Erfahrungsbericht

Lebensqualität bei Morbus Fabry - Erfahrungsbericht

Willibald Koglbauer ist 65 Jahre alt und erhielt im April 2014 die Diagnose „Morbus Fabry“. Heute ist er Obmann der Morbus Fabry Selbsthilfegruppe in Österreich.

Im Erfahrungsbericht teilt er seine Erfahrungen mit der seltenen Stoffwechselerkrankung. Dabei spricht er unter anderem über seinen Weg zur Diagnose, die unterschiedlichen Therapien, die er ausprobiert hat, sowie die Änderungen, die er in seinem Lebensstil vorgenommen hat. Besonders betont er die Wichtigkeit von Selbsthilfegruppen für den Umgang mit dieser Erkrankung.

Vorstellung

Ich möchte mich kurz vorstellen. Ich bin Willi Koglbauer, komme aus Pitten. Das kann ich auch sagen, das ist im schönen Niederösterreich. Ich bin, das sage ich jetzt nicht mehr so gerne, 65 Jahre alt und habe die Diagnose Morbus Fabry bekommen. Das war 2014 im April. Also es liegt doch schon zehn Jahre zurück, und ich lebe immer noch, obwohl die Lebenserwartung eigentlich speziell bei Männern um 20 Jahre kürzer ist. Die Frauen sind da ein bisschen begünstigter. Und ja, da bekam ich die Diagnose 2014. Es ging dann relativ rasch bis hin zur ersten Behandlung, zur Therapie. Ich hatte Untersuchungen, die diversen, in den Fabry-Zentren, wo ich mich dann hingewendet habe. Und kurz darauf, das heißt innerhalb nicht einmal eines halben Jahres, drei Monate hat es gedauert, bekam ich die Bewilligung vom Chefarzt, und ich habe die Behandlung begonnen. Und seitdem bin ich in Behandlung.

Und ich denke, dass mir, wenn ich jetzt so zurückdenke, die Behandlung schon was gebracht hat. Ich glaube zu fühlen, dass es verlangsamt wird. Und das ist ja der Sinn und Zweck. Weil die Krankheit, das werden die meisten vielleicht schon gehört oder gelesen haben, ist nicht heilbar; zurzeit noch nicht. Aber mit der Behandlung kann man es verlangsamen oder vielleicht auch stoppen. Das kommt auf jeden Menschen anders drauf an, jeder ist anders gebaut, nimmt Medikamente anders auf, andere Mutationen. Aber man soll es versuchen. Ich glaube bei mir ist es gelungen. Und wie gesagt, ich fühle mich durch diese Behandlungen auch weit besser.

Wie war Ihr Weg bis zur Diagnose?

Mein Weg zur Diagnose war auch sehr holprig, wie es bei vielen seltenen Erkrankungen ist. Es dauert etwas länger, bis man eine Diagnose gestellt bekommt. Bei seltenen Erkrankungen kann man sagen: zwischen zwei und zehn Jahren, bis wirklich jemand eine Diagnose bekommt. Das ist auch bei unserer Erkrankung, bei meiner, bei Morbus Fabry ähnlich. Nur durch mein eigenes Zutun und Initiative ging es bei mir schneller, überraschend schnell. Denn von Beginn der ersten Untersuchung, wo ich Druck gemacht habe, bis zur Diagnose ist ein halbes Jahr vergangen, und dann hatte ich den Befund, die Diagnose bekommen: Morbus Fabry.

Welche Symptome hatten Sie vor der Diagnose Morbus Fabry?

Im Vorfeld, bevor ich die Diagnose bekommen habe, hatte ich Symptome verspürt. Ich bin Leistungssportler gewesen, zwar im Hobbybereich, aber kenne meinen Körper sehr gut. Und ich hatte oft Herzprobleme gehabt. Und das war aber nicht auf das Alter zurückzuführen oder Übertraining, sondern da liegt was vor. Ich habe das gespürt. Und da bin ich dann sehr wohl natürlich auch zum Internisten gegangen, um Kontrollen zu machen. Und da hat es immer geheißen: „Ist okay, Herzrhythmusstörungen haben andere Leute auch.“ Aber ich habe dann den Internisten gewechselt, und das war dann zielführend. Ich habe zwei andere Internisten aufgesucht, und der hat den richtigen Weg eingeschlagen. Nicht, dass ich wollte, dass ich krank bin, aber ich wollte wissen, was ich habe. Und dann ist das Ganze ins Rollen gekommen und somit die Diagnose gestellt worden.

Haben Sie aktuell Symptome und wie gehen Sie damit um?

Ja, ich habe aktuelle Symptome. Und zwar ist das kardial, das Herz betreffend. Mit dem hat es eigentlich angefangen bei mir mit Morbus Fabry, weil das Herz schon geschädigt ist durch diese Erkrankung. Und aktuell sieht die Situation so aus: Bei den Check-ups sehe ich dann immer, wie weit es fortgeschritten ist. Beim letzten Check-up ist leider rausgekommen, dass es scheinbar fortschreitet. Wie schnell, kann ich nicht sagen. Natürlich wird man dann etwas nachdenklich, aber ich mache die Behandlung trotz alldem weiter.

Mir ging es eigentlich erst vor kurzem, vor einem Monat nicht allzu gut mit dem Herzen, hatte einen Notarzt da gehabt. Aber es war für mich eine Schrecksekunde, aber viel mehr für die Angehörigen. Aber mir geht es jetzt wieder besser. Ich habe zusätzlich noch Medikamente bekommen und sehe das wieder eigentlich, ich will nicht sagen locker, aber positiv. Mir geht es wieder besser. Ich fühle mich wieder wie vorher. Und ich muss immer damit rechnen, dass irgendetwas sein kann beim Herz. Ich muss mich nicht nur geistig darauf einstellen, sondern auch körperlich. Ich muss, wie man so sagt, etwas zurückstecken. Weniger Stress, Stress ist nicht gut fürs Herz. Kälte ist nicht gut fürs Herz. Das ist genau das, was ich immer gern gemacht habe – raus in die Natur, auch in der Kälte. Aber da muss ich mich jetzt wirklich zurücknehmen und muss mich schonen. Denn das kann für mich dann schon lebensverlängernd sein, was ich natürlich auch hoffe. Das ist eben mein Problem. Andere haben wieder mit Nieren Probleme, und die meisten haben auch neurologische Probleme, sind Schlaganfall-gefährdet und so weiter. Es ist eine komplexe Erkrankung und bei jedem unterschiedlich. Meine Symptome sind eben das Herz betreffend.

Was hat die Diagnose Morbus Fabry bei Ihnen verändert?

Es hat sich schon einiges verändert durch Diagnose Morbus Fabry. Ich lebe das Leben jetzt bewusster, weil sonst glaubt man immer, man ist unsterblich. Das geht Tag für Tag so weiter. Aber durch die Krankheit Morbus Fabry ist das bei uns leider so, dass man 20 Jahre weniger Lebenserwartung hat. Am Anfang ist es natürlich wie ein Schlag mit dem Hammer, wenn man die Diagnose bekommt. Aber ich bin da sehr gefasst gewesen nach einiger Zeit und lebe mein Leben jetzt intensiver. Eigentlich geht die Krankheit, ich will nicht sagen an mir vorbei, aber ich lebe gut damit und genieße das Leben viel mehr. Ich schiebe nicht die Dinge, die ich machen will, auf die lange Bank. Ich mache das jetzt zu dieser Zeit. Denn man weiß nie, was morgen ist. Das geht bei Gesunden genauso. Die wissen auch nicht, wie es morgen ist. Das ist meine Devise: Alles so schnell oder bald zu machen, weil man nie weiß, wann es zu Ende geht.

Was hat Ihnen geholfen, als Sie die Diagnose Morbus Fabry bekommen haben?

Sehr geholfen hat mir bei der Diagnose Morbus Fabry meine positive Einstellung generell zum Leben, zu allem. Kein negativ denkender Mensch. Das gibt es bei mir nicht. Ich bin ein Mensch, wenn ich was zum Beispiel mache, irgendwas bewerkstelligen will, bei mir gibt es das Wort nicht „Das geht nicht.“ Es geht alles im Leben. Man muss es nur wollen. Und bei der Krankheit verhält sich das ähnlich. Ich habe sie, ich habe das akzeptiert. Das muss man akzeptieren, das ist bestätigt. Aber wie gesagt, ich habe dann zu mir selbst gefunden, habe gesagt: „Ja, ich habe es. Ich versuche, die Behandlung zu machen. Ich weiß, dass es nicht heilbar ist, aber es kann lebensverlängernd sein oder die Krankheit stoppen.“ Wie immer, was auch rauskommt, ich kann das nicht sagen. Ich fühle mich zurzeit recht gut. Vielleicht nicht alle Tage, aber ich lebe wirklich sehr gut mit der Krankheit durch meine Einstellung. Das hat nicht jeder so.

Was ist Ihr persönlicher Tipp, den Sie anderen nach einer Diagnose mit auf den Weg geben möchten?

Es ist sehr schwierig, da jemandem einen Tipp zu geben, weil alle Menschen anders sind, wenn sie so eine Diagnose bekommen. Das ist keine Krankheit wie ein Schnupfen oder eine Grippe, sondern wirklich eine sehr schwere Erkrankung. Bei manchen ist es vielleicht schon ausgeprägter, bei den anderen nicht so. Und ich kann nur jedem sagen: Nicht den Kopf hängen lassen. Wir haben eine gute medizinische Behandlung hier in Österreich. Es gibt Medikamente. Und die Ärzte versuchen wirklich, das Bestmögliche zu machen. Macht die Therapie, und ihr werdet sehen: Es geht euch dann besser. Ihr macht was gegen die Erkrankung. Und immer positiv denken. Denn warum? Es gibt schlimmere Dinge, auch wenn die Krankheit schlimm ist, aber es gibt noch Schlimmeres.

Wie haben Sie sich in die Therapieentscheidung eingebracht?

Das ging bei mir relativ rasch und leicht, denn Vorgeschichte: Mein Sohn hat Morbus Gaucher. Das ist ebenso eine seltene Stoffwechselerkrankung, ähnlich wie Morbus Fabry. Das hat er auch von uns, von den Eltern geerbt. Und ich habe dann einen Bezug zu einer Pharmafirma gehabt, denn er hatte eine Behandlung, und es gab zu diesem Zeitpunkt zu meiner Diagnose/Behandlungsbeginn zwei Enzymersatztherapien, zwei Möglichkeiten, d.h. zwei unterschiedliche Präparate. Ich habe mich dann für eines entschieden, weil ich die eine Firma kenne, habe einen Bezug zu denen. Dies habe ich aber nach zwei, drei Tagen sofort wieder verworfen, weil ich gehört habe: Dieses Medikament, diese Enzymersatztherapie bekommt man als Infusion alle zwei Wochen, soll angeblich vier Stunden laufen, und die andere nur eine Stunde etwa oder eineinhalb Stunden. Und da habe ich mir gedacht: So lange setze ich mich nicht zum Hausarzt. Jetzt habe ich mich für das andere Medikament entschieden. Denn was ganz wichtig ist bei der Therapie: Der Patient muss und kann selbst entscheiden, welche Therapie er macht. Das kann der Arzt nicht bestimmen. Er sagt nur, was für eine Therapie es gibt, und der Patient entscheidet sich dann. Und so ist die Therapiefindung bei mir abgelaufen.

Was hat Ihnen beim Umgang mit Nebenwirkungen geholfen?

Das ist eine ganz interessante Frage, denn ich kann das so beantworten, dass ich eigentlich keine spürbaren Nebenwirkungen gehabt habe. Wie gesagt, spürbar. Ich weiß nicht, was sonst im Körper vorgeht, aber ich war nebenwirkungsfrei.

Warum war es für Sie wichtig, sich an ein spezielles Morbus Fabry-Zentrum zu wenden?

Ich war am Anfang nicht bei einem typischen Zentrum. Ich meine, der Therapiebeginn hat schon in einem Zentrum begonnen, denn ich habe den Arzt selbst aufgesucht, weil mir keiner helfen konnte am Anfang. Ich habe ihn über das Internet ausfindig gemacht und bin da zum AKH Wien gekommen. Und ich kann jetzt auch sagen, dass das AKH Wien wirklich speziell für Fabry Behandlungen durchführt. Und es hat mir der Arzt geraten, auch die anderen Untersuchungen im Spital zu machen, denn diese Ärzte, Fachärzte sind spezialisiert, einige davon auf Morbus Fabry, was ja hier außerhalb von den Zentren nicht so ist. Die meisten Ärzte haben mal gehört beim Studium über Morbus Fabry, aber da gibt es Spezialisten dafür. Und da kann ich nur jedem empfehlen, wirklich Zentren aufzusuchen. Es gibt sie in Österreich, die Zentren. Es braucht nur jeder nachzuschauen auf unserer Homepage von der Selbsthilfegruppe. Und an diese Zentren kann man sich wenden oder soll man sich wenden, weil alles andere ist meines Erachtens nicht gut für Behandlungserfolge.

Welche Therapie machen Sie gerade?

Also meine Therapie sieht zurzeit so aus: Ich habe, ich hole vielleicht ganz kurz nach, begonnen mit der Enzymersatztherapie. Es gab zu diesem Zeitpunkt, das war 2014, nichts anderes. Aber ich war froh, dass es etwas gibt. Ich bin aber dann gewechselt auf Tabletten-Therapie, aus gewissen Gründen, weil die Wirkung nicht so war, wie man sich erhofft hatte. Und bin nach wie vor bei der Tablettentherapie. Das ist auch für mich einfacher, denn die Tablette kann ich mitnehmen, wenn ich häufig auf Urlaub weg war. Aber Enzymersatz ist schwierig im Ausland zu bekommen. Ich habe jetzt diese Tablettentherapie. Und Tablettentherapie heißt jetzt eigentlich, was Fabry anbelangt: Diese Fabry-Erkrankung versuchen zu stoppen, zu verlangsamen, soll mit dieser Therapie gelingen. Aber da Morbus Fabry eine komplexe Erkrankung ist, das heißt, dass neurologische Probleme auftreten können, Nieren betreffend, Augen auch, was immer, gibt es da natürlich schon noch andere Zusatzbehandlungen, und das ist auch wichtig. Das soll man dann schon machen, weil da kann die Fabry-Therapie nicht helfen. Wie es eben bei mir ist: Ich habe doch eine gewisse Herzinsuffizienz. Das sagen die Werte beim Check-up aus. Und ich spüre es natürlich auch. Und da gibt es gute Tabletten. Wenn man da gut eingestellt ist, geht es einem wieder besser. Und das ist natürlich schon für alle ganz wichtig, die Fabry haben, dass sie auch die anderen Ärzte kontaktieren, welche sie benötigen für Zusatztherapie. Dass das Ganze, das Gesamtkonzept passt für die Behandlung.

Wie hat sich Ihr Lebensstil durch Ihre Erkrankung verändert?

Ich habe nicht allzu viel verändert. Ich lebe mein Leben eigentlich so ähnlich weiter. Natürlich kommen dann schon Dinge dazu. Man ist nicht mehr so aktiv vielleicht. Die Krankheit schwächt einen schon. Aber es kann natürlich auch das Alter sein. Ich schiebe es dann oft auf die Krankheit. Aber das Alter spielt ja mittlerweile auch schon eine Rolle. Aber wie gesagt, ich genieße jeden Tag eigentlich, unternehme auch was. Ich sitze nicht nur zu Hause. Ich bin auch sehr sportlich, nach wie vor, obwohl eingeschränkt durch die Erkrankung. Es ist oft ein Grenzbereich, wo ich mich bewege, wo ich da sehr vorsichtig sein muss, im Speziellen, wenn man Herzprobleme hat. Aber das hilft mir auch den Alltag, ich will nicht sagen bewältigen, ich bewältige keinen, ich genieße den Alltag. Wir machen Reisen, meine Frau und ich, wir sind viel unterwegs, treffen Freunde, besuchen Bekannte. Und es hat eigentlich dazu beigetragen, die Lebensqualität fast zu erhöhen, muss ich sagen. Weil sonst ist alles zu stressig und so einen Nebenweg gegangen. Und jetzt ist man intensiv bei der Sache. Weil man weiß, da steht was im Hintergrund, was man nicht haben sollte, aber es ist eben so. Und es ist auch was Positives dadurch, dass ich weiß, was ich für eine Erkrankung habe.

Wie tun Sie sich selbst etwas Gutes? Wie nehmen Sie sich Auszeit von der Erkrankung?

Ich tue mir Gutes, indem ich nicht so weit nach vorne schaue. Ich lebe in der Jetztzeit und sage: Naja, einmal gut essen gehen zum Beispiel, was wir vielleicht vorher nicht gemacht hätten. Denn ich sehe dadurch jetzt, dass das Leben begrenzt ist. Es ist nicht unendlich. Und es ist ja sowieso bei keinem unendlich. Aber durch die Krankheit steht das mehr im Vordergrund. Und jetzt natürlich macht man Dinge, wenn man sich die Zeit nimmt und finanzielle Mittel dazu hat, die schönen Dinge, die man oft im Traum vor sich hat. Ich lebe jetzt die Träume. Ich mache viele Reisen. Andere Kulturen und Länder kennenlernen, das ist mein Traum immer gewesen, und das behalte ich bei, solange es geht. Alle Jahre, wann immer es geht und meine Frau auch Zeit hat, Reisen, andere Länder genießen. Da vergisst man die Krankheit, da denkst du an keine Krankheit. Ich rede auch fast nie darüber, außer heute bei dem Interview. Aber ansonsten, wenn mich jemand fragt, bin ich natürlich gerne bereit, darüber zu reden. Aber ansonsten: kein Gedanke an diese Erkrankung.

Haben Sie psychologische Unterstützung in Anspruch genommen?

Also ich persönlich habe noch keine psychologische Unterstützung in Anspruch genommen, weil ich – bis jetzt, muss ich sagen, weil man weiß nie, was die Zeit bringt – noch keine benötigt habe.

Aber es gibt natürlich in unserer Selbsthilfegruppe, ich bin ja der Obmann der Morbus-Fabry-Selbsthilfegruppe Österreich, doch Menschen, denen es psychologisch schon nicht so gut geht durch die Erkrankung. Man muss ja auch immer berücksichtigen: Ist man jetzt selbst krank, oder hat man Kinder, welche krank sind? Das ist auch eine enorme psychologische Belastung für die Eltern. Und meistens hat die Mutter oder der Vater, je nachdem, auch diese Erkrankung. Aber dann natürlich kann es sein, dass diese Personen auch eine Betreuung, eine psychologische Betreuung brauchen. Und wir in der Selbsthilfegruppe sind auch immer drauf und dran, diesen Leuten zu helfen, sie zu unterstützen. Wir haben erst vor kurzem versucht, psychologische Unterstützung ausfindig zu machen für solche seltene Fälle, wenn sie jemand braucht. Es gibt bei uns Leute, die würden schon benötigen, denn es gibt psychologische Unterstützung auch auf Kassenleistung, habe ich erfahren, denn es kann nicht jeder sich diese psychologische Unterstützung wirklich leisten. Es hat nicht jeder so das Geld dazu. Und wir sind auf einem guten Weg und haben da gewisse Adressen, Hearing-Stellen in den Bundesländern, wo sich die Leute, wenn sie welche brauchen, auch hinwenden können.

Sie rufen mich auch dann meistens an, ich versuche sie auch psychologisch ein bisschen aufzumuntern und zu motivieren und gebe ihnen natürlich auch Tipps, zu diesen Hearing-Stellen zu gehen, sich zu informieren und eventuell die Hilfe in Anspruch nehmen. Es ist ja auch eine schwierige Situation für die Leute. Es will nicht jeder zugeben, dass er psychologische Unterstützung braucht. Das ist das nächste wieder. Aber sie können sich informieren über die Homepage und sich dort melden.

Wie gehen Sie mit psychischer Belastung um?

Eine psychische Belastung war es natürlich bei der Diagnosestellung einmal. Da sind jetzt die Gedankengänge wirr durcheinandergekommen bei mir. Wie lange habe ich noch zu leben? Die meisten Leute schauen da schon einmal im Internet nach. Was ist Morbus Fabry? Nachdem dürfte ich gar nicht mehr leben, was ich da von Dr. Google herausgelesen habe. Natürlich kann man Informationen einholen, aber bitte nicht alles glauben, was da drinsteht. Und ja, das war dann, wie gesagt, eine psychische Ausnahmesituation. Was mache ich noch alles im Leben? Heiraten, Testament machen, dieses machen, jenes machen.

Das hat sich nach einer Zeit wieder ein bisschen gegeben, weil ich positiv denke. Und ich habe mir gedacht: Okay, geh einfach damit um. Du hast es, du kannst es nicht ändern. Somit habe ich dann Dinge gemacht, welche dann eigentlich die Krankheit ein bisschen verdrängt haben und ich keine negativen psychische Gedanken hatte. Das war am Anfang so. Natürlich kann es auch kommen, irgendwann einmal wieder, dass es einem schlechter geht. Die Situation habe ich manchmal. Da spielt trostloses Wetter mit und gewisse andere Dinge auch. Aber das hat jeder Mensch, das hat mit der Krankheit gar nicht viel zu tun. Ich habe keine Depressionen, deswegen nicht. Ich rede mir es vielleicht leicht, denn mir geht es mit meiner Erkrankung relativ gut, sagen wir. Es ist ja nur das Herz betroffen, zwar stark betroffen, aber natürlich ist das der Motor, und das ist eine heikle Sache. Aber psychisch habe ich da keine Belastung. Ich brauche keine psychologische Unterstützung.

Gibt es Treffen für Patient:innen von Morbus Fabry?

Erwähnenswert ist vielleicht auch durch unsere Selbsthilfegruppe oder mit unserer Selbsthilfegruppe: Wir veranstalten heuer ein internationales deutsches Meeting, wo Deutschland, Schweiz und Österreich zusammen, die Morbus-Fabry-Selbsthilfegruppen, ein großes Meeting veranstalten. Da sind Fachärzte mit ihren Vorträgen, was für uns Patienten ja ganz, ganz wichtig ist. Man erfährt dort Neuerungen. Was tut sich in der Behandlung bei Morbus Fabry? Denn die Zeit bleibt nicht stehen. Die Hoffnung bei uns ruht ja speziell auf Gentherapie, wie überall auch. Und es wird daran gearbeitet. Es ist noch nicht so weit, aber ganz, ganz wichtig für uns, auch für die Zuseher möglicherweise aus Deutschland, aus der Schweiz: Wie gesagt, es gibt dieses Treffen, und die Selbsthilfegruppen werden aufgefordert bzw. die Mitglieder, auch daran teilzunehmen. Es ist für jeden sehr, sehr interessant, sich auszutauschen. Man erfährt Neuigkeiten. Das hilft einem psychologisch und möglicherweise auch einen Schritt weiter zur besseren Genesung von Morbus Fabry.

Wie sprechen Sie mit anderen über Ihre Erkrankung?

Über die Krankheit sprechen, mit anderen Personen – in der Familie eigentlich haben wir uns da relativ ausgesprochen. Die meisten wissen jetzt über meine Erkrankung. Wenn jemand fragt und was darüber wissen will, das passiert manchmal, erzähle ich es ihnen, so wie es eben ist. Aber dass ich jetzt auf die Leute zugehe und sage: „Hey, ich habe Morbus Fabry. Ihr wisst es vielleicht noch nicht.“ Das mache ich eigentlich nicht, weil ich nicht permanent über die Krankheit reden will. Wenn mich andere Personen fragen, weil sie zufällig hören, fremde Personen, ich habe diese Erkrankung, gebe ich Ihnen natürlich auch Antwort über die Erkrankung, was sie was wissen wollen. Aber das hält sich dann in Grenzen, denn ich weiß, ich bin doch ein älteres Semester schon mittlerweile. Und je älter dass man wird, umso mehr sprechen die Leute nur übers Kranksein. Das Leben bietet mehr als nur Kranksein. Daher halte ich mich da eher zurück. Aber wenn jemand was wissen will, bin ich immer gern bereit, darüber zu erzählen.

Wie bereiten Sie sich auf ein Arztgespräch vor? Nehmen Sie jemanden zu Ihren Arztbesuchen mit?

Arztgespräche sind bei uns Morbus-Fabry-Patienten einmal im Jahr. Das ist fast bei jedem ähnlich. Es kann schon öfters vorkommen, wenn die Krankheit fortgeschritten ist, dass man öfters gehen muss zu einem Arztgespräch. Aber an und für sich hat man einen Check-up einmal im Jahr, wo wirklich alles Mögliche untersucht wird, weil diese Erkrankung eine komplexe Erkrankung ist. Da können verschiedene Organe betroffen sein und sind sie auch meistens. Und danach, nach diesem Check-up, hat man eine Befundbesprechung. Das kommt jetzt bei mir in Kürze zu, morgen zum Beispiel schon. Und natürlich hat man im Vorfeld schon manchmal Fragen. Zumindest ich. Es gibt Leute, die haben nie Fragen. Die sagen immer: „Der Arzt weiß schon, was er tut.“ Ja, das stimmt schon. Aber es ist unser Recht. Und es ist auch wichtig zu fragen. Denn wenn man kein Interesse zeigt, ist das ganz, ganz schlecht. Da kümmert sich vielleicht der Arzt gar nicht mehr so um einen. Denn man muss Interesse zeigen. Und ich bin ein Mensch, ich frage in meinem Leben sehr viel. Und es ist nicht immer alles positiv. Es sind auch viele Fragen dabei, wo manche drüber lachen. Aber das macht mir auch nichts. Und jeder verträgt das Fragen nicht. Aber ich habe immer wieder Fragen.

Genauso morgen, wenn ich zum Arzt reinkomme, wo ich eben vom Befund doch einiges wissen will. Ich verstehe das Medizinische nicht immer ganz, und er muss es mir so erklären, dass ich es als Nichtmediziner auch verstehe. Denn ich will die Vorgänge dieser Erkrankung in meinem Körper kennen, weil ich meinen Körper selbst gut kenne. Und ich kann das dann besser deuten und in meinem Leben auch einbauen. Und daher stelle ich immer wieder Fragen.

Wie kann die Anbindung an eine Selbsthilfegruppe zum Wohlbefinden einer/eines Betroffenen beitragen?

Also ich kann nur jedem, welcher wirklich die Diagnose Morbus Fabry hat, empfehlen, auch eine Selbsthilfegruppe aufzusuchen. In dem Fall natürlich Morbus-Fabry-Selbsthilfegruppe. Denn ich kann nur sagen, dass bei uns wirklich fast alle zu 90 % positiv gestimmt sind, dass es diese Gruppe gibt. Man ist nicht alleine. Man weiß, es gibt auch andere. Denn es ist eine seltene Erkrankung. Selten heißt: Es hat nicht, wie Schnupfen, jede zweite Person, sondern man trifft ganz selten Leute, die wirklich diese Erkrankung haben. Und in der Gruppe ist man wie eine große Familie. Wir haben einmal jährlich ein Meeting, ein Treffen mit Fachärzten, wo wir Informationen bekommen. Und die Patienten können sich untereinander austauschen. Und das ist ganz eine wichtige Sache, weil jeder hat irgendwo Probleme durch die Erkrankung und kann den anderen Tipps geben. Es ist sehr, sehr positiv, zu dieser Selbsthilfegruppe zu gehen. Und man fühlt sich gut aufgehoben. Es kostet einen Mitgliedsbeitrag, der minimal ist, den sich jeder leisten kann. Und wer es sich nicht leisten kann, kann auch so dabei sein. Und man erfährt immer Neuigkeiten. Und es ist noch keiner freiwillig ausgetreten aus dieser Gruppe. Also wie gesagt, das kann ich nur jedem empfehlen. Ist auch bei anderen seltenen Erkrankungen genauso.

Welche Art von Unterstützung bieten Selbsthilfegruppen für Menschen mit chronischen Erkrankungen?

Ich kann von unserer Selbsthilfegruppe sagen, welche Unterstützung wir den Patienten oder den Betroffenen bieten: Wir fördern die medizinische und soziale Versorgung von Patienten und deren Angehörigen. Wir versuchen, Kontakte herzustellen zu anderen Patienten zum Erfahrungsaustausch. Das ist ein ganz wichtiger Aspekt. Und genauso fördern wir wissenschaftliche Arbeiten im medizinischen Bereich, welche dann natürlich auch gespeichert werden. Und Interessensvertretung wird durchgeführt bei den Kostenträgern, bei Ärzten und bei Pharmaunternehmen.

Was ist Ihr persönlicher Tipp, den Sie Morbus-Fabry-Patient:innen mit auf den Weg geben möchten?

Mein Tipp für Morbus-Fabry-Patienten ist, wie ich vielleicht schon einmal erwähnt habe: Positiv denken, nicht den Kopf hängen lassen. Natürlich, bei Diagnosestellung geht das einmal nicht. Da ist man mal einige Tage down. Aber man soll sich wieder am Riemen reißen. Das Leben geht weiter. Das endet nicht mit der Diagnose. Das endet viel später. Und wirklich versuchen, nicht permanent über die Erkrankung zu reden und schauen, dass man Dinge des Lebens genießt. Es gibt so viele schöne Dinge. Man darf auch nicht immer die Nachrichten hören. Man muss sich auf Sachen konzentrieren, was man gerne macht. Das hilft einem bei der Krankheitsbewältigung, wenn man schöne Dinge erlebt und die Zeit genießt, sich Zeit nimmt. Das ist ganz wichtig. Und Sie werden sehen, oder die Patienten werden sehen: Es geht einem, wenn man es kann, dann auch besser.

Was ich jedem empfehlen kann, jedem Fabry-Patienten: wirklich die Therapie auch zu machen. Nicht nur Diagnose Morbus Fabry zu bekommen und nichts dagegen unternehmen. Es kann einen niemand zwingen, die Behandlung zu machen. Und ich kenne auch Leute, die haben es auch abgebrochen, weil sie vielleicht nicht den gewünschten Erfolg hatten, was auch immer. Aber bitte versucht es. Es ist wirklich mein Tipp, denn ich kann es aus Erfahrung sagen: Mir geht es mit der Behandlung besser. Mir geht es besser dadurch, dass ich bei der Selbsthilfegruppe bin. Ich habe Leute kennengelernt, die dieselbe Erkrankung haben; und die Behandlung dazu – ich fühle mich auch gut aufgehoben und habe auch eine gute Lebensqualität.

Fast so wie ohne Fabry – zurzeit noch, aber möglicherweise, und ich glaube, dass es auch geholfen hat, ist die Krankheit schon verlangsamt worden durch die Behandlung. Ich hoffe natürlich, dass sie gestoppt wird und ich noch länger genießen kann auf dieser Welt.

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Geprüft Prof.in Dr.in Christine Kurschat: Stand Juli 2024 | Quellen und Bildnachweis
Die Kurse sind kein Ersatz für das persönliche Gespräch mit Ihrer Ärztin/Ihrem Arzt, sondern ein Beitrag dazu, PatientInnen und Angehörige zu stärken und die Arzt-Patienten-Kommunikation zu erleichtern.