerterbuch//definition/winkelschreiber/ https://www.uibk.ac.at/zivilrecht/buch/kap19_0.xml?section-view=true;section=5 https://www.ris.bka.gv.at
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Broschüre „Hilfe bei Ablehnungen durch Krankenkassen“ (2012): Alfred Radner, Thomas Radner. Österreichische Gesellschaft für Medizinrecht.