5. Unterstützung der Therapie bei Epilepsie

Psychotherapie und Reha

Epilepsie kann die Psyche belasten und verschiedene Gehirnfunktionen beeinträchtigen. Psychotherapien und spezielle Rehabilitationsangebote können Betroffenen in solchen Fällen helfen.

Wann eine Psychotherapie bei Epilepsie sinnvoll ist

Eine Psychotherapie bei Epilepsie ist immer dann sinnvoll, wenn die psychische Belastung der Betroffenen sehr hoch ist. Beispiele dafür sind folgende Situationen:

  • Betroffene verspüren einen hohen Leidensdruck unter der Epilepsie.
  • Die Anfallshäufigkeit ist hoch.
  • Eine Angsterkrankung wurde bereits diagnostiziert oder wird vermutet.
  • Eine Depression wurde bereits diagnostiziert oder wird vermutet.

Wann eine Rehabilitation bei Epilepsie sinnvoll ist

Eine Rehabilitation kann in folgenden Fällen sinnvoll sein:

  • Nach einem epilepsiechirurgischen Eingriff
    • Betroffene müssen sich oft erst an die neue Anfallsfreiheit gewöhnen.
  • Bei Symptomen, die die Lernfähigkeit einschränken
    • Spezielle Rehabilitationen können Betroffenen helfen, Symptome zu mindern.

Epilepsie und Depression

Oft führen chronische Erkrankungen wie die Epilepsie zu besonderen psychischen Belastungen. Das ist ganz normal und Sie sollten sich gegebenenfalls nicht scheuen, mit Ihrer behandelnden Ärztin/Ihrem behandelnden Arzt darüber zu sprechen. Die richtigen Hilfsangebote können dann vermittelt werden.

Interessanterweise scheint auch in der Behandlung beider Erkrankungen ein Zusammenhang zu bestehen: Die Behandlung der Epilepsie mittels Tiefe-Hirn-Stimulation wirkt oft auch depressionsmindernd.

Wie speziell Kinder mit Epilepsie in ihrer Entwicklung durch Bewegungstherapie unterstützt werden können, erfahren Sie in unserer Schulung “Durch Bewegung Kinder mit Epilepsie fördern“.

Lebensstil und Ernährung

Ihre untersuchende Ärztin/Ihr untersuchender Arzt wird Sie mittels eines Arztgesprächs, einer körperlichen Untersuchung und gegebenenfalls weiterer Spezialverfahren untersuchen. Wenn Sie sich auf die einzelnen Schritte vorbereiten, verläuft die Untersuchung umso effizienter.

Epilepsie durch Lebensstil beeinflussen

Bestimmte Lebensstile steigern das Anfallsrisiko, indem sie die sogenannte Krampfschwelle senken. Anfälle treten dann wahrscheinlicher auf. Folgende Aktivitäten und Zustände können die Krampfschwelle senken:

  • Schlafentzug
  • Alkoholkonsum
  • Drogenkonsum
  • Fieber oder Infekte

Auch wenn Sie nicht jeden Tropfen Alkohol meiden müssen: Probieren Sie am besten für sich selbst aus, wie die Risikofaktoren Ihre Anfallshäufigkeit beeinflussen. Trinken Sie zum Beispiel eine Zeit lang weniger Alkohol als gewöhnlich und vergleichen sie die Anfallshäufigkeit.

Ketogene Diät bei Epilepsie

Eine ketogene Diät kann bei bestimmten Epilepsieformen günstig sein. Dazu zählen zum Beispiel stoffwechselbedingte oder frühkindliche Epilepsieformen. Eine ketogene Diät weist folgende Merkmale auf:

  • Sie ist zucker- und kohlenhydratfrei (manchmal -arm).
  • Fette liefern den Hauptteil der Energie.
  • Sie bewirkt eine Umstellung des Stoffwechsels: Statt Zuckern werden hauptsächlich Fette verbrannt.

Wirken kohlenhydratarme Diäten bei Epilepsie?

2014 publizierte eine Arbeitsgruppe des Epilepsy and Sleep Centers im amerikanischen Bethisda eine Übersichtsarbeit über zehn Studien, in denen die Wirkung kohlenhydratarmer Diäten bei Epilepsie untersucht worden waren.

5 – 9 % (je nach Strenge der Diät) der StudienteilnehmerInnen senkten durch Ihre Diät Ihre Anfallshäufigkeit um mindestens 90 %. Und 29 – 32 % (je nach Strenge der Diät) halbierten ihre Anfallshäufigkeit zumindest.

Obwohl es also wissenschaftliche Arbeiten gibt, die die Wirksamkeit einer kohlenhydratarmen Diät bei Epilepsie belegen, scheitert diese Therapieform oft an praktischen Gegebenheiten: Auf Kohlenhydrate zu verzichten ist körperlich und emotional anstrengend und in vielen (Ess-)Kulturen unnatürlich.

Zudem wirken Diäten nicht bei jeder Epilepsieform gleich gut, sodass oft andere Therapieformen vorgezogen oder miteinbezogen werden müssen.

Anfallselbstkontrolle

Fokale Anfälle können sich durch eine Aura ankündigen. Individuelle Gegenmaßnahmen können dann helfen, Anfälle abzuwenden.

Aura bei Epilepsie

Als Aura bezeichnet man einen fokalen Anfall, der mit bestimmten Missempfindungen einhergeht. Dabei kann die Aura vereinzelt auftreten oder Vorreiter eines generalisierten Anfalls sein. Zu folgenden Missempfindungen kann es zum Beispiel kommen:

  • Kribbeln auf der Haut
  • Halluzinationen (Seh-, Hör-, Geruchs-, Geschmackssinn betreffend)
  • Déjà-vu-Erlebnisse
  • Stimmungsänderungen

Anfallselbstkontrolle bei Epilepsie

Wenn ein Anfall als oder mit Aura auftritt, können Betroffene erlernen, ihm entgegenzuwirken. Man spricht dann von einer Anfallsselbstkontrolle. Die Gegenmaßnahmen bestehen meist aus einfachen Handlungen, stoppen die Epilepsie aber direkt im Gehirn: Zellen, die bereits mit der Gegenmaßnahme beschäftigt sind, stehen zur Aufnahme und Weitergabe elektrischer Signale kaum mehr zur Verfügung. Die Epilepsie kann sich daher nur schwer über sie ausbreiten.

Strategien zur Anfallsselbstkontrolle bei Epilepsie

Folgende Gegenmaßnahmen können zur Anfallsselbstkontrolle zum Beispiel wirksam sein:

  • Bei Kribbeln auf der Haut:
    • Die Faust ballen.
  • Bei Ärger als Auslöser eines Anfalls:
    • Aktive Atmungs- bzw. Entspannungsübung.

Allen Gegenmaßnahmen gemeinsam ist, dass sie Gehirnzellen kontrolliert aktivieren. Die Zellen der Aura-Empfindung können dann benachbarte Zellen nicht mehr leicht „anstecken“, da die Nachbarzellen bereits mit der Gegenmaßnahme beschäftigt (elektrisch aktiv) sind.

Nutzen Sie unsere Vorlage „Selbstbeobachtungsbogen” um Anfälle und Auren zu dokumentieren.

Downloads

  • Selbstbeobachtungsbogen Sie können diesen Bogen nutzen, um Anfälle und Auren zu dokumentieren. Es handelt sich um wertvolle Informationen für Ihr Behandlungsteam.

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Geprüft: Prim. Priv.-Doz. Dr. Tim J. von Oertzen: Stand 19.08.2022, ON_13893_19092022 | Quellen und Bildnachweis

Die Kurse sind kein Ersatz für das persönliche Gespräch mit Ihrer Ärztin/Ihrem Arzt, sondern ein Beitrag dazu, PatientInnen und Angehörige zu stärken und die Arzt-Patienten-Kommunikation zu erleichtern.