Grundlagen - HER2-positiver Brustkrebs
Neben dem Hormonrezeptor-Status wird bei der pathologischen Untersuchung auch der Status eines weiteren Rezeptors bestimmt: HER2.
Der HER2-Rezeptor
Wie bei allen Rezeptoren docken auch an den HER2-Rezeptor bestimmte Stoffe an, die dann Reaktionen in der Zelle auslösen. Der HER2-Rezeptor ist ein Wachstumsfaktor-Rezeptor. Das heißt, das Andocken bestimmter Botenstoffe an diesen Rezeptor führt zu Weiterleben und Wachstum der Zelle.
Für den HER2-Rezeptor gibt es verschiedene Namen, die aber alle den gleichen Rezeptor meinen: HER2/neu-Rezeptor, HER2-Onkoprotein, HER2-Eiweiß,… Eigentlich ist HER2 der normale Rezeptor und HER2/neu der veränderte auf Tumorzellen. In diesem Text wird der Begriff HER2-Rezeptor verwendet.
HER2-Status
Der HER2-Rezeptor ist bei manchen Formen des Brustkrebses viel mehr auf der Zelloberfläche zu finden als bei normalen Zellen. Diese sogenannte Überexpression des HER2-Rezeptors führt zu einem stärkeren Wachstum des Tumors. Wenn diese Überexpression vorhanden ist, spricht man von einem positiven HER2-Rezeptor-Status oder kurz positivem HER2-Status.
Ein negativer HER2-Status oder negativer HER2-Rezeptor-Status heißt, dass auf den Tumorzellen nicht wesentlich mehr HER2 nachzuweisen ist als auf einer normalen Zelle.
Untersuchung des HER2 -Status
Die Untersuchung des HER2-Status gehört zum pathologischen Befund. Das heißt es wird eine Tumorprobe im Labor dahingehend untersucht. Dabei haben die PathologInnen verschiedene Möglichkeiten eine Überexpression des HER2-Rezeptors nachzuweisen. Die beiden am häufigsten verwendeten Techniken sind:
- Immunhistochemische Färbung: Der Rezeptor wird mittels Antikörpern nachgewiesen, die mit Farbstoff markiert werden. Unter dem Mikroskop sieht man dann Bereiche mit Überexpression stärker gefärbt. Die Stärke der Reaktion liegt zwischen 0 und +++ / 3+.
- FISH: FISH ist die Abkürzung für die sogenannte Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung. Dies ist eine Technik, um Veränderungen in Genen nachzuweisen. Denn nur bestimmte Veränderungen im Bereich der Gene führen zur Überexpression. Diese Veränderung ist dann auch nur in den HER2-positiven Tumorzellen nachweisbar, nicht aber in den normalen Zellen. Der Befund ist entweder positiv oder negativ.
Genveränderungen und Krebs
Wieso genetische Untersuchung des Tumors? Gene sind der Bauplan für jede unserer Zellen. Sie bestimmen, wie schnell sich eine Zelle teilt, welche Rezeptoren zu finden sind und vieles mehr. Bei jedem Krebs ist dieser Bauplan verändert, nicht aber in der gesunden Zelle. Ohne diese Veränderungen könnte sich der Krebs nicht unkontrolliert vermehren. Die Veränderung der Gene kann man mit Genanalysen nachweisen. Das Ergebnis hat Auswirkung auf die Therapiewahl.
Meinen Befund verstehen
Sie haben Ihren konkreten Befund vorliegen und möchten ihn verstehen. Hier, sowie in den Lektionen über „hormonabhängigen Brustkrebs“ und „Triple negativen Brustkrebs“ erklären wir Beispielbefunde.
Wichtige Werte im Befund
Es gibt eine spezifische Therapie, die nur bei positivem HER2-Status erfolgen kann. Ein positiver HER2-Status liegt bei Ihnen vor, wenn im Befund steht:
- HER2/neu FISH positiv
- Nachweis mittels Genanalyse
ODER
- HER2/neu +++ oder 3+ im Score
- Nachweis mittels Immunhistochemie
Bei einem Score von + (1+) oder ++ (2+) ist zwar HER2 nachweisbar, aber nicht genug für eine Anti-HER2-Therapie.
Befundbeispiel von HER2-positiven Brustkrebs
Hier ist ein Beispiel für einen pathologischen Befund eines typischen HER2-positiven Brustkrebs:
pT2, Sn neg 0/1, E 0%, P 0%, HER2/neu FISH pos, Ki 67 70%, G3
- pT2: Tumorgröße – ein mittelgroßer Tumor, wenige Zentimeter
- Sn neg 0/1: Wächterlymphknoten – es wurde 1 Wächterlymphknoten entfernt, dieser ist unauffällig (0 von 1 auffällig)
- E 0%: kein Östrogenrezeptor
- P 0%: kein Progesteronrezeptor
- HER2/neu FISH pos: HER2-Status – Überexpression von HER2 mittels FISH nachgewiesen, HER2-Status damit positiv
- Ki-67 70%: Zellteilungsrate – hoch, das heißt der Tumor wächst schneller, aber auch bestimmte Therapien wirken besser
- G3: Grading – Starke Abweichung der Tumorzelle von der Normalzelle
Therapie bei HER2-positivem Brustkrebs
Wenn bei Ihnen HER2-positiver Brustkrebs diagnostiziert wurde, kommt bei Ihnen eine Anti-HER2-Therapie in Frage.
Die Anti-HER2-Therapie
Die Anti-HER2-Therapie richtet sich gezielt gegen Brustkrebszellen mit HER2-Überexpression. Sie ist damit zielgerichtet und dadurch besser verträglich. Die Anti-HER2-Therapie wird oft mit einer Chemotherapie kombiniert, um einen optimalen Therapieerfolg zu erreichen.
Eine Anti-HER2-Therapie ist nur bei positivem HER2-Status sinnvoll. Daher wird sie auch nur dann durchgeführt.
Formen der Anti-HER2-Therapie
Verschiedene Wirkstoffe werden zur zielgerichteten Therapie gegen HER2-positiven Brustkrebs eingesetzt. Die beiden am häufigsten verwendeten Wirkstoffe sind:
- Trastuzumab
- Pertuzumab
Beide Wirkstoffe sind Antikörper gegen HER2.
Wie funktioniert die Benennung von Antikörpern?
Die Benennung von Antikörpern erfolgt meist nach dem gleichen Schema:
- Alle enden auf „ab“, Abkürzung für AntiBody, englisch für Antikörper.
- Eigentlich enden sie sogar immer auf „mab“ – „m“ wie „monoklonal“, das heißt die Antikörper in dem Medikament sind alle gleich.
- Davor steht woher der Antikörper kommt, „zu“ heißt humanisiert, also sie schauen für unseren Körper aus als kämen sie vom Menschen.
- Die drittletzte Silbe sagt, wofür der Antikörper entwickelt wurde: „tu“ zur Tumortherapie.
- Davor kommt sozusagen der Vorname des Antikörpers, den sich die EntdeckerInnen ausgesucht haben.
Eine Anti-HER2-Therapie kann in verschiedenen Kombinationen erfolgen:
- Als Alleintherapie
- In Kombination mit einer Chemotherapie (üblich)
- Vor, nach oder um eine Operation
- In Kombination mit einer Strahlentherapie
Dauer der Anti-HER2-Therapie
Die übliche Dauer der Anti-HER2-Therapie ist ein Jahr. Die Antikörper werden mittels Infusionen oder Injektionen (=Spritzen) verabreicht.
Geprüft OÄin Dr.in Ursula Denison: 11.02.2022 | Quellen und Bildnachweis