3. Epilepsiechirurgie

Einsatz

Bei fokalen Epilepsieformen kann die Epilepsiechirurgie eine aussichtsreiche Behandlungsmöglichkeit sein. Im Durchschnitt bringen zwei von drei Operationen Anfallsfreiheit.

Wann Epilepsiechirurgie sinnvoll ist

Epilepsie entsteht durch elektrische Fehlentladungen im Gehirn. Bei bestimmten Epilepsieformen gehen alle Fehlentladungen von einem klar begrenzten Gehirnbereich aus (sogenannte fokale Epilepsieformen). Wenn es möglich ist, diesen Bereich zu entfernen ohne umliegende Bereiche stark zu schädigen, kann eine Operation sinnvoll sein. Die genaue Beurteilung kann nur Ihre behandelnde Fachärztin//Ihr behandelnder Facharzt treffen.

Mehr Informationen zu Fokalen Epilepsieformen finden Sie auch in unserer Patientenschulung „Epilepsie verstehen“.

Wann Epilepsiechirurgie vollständig heilt

Ob Epilepsiechirurgie eine vollständige Heilung bewirkt, hängt von folgenden Fragen ab:

  • Gehen alle Anfälle von einem klar begrenzten Gehirnbereich aus (sogenannte fokale Epilepsien)?
  • Kann dieser Bereich entfernt werden ohne anliegende Bereiche stark zu schädigen?
  • Kann der erkrankte Bereich vollständig entfernt werden, ohne dadurch direkt wichtige Gehirnfunktionen zu mindern?

In vielen Fällen kann ein großer Teil des erkrankten Gehirnbereichs entfernt werden. Anfälle kommen dann deutlich seltener vor. Da jedoch nicht der gesamte erkrankte Gehirnbereich entfernt werden kann, wird keine restlose Heilung von Anfällen erreicht.

Erfolgswahrscheinlichkeit von Epilepsiechirurgie

Die Erfolgswahrscheinlichkeit von Epilepsiechirurgie ist hoch, aber keine Operation ist hundertprozentig erfolgreich. Über alle Eingriffe hinweg ermittelt, liegt die Quote bei circa 67 % (zwei von drei Fälle). Für einige Epilepsieformen wie zum Beispiel der Schläfenlappen-Epilepsie liegt die Quote höher (circa 80 %).

Gehirne operieren?

Der Gedanke, sein Gehirn operieren zu lassen, wirkt bedrohlich. Schließlich gilt das Gehirn als Sitz unseres Denkens! Wenn eine Operation acht von zehn Behandelten Heilung und eine von 1.000 eine Operationskomplikation bringt, lohnt sich die Operation?

Wichtiger als das Komplikationsrisiko ist in der Realität häufig die individuelle Situation der Betroffenen: Wurden bereits alle anderen Behandlungsmöglichkeiten ausgeschöpft? Ist der Leidensdruck hoch? Wie hoch ist das Risiko, ohne Operation schwerwiegende Folgen zu erleiden?

Einige Epilepsieformen führen zum Beispiel vermehrt zu Stürzen, die mit Verletzungen einhergehen können. Eine Risikorechnung müsste in diesem Fall also auch das Risiko, ohne Operation schwerwiegende Stürze zu erleiden, miteinbeziehen.

Ablauf

Epilepsiechirurgische Eingriffe dauern meist einige Stunden. Ein Jahr nach der Operation kann Ihre behandelnde Ärztin/Ihr behandelnder Arzt in der Regel beurteilen, wie erfolgreich der Eingriff war.

Was bei einem epilepsiechirurgischen Eingriff gemacht wird

Bei einem epilepsiechirurgischen Eingriff wird das erkrankte Gehirnareal entfernt. Dies ist dann möglich, wenn Anfälle immer von einem klar begrenzten Gehirnanteil ausgehen. Ihr behandelnde Ärztin/Ihr behandelnder Arzt wird dann einen Plan aufstellen, um den erkrankten Gehirnteil zu entfernen ohne angrenzende Areale zu verletzen.

Dauer der Epilepsiechirurgie

Die Operation dauert in der Regel einige Stunden. Nach der Operation verbleiben Sie 7 – 10 Tage auf der Station, damit der Operationserfolg überwacht werden kann. Die genauen Zeiten sind unter anderem abhängig von der Epilepsieart, Lage, Ausdehnung und Größe des erkrankten Gehirnareals sowie der Operationsmethode. Bei einer Laser-Operation werden beispielsweise nur kleine Löcher in den Schädel gebohrt, über die operiert wird. Die Erholung erfolgt dann schneller.

Therapieerfolg bei Epilepsiechirurgie beurteilen

Ob ein Eingriff erfolgreich war, kann Ihre behandelnde Ärztin/Ihr behandelnder Arzt in aller Regel nach einem Jahr beurteilen. Erste Einschätzungen können manchmal früher getroffen werden. Wenn Sie zum Beispiel vor der Operation viermal monatlich Anfälle hatten, ist ein anfallsfreier Monat nach der Operation ein gutes Zeichen. Wenn Sie vorher zwei Anfälle im Jahr hatten, müssen Sie sich für eine erste Einschätzung entsprechend mindestens ein halbes Jahr gedulden.

Nebenwirkungen und Risiken

Schwere Komplikationen sind bei der Epilepsiechirurgie selten. Insgesamt sind zwei von drei Operierten nach der Operation dauerhaft anfallsfrei.

Risiken der Epilepsiechirurgie

Wie jede Operation bergen Epilepsie-Operationen bestimmte Risiken. Dazu zählen zum Beispiel:

  • Blutungsrisiko
  • Infektionsrisiko
  • Verletzungsgefahr für angrenzende Bezirke des operierten Gehirnteils

In der Regel werden Eingriffe jedoch so geplant, dass Verletzungen gesunder Gehirnareale so gut wie ausgeschlossen sind. Lassen Sie sich zu Risiken am besten von Ihrer behandelnden Ärztin/Ihrem behandelnden Arzt individuell beraten.

Heilungsprozess nach Epilepsiechirurgie

Nach einer Operation sind zwei von drei Operierten geheilt, bleiben also anfallsfrei. So seltsam es klingt: An die Anfallsfreiheit müssen sich ehemals Betroffene oft erst gewöhnen. Zögern Sie nicht, sich nach der Operation mit Ihrer behandelnden Ärztin/Ihrem behandelnden Arzt über Ihre Empfindungen auszutauschen und Hilfsangebote einzuholen. Eine spezielle Rehabilitation hilft vielen ehemals Betroffenen.

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Geprüft: Prim. Priv.-Doz. Dr. Tim J. von Oertzen: Stand 19.08.2022, ON_13893_19092022 | Quellen und Bildnachweis

Die Kurse sind kein Ersatz für das persönliche Gespräch mit Ihrer Ärztin/Ihrem Arzt, sondern ein Beitrag dazu, PatientInnen und Angehörige zu stärken und die Arzt-Patienten-Kommunikation zu erleichtern.