7. Diagnose Brustkrebs verstehen – alle Fragen

Nach der Diagnose Brustkrebs (oft auch als Mammakarzinom bezeichnet) haben die meisten Patientinnen viele Fragen und müssen gleichzeitig viele Entscheidungen treffen. Prim.a Priv.-Doz.in Dr.in Birgit Volgger beantwortet in diesem Kurs die Fragen rund um die Erstdiagnose und den Beginn der Behandlung, die Sie als Patientin oder Angehörige zum jetzigen Zeitpunkt vermutlich beschäftigen.

Diagnose Brustkrebs verstehen

Was bedeutet Brustkrebs im frühen Stadium?

Die Diagnose eines Brustkrebses oder einer bösartigen Erkrankung der Brust im frühen Stadium bedeutet, dass der Tumor auf die Brust und allenfalls die Lymphknoten in der Achsel beschränkt ist und noch nicht auf andere Organe übergegriffen hat.

Welche Arten von Brustkrebs gibt es?

Brustkrebs bzw. ein bösartiger Tumor der Brust lässt sich auf unterschiedliche Arten einteilen. Die älteste Form der Einteilung bezieht sich auf die Tumorgröße und die Ausbreitung des Tumors; das ist das sogenannte TNM-Stadium. Andere Einteilungsarten beziehen sich darauf, wo die Tumorzelle ihren Ursprung findet –  ob dass eher die Drüsenläppchen der Brust sind oder z.B. die Milchgänge. Weitere Einteilungen beziehen sich auf die Oberflächenbeschaffenheit der Tumorzelle; es wird überprüft, ob Rezeptoren bzw. Andockstellen für weibliche Geschlechtshormone bestehen. Es gibt auch spezielle, neu entwickelte Substanzen bzw. spezielle Rezeptoren – der sogenannte HER2/neu-Rezeptor ist einer derjenigen modernen Marker, der auch vielen Menschen mittlerweile bekannt ist. Es stellt sich die Frage, ob diese Zelle diese Ausprägungsmerkmale hat.

Wie ist die Prognose bei Brustkrebs?

Die Prognose bei Brustkrebs oder bei der Behandlung von Brustkrebs ist sehr gut. Es gibt aufgrund der Häufigkeit von Brustkrebs intensivste Forschungen, mehrfach im Jahr erhalten wir Informationen, neue Daten über Therapiemöglichkeiten und neue Therapiekombinationen, die wir anwenden können, um die Prognose noch zusätzlich zu verbessern.

Wozu dient das Staging anhand der TNM-Klassifikation?

Mit Staging bezeichnen wir generell die Festlegung der Tumorausbreitung bzw. der Tumorgröße. Das TNM bzw. die TNM-Klassifikation beschreibt den Tumor in seinem Bezug zur Brust und zum gesamten Körper. Das T bezieht sich dabei auf den Tumor – je nachdem wie groß der Tumor ist, gibt es unterschiedliche Stadien. T1 beispielsweise wäre ein Tumor, der bis zu maximal zwei Zentimeter groß ist. Das N kommt aus dem Englischen und steht für “nodes”, bzw. auf Deutsch Lymphknoten, und beschreibt, ob Lymphknoten von Tumorzellen befallen sind. Das M bezieht sich auf Metastasen und sagt aus, ob dieser Tumor bereits in anderen Organsystemen wie z.B. in der Leber, den Knochen, der Lunge oder auch im Gehirn nachweisbar ist. Beispielsweise steht M1 für “bereits Absiedelungen nachweisbar”, M0 für “keine Absiedelungen”, MX würde bedeuten, dass man es nicht weiß; das heißt wiederum, dass aus unterschiedlichen Gründen nicht nachgeschaut wurde, ob bereits irgendwelche Absiedelungen bestehen.

Was ist ein pathologischer und histologischer Befund?

Die Begriffe eines pathologischen und histologischen Befundes werden immer wieder auch als Synonyme verwendet, das stimmt aber nicht ganz. Ein pathologischer Befund bezeichnet einen krankhaften Befund. Sogar ein Mückenstich, der auf auf der Haut juckt, ist ein pathologischer Befund, weil er sich von der normalen, gesunden Haut unterscheidet. Der histologische Befund wird vom Pathologen erstellt – das ist ein Facharzt, der entferntes Gewebe unter dem Mikroskop untersucht. Vom Pathologen wird hierbei aufwendig geschnitten und gefärbt; und unter dem Mikroskop erstellt dieser dann den histologischen oder feingeweblichen Befund. Dieser Befund wird niedergeschrieben und wir bekommen dann eine genaue Auflistung der Merkmale, die dieser Tumor bzw. die einzelne Tumorzelle hat.

Was bedeutet das Grading des Tumors?

Das Grading des Tumors ist ein weiteres Merkmal, das der Pathologe auf seinem Befund mitteilt. Das sagt aus, inwieweit die Tumorzellen noch dem Ursprungsgewebe ähneln, sei es von der Art des Tumorzellkerns oder der gesamten Ausprägung der Zelle. G1 wären zum Beispiel Tumorzellen, die den eigentlichen Brustdrüsen immer noch sehr ähnlich sind. Das sind auch die Zellen, die sich langsam vermehren und weniger aggressiv verhalten. Tumorzellen mit einem G3 Grading unterscheiden sich wiederum bereits sehr stark vom Ursprungsgewebe. Das sind auch die Zellen, die üblicherweise sehr rasch wachsen, sich sehr häufig vermehren und sich auch aggressiver verhalten.

Was sind die ersten Schritte vom Brustkrebsverdacht zum Therapiestart?

Der Ablauf ist meist so, dass die Patientinnen im Rahmen einer Routineuntersuchung beim Frauenarzt oder in der Gesundenuntersuchung zu einer Mammographie oder Sonographie beim Radiologen geschickt werden. Es kann auch sein, dass die Patientinnen selbst unter der Dusche etwas ertastet haben, das sie beunruhigt und lassen sich daraufhin zu einer weiterführenden Untersuchung zuweisen. Der Radiologe führt diese Mammographie und den Ultraschall durch und wenn er befindet, dass dort ein suspektes Areal besteht, wird eine Probenentnahme durchgeführt, ein feingeweblicher Befund erstellt und diese Diagnose wird Ihnen primär vom Radiologen (Röntgenfacharzt) erklärt. Dieser verweist Sie dann weiter an den behandelnden Arzt. Das ist üblicherweise jemand in einem Krankenhaus, wo dann auch ein Therapieplan erstellt werden kann. Dort werden dann weiterführende Untersuchungen eingeleitet, um diesen Therapieplan erstellen zu können

Welche Ärztin/welcher Arzt behandelt Brustkrebs?

Die Behandlung eines bösartigen Tumors der Brust findet heute allermeist interdisziplinär statt. Das heißt, dass nicht ein einzelner Arzt eine Patientin behandelt, sondern ein ganzes Team aus unterschiedlichen Fachrichtungen, die jeweils Ärzte nennen, die die Behandlung durchführen. Das ist zuallererst der Radiologe, der die Diagnose anhand der Mammographie und der feingeweblichen Untersuchung stellt; dann natürlich auch der Pathologe, der den Befund erstellt – das ist aber ganz häufig der chirurgisch tätige Arzt. Das kann ein Allgemeinchirurg oder ein Gynäkologe sein; sehr häufig wird auch ein internistischer Onkologe beigezogen. Das ist dann abhängig von der jeweiligen Abteilung, wer in die systemische Therapie bzw. die Chemotherapie mit einbezogen wird. Ganz häufig wird auch ein Psychoonkologe beigezogen; es wird angeboten, sich auch hier Unterstützung zu holen. Manche Patientinnen brauchen zusätzlich Hilfe im Rahmen des sozialen Umfeldes, dann kann man eine Sozialarbeiterin hinzuziehen. Insgesamt hat sich allerdings bewährt, dass die Abteilung, die die Patientin in erster Linie behandelt, sozusagen den Case Manager bzw. den Hauptbehandler stellt, diese anderen Fachrichtungen koordiniert und die Befunde jeweils zusammenfasst.

Was ist ein Tumorboard?

In den letzten Jahren hat sich herausgestellt, dass es sinnvoll ist, wenn es einen Hauptbehandler bzw. eine hauptbehandelnde Abteilung für jede Patientin gibt, welcher die verschiedenen Untersuchungen koordiniert, die Termine ausmacht, die Befunde zusammenführt und bewertet und aus dieser Gesamtsituation einen Therapievorschlag erstellt. Dieser Therapievorschlag wird mit den zugrundeliegenden Fakten im sogenannten Tumorboard vorgestellt. Das Tumorboard ist ein Gremium aus Vertretern unterschiedlicher Fachdisziplinen, das sich üblicherweise einmal in der Woche zu einem festgesetzten Termin trifft und dort die neu aufgetretenen Fälle oder geänderte Situationen bei bekannten Fällen bespricht und diskutiert. Dabei wird sichergestellt, dass auch der letzte Wissensstand einfließen kann, dass unterschiedliche Aspekte einer Erkrankung wirklich berücksichtigt werden können und für die jeweilige Patientin die bestmögliche Therapie gefunden wird. Gelegentlich kommt es natürlich dazu, dass dieser vorgeschlagene Therapievorschlag abgeändert werden muss, der Hauptbehandler Ihnen dann den neuen Therapieweg erklärt und die weiteren Schritte einleitet.

Hier geht es zum Video-Interview: „Diagnose Brustkrebs verstehen”

Nach der Diagnose Brustkrebs

Sollte ich mich an einem Brustzentrum behandeln lassen?

Es ist aktuell meines Wissens bereits so, dass sich die meisten Patientinnen mit einem Brustkrebs an einem Brustzentrum behandeln lassen. Es hat sich diese Form der Behandlung mittlerweile in Österreich ganz gut etabliert. Ein Brustzentrum ist eine Abteilung bzw. ein Haus, das sich ganz klar Qualitätsstandards unterzieht und auch die Überprüfung derselben zulässt. Diese Überprüfung findet jährlich statt. Eine Abteilung, die sich Brustzentrum nennen darf, muss jedes Jahr die hauseigenen Daten bzw. die Ergebnisse von einem unabhängigen Gremium bewerten lassen. Alle drei Jahre kommt dann eine große Überprüfung des jeweiligen Zentrums; das heißt es kommt jemand ins Haus bzw. in die Abteilung und schaut sich dort die Handhabung jeder einzelnen Stufe und jeder einzelnen Situation an und ob die Qualitätsstandards eingehalten werden. Damit wird sichergestellt, dass die Frau, die dort behandelt wird, nach aktuellen Therapiestandards behandelt werden kann.

Was ist eine Breast Care Nurse und wie kann sie mich unterstützen?

Eine Breast Care Nurse ist eine Mitarbeiterin aus dem Pflegebereich, die eine spezielle Ausbildung für die Behandlung und Betreuung von Brustkrebspatientinnen absolviert hat und mit in den Ablauf der Behandlung bzw. der Betreuung der Brustkrebspatientin eingebunden ist. Es ist so, dass es für manche Patientinnen einfacher ist, statt mit dem Arzt mit jemandem aus der Pflege ein vertrauensvolles Gespräch über gewisse Lebensaspekte zu führen. Man versucht hier, den Patientinnen wirklich die Möglichkeit zu geben, sich selbst mit einzubringen und ein größtmögliches Netz an Behandlern und betreuenden Personen zu finden, um die Sicherheit zu geben, dass die Therapie und die Behandlung auch wirklich bestmöglich stattfinden.

Wie findet man ein gutes Brustzentrum oder eine gute Praxis?

Natürlich kann man ein gutes Brustzentrum im Internet finden. Das ist heutzutage durchaus üblich und die allermeisten Frauen können mit diesem Medium auch gut umgehen. Mir erscheint trotzdem wichtig, hier auch die Meinung des betreuenden Arztes, der primär der Zuweiser war (der Hausarzt bzw. der Gynäkologe), mit einzuholen, da dieser häufig noch zusätzliche Informationen aus seiner Erfahrung in der Zusammenarbeit sammeln hat können. Dieser kann somit sagen, inwieweit er mit einem Zentrum gut zusammenarbeitet, um wirklich eine langfristige Betreuung gewährleisten zu können, in der ein offenes Gespräch im gegenseitigen Vertrauen stattfinden kann. Ganz wichtig erscheint mir auch, dass wir eine wohnortnahe Betreuung gewährleisten können. Ich denke, dass Familie, Freunde und ein soziales Netz eine enorme Unterstützung in einer Situation sind, die unglaublich belastend für jede Frau ist, die diese Diagnose erhält.

Wie schnell sollte man nach der Diagnose einen Termin für das weitere Vorgehen vereinbaren?

Sofern Sie selbst die Möglichkeit haben, den Termin zu bestimmen obliegt es natürlich Ihnen, den Termin schnell oder weniger schnell zu vereinbaren. Ich persönlich bemühe mich immer darum, einen möglichst raschen Termin zu vereinbaren, um diese Zeit der Unsicherheit, der Unklarheit und der sehr häufig unnötigen Ängste möglichst kurz zu halten.

Wie kann ich mich auf das Arztgespräch vorbereiten?

Zur Vorbereitung auf das Arztgespräch empfehle ich ganz dringend, aktiv eine Liste mit Notizen anzufertigen, die sie sich auf das Nachtkästchen legen. Sehr oft kommen die Fragen in der Nacht, dort wirkt manchmal alles noch viel bedrohlicher und beängstigender. Schreiben Sie bitte Ihre Fragen auf, dann können Sie im Arztgespräch diese Punkt für Punkt abarbeiten. Der Arzt, der sie betreut und aufklärt, hat natürlich ein schon Konzept, was er Ihnen erzählt und trotzdem kann er Ihre spezifischen Fragen natürlich nicht vorhersehen. Mir ist schon passiert, dass eine Patientin gemeint hätte, sie müsste das aufschreiben, damit sich der Arzt nichts mehr selbst überlegen müsste – das ist natürlich nicht der Fall. Wir wissen schon, was wir Ihnen erklären bzw.  was wir den Patientinnen mitteilen müssen und trotzdem gibt es darüber hinaus sehr viele Fragen, die jede Frau für sich selbst noch hat. Damit diese auch wirklich vernünftig beantwortet werden können, kann ich Ihnen nur raten, diese aufzuschreiben. Im direkten Gespräch mit dem Arzt ist ganz häufig die Nervosität so groß, dass zumindest die Hälfte der Fragen, die noch vor der Tür ganz logisch erschienen sind, weg sind. Ich kann Ihnen auch nur raten, dass Sie eine Vertrauensperson zu diesem Gespräch mitnehmen. Das kann der Partner sein, das können die Tochter oder der Sohn sein oder auch eine Freundin oder ein Freund – jemand, der sie stützt und Ihnen Sicherheit vermittelt. Vor allem kann diese Person dann auch womöglich Fragen selbst stellen, welche sie bereits diskutiert haben, die vielleicht nicht zur Sprache gekommen sind und jemand, der einem auch im Nachhinein noch einmal sagen kann, was besprochen bzw. diskutiert wurde – und dass das Ganze vielleicht doch nicht so schlimm ist, wie vorher befürchtet wurde.

Welche Unterlagen soll ich zum Arztgespräch mitnehmen?

Wenn der Hauptbehandler nicht im selben Haus wie der Radiologe ist, ist es sicher sinnvoll, alle tumorspezifischen Unterlagen mitzunehmen. Es ist allerdings in der heutigen Zeit der virtuellen Medizin relativ einfach geworden, Befunde oder Röntgenbilder nachzufordern. Sehr häufig gibt es mittlerweile einen Code, mit dem Röntgenbilder im Internet abrufbar sind. Mitbringen sollten Sie bitte unbedingt Befunde, die Sie selbst und Ihre Vorgeschichte betreffen; außerdem etwaige Arztbriefe oder auch Listen über Medikamente, die Sie einnehmen und Ähnliches.

Welche Fragen können mir beim Arztgespräch gestellt werden?

Beim ersten Arztgespräch wird versucht, Ihre medizinische Situation möglichst umfassend zu erfassen. Das ist einerseits die Frage nach Vorerkrankungen, Voroperationen, welche Medikamente Sie einnehmen; das sind auch Fragen zur gynäkologischen Situation, ob Sie Kinder geboren haben, wann diese Geburten stattgefunden haben, wie der Zyklus abläuft, Fragen nach der Verhütung – hier geht es vor allem um die hormonelle Verhütung. Weiters wird gefragt, ob die Wechseljahre bereits stattgefunden haben und Sie vielleicht Hormonmedikamente einnehmen. Ganz wichtig ist die Frage nach der Familienanamnese – ob bereits jemand in der Familie an einem bösartigen Tumor erkrankt ist; eventuell auch an einem Mammakarzinom oder an einem Ovarialkarzinom.

Welche Fragen sollte ich beim Arztgespräch stellen?

Im Arztgespräch können Sie natürlich auch Fragen stellen. Das sind einerseits in den meisten Fällen die ganz drängenden Fragen zur Diagnose und zur Prognose. Das ist immer das, was den Patientinnen auf den Lippen brennt. Muss man sich davor fürchten? Es können darüber hinaus auch Fragen zur Arbeitssituation, zur Bewältigung des Alltags, zu Verhaltensregeln und Ähnlichem gestellt werden.

Darf ich Angehörige zum Arztgespräch mitnehmen?

Ich kann Ihnen nur dringendst empfehlen, Angehörige zum Arztgespräch mitzunehmen. Das muss nicht zwangsweise ein Angehöriger sein – das kann natürlich auch eine andere Vertrauensperson sein. Diese Person kann Sie aus mehreren Gründen unterstützen. Einerseits hat wahrscheinlich jeder von uns schon einmal die Erfahrung gemacht, dass man zu zweit im Auftreten einfach stärker ist. Die zweite Person stärkt das Selbstbewusstsein; gerade in einer Situation, in der man extrem verletzlich ist. Es wurde einem faktisch gerade der Boden unter den Füßen weggezogen. Außerdem kann diese Person auch Fragen, die vielleicht nicht zur Sprache gekommen sind stellen, welche womöglich vorher bereits mit Ihnen besprochen wurden; man kann vor allem Gesprächsinhalte im Nachhinein noch einmal reflektieren. Ich mache immer wieder die Erfahrung, dass Frauen in einem Gespräch irgendwann die Inhalte fast nicht mehr verstehen, das wird auch von Patientinnen so beschrieben. Oft beschreiben sie es so, dass es “nur noch gerauscht hätte” und sie dem Gespräch eigentlich nicht mehr folgen konnten. Wenn hier eine Vertrauensperson mit ist, die Ihnen im Nachhinein sagt, was besprochen und beredet wurde, kann das ungemein beruhigend wirken und Ängste nehmen.

Wann kann es sinnvoll sein, eine Zweitmeinung einzuholen?

Die Möglichkeit einer Zweitmeinung besteht für Sie faktisch immer. Sinnvoll kann es immer dann sein, wenn Sie das Gefühl haben, dass die vorgeschlagene Therapie nicht ganz zu dem passt, was von Ihnen erwartet wurde bzw. was Sie sich für sich selbst vorgestellt haben. Außerdem kann das Einholen einer Zweitmeinung sinnvoll sein, wenn der vorgeschlagene Therapieplan die eigenen Ängste nicht wirklich beruhigt oder man sich sehr unsicher ist, ob die Therapie auch wirklich dem entspricht, was üblich ist. Man darf dabei aber nicht vergessen, dass sich die einzelne Frau bzw. die einzelne Patientin mit diesem Thema üblicherweise nicht auskennt und sich mit Brustkrebs unter normalen Umständen ja nicht beschäftigt. Deshalb kommt es ganz darauf an, ob das Vertrauensverhältnis zum Behandler auch wirklich gut passt – was durch eine Zweitmeinung ja auch gestärkt und unterstützt werden kann. Wichtig ist für Sie zu wissen, dass Sie die Befunde jederzeit bekommen können. Diese Befunde sind Ihr Eigentum, wir im Krankenhaus sind eigentlich nur die Verwalter dieser Befunde. Sie können natürlich alle Befunde bekommen und auch anhand dieser eine Zweitmeinung einholen. Es ist auch üblich, dass dann der Zweitmeinungsträger gelegentlich nachfragt und einen Befund nachfordert, der dann mit Ihrer Einverständnis geschickt wird – das ist jederzeit möglich.

Hier geht es zum Video-Interview: „Nach der Diagnose Brustkrebs”

Entscheidungen treffen

Welche Therapien können bei Brustkrebs im frühen Stadium eingesetzt werden?

Bei Brustkrebs im frühen Stadium steht mit Sicherheit die lokale Therapie im Vordergrund. Die lokale Therapie bzw. die Operation der Brust wird heutzutage sehr häufig eine brusterhaltende Therapie sein. Eine weitere Therapie, die im frühen Stadium eingesetzt wird, ist die Operation des Wächterlymphknotens in der Achsel. Die Brusterhaltungstherapie steht dann auch meistens im Zusammenhang mit einer Bestrahlungstherapie, allerdings kann zu dieser Therapie auch eine Hormontherapie bzw. eine Chemotherapie, die gelegentlich der Operation vorgezogen wird, dazu kommen.

Warum ist es wichtig zu wissen, welche Art von Brustkrebs man hat?

Aufgrund der Kenntnis der genauen Art des Tumors und des Verhaltens der Tumorzellen kann aus allen Therapiemöglichkeiten diejenige Therapiekombination ausgesucht werden, die im Prinzip für diese Tumorzelle und das Verhalten dieses Tumors maßgeschneidert ist. Dadurch kann man kann verhindern, Therapien zu verabreichen, die womöglich Nebenwirkungen verursachen, ohne wirklich eine gute Wirkung auf den Tumor selbst zu haben.

Wie lange dauert es, bis die Behandlungen bei Brustkrebs abgeschlossen sind?

Die Dauer der Behandlung kann nicht ganz einfach vorhergesagt werden. Es gibt dafür unterschiedliche Definitionen, wenn es darum geht abzuschätzen, wie lange die Operation mit einer eventuell nachfolgenden Bestrahlung dauert. So kann man sagen, dass die Operation mit der Erholung danach ein, zwei Wochen in Anspruch nehmen wird. Ca. ein bis drei Monate nach der Operation wird die Bestrahlung stattfinden; das heißt, dass man täglich ein Institut für Radiotherapie aufsuchen muss; und das über mehrere Wochen hinweg. Das heißt, dass womöglich fünf bis sechs Monate vergehen werden, bis dieser erste Therapieblock wirklich abgeschlossen ist. Danach wird beispielsweise eine Hormontherapie angeschlossen. Diese Therapie wird in Summe fünf bis sieben Jahre gegeben. In dieser Zeit kann man aber bereits seinen Alltag wieder ganz normal leben, wieder normal arbeiten und auch den Haushalt führen. Wenn es notwendig ist, dass sich die Patientin einer Chemotherapie unterzieht, so rate ich den Frauen meistens, dass sie sich ein Jahr Zeit geben, um wirklich auch die Chemotherapie abschließen zu können. Außerdem braucht es Zeit, die anderen Therapien abschließen zu können, sich womöglich auch noch die Zeit für Rehabilitation zu nehmen und sich wirklich gut zu erholen, bevor die Patientinnen wieder den normalen Alltag eingehen. Ich beobachte immer wieder, dass sich Frauen nach Abschluss der Therapie sich vorerst fast wie im luftleeren Raum fühlen. Über sehr lange Zeit wurden sie von einem Termin zum nächsten getragen – plötzlich ist das vorbei und auch dafür braucht man wieder ein bisschen Zeit, bis man sich im Leben wieder zurechtfindet.

Wie lange dauert der Krankenhausaufenthalt nach der Operation?

Die Aufenthaltsdauer nach der Operation im Krankenhaus hängt natürlich von der jeweiligen Situation der Patientin ab bzw. vom Ausmaß der Operation. Wenn es darum geht, dass eine brusterhaltende Therapie mit einer Tumorektomie durchgeführt wird – mit der Operation des Wächterlymphknotens in der Achsel – so kann die Aufenthaltsdauer häufig nur wenige Tage betragen. Wenn jedoch weiterführende Operationen oder Eingriffe nötig sind, kann sich diese Dauer auch verlängern. Wenn eine Patientin zusätzlich eine spezielle Situation hat, spezielle Medikamente nimmt, die womöglich eine Überwachung notwendig machen, kann sich der Aufenthalt verlängern. Vor allem wenn eine onkoplastische Operation angeschlossen wird, ist der Aufenthalt in den meisten Fällen etwas länger und kann auch ein bis zwei Wochen betragen.

Welche Faktoren beeinflussen die Therapieentscheidung?

Die Therapieentscheidung, sprich der Therapieplan, der den Patientinnen zu Beginn erklärt wird, wird von unterschiedlichen Faktoren beeinflusst. Einerseits bestimmt die Tumorgröße die Entscheidung; außerdem, ob der Tumor bzw. die Brust primär operiert werden kann und auch, in welchem Ausmaß die Operation stattfindet. Es sind auch oft die verschiedenen Oberflächenmerkmale des Tumors die uns sagen, ob es sinnvoll wäre bzw. nötig ist, eine Chemotherapie vor einer Operation durchzuführen. Das Vorhandensein von Absiedelungen oder Fernmetastasen kann auch verantwortlich dafür sein, einen ganz anderen Therapieweg einschlagen zu müssen.

Wann entscheidet sich, welche Therapie erfolgt und wie schnell wird mit dieser begonnen?

Ein vorläufiger Therapieplan wird erstellt, wenn wir den feingeweblichen Befund des Biopsiepräparates und die fortführenden Staginguntersuchungen vorliegen haben. Das sind radiologischen Untersuchungen, die notwendig sind, um das Vorliegen von Absiedelungen auszuschließen. Zu diesem Zeitpunkt kann man sagen, ob primär eine Operation durchgeführt wird und danach eine Bestrahlungs- und Hormontherapie angeschlossen wird. Es kommt selten vor, dass sich im endgültigen Operationspräparat ein Befund ergibt, der sich vom ersten feingeweblichen Befund unterscheidet. Das liegt daran, dass bei einer Untersuchung des gesamten Präparats der Tumor auch andere Charakteristika aufweisen kann, die womöglich in diesen einzelnen, haarfeinen Biopsien aus dem Tumor nicht darstellbar waren. Dann muss der Therapieplan auch noch einmal abgeändert werden. Üblicherweise beginnen wir möglichst rasch mit dem Start der Therapie, wobei es natürlich auch sein kann, dass eine Patientin aufgrund spezieller Umstände oder persönlicher Faktoren die Therapie lieber ein wenig hinauszögern möchte. Auch das wird mit der jeweiligen Patientin besprochen – natürlich kann sie dabei vorbringen, wann sie genau mit der Therapie beginnen möchte. Von uns aus werden wir uns immer bemühen, möglichst rasch zu beginnen.

Kann es sinnvoll sein, an einer klinischen Studie teilzunehmen?

Wenn die Möglichkeit besteht, hat es mit Sicherheit Sinn, an einer klinischen Studie teilzunehmen. Die Behandlungsprotokolle für klinische Studien werden extrem sorgfältig erstellt, von mehreren Gremien überprüft und stellen sicher, dass die noch zu erforschende Therapie, soweit man das irgendwie abschätzen kann, nicht schlechter ist als jede Standardtherapie, die derzeit in dieser Situation anzubieten wäre. Einschränkend ist zu sagen, dass nicht alle Studien zu jedem Zeitpunkt überall angeboten werden. Es kann also natürlich die Situation bestehen, dass es zwar grundsätzlich die Möglichkeit einer Studie gäbe, diese Studie aber an einem Ort stattfindet, der womöglich 200-300 km vom Behandlungszentrum entfernt ist. In diesem Fall müsste sich die Frau überlegen, ob es für sie überhaupt möglich ist, an dieser Studie teilzunehmen. Dennoch – bei einer Möglichkeit, an einer Studie teilzunehmen, denke ich, dass es immer sinnvoll ist, teilzunehmen – Ihr Behandler wird Sie darüber informieren.

Habe ich bei der Therapiewahl ein Mitspracherecht?

Ganz wichtig ist es für Sie zu wissen, dass Sie entscheiden, welches von den Angeboten oder welche der angeratenen Therapien Sie dann tatsächlich in Anspruch nehmen. Sie entscheiden, was mit Ihrem Körper gemacht wird – wir können Sie dabei beraten. Es ist unsere Aufgabe, Sie möglichst gut und möglichst umfassend über die Möglichkeiten und Risiken aufzuklären und Ihnen zu erklären, worum es wirklich geht. Man darf nicht vergessen, dass die allermeisten Frauen sich ja bis zu diesem Zeitpunkt nicht mit dem Thema auseinandergesetzt haben. Das heißt, dass wir als Behandler gefordert sind, Ihnen unsere Therapiemodalitäten mit all ihren Nebenwirkungen auch verständlich zu machen. Aber natürlich entscheiden immer Sie, welchen Weg Sie einschlagen. Und sollte das ein alternativer Weg sein und Sie unsere vorgeschlagenen Therapien ablehnen, so wird es wahrscheinlich so sein, dass Sie wiederholt und immer wieder von uns oder von dem behandelnden Arzt aufgeklärt werden – er wird sich wahrscheinlich auch bestätigen lassen, dass diese Aufklärungen stattgefunden haben. Das wird Ihnen natürlich auch bei einer etwaigen Umentscheidung angeboten. Die Entscheidung, die Sie jetzt treffen, muss nicht für die nächsten fünf Jahre gültig sein. Sie können sich Zeit nehmen, um in Ruhe zu überlegen – und sollten Sie sich in einigen Monaten umentscheiden und doch den vorgeschlagenen oder einen anderen Weg einschlagen wollen, so können Sie das auch jederzeit wieder tun.

Wie kann ich zu einer guten Therapieentscheidung beitragen?

Ihr Beitrag zu einer guten Therapieentscheidung ist zuallererst, dass Sie sich Zeit und Ruhe nehmen. Zeit zuzuhören, nachzudenken und Zeit, Fragen zu stellen. Stellen Sie bitte Ihre Fragen auch mehrfach! Wir wissen, dass das notwendig ist. Viele Frauen stellen die Fragen oft fünfmal, teilweise sogar fast mit dem gleichen Wortlaut – das ist üblich. Sie haben sich bis zu diesem Zeitpunkt mit dem Thema nicht auseinandergesetzt und es ist völliges Neuland. Bitte nehmen Sie außerdem einen Angehörigen oder eine Vertrauensperson zu den Gesprächen mit, um auch im Nachhinein das Gespräch noch einmal reflektieren zu können.

Kann ich den Therapiezeitpunkt mitbestimmen?

Sie bestimmen den Therapiezeitpunkt. Wir können Ihnen nur einen Zeitpunkt anbieten – das wird normalerweise der frühestmögliche sein, um unsererseits für Sie die Zeit der Unklarheit und Ängste möglichst kurz zu halten. Sollte es persönliche, medizinische oder sonstige Gründe geben, warum Sie die Therapie lieber verschieben möchten, so können Sie das natürlich tun. Eventuell gibt es auch die Möglichkeit, in der Zwischenzeit eine hormonelle Therapie einzuleiten, um nach Möglichkeit kein erhöhtes Risiko durch ein Verschieben der eventuell notwendigen operativen Therapie zu erzeugen.

Hier geht es zum Video-Interview: „Entscheidungen treffen”

Umgang mit der Diagnose Brustkrebs

Wie kann ich mit Familie und FreundInnen über die Diagnose sprechen?

Um die Diagnose eines Brustkrebses der Familie, den Freunden oder den Kindern mitzuteilen, gibt es grundsätzlich keinen richtigen oder falschen Weg. Auch hier ist es besonders wichtig, eine Vertrauensperson mit einzubeziehen und womöglich das Vorgehen auch entsprechend Ihrer persönlichen Situation mit dieser Person abzusprechen. Der Umgang mit diesem Thema hängt davon ab, wie alt die Kinder sind, wie das Verhältnis zum Partner ist, auch wie das Verhältnis zu den Freunden ist. Insgesamt ist meine Erfahrung, dass ein möglichst offener und vertrauensvoller Umgang mit der Diagnose im eigenen privaten sozialen Netz sehr sinnvoll ist, um natürlich auch auf dieses soziale Netz zurückgreifen zu können – in Situationen, die belastend sind, um dabei Unterstützung von diesem sozialen Netz zu bekommen. Bestimmt kann zudem eine psychoonkologische Betreuung Unterstützung bieten, um diese Gespräche führen zu können – es gibt beispielsweise eine sehr gute Broschüre der österreichischen Krebshilfe, die im Umgang mit der Diagnose und dem eigenen privaten Netz Hilfe bietet.

Soll ich mit meinen Kindern offen über die Diagnose sprechen?

Inwieweit Sie das offene Gespräch mit den Kindern suchen, hängt sicher zuallererst davon ab, wie alt die Kinder sind. Mit Sicherheit ist es notwendig, auch kleinen Kindern mitzuteilen, dass die Mama krank ist; dass es sein kann, dass es der Mama ab und zu nicht gut geht, dass sie womöglich im Bett liegen bleibt. Dazu ist es natürlich notwendig, mit den Kindern zumindest teilweise zu teilen, was los ist. Es gibt hierbei aber Hilfe – es gibt Kinderbücher, die Unterstützung bieten. Auch zu diesem Thema gibt es eine Broschüre der Krebshilfe, wie man diese Diagnose mit Kindern besprechen kann und die eine Unterstützung sein kann.

Welche Unterstützung brauche ich während der Therapie?

Die Art der Unterstützung, die sie während der Therapie benötigen, hängt natürlich sehr stark von der eigenen Situation ab – außerdem hängt sie von der Ausbreitung der Erkrankung ab und welche Therapien wirklich benötigt werden. Angeboten werden mit Sicherheit psychoonkologische Unterstützungen, es kann auch die Unterstützung durch einen Mitarbeiter der Sozialarbeit angeboten werden; beispielsweise in Form einer Haushaltshilfe oder Unterstützung bei der Kinderbetreuung. Ganz klar unterstützend für Sie ist auch ein gutes privates soziales Netz, das Ihnen in dieser Situation zur Seite stehen kann.

Wie kann ich mit meiner Angst umgehen?

Natürlich besteht immer die Möglichkeit einer medikamentösen Therapie, besonders bei großen Ängsten, die in dieser Situation mit Sicherheit vorliegen können. Sehr häufig wird diese Möglichkeit auch in Anspruch genommen. Sehr wichtig erscheint mir trotzdem auch die Möglichkeit, sich mit der Erkrankung bzw. mit dem Befund und mit der Situation bewusst auseinanderzusetzen, sich auch die medizinischen Behandlungsmöglichkeiten vor Augen zu führen. Im besten Fall sollte man mit einer Vertrauensperson reflektieren, welche Teile aus dem Aufklärungsgespräch tatsächlich beruhigend waren und darauf ausgerichtet waren, die eigene Angst auch zumindest zu vermindern, wenn sie schon nicht genommen werden konnte. Es wird Ihnen darüber hinaus psychoonkologische Unterstützung angeboten, um Techniken zu entwickeln, mit den Ängsten umzugehen.

Was kann ich tun, um besser zu schlafen?

Schlafstörungen sind speziell in den ersten Tagen und Wochen nach einer neuen Diagnose sehr häufig. Es kann auch sinnvoll sein, hier auf eine medikamentöse Unterstützung zurückzugreifen, die je nachdem, welche Art der Schlafstörung im Vordergrund steht – eine Ein- oder Durchschlafstörung – unterschiedlich ausfallen kann. Wichtig erscheint mir dabei eine Dosierung zu verwenden, die den Tagesablauf des Folgetages nicht beeinträchtigt, sondern wirklich in der Nacht wirkt, um das Schlafen zu verbessern. Wichtig ist hierbei, parallel auch psychologische Methoden anzuwenden und mit diesen Techniken zu entwickeln, um besser schlafen zu können. Ganz zentral ist natürlich auch, dass das eigene private Netz in der Aufarbeitung der Situation Unterstützung bieten kann.

Was können Anzeichen dafür sein, dass ich eine Depression entwickle?

Ein Anzeichen für eine beginnende Depression ist häufig die Lustlosigkeit, den Alltag anzugehen und zu bewältigen. Gelegentlich weist auch die Unmöglichkeit, sich aus diesem subjektiv empfundenen Grau zu befreien – auch nicht mit der Hilfe von Familie und Freunden – auf eine Depression hin. Wichtig ist hierbei, das Thema mit dem behandelnden Arzt offen anzusprechen. Es kann auch sein, dass Sie in diesem Fall womöglich lieber mit Ihrem Hausarzt oder einem anderen betreuenden Arzt ins Gespräch kommen. Unter anderem ist mir aus diesem Grund die Zusammenarbeit zwischen dem behandelnden Krankenhaus und dem niedergelassenen Arzt so wichtig, um eine Patientin in dieser Situation wirklich möglichst umfassend betreuen zu können.

Kann man mit Brustkrebs weiter arbeiten?

Eine Berufstätigkeit rund um eine Operation ist selbstverständlich nicht sinnvoll. Ich kann Ihnen aber nur raten, sich die Zeit danach für Erholung und Rekonvaleszenz wirklich zuzugestehen, um die neue Situation reflektieren zu können und sich die Möglichkeit zu geben, sich in der neuen Lebenssituation zurechtzufinden. Eine Berufstätigkeit während der Strahlentherapie kann möglich sein, jedoch sind Strahlentherapien häufig mit einem langen Anfahrtsweg verbunden und dadurch ist es in manchen Gegenden in Österreich sicher nicht möglich, zusätzlich einer regelmäßigen Arbeit nachzugehen, wenn sie an einem anderen Ort stattfindet. Inwieweit eine Berufstätigkeit oder eine teilweise Berufstätigkeit während einer laufenden Chemotherapie möglich oder gewünscht ist, muss jede Frau für sich selbst entscheiden. Ich rate den Frauen auch hier, sich die Zeit zur Erholung zu nehmen. Wichtig ist zu beachten, dass man zwischen den Chemotherapien Kontakte zu anderen Personen meiden muss. Wir sind das jetzt alle gewöhnt – das war vor einigen Jahren aber noch nicht so. Es geht bei dieser Behandlung wirklich darum, Infektionen auch abseits vom Corona zu vermeiden.

Ab wann kann man nach der Therapie wieder arbeiten?

Wann Sie wirklich genau wieder mit der Arbeit beginnen können, besprechen Sie am besten mit dem behandelnden Arzt. Er kann abschätzen, inwieweit noch die Notwendigkeit für eine Rekonvaleszenz nach einer Operation besteht. Er kann auch abschätzen, inwieweit eine fortlaufende Erholung nach dem gesamten Therapiepaket notwendig ist und auch, ob eventuell von Seiten des Immunsystems noch Einwände bestehen, bald nach einer Chemotherapie wieder berufstätig zu werden.

Muss ich meinen Arbeitgeber über meine Erkrankung informieren?

Eine Krankschreibung ist bei einer Diagnose natürlich notwendig und diese muss auch dem Arbeitgeber übermittelt werden. Nach meinem Wissen gibt es keine gesetzliche Grundlage dafür, dass der Arbeitgeber über die Art der Diagnose Bescheid wissen muss. Sehr oft herrscht jedoch ein vertrauensvolles Verhältnis zum Arbeitgeber – man wird vielleicht hier einfach das Gespräch suchen. Aber wie die Situation im Einzelnen aussieht, muss jede Frau wohl für sich entscheiden und abschätzen. In jedem Fall wird der Arbeitgeber über eine Krankschreibung informiert, dass grundsätzlich eine Erkrankung vorliegt.

Hier geht es zum Video-Interview: „Umgang mit der Diagnose Brustkrebs”

Unterstützung während der Brustkrebstherapie

Was ist Psychoonkologie?

Das Fachgebiet der Psychoonkologie beschäftigt sich speziell mit der Betreuung von Patienten, die aufgrund ihrer onkologischen Grunderkrankung unter einer besonderen psychischen Belastung stehen. Es gibt hierzu auch eine spezifische Ausbildung, die in Österreich noch relativ jung ist. Aber es gibt zahlreiche Psychologen in Österreich, die speziell in der Betreuung von Patienten, die an einer Krebserkrankung leiden, Erfahrung haben.

Wo kann ich psychologische Unterstützung bekommen?

Mit dieser Frage gehen Sie am besten auf Ihren behandelnden Arzt zu, sofern er Ihnen nicht ohnehin bereits eine psychologische Betreuung angeboten hat. Er weiß am besten, welche Psychologen in der Umgebung speziell mit Krebspatienten Erfahrung haben.

Wird die psychologische Unterstützung für KrebspatientInnen von der Krankenkasse bezahlt?

Solange die psychologische Unterstützung im Krankenhaus selbst stattfindet, ist sie Teil des Gesamtpakets der Betreuung und wird natürlich auch vom Krankenhausträger übernommen. Eine psychologische Betreuung im niedergelassenen Bereich wird teilweise von den Krankenkassen übernommen; das ist in unterschiedlichen Bundesländern auch meines Wissens verschieden geredet. Teilweise gibt es auch ein gewisses Kontingent an Betreuungsstunden, die von der Krankenkasse übernommen werden. Ich denke, dass es hier von Nöten ist, sich bundeslandspezifisch zu erkundigen, welche Möglichkeiten es gibt. Ich möchte an dieser Stelle noch kurz die Selbsthilfegruppen erwähnen, die eine spezifische psychologische Betreuung natürlich nicht ersetzen können, aber dennoch von vielen Frauen als sehr hilfreich und unterstützend empfunden werden.

Können Bewegung und Sport auch während der Brustkrebstherapie sinnvoll sein?

Bewegung und Sport sind auch während einer laufenden Therapie sinnvoll. Man darf natürlich nicht vergessen, die Einschränkungen rund um eine Operation zu beachten. Generell wirken gerade Sport, Bewegung und frische Luft während einer laufenden Chemotherapie unterstützend. Es gibt hier eine sehr gute Broschüre der österreichischen Krebshilfe, die auch das Thema Bewegung und Sport bei Tumorerkrankungen aufgegriffen hat.

Welche Art von Bewegung ist bei Brustkrebs sinnvoll?

Grundsätzlich sollte gehen und Rad fahren in den allermeisten Situationen möglich sein. Es gibt auch erstaunlicherweise Hinweise darauf, dass gerade während einer Hormontherapie nach einer Brustkrebserkrankung leichtes Krafttraining sinnvoll sein kann. Am besten sprechen Sie mit Ihrem Arzt – er kennt Sie, er kennt Ihre körperlichen Umstände; mit ihm können Sie auch darüber sprechen, welche Sportarten Sie vorher betrieben haben und er kann Ihnen raten, was auch jetzt am besten zu Ihnen passt.

Wie lange sollte ich mich nach der Therapie im Haushalt schonen?

Leichtere Arbeiten können Sie bestimmt bald wieder erledigen bzw. versuchen, auf sich zu nehmen. Wichtig ist dabei, auf ihren Körper zu hören, in sich hineinzuhören und Signale, die Ihnen der Körper sendet, nicht zu übergehen. Viele Frauen sind sehr ehrgeizig und wollen rasch wieder eine Normalisierung ihres Lebens erreichen – davon rate ich ab. Versuchen Sie, wirklich darauf zu achten, was Ihnen Ihr Körper sagt und inwieweit Sie bereits wieder Dinge tun können. Es gibt wenig, was nach einer Operation wirklich verboten ist; dennoch würde ich beispielsweise mit einem großen Frühjahrsputz noch ein bisschen warten.

Kann man Schulmedizin und alternative Methoden der Behandlung kombinieren?

Nach meiner Erfahrung hat die Komplementärmedizin einige Möglichkeiten, eine laufende Therapie zu unterstützen. Das müssen nicht unbedingt aufwendige, chinesische Rezepturen sein – das können auch Kräutermischungen aus einheimischen Kräutern sein. Nach meiner Erfahrung gibt es auch keine Einwände gegen eine Akupunktur oder homöopathische Methoden. Allerdings bitte ich Sie dringendst, wenn Sie eine Kräutertherapie gleich welcher Art anwenden, dass Sie das mit Ihrem Behandler besprechen. Es gibt zum Teil auch Wechselwirkungen mit unterschiedlichen Kräuterbehandlungen – deshalb muss der Behandler über zusätzliche Behandlungen informiert sein, um Ihnen im gegebenen Fall auch vielleicht davon abraten zu können.

Was sollte ich beachten, wenn ich zusätzlich zur Schulmedizin weitere Heilmethoden in Anspruch nehmen möchte?

Wenn Sie alternative oder komplementärmedizinische Methoden zusätzlich zu einer laufenden Therapie in Anspruch nehmen möchten, so müssen Sie Ihren betreuenden Arzt über die Substanzen, die Sie einnehmen, informieren. Es gibt hier mittlerweile das Wissen über einige Wechselwirkungen – und ganz bestimmt ist es nicht in Ihrem Sinn, Nebenwirkungen einer laufenden Therapie zu verstärken oder womöglich eine erwünschte Wirkung abzuschwächen.

Kann man Krebs durch Krebsdiäten aushungern?

Ich bin Schulmedizinerin und somit ganz klar gegen diese Form der Therapie. Ich weiß, dass es Behandler gibt, die zum Aushungern raten und solche Krebsdiäten sogar anbieten – ich kann Sie nur davor warnen. Das sind Methoden, die nicht mittels Studien belegt sind, deren Erfolg im besten Fall auf Einzelerfahrungen beruht und die im schlechtesten Fall tatsächlich Menschenleben kosten können.

Hier geht es zum Video-Interview: „Unterstützung während der Brustkrebstherapie”

Geprüft Prim.a Priv.-Doz.in Dr.in Birgit Volgger: September 2021 | Quellen und Bildnachweis

Die Kurse sind kein Ersatz für das persönliche Gespräch mit Ihrer Ärztin/Ihrem Arzt, sondern ein Beitrag dazu, PatientInnen und Angehörige zu stärken und die Arzt-Patienten-Kommunikation zu erleichtern.