9. Jung und Krebs – alle Fragen

Die Themen, welche eine Krebserkrankung bei jungen Menschen mit sich bringt sind vielfältig und breit gefächert. Hier finden Sie die wichtigsten Fragen zur Schulung Jung & Krebs übersichtlich zusammengefasst.

Psychoonkologische Landkarte junger Krebspatient:innen

Hallo, mein Name ist Katharina Gruber. Ich bin Klinische und Gesundheitspsychologin bei der Österreichischen Krebshilfe Wien und leite seit 2016 die Gruppe der Young Patients.

Was versteht man unter AYA’s?

Die Young Patients sind onkologische Patienten im Alter von neunzehn bis neununddreißig Jahren. In der Onkologie gibt es einen speziellen Namen für sie, die AYA’s. Diese Abkürzung steht für „Adolescents and Young Adults“ und umfasst die Patientengruppe von fünfzehn bis neununddreißig Jahren.

Diese Gruppe ist speziell, den einerseits unterscheidet sich die Tumorbiologie der Krebserkrankungen zwischen älteren und jüngeren Patienten. Andererseits werden junge Patienten mit der Diagnose in einem Alter getroffen, in dem Krankheit und schwere Krankheitsverläufe selten sind. Viele wissen nicht, dass sie an Krebs erkranken könnten. Ich erinnere mich an eine Patientin, welche einen Knoten auf Ihrer Brust getastet hat. Sie ist zum Gynäkologen gegangen und dieser hat sie mit den Worten: „Zu 90% wird es nichts sein“, zur Mammographie geschickt. Leider war es doch Krebs.

Ich hatte eine Patientin mit einer Lymphom Erkrankung, auch wenn diese nicht selten im jungen Alter auftritt. Der Arzt hat ihr gesagt: „Sie sind aber sehr jung, normalerweise trifft diese Erkrankung nur Ältere.“ Das macht den Patienten Angst, es lässt sie fragen: „Wieso trifft es mich? Hab ich etwas falsch gemacht, dass ich so jung bin und jetzt erkranke?“ Die lästige Frage „Warum?“ verursacht viel Kopfzerbrechen.

Warum erkranken junge Menschen an Krebs?

Die „Warum?“ Frage stellen sich Patienten jeden Alters. Die Krebsentstehung ein jedoch komplexer Prozess ist. Die eine Ursache, warum jemand an Krebs erkrankt oder nicht, gibt es nicht, außer es liegt eine genetische Komponente vor.

Ein genetisches Risiko besteht bei vielen jungen Patientinnen, wenn zum Beispiel die Mutter, die Großmutter oder die Tante an Brustkrebs erkrankt sind. Es gibt natürlich bestimmte Lebenszielfaktoren, wie Rauchen, Alkohol oder UV-Strahlung, die einen Baustein in der Krebsentstehung darstellen können.

Man spricht mit anderen Patienten, recherchiert im Internet und fragt sich, was man falsch gemacht hat. Es ist mir wichtig hier klar und deutlich zu sagen, dass Sie keine Schuld an Ihrer Erkrankung trifft. Es gibt die verrücktesten Theorien, eine Patienten hat mir erklärt, sie müsste sich nun mit ihrer toten Mutter versöhnen, weil ihr jemand erzählt hat, dass sie durch diese schlechte Beziehung Brustkrebs bekommen hat. Das ist völliger Blödsinn.

Es ist egal, wie psychisch stabil Sie sind oder was für gute oder schlechte Beziehungen Sie zu Ihren Mitmenschen haben. Ob Sie sich leicht kränken oder Dinge in sich hineinfressen. Das sind Themen, die man in einer Therapie bearbeiten kann, wenn diese Sie belasten. Jedoch sind sie nicht der Grund für Ihren Krebs.

Wie kann ich meine Fruchtbarkeit bei einer Krebserkrankung schützen?

Während der Diagnosestellung unterschiedet das Thema des Fertilitätsverhalts unterscheidet junge Patienten extrem von älteren. Die Fertilität ist die Fruchtbarkeit und onkologische Therapien beeinflussen diese sowohl bei Männern als auch bei Frauen. Daher ist es wichtig, dass Sie vor Therapiebeginn mit Ihren behandelnden Onkologen darüber reden, ob Sie die Möglichkeit haben, Ihre Fruchtbarkeit zu schützen.

Im Falle der Frauen können Sie Eizellen, Embryos oder einen Teil Ihres Eierstockgewebes einfrieren lassen. Bei Männern können Sie Samenzellen einfrieren lassen. Sie sind jetzt wahrscheinlich in einer Situation, in der sich um Ihr Leben sorgen und nun noch eine weitere Entscheidung treffen sollen. Vielleicht wollen Sie sich damit gerade gar nicht beschäftigen, Sie sind mitten im Studium, Single und haben sich noch nie Gedanken darüber gemacht, wie Ihre Zukunft ausschauen soll, ob Sie Kinder haben möchten oder nicht.

Versuchen sich trotzdem kurz Zeit zu nehmen und darüber nachzudenken, ob Sie diese Maßnahmen ergreifen wollen. Es ist oft schwierig, weil man sich in einem Spannungsfeld befindet zwischen: „Ich will, dass meine Therapien so schnell wie möglich beginnen. Ich will, dass ich den Krebs so schnell wie möglich aus meinem Körper rausbekomme. Ich möchte aber auch für meine Zukunft planen.“

Wenn Sie einen Partner haben, besprechen Sie das Thema mit ihm. Wenn Sie keinen haben, unterhalten Sie sich mit Ihrer Familie oder Freunden darüber. Versuchen Sie sich ein paar Nächte zu nehmen, um darüber nachzudenken. Bei manchen Krebserkrankungen ist es natürlich wichtig, schnell mit den Therapien zu beginnen, das werden Ihnen Ihre Onkologen mitteilen.

Die Möglichkeiten des Fertilitätserhalts werden in den Krankenhäusern, vor Beginn der Therapie, immer häufiger angesprochen. Leider passiert dies aber nicht immer, daher scheuen Sie nicht davor zurück, mit Ihren Ärzten darüber zu reden.

Was kann ich machen, wenn ich mich nach meiner Diagnose alleingelassen fühle?

Wenn Sie die Diagnosestellung hinter sich haben und es zum Therapieteil geht, hören wir von vielen Patienten, dass Sie sich in den Spitälern alleingelassen fühlen. Das war auch einer der Gründe, warum wir die Young Patients Gruppe gegründet haben.

Die Patienten sitzen in den Ambulanzen, sind auf den Stationen und suchen nach ihresgleichen, nach jungen Patientinnen und Patienten, um sich auszutauschen. Sie berichten oft, dass die Mitpatienten sie mitleidig anschauen und sagen: „Was, Sie hat schon in einem so jungen Alter erwischt?“ Das wird als doppelt belastend erlebt. Nicht nur andere Patienten reagieren teils so, sondern oft auch das Krankenhauspersonal oder die Ärzte. Diese Aussagen verunsichern ungemein und hinterlassen das Gefühl des Alleinseins und anders seins.

Viele Patienten berichten, dass sie das Gefühl haben nicht mehr mit Ihrem Freundeskreis auf einer Welle zu schwimmen, nicht mehr bei Aktivitäten mitzukommen und dass sie sich entfremdet fühlen. Sie berichten oft, dass es einige Freunde gibt, die sich viel melden, kümmern und gut mit der Erkrankung und dem Patienten selbst umgehen können. Es gibt aber auch einige, die sich überhaupt nicht mehr melden.

Junge Patienten versuchen natürlich wieder am Leben, auch dem ihrer Freunde, teilzunehmen. Ich hatte eine Patientin, die erzählt hat, dass sie sich endlich während der Chemotherapie, als es ihr besser gegangen ist, dazu aufgerafft hat auf eine WG-Party zu gehen. Sie hat es bunt beschrieben, alle haben Bier getrunken, während sie mit ihrem Tee dagesessen ist. Nach eineinhalb Stunden hatte sie aber genug, weil so viele Menschen da waren, es laut war und sie dadurch überfordert wurde. Sie ist dann nachhause gekommen und hat einen riesigen Dämpfer bekommen und sich nicht mehr dazugehörig gefühlt.

Eine ältere Patientin hat mir erzählt, dass sie, als ihre Diagnose gestellt wurde, eigentlich in die Familienplanung starten wollte. Alle in ihrem sozialen Umkreis bekommen gerade Babys und es fiel ihr schwer, diese Freunde zu sehen. Diese befinden sich gerade in dem Leben, was sie gerne hätte. Sie hatte das Gefühl, dass sie die Gemeinsamkeiten mit ihrem Freundeskreis verliert.

Schauen Sie sich in Ihrem Umfeld um, wer gut mit Ihrer Erkrankung umgehen kann. Gibt es Freunde, mit denen Sie über Herzensangelegenheiten reden können, die Verständnis für Ihre Gefühle und Emotionen haben? Was sind Freunde, die vielleicht gut ablenken? Rufen Sie die Freunde an, die Ihnen in der aktuellen Phase der Krankheitsbewältigung gerade helfen können. Mal braucht man Ablenkung, mal eine Schulter zum Anlehnen und ein offenes Ohr. Ich möchte Ihnen mitgeben, dass Sie überlegen, wer für Sie wann und wofür geeignet ist

Wie gehe ich mit angebotener Hilfe bei meiner Krebserkrankung um?

Ein großes Thema ist der Zeitpunkt, einen die Erkrankung einen trifft. Gerade bei jungen Patienten ist es so, dass sie vielleicht in die erste eigene Wohnung gezogen sind, zum Studium nach Wien gekommen sind und die Familien außerhalb lebt. Die Therapien sind sehr kräftezehrend und es wird oft Unterstützung gebraucht. Nun ist die Frage: „Was mache ich? Ziehe ich zurück in mein Kinderzimmer? Lasse ich meine Eltern kommen, um mir zu helfen? Schafft es vielleicht mein Partner? Wie viel Hilfe kann ich annehmen und wann wird mir diese zu viel?“

Gerade für Eltern ist es schwierig, wenn das Kind erkrankt. Eine Patientin von mir hat es schön formuliert, sie hat gesagt, dass die Reihenfolge nicht stimmt. Wenn man erwachsen ist, ist es normalerweise so, dass die Eltern mit der Zeit gebrechlicher werden und sich die erwachsenen Kinder um diese kümmern und nicht umgekehrt. Viele Eltern rutschen dann sofort wieder in die Elternrolle und sind sehr überfürsorglich.

Ich hatte eine Anfang zwanzigjährige Patientin, die mir erzählt hat, dass ihre Mutter sie zu allen Arztgesprächen begleitet, was auch hilfreich war. Sie kam in diesen Gesprächen jedoch nicht zu Wort, da die Mutter alle Fragen gestellt hat, die für sie teils sogar zweitrangig waren. Sie hätte andere Fragen gehabt. Kaum war die Mutter damit fertig, war der Termin wieder vorbei. Das war ein starker Druck für diese junge Patienten, denn sie hatte einerseits das Gefühl, der Mutter diese Rolle nicht wegnehmen zu können, da sie es ja nur gut meint. Auf der anderen Seite war es ihr aber zu viel.

Ich möchte Sie dazu ermutigen Grenzen zu setzen. Hilfe ist hilfreich, aber nur dort, wo Sie diese benötigen. Es ist wichtig, dass man sich die Eigenständigkeit erhält. Wenn man an Krebs erkrankt, ist man auf die Hilfe anderer angewiesen. Sich in der Patientenrolle zu befinden, ist oft ein unangenehmes Gefühl. Einige Patienten holen sich für ein paar Tage Unterstützung und ziehen dann wieder in die eigene Wohnung zurück. Sie sind froh, dann wieder allein zu sein und die Dinge so zu machen, wie sie es machen möchten. Sie wollen wieder ins Tun kommen und nicht auf ihre Krankheit reduziert werden.

Es hilft Ihrem Umfeld, Freunden und Familie, wenn Sie ihnen eine Art Gebrauchsanweisung geben. Teilen Sie ihnen mit, wo sie helfen können, was Ihnen wichtig ist, was Ihnen gut tut oder zu viel ist. Sie dürfen auch „Nein“ und „Stop“ sagen. Oft wird man mit guten Ratschlägen überschüttet, die für einen selbst überhaupt nicht passen. Sie müssen sich das nicht anhören, Sie können gerne sagen: „Danke, dass du das recherchiert hast, das passt für mich im Moment aber nicht. Ich behalte es jedoch im Hinterkopf.“ Viele Patienten berichten auch, dass sie plötzlich zum Experte für alle Krebserkrankungen werden und alle Geschichten von anderen Patienten erzählt bekommen. Auch dazu dürfen Sie „Nein“ sagen.

Ein Problem, das häufig auftritt ist, dass natürlich alle daran interessiert sind, wie es Ihnen geht und oft danach gefragt wird. Die Anteilnahme ist zwar schön, aber viele Patienten empfinden es als belastend, ständig wiederholen zu müssen, was gerade passiert und über die unangenehmen Therapien zu sprechen.

Bei jungen Patienten habe ich die Erfahrung gemacht, dass sie oft Messenger Gruppen gründen, in denen sie alle gleichzeitig über den Stand der Dinge informieren. Man kann dort mitteilen, wie es einem geht, was man gerade braucht oder auch nicht.

Überlegen Sie, was Ihnen hilft und nehmen Sie Hilfe an. Sie dürfen aber auch Hilfe ablehnen, das ist ganz wichtig. Sie sind der Patient, die Therapien kommen Ihnen zugute. Sie erfahren sie am eigenen Leib, daher dürfen Sie auch Ihre eigenen Entscheidungen treffen. Es gibt dazu einen Spruch: „Das Gegenteil von Gut ist gut gemeint.“ Viele meinen es gut, aber es hilft Ihnen, wenn Sie diesen sagen, was Sie brauchen und was Ihnen zu viel ist. So tun Sie sich und allen anderen einen Gefallen.

Welche körperlichen Veränderungen können durch die Krebserkrankung und -therapie auftreten?

Bereits während der Therapien treten körperliche Veränderungen auf, die sich auch nach Abschluss der Therapie noch hinziehen können. Ein großes Thema ist der Haarverlust während der Chemotherapie. Man fühlt sich plötzlich nicht mehr wohl in seinem Körper und hat mit Nebenwirkungen zu kämpfen. Nach Abschluss der Therapien denken viele, dass endlich alles vorbei ist und der Patient gesund ist.

Das ist aber leider meistens nicht der Fall. Man sieht es zum Teil noch an den Haaren, diese brauchen Zeit, um zu wachsen. Es gibt auch Narben im Körper. Ich hatte eine junge Patientin, die auch gar nicht darüber nachgedacht hat. Sie hat im Sommer ein trägerloses Oberteil angezogen, wobei ihr Port-a-Cath zu sehen war. Ihr ist aufgefallen, wie viele Leute auf diese Narbe geschaut haben. Dabei ist ihr bewusst geworden, dass sich viel an ihrem Körper verändert hat.

Bei Brustkrebs Patientinnen können Veränderungen der Brust auftreten und Brustimplantate ein anderes Körpergefühl auslösen. Die Nebenwirkungen der Chemotherapie wirken sich auch auf die Mundschleimhäute und Sexualorgane aus. Vielen jungen Patientinnen, die nach Abschluss der Therapie eine Antihormontherapie machen müssen, haben auch Nebenwirkungen vom Wechsel.

Ich zitiere gerne eine junge Patientin, die es so beschrieben hat: „Es fühlt sich in der Früh an, als wäre sie achtzig Jahre alt.“ Durch die Antihormontherapie entstehen neben den Hitzewallungen oft auch Gelenkschmerzen. Die Patientin hat das Gefühl, nicht mehr mit ihrem Freundeskreis mithalten zu können, wie vorher. In dieser Phase müssen sich viele Patienten in ihrem neuen, alten Körper zurechtzufinden und lernen, mit den Nebenwirkungen umzugehen.

Das Thema Haare ist häufig und die Patienten und Patientinnen gehen unterschiedlich damit um. Manche tragen stolz ihre Glatze und sagen: „Ich verheimliche meine Erkrankung nicht, ich stehe dazu.“ Andere sind froh eine Perücke zu haben und auswählen zu können, wann sie ihre Krankheit sichtbar machen.

In der Nachsorge ist es schwer, dass das Behandlungsende nicht mit dem Ende der Therapien eintritt. Es braucht Zeit, bis man sich wieder gesund und wie vorher fühlt. Die Erkrankung hinterlässt auch psychisch ihre Spuren und all diese Narben brauchen Zeit zu heilen.

Wie kann sich die Krebserkrankung auf Privatleben, Ausbildung und Berufsalltag auswirken?

Die Krankheit kann sich auf Ihr Privatleben auswirken, in den Beziehungen verändert sich oft viel. Wenn man anstrengende Therapien machen muss, rutscht einer der Partner in die Rolle, die im Haushalt mehr übernimmt und sich mehr um den anderen kümmert. Es geht darum, wieder einen neuen Beziehungsalltag zu finden, in dem die Rollen nicht mehr in „der Kranke“ und „der Gesunde“ aufgeteilt sind.

Ein Thema, das leider immer noch oft tabuisiert wird, ist die Sexualität. Die Chemotherapie kann Nebenwirkungen in diesem Bereich haben. Bei Frauen ist es so, dass sie zu Scheidentrockenheit führen kann, wodurch der Geschlechtsverkehr sehr schmerzhaft sein kann. So muss auch die Sexualität neu entdeckt werden und es gibt Hürden, mit denen man vorher nicht zu kämpfen hatte. Scheuen Sie nicht davor zurück, mit Ihren Ärzten darüber zu sprechen. Reden Sie auch offen in Ihrer Partnerschaft über Dinge, die Sie stören oder die Sie ausprobieren wollen.

Nicht jeder Krebspatient befindet sich bei Diagnosestellung in einer Beziehung. Dann wird in den Gesprächen das Thema wichtig: „Wie finde ich jemals wieder einen Partner? Ich bin Single, muss ich mit meiner Krebsdiagnose sofort herausrücken? Schreckt es nicht potenzielle Freundinnen und Freunde ab, wenn sie hören, dass ich krank war?“

Das ist ein schwieriges Thema, und es gibt keinen Leitfaden, wie beim dritten Date sagen Sie es. Überlegen Sie, wie es mit Freunden und Familie war. Wenn Sie jemand waren, der offen damit umgegangen ist, fällt es Ihnen vielleicht leichter, das Thema früher anzusprechen. Wenn Sie sich damals genau überlegt haben, mit wem Sie Ihre Geschichte teilen, werden Sie eventuell länger brauchen, um es einem potentiellen neuen Partner oder neuen Partnerin zu sagen.

Hören Sie auf Ihr Bauchgefühl. Schauen Sie, wie es sich anfühlt, wenn Sie jemand neuen kennenlernen. Kann ich dieser Person vertrauen? Ist es jemand, mit dem ich mir vorstellen kann, eine Beziehung einzugehen? Es ist wichtig einen Schritt nach dem anderen zu gehen. Es gibt Tage, an denen Sie sich besser und attraktiver fühlen und Tage, an denen man sich schlechter fühlt. Es ist ein gutes Zeichen, wenn Sie sich wieder offen dafür fühlen, etwas Neues auf sich zukommen zu lassen.

Zum Thema Beziehung und Familie taucht nach Abschluss der Therapien oft die Familienplanung wieder auf. Wann ist der richtige Zeitpunkt, um Kinder zu bekommen? Es ist ganz wichtig, dass Sie sich als Paar überlegen, ob Sie schon dafür bereit sind. Nicht nur der Patient, sondern auch Ihr Partner oder Ihre Partnerin muss dies bedenken, da Sie beide durch eine schwierige Zeit gegangen sind.

Besprechen Sie Ihren Kinderwunsch mit Ihren Onkologen. Manchmal gibt es in den ersten ein bis zwei Jahren ein erhöhtes Rezidivrisiko. Es wäre dann vielleicht sinnvoll, noch ein bisschen mit der Kinderplanung zu warten. Manche Patienten stellen sich auch die Frage: „ Ist es nun verantwortbar, Kinder zu bekommen, wenn man einmal an Krebs erkrankt ist? Was passiert, wenn man wieder erkrankt?“. Andere Patienten sagen und das haben auch viele Studien gezeigt, dass sie sich gerade durch die Erfahrungen, die sie gemacht haben, in ihrer Persönlichkeit gestärkt fühlen. Sie haben das Gefühl, jetzt offen in die Elternrolle gehen zu können.

Jeder Mensch, jedes Paar und jede Beziehung ist anders. Es gibt keinen Zeitplan, kein Richtig und kein Falsch. Wichtig ist, dass Sie sich als Paar gut austauschen und einen Zeitpunkt wählen, der für Sie beide passend ist. Natürlich in enger Abstimmung mit Ihrem Behandlungsteam.

Wenn die die Behandlung vorbei ist rückt das Thema Ausbildung und Beruf wieder in den Vordergrund. Manche Patienten arbeiten, während den Therapien weiter. Das hat sich insbesondere seit Corona als praktikabel gezeigt, da viele vom Home Office aus arbeiten können. Sie empfinden die Arbeit während der Therapien als angenehme Alltagsstruktur, eine Ablenkung von der Erkrankung. In diesem Fall stellt sich die Frage nach dem Wiedereinstieg ins Studium, in die Ausbildung oder den Job nicht so stark.

Viele Patienten konzentrieren sich ganz auf die Genesung, sind im Krankenstand und haben die Uni oder die Ausbildung pausiert. Sie fragen sich: „Wann ist der richtige Zeitpunkt?“. In der Young Patients Gruppe wird das oft diskutiert, es gibt jedoch keine allgemeine Antwort. Das, worauf sich die meisten einigen, die irgendwann wieder zu arbeiten begonnen haben ist: „Irgendwann kommt dann ein Gefühl, das man wieder dazu bereit wäre.“

Es gibt die Möglichkeit eines sanften Wiedereinstiegs in die Arbeitswelt. Lassen Sie dies einfach auf sich zukommen und trauen Sie es sich zu. Die Arbeit hilft oft dabei, schrittweise wieder in den normalen Alltag, in das normale Leben zurückzufinden. Das Thema Krankheit, das Ihr ganzes Leben eingenommen hat, wird so ein bisschen kleiner und es ist Platz für neue.

Was kann bei Angst vor einem Rezidiv helfen?

Die Rezidiv und Progredienz Angst beschäftigt die meisten stark nach Ihrer Erkrankung stark. Es ist die Angst vor dem Wiederauftreten der Erkrankung, die Angst vor einem Fortschreiten der Erkrankung. Während den Behandlungen ist man engmaschig in Kontakt mit den Ärzten. Man hat einen einen Tagesplan, einen Wochenplan, der nach den Therapien getaktet ist. Wenn die Therapien vorbei sind, fallen die Patienten oft in ein Loch, weil die Struktur und das Sicherheitsnetz fehlt.

Es treten oft Ängste auf wie: „Jetzt hab ich aufgehört, etwas gegen die Erkrankung zu tun. Werde ich bemerken, wenn der Krebs wiederkommt? Wie bemerke ich das?“ Viele hören vermehrt in den Körper rein, eine normale Reaktion. Viele Therapien ziehen leider Nebenwirkungen nach sich. Körperliche Missempfindungen sind keine Seltenheit und die Patienten müssen lernen, mit diesen umzugehen. Es ist wichtig, dass Sie für sich lernen einzuschätzen: „Was ist eine Nebenwirkung? Was ist etwas, das ich nicht kenne und zum Arzt gehen sollte? Ist es etwas, das ich bereits von früher kenne, wie eine Schulterverspannung, weil ich viel vor dem Laptop gesessen bin?“

Diese Angst wird nun ein Begleiter sein. Keine Sorge, sie wird nicht immer so stark sein, wie es sich nach Abschluss der Therapien anfühlt. Sie kommt in Wellen und manchmal ist sie lange weg. Viele Patienten berichten, dass sie vor Kontrolluntersuchungen wieder angespannter sind, das ist normal und gehört dazu.

Suchen Sie sich Ihre eigenen Strategien, lernen Sie Ihren Körper und Ihre Empfindungen kennen. Beobachten Sie, welche Gedanken Ihnen am meisten Angst machen. Können Sie Gegenargumente für die Angst finden oder sollten Sie sich untersuchen lassen? Möchten Sie mit einem Psychoonkologen darüber sprechen?

Was gerade bei den Rezidiv Ängsten hilft, ist die Inanspruchnahme einer Rehabilitation, um den Körper zu stärken. Je fitter und gesünder man sich fühlt, desto weniger Angriffsfläche hat die Angst.

Für viele Patienten ist es am Anfang unvorstellbar, die Angst wieder loszuwerden. Auch in der Young Patients Gruppe gibt es Patienten, bei denen die Erkrankung schon Jahre lang her ist. Diese sagen: „Es gibt Tage, an denen vergisst man, dass man mal krank war. Es gibt aber auch Tage, an denen die Erkrankung wieder da ist.“

Die meistens haben eigene Strategien, um damit umzugehen. Man muss die Tage, an denen es einem schlecht geht, einfach akzeptieren und morgen geht es weiter. Es ist ein auf und ab, aber mit der Zeit werden die Wellen immer kleiner und die Krankheit nimmt einen immer kleiner werdenden Raum in Ihrem Leben ein.

Ich wünsche Ihnen alles Gute auf Ihrem Weg.

Hier geht es zum Video-Interview: „Psychoonkologische Landkarte junger Krebspatient:innen”

Onkologische Behandlung von jungen Krebspatient:innen

Mein Name ist Wolfgang Lamm und ich bin Oberarzt an der Abteilung für Onkologie an der Medizinischen Universität Wien. Seit zwei Jahren bin ich zuständig für Jugendliche und junge Erwachsene mit Krebs.

Welche Krebserkrankungen betreffen junge Patient:innen am häufigsten?

Allgemein werden Jugendliche und jungen Erwachsene in drei Alterskategorien aufgeteilt. Diese Gruppen sind zwischen fünfzehn und neunzehn, zwischen zwanzig und neunundzwanzig und zwischen dreißig und neununddreißig.

Die Häufigkeit der Tumoren ist unterschiedlich, bei jungen Menschen sind die Schilddrüsenkarzinome und die Lymphome die häufigsten Entitäten. Bei Patienten zwischen zwanzig und neunundzwanzig sind es neben den Schilddrüsenkarzinomen häufig Keimzelltumore oder Hautkrebs. Bei Patienten zwischen dreißig und neununddreißig ist bei Frauen der Brustkrebs häufig, ansonsten das Schilddrüsenkarzinom und der Hautkrebs.

Vergleicht man die drei Altersgruppen ist zu erkennen, dass die Inzidenz, das Auftreten einer bösartigen Erkrankung mit steigendem Alter zunimmt. Erfreulicherweise ist die Mortalität in allen Altersgruppen von 1975 bis 2017 jedoch zurückgegangen. Eine dauerhafte Heilung wird bei diesen Patienten immer häufiger, das sieht man vor allem bei Leukämien, Lymphomen, Weichteil- und Knochensarkomen.

Das Langzeitüberleben beträgt bei Non-Hodgkin-Lymphomen 90%, bei akuten lymphatischen Leukämien 80%. Beim Mammakarzinom, dem Brustkrebs, beträgt die 5-Jahres-Überlebensrate 88%. Die Lebensqualität und die Langzeit-Lebensqualität sind wichtige Marker.

Welche Themen beschäftigen junge Krebspatient:innen besonders?

Es wurde eine große Studie gemacht, bei der sich zeigte, dass 70% der Krebspatienten und Krebspatientinnen Angst davor haben, keine Kinder bekommen zu können. Das ist ein sehr sensibles und wichtiges Thema. Junge Patienten stehen noch am Anfang Ihres Lebens und der Gedanke an den Tod ist noch weit entfernt. Die Schulbildung ist gerade beendet, man steht vor dem Studium oder die Lehre ist gerade abgeschlossen und man sucht den passenden Job.

Plötzlich kommt die niederschmetternde Diagnose Krebs auf einen zu. Die Karriereplanung ist dahin, die Familiengründung steht in Frage. Die Unabhängigkeit, das Abnabeln von zu Hause, das gerade eigentlich im Vordergrund stehen würde, gerät ins Wanken. Viele Patienten leben in einer Partnerschaft, man ist jung und es stellt sich die Frage, ob der Partner dies akzeptieren wird. Man denkt auch über seine Freunde nach, ob diese zu einem stehen oder sich abwenden werden.

Welche Methoden und Maßnahmen zur Erhaltung der Fruchtbarkeit gibt es bei Frauen?

Ein wichtiges Thema ist die Fertilitätserhaltung, diese unterscheidet sich zwischen Frauen und Männern. Es ist wichtig, dass man dieses Thema bereits beim Erstkontakt mit dem Onkologen klärt. Es gibt viele Fragen, die für den weiteren Hergang wichtig sind.

Beispielsweise: Wie viel Zeit bleibt bis zum Start der Chemotherapie? Welche Therapie steht im Vordergrund, ist es eine Chemotherapie oder eine Strahlentherapie? Kann der Krebs mit einer Operation besiegt werden? Hat der Tumor schon gestreut und wenn ja, wo entstehen Metastasen? Wo stehe ich gerade im Menstruationszyklus? Besteht überhaupt ein Kinderwunsch?

Es ist wichtig, diese Fragen zu klären und um Bedenkzeit zu bitten. Man sollte nicht gleich ad hoc Entscheidungen treffen, sondern sich immer überlegen, was man wirklich möchte.

Die erste Möglichkeit der Fertilitätserhaltung bei Frauen ist die Ovariopexie, eine minimalinvasive Operation, bei der die Eierstöcke und Eileiter aus dem Strahlenfeld operiert werden. Sie werden nach vorne verlagert, damit das Becken bestrahlt werden kann. Das ist notwendig, da die Ovarien sehr strahlensensibel sind. Die Eileiter können, wenn sie im Strahlenfeld liegen, verkleben. Wenn man später schwanger werden will, kann es dadurch zu Tubargraviditäten kommen, zu Eileiterschwangerschaften. Wenn man sich für dieses Verfahren entscheidet, bleibt die Ovarienfunktion zu 88,6% erhalten.

Eine andere Option ist die Kryokonservierung von Oozyten. Das kann zu jedem Zeitpunkt des Menstruationszyklus gemacht werden. Es sollten ungefähr fünfzehn Eizellen gewonnen und eingefroren werden, um eine 70%ige Wahrscheinlichkeit einer späteren Schwangerschaft zu erzielen. Die Überlebensrate dieses Oozyten beträgt 100%. Es ist jedoch ein Eingriff nach hormoneller Stimulation, bei dem man transvaginal die Follikel gewinnt. Dabei kann es zu Blutungen kommen und bei Patientinnen mit einer Blutgerinnungsstörung ist dieser Eingriff kontraindiziert, da es zu massiven Blutungen kommen kann.

Eine weitere Möglichkeit ist die Kryokonservierung von Ovarialgewebe. Durch einen chirurgischen Eingriff wird ein Teil des Eierstocks entnommen und konserviert. Der Vorteil ist, dass keine Stimulationsbehandlung davor notwendig ist. Wenn die Chemotherapie sofort durchgeführt werden muss, weil sonst Gefahr in Verzug ist, wie beispielsweise bei Lymphomen, Leukämien oder soliden Tumoren, den Sarkomen oder Brustkrebs, ist das ein gutes, etabliertes Verfahren. Der Zeitaufwand umfasst ein bis zwei Tage und die Geburtenrate beträgt 30%.

Eine weitere Möglichkeit ist der Einsatz von GnRH-Analoga. Dabei wird man in einen künstlichen Wechsel gebracht, es sind Spritzen, mit denen man die Hormonproduktion stilllegt. Das ist der schnellste Schutz, aber kein etabliertes Verfahren. Man kann es auch bei Hormonrezeptor-positiven Brustkrebspatientinnen einsetzen. Es ist eine reversible Kastration und ein Nachteil sind die postmenopausalen Syndrome, bestehend aus Hitzewallungen und Schwitzen.

Welche Methoden und Maßnahmen zur Erhaltung der Fertilität gibt es bei Männern?

Bei Männern gibt es die Kryokonservierung von Spermien, eine sehr sichere Methode. Es wurden so schon viel Schwangerschaft erzielt. Es wird aus dem Samenerguss gewonnen und die Männer sollten achtundvierzig Stunden zuvor sexuell abstinent sein. Eine erfolgreiche Befruchtung von über zehn Jahren ist möglich.

Wenn dies nicht möglich ist, kann eine TESE, eine Testikuläre Spermienextraktion durchgeführt werden. Bei dieser Art der Fertilitätserhaltung wird in einer Kurznarkose ein Teil des Hodens entfernt. Dann wird untersucht, ob die Spermien beweglich sind. Wenn diese nicht beweglich sind oder zu wenige vorhanden sind, ist die Chance ein genetisch eigenes Kind zu zeugen schlecht. Die Erfolgsaussicht bei diesem Eingriff beträgt 20-30%. Der Zeitaufwand beträgt ein bis zwei Tage und wird von der Krankenkasse übernommen.

Die Kryokonservierung, sowohl bei Frauen als auch bei Männern wird nicht von der Krankenkasse übernommen. Wir befinden uns jedoch gerade in Verhandlungen mit den Krankenkassen und hoffen, dass wir zu positiven Ergebnissen kommen.

Der Einsatz von GnRH-Analoga wird bei Männern nicht empfohlen.

Vor der Kryokonservierung müssen verschiedene Untersuchungen durchgeführt werden. Dazu zählt ein Test auf HIV, Hepatitis B und C, Syphilis und Chlamydien. Im AKH geht das ziemlich rasch, wenn ich diese Konsolidierung für einen Patienten brauche, bekomme ich die Befunde innerhalb von vierundzwanzig Stunden. Damit eine Kryokonservierung stattfinden kann, müssen dies Ergebnisse alle vorliegen und negativ sein.

Was ist wichtig während der Krebstherapie?

Während der Krebstherapie ist es wichtig, alle Fragen an den Onkologen zu stellen, wenn Sie unsicher sind. Der Therapieplan kann sich ändern und eine Chemotherapie verschoben werden, beispielsweise, wenn sich das Blutbild nicht regeneriert hat, es zu Blutungen oder Infektionen kommt.

Es kann sein, dass die Chemotherapie in ihrer Dosis reduziert werden muss, aber das ist kein Problem. Sie brauchen keine Angst haben, dass Sie ein schlechteres Ergebnis erzielen. Studien haben gezeigt, dass es wichtiger ist, die Abstände zwischen den Zyklen einzuhalten.

Während der Therapie kann es zu Nebenwirkungen kommen. Es kann eine Anämie entstehen, eine Blutarmut, durch die Sie Atemnot bekommen, sehr müde sind und weshalb Sie dann Blutkonserven bekommen müssen. Es kann zu einer Sepsis und Infektionen kommen, bei denen Sie Antibiotika brauchen. Es kann sein, dass Sie während der Therapie stimulierende Medikamente benötigen, wie den Granulozyten-Stimulationsfaktor. Das ist eine Spritze, die man sich subkutan gibt, welche die weißen Blutkörperchen anregt, sich schneller zu reproduzieren. Die Antiemetika, Medikamente gegen Übelkeit, können erhöht werden, wenn Sie es brauchen.

Es gibt Psychoonkologen, die immer bei der Visite mitgehen. Wenn Sie Fragen haben können Sie diesen hinzuziehen, haben Sie davor keine Scheu.

Es gibt keinen Unterschied zwischen der Therapie von Jugendlichen, jungen Erwachsenen und Erwachsenen. Die Therapien und ihre Dosierungen sind alle gleich. Es gibt eine Ausnahme, das Osteosarkom, dabei werden die Jugendlichen und jungen Erwachsenen etwas intensiver therapiert als die Erwachsenen. Ansonsten sind die Therapien bei allen Entitäten, bei allen Tumoren gleich, das gilt auch für die Begleittherapien. Die Abstände zwischen den Chemotherapie Sitzungen sind auch dieselben.

Wie geht es nach meiner Krebstherapie für mich weiter?

Dadurch, dass Sie bei der Erstdiagnose noch sehr jung sind, kann es zu Spätfolgen kommen. Patientinnen und Patienten, die ihre Erstdiagnose zwischen dem achtzehnten und vierzigsten Lebensjahr bekommen, haben ein erhöhtes Risiko für ein Zweitmalignom. Dies betrifft besonders das Brustkrebsrisiko nach einer Bestrahlung des Thorax und ein erhöhtes Auftreten von Schilddrüsenkarzinomen im Halsbereich, nach der Bestrahlung, wo beispielsweise ein Lymphom aufgetreten ist.

Darüber hinaus gibt es noch weitere Arten von Nebenwirkungen. Das sind Patientinnen, die eine bestimmte Art einer Chemotherapie bekommen, wie die Anthrazykline, das Doxorubicin. Dieses ist in vielen Chemotherapie Schemata vorhanden und kann zu kardiovaskulären Toxizitäten führen. Patienten die Bleomycin bekommen, das sind Patienten mit Keimzelltumoren, mit Hodenkrebs, kann es zu Lungenfibrosen kommen. Dieses Risiko hat man früh erkannt und die Patienten bekommen daher weniger von dieser Art der Chemotherapie. Anstatt jedes Zyklus erhalten sie jeden zweiten Zyklus eine andere Substanz des Ifosfamid, um die pulmonalen Nebenwirkungen zu reduzieren.

Andere Nebenwirkungen, die auftreten können sind Schilddrüsenprobleme, wie Hypothyreose oder Hyperthyreose. Auch Osteoporosen können auftreten, Nierenerkrankungen sind sehr selten.

Wenn Sie die Krebsdiagnose und Therapie gut hinter sich gebracht haben und geheilt entlassen werden, muss Ihre Nachsorge geplant werden. Diese ist bei allen Tumorentitäten gleich und alle drei Monate notwendig. Welche Untersuchungen gemacht werden, ist abhängig vom Ort und der Art des Primärtumors. Ein CT des Thorax und Abdomens ist immer dabei, beispielsweise bei einem Lymphom, wird ein PET-CT gemacht.

Eine Tumormarker Kontrolle wird gemacht, wenn die Tumormarker initial, bei Diagnosestellung positiv waren. Eine Mammographie wird bei Brustkrebs durchgeführt. Ein MRT macht man in den ersten drei Jahren, danach alle halben Jahre für zwei Jahre und ab dem fünften Jahr machen wir die Kontrolle einmal jährlich. Diese Nachsorge ist bei jungen Patienten und Erwachsenen ident.

Wichtig anzusprechen ist auch die Rehabilitation. Patienten, die eine Chemotherapie abgeschlossen haben, können diese in Anspruch nehmen. Es gibt zwei verschiedene Arten von Rehabilitation, zum einen die Reha mit einem psychoonkologischen Schwerpunkt, bei der viel gesprochen wird und man sich alle Sorgen von der Seele reden kann. Dazu zählen der Sonnberghof und Bad Sauerbrunn.

Zum anderen gibt es die Art der Rehabilitation, bei der auf die physische, die körperliche Thematik eingegangen wird. Dafür gibt es mehrere Rehabilitationszentren.

Was sollte ich als junge:r Krebspatient:in beachten?

Zusammenfassend kann ich sagen, dass es wirklich eine schöne Aufgabe ist, mit Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit Krebs zu arbeiten. Zwischen den sogenannten AYA-Patienten, den „adolescents and young adults“ und den Erwachsenen gibt es keinen Unterschied in der Therapie.

Wichtig ist, dass die Patientinnen und Patienten gut von einem interdisziplinären Team aus Onkologen, Psychologen, Physiotherapeuten und der Pflege betreut werden. Die Fertilität ist ein sehr wichtiges Thema. Sammeln und bringen Sie all Ihre Fragen immer zu Ihrem Arzt oder Ihrer Ärztin mit.

Wenn Sie zusätzlich alternativmedizinisch therapiert werden wollen und zum Alternativmediziner gehen, ist es immer wichtig, dem Onkologen Bescheid geben, was dieser vorgeschlagen hat und was Sie einnehmen wollen. Es kann nämlich zu Interaktionen mit der Chemotherapie kommen und folgend zu fatalen Nebenwirkungen.

Ich möchte mich für Ihre Aufmerksamkeit bedanken und wünsche Ihnen alles Gute.

Hier geht es zum Video-Interview: „Onkologische Behandlung von jungen Krebspatient:innen”

Fertilitätserhalt bei Krebs

Mein Name ist Heinz Strohmer und ich bin seit 30 Jahren Reproduktionsmediziner. Ich führe gemeinsam mit meinem Kollegen Dr. Obruca das Kinderwunschzentrum an der Wien. Durch meine Funktion als Reproduktionsmediziner befasse ich mich oft mit Patientinnen und Patienten befasst, die an einer onkologischen Erkrankung leiden. Ich möchte Ihnen heute erzählen, welche Möglichkeiten für Sie vor und nach einer derartigen Erkrankung bestehen.

Es muss eingangs erwähnen, dass Fortpflanzung kein reines Privatvergnügen ist, denn es ist etwas ganz Natürliches, der Beweis dafür, dass ein Lebewesen am Leben ist. Ein Lebewesen nimmt Energie auf, gibt Energie ab und reagiert auf die Umwelt. Die Fortpflanzung und das Zeugen von Nachkommen, einer nächsten Generation, ist ein zentraler Teil, der ein Lebewesen definiert ist es sich fortzupflanzen und Nachkommen.

Es ist daher verständlich, dass Patientinnen und Patienten, die an einer onkologischen Erkrankungen leiden im Vordergrund die Krankheit und die Heilung sehen. Danach soll das Leben jedoch normal weiter gehen und hier kommt der Kinderwunsch ins Spiel.

Wann sollte ich mich bei Krebs mit Fertilitätserhalt beschäftigen und welche Möglichkeiten gibt es?

Wir haben bei der Fertilitätserhaltung einen Freund und Feind, die Zeit. Wir haben immer wieder die Erfahrung gemacht, dass Sie, wenn Sie von dieser Erkrankung betroffen sind, für unsere Verhältnisse sehr spät zu uns kommen. Oft erleben wir Patienten, die uns am Freitag kontaktieren, weil sie am Montag mit einer Chemotherapie beginnen und anfragen, ob sie am frühen Nachmittag schnell Samenzellen bei uns einfrieren können. Sie können sich vorstellen, dass dies nicht der Ablauf ist, den wir uns wünschen, daher spielt die Zeit eine große Rolle.

Wenn Sie in die Situation kommen, dass Sie die Diagnose einer onkologischen Krebserkrankung erhalten, dann sprechen Sie Ihre betreuenden Ärztinnen und Ärzte gleich an. Bitten Sie um eine Beratung, wie in Zukunft die Erfüllung Ihres Kinderwunsches aussehen könnte. Je früher Sie mit einem Kinderwunschzentrum in Kontakt treten, desto mehr Möglichkeiten haben wir Ihnen zu helfen.

Wir können daraufhin zum einen Samenzellen und Eizellen einfrieren. Das sind die sogenannten Gameten, die Zellen, mit denen Sie ein Kind bekommen können. Zum anderen können Sie, wenn Sie in einer fixen Beziehung leben, gemeinsam mit Ihrem Partner oder Ihrer Partnerin Embryonen einfrieren. Das setzt jedoch voraus, dass Sie davon überzeugt sind, dass dies der Mensch ist, mit dem Sie später ein Kind haben wollen.

Wie läuft die fruchtbarkeitserhaltende Therapie bei Krebs ab?

Der Ablauf der „fertility preservation“ unterscheidet sich stark zwischen einem Mann und einer Frau. Beginnen wir mit dem Mann und wiederholt möchte ich das Thema Zeit anzusprechen. Viele Patienten, die zu uns kommen, leiden beispielsweise unter einem Seminom, einem Tumor des Hodens. Leider hat dieser Tumor auch Auswirkungen auf die Samenqualität. Um eine gute Vorsorge treffen zu können, benötigen wir daher mehrere Samenproben, die in einigen Tagen Abstand abgegeben werden. Wir benötigen also diese Zeit, in der Sie mehrfach in unsere Einrichtungen kommen, um eine Samenprobe abzugeben. Danach wird diese befundet, Sie erfahren deren Qualität, sie wird weiterverarbeitet und schlussendlich in flüssigem Stickstoff gelagert.

Alle Proben von Patienten mit einer chronischen Erkrankung werden lebenslang gelagert, dazu zählen Samenzellen, Eizellen und Embryonen. Das unterscheidet sie von Kinderwunschpatienten, bei diesen ist lediglich eine Lagerung von zehn Jahren möglich. Das ist eine großartige Errungenschaft, früher war die Lagerung zeitlich begrenzt. Dies war für viele Patienten natürlich eine Katastrophe, wenn sie beispielsweise mit neunzehn Jahren eine Probe einfrieren ließen und diese nur ein bis zwei Jahre gelagert werden durfte.

Die Abgabe einer Samenprobe ist verhältnismäßig einfach. Der Vorgang ist in Österreich erlaubt und im Fortpflanzungsmedizingesetz geregelt. Dort steht genau beschrieben, welche  Rahmenbedingungen herrschen müssen. Wir benötigen auch eine bestimmte Blutabnahme, da wir die Proben, sei es Samenzellen, Eizellen oder Embryonen nur dann lagern dürfen, wenn keine Infektionserkrankung besteht. Dazu zählt beispielsweise Hepatitis, also Gelbsucht, eine HIV-Infektion oder eine Geschlechtskrankheit. Falls eine Infektion besteht, müssen wir bei der Lagerung besondere Vorkehrungen treffen. Dieser Befund braucht seine Zeit, es ist eine gesetzliche Auflage, die wir erfüllen müssen.

Bei der Frau entspricht der erste Teil dieser Vorsorge dem ersten Teil der Behandlung einer künstlichen Befruchtung, mit der In-vitro-Fertilisation, kurz IVF genannt. Typischerweise beginnt die Behandlung mit einer hormonellen Stimulation in Form von Spritzen, die von Ihnen unter die Haut gegeben werden können. Dazu gibt es eine entsprechende Schulung, die Injektionen sind sehr patientenfreundlich. Sie beginnen die Behandlung ab dem zweiten oder dritten Tag der Monatsblutung.

Manchmal werden wir von Patienten oder den behandelnden Ärzten mit der Bitte angesprochen, dass die Chemotherapie, Bestrahlung oder die Operation sehr rasch eingeleitet werden soll und die nächste Monatsblutung noch weit entfernt ist. Mittlerweile können wir die Hormontherapie auch in den Zyklus hineinsetzen. Wir müssen nicht auf die Monatsblutung warten und das ist eine große Errungenschaft. Denn ansonsten würde wertvolle Zeit verstreichen, bevor Sie endlich die Therapie beginnen können.

Die Behandlung dauert insgesamt zehn bis zwölf Tage. Sie bekommen das follikelstimulierende Hormon, kurz FSH, das auch normal in Ihrem Körper vorhanden ist. Ihr Körper verwendet dieses, um den Eierstock zu steuern. Normalerweise wird nur eine Eizelle pro Monat gebildet, das ist für eine Vorsorge jedoch zu wenig. Unsere Aufgabe ist es, mit den Injektionen dafür zu sorgen, dass sich zehn bis zwölf Eizellen, je mehr, desto besser, bilden. In dieser Zeit müssen wir den Vorgang dieser Eizellbildung, die in sogenannten Follikeln liegen, das sind kleine Blasen auf den Eierstöcken, zwei Mal mit einem Ultraschall kontrollieren. Diese Untersuchung dauert fünf bis zwanzig Minuten. Hier können wir bereits erkennen, wie viele Eizellen wir voraussichtlich aus dem Körper entnehmen können.

Nach Ablauf dieser Zeit erfolgt eine Follikelpunktion, die Entnahme der Eizellen aus dem Körper. Das ist ein kleiner ambulanter Eingriff, der ungefähr drei bis fünf Minuten dauert. Wir punktieren mit einer dünnen Hohlnadel durch die Scheidenwand, mit der Spitze der Nadel in die sogenannten Follikel, die sich am Eierstock gebildet haben. Wenn die Nadelspitze am Follikel ist, saugen wir die Flüssigkeit daraus sanft ab, um die Eizelle zu gewinnen. Ist der erste Follikel abgesaugt, führen wir die Nagel vorsichtig in den nächsten ein. Wir wiederholen den Vorgang mit allen Follikeln auf der einen Körperseite und wechseln dann auf die andere. Sie verbringen also maximal eine Stunde zur Beobachtung in der Kinderwunscheinrichtung.

Es ist wichtig, dass Sie jemanden dabei haben, der Sie nach Hause begleitet. Bei diesem Eingriff entsteht leider ein Druckschmerz, aber Sie haben drei Möglichkeiten diesen Eingriff zu absolvieren. Wenn Sie sehr mutig sind oder gut mit Schmerzen umgehen können, können Sie auf jegliche Schmerzmedikation verzichten. Normalerweise wählen die Patientinnen für diesen Eingriff aber entweder eine Sedierung, das Injizieren eines Schlafmittels in die Vene oder eine kurze Narkose. Dafür kommt ein Anästhesist oder eine Anästhesistin hinzu und injiziert Ihnen ein Anästhetikum, das heißt, Sie sind dabei bewusstlos.

Wir wollen Ihnen natürlich die Angst vor einer Narkose nehmen. Viele Patientinnen hinterfragen, ob Sie danach wieder aufwachen werden. Es handelt sich um ein sehr sicheres Verfahren, daher brauchen Sie keine Angst haben. Es läuft in drei bis fünf Minuten ab, Sie bleiben danach eine Stunde und können dann nach Hause gehen. Sie sollten sich den restlichen Tag frei nehmen, weil Sie nach dem Eingriff noch vierundzwanzig Stunden immer beeinträchtigt sind, auch wenn Sie dies nicht wahrnehmen. Sie dürfen kein Fahrzeug lenken oder wesentlichen Entscheidungen im Leben treffen.

Bei dem Eingriff wird eine bestimmte Anzahl von Eizellen entnommen, welche stark vom Lebensalter abhängig ist. Sie können sich vorstellen, dass zwischen den Eierstöcken einer zwanzigjährigen, einer fünfunddreißigjährigen oder fünfundvierzigjährigen Frau ein großer Unterschied besteht. Die Qualität der Vorsorge ist von der Anzahl der gewonnenen Eizellen abhängig. Wir können bei einer jungen Frau mit zwanzig Jahren durchaus fünfzehn bis zwanzig Eizellen entnehmen, während es bei einer vierzigjährigen Frau mitunter nicht mehr so leicht sein kann drei bis fünf Eizellen zu gewinnen.

Inzwischen können wir die Injektionsbehandlungen fast lückenlos aneinander reihen, sodass wir in ungefähr sechs Wochen drei Mal Eizellen entnehmen können. Das ist aber wirklich nur dann notwendig oder möglich, wenn es ein Anliegen ist oder eine große Not besteht. Auf das Thema Zeit bezogen, sind wir vollkommen davon abhängig, dass wir möglichst früh in Ihre Behandlungsplanung eingebunden werden und nicht erst wenige Tage vor der Chemotherapie erfahren, dass wir die Behandlung durchführen sollen.

Die Eizellen können, wie die Samenzellen, lebenslang gelagert werden. Sie haben dadurch den Vorteil, dass Sie nicht gebunden sind, mit welcher Partnerin oder mit welchem Partner Sie später die Elternschaft anstreben. Später werden die in flüssigem Stickstoff gelagerten Eizellen einzeln aufgetaut und außerhalb des Körpers mit den Samenzellen Ihres Wunsches verbunden. Das kann Ihr fester Partner sein, wenn Sie in einer Beziehung mit einem Mann leben oder ein Samenspender, wenn Sie in einer lesbischen Partnerschaft leben. All das ist gesetzlich geregelt und in Österreich erlaubt, alle Paare haben die Möglichkeit, eine derartige Behandlung zu erhalten.

Es besteht auch die Möglichkeit Embryonen einzufrieren. Dies ist relevant, wenn Sie zum Zeitpunkt der Vorsorge bereits in einer stabilen Beziehung leben oder verheiratet sind und sicher wissen, mit welchen Samenzellen diese Eizellen befruchtet werden sollen.

Kommen wir zu Ihren Chancen bei dieser Behandlung. Bei den Samenzellen hängt es von der Qualität der Probe ab, welche Behandlungsform nachher mit der Samenzelle möglich ist. Ist die Qualität ausgesprochen gut, können wir eine Insemination bei Ihrer Partnerin durchführen. Dabei werden die Samenzellen nach dem Auftauen in die Gebärmutterhöhle eingespült. Es ist für die Partnerin eine einfache Behandlungsform. Es sind zum Teil keine Hormone notwendig und die Insemination selbst dauert nur fünf bis zehn Minuten.

Ist die Samenqualität stark eingeschränkt, was wir häufig bei Seminom Patienten sehen, sind wir gezwungen, eine Behandlung mit einer künstlichen Befruchtung bei Ihrer Partnerin durchzuführen. Sie durchläuft den beschriebenen Vorgang, Sie wird zehn bis zwölf Tage stimuliert, die Eizellen werden entnommen und mit den Samenzellen befruchtet. Drei bis fünf Tage später, wenn sich die Embryonen bilden, können wir diese in die Gebärmutterhöhle einbringen. Der Embryotransfer ist sehr unkompliziert, es dauert nur wenige Minuten und ist schmerzfrei.

So, wie Sie es bereits über die Samenzelle gehört haben, läuft es auch bei den  Eizellen ab, wenn Sie diese eingefroren haben. Wenn erwünscht werden die Samenzellen Ihres Partners oder Spenders herangezogen und die Eizellen befruchtet. Es entstehen in drei bis fünf Tagen Embryonen, die dann eingesetzt werden.

Es gibt für Sie, auch wenn Sie von einer derartigen Erkrankung betroffen sind, viele Möglichkeiten der Vorsorge. Das Wichtigste für uns ist, dass wir die Möglichkeit haben, mit Ihnen die Optionen zu besprechen, die Behandlung gut zu planen und mit der nötige Zeit eine sinnvolle Vorsorge für Sie zu treffen. Wenn wir nur zwei bis drei Eizellen für eine Frau lagern, hat sie dadurch nahezu keine Chance, später ein Kind zu bekommen. Die Zeit ist daher unser Freund und Feind.

Ist nach der Krebstherapie zur Erfüllung eines Kinderwunsches eine künstliche Befruchtung nötig?

Bei der Kinderwunschbehandlung nach einer onkologischen Therapie unterscheiden wir wieder zwischen Mann und Frau. Oft ist es so, dass trotz einer Chemotherapie oder Bestrahlung wieder eine Samenbildung beim Mann einsetzt.

Nicht immer besteht eine völlige Zeugungsunfähigkeit, oft muss man ein bis zwei Jahre warten, um die Sicherheit zu haben, dass sich der Hoden regeneriert hat und es für den Mann die Möglichkeit gibt, ein Kind zu zeugen. Vielleicht braucht es dazu aber eine künstliche Befruchtung, wenn die Samenqualität doch beeinträchtigt ist. Das ist aber nur dann notwendig, wenn keine Vorsorge getroffen wurde und keine Samenprobe eingefroren wurde.

Das Gleiche gilt für Frauen, trotz Chemotherapie und Bestrahlung, es hängt sehr von den verwendeten Medikamenten ab. Es kann zu einer Regeneration des Eierstocks kommen und es kann sein, dass der Monatszyklus wieder anspringt.

Was sollte ich über die Möglichkeit Eierstockgewebe einfrieren zu lassen wissen?

Eine besondere Form der Vorsorge besteht darin, dass man Eierstock Gewebe einlagert. In manchen Zentren besteht diese Möglichkeit. Hier wird nach erfolgter Therapie der Eierstock oder Teile dessen zurück in den Körper transplantiert.

Dieser Eingriff bedeutet, aber zwei Operationen, da bei der ersten Operation mittels Bauchspiegelung der Eierstock entnommen wird und bei der zweiten Operation dieser wieder an eine bestimmte Stelle zurückgesetzt wird.

Ist es riskant nach einer Krebstherapie Hormone zur künstlichen Befruchtung einzusetzen?

Manche Patientinnen haben eine Krankheit, die sie großartig überwunden haben. Sie sind geheilt und haben einen Kinderwunsch, aber Angst vor der Hormontherapie. Das ist insbesondere verständlich, wenn der Tumor in diesen Bereichen angesiedelt war, wie bei Eierstock- oder Brustkrebs. Das sind Tumore, die sozusagen auf Hormone ansprechen und es besteht die Angst, dass diese Hormontherapie, vor einer künstlichen Befruchtung, zu einem Wiederaufflackern der Erkrankung führen kann.

Mittlerweile gibt es besondere Behandlungsformen, auch für die künstliche Befruchtung, die helfen und bei denen nahezu kein Risiko besteht, dass Sie eine neuerliche Erkrankung erleiden. Diese Behandlungsformen sind bereits etabliert und in großen Studien untersucht worden. Nach einer entsprechenden Aufklärung kann mit einem guten Gewissen diese Kinderwunschtherapie veranlassen. Natürlich kann man sich aber nie zu hundert Prozent sicher sein.

Zusammenfassend möchte ich Ihnen mitgeben, dass es für uns wichtig ist, dass Sie nicht zögern Ihre behandelnden Ärztinnen und Ärzte darauf anzusprechen, welche Möglichkeiten es für Ihre Vorsorge gibt, wenn Sie die Diagnose einer onkologischen Erkrankung erhalten. Die Therapien sind heutzutage sehr erfolgreich, Sie werden geheilt sein und wollen danach ein normales Leben führen und Kinder bekommen. Wir Reproduktionsmediziner können Sie unverbindlich beraten.

Die Zeit spielt immer eine große Rolle, wir haben oft das Problem, dass die Patientinnen und Patienten spät bis zu spät für eine Beratung und Behandlung zu uns kommen. Hier zählt jeder Tag, weil wir für Sie das volle Potential der Behandlung ausschöpfen wollen.

Die Behandlungen sind verschieden, das Einfrieren von Samenzellen ist einfacher als das Einfrieren von Eizellen. Wichtig ist auch die Möglichkeit, Embryonen einzufrieren, wenn Sie in einer sehr gefügten Beziehung leben. Möglich ist auch die Entnahme von Eierstockgewebe, jedoch mit einem größeren Aufwand.

Es besteht auch nach der Erkrankung die Möglichkeit, Kinder zu bekommen. Man muss nur untersuchen, inwieweit sich das Gewebe, sei es der Hoden oder der Eierstock erholt hat. So können wir bestimmen, ob wir eine Kinderwunschtherapie machen können oder ob sogar die Schwangerschaft auf ganz spontanem Weg eintreten kann.

Ich persönlich wünsche Ihnen für die Behandlung alles Gute. Nehmen Sie die Beratung in einem reproduktionsmedizinischen Zentrum völlig unverbindlich in Anspruch. Wir können Sie über die Kosten, die medizinischen Möglichkeiten und was für Sie persönlich bei der Behandlung auf Sie zukommt, informieren.

Hier geht es zum Video-Interview: „Fertilitätserhalt bei Krebs”

Sexualität bei Krebs

Mein Name ist Julia Englisch und ich bin Teil des Teams des Österreichischen Instituts für Sexualpädagogik und Sexualtherapien. Ich freue mich, dass ich diesen Vortrag über sexuelle Gesundheit in Bezug zu Krebserkrankungen für Sie halten darf.

Sexualität, wie wir sie im Institut für Sexualpädagogik und Sexualtherapien verstehen, heißt sexuelle Gesundheit. Sie ist ein Grundrecht für alle Menschen unabhängig von ihrer Herkunft, ihrem Geschlecht, ihrer sexuellen Orientierung, der sozialen Zugehörigkeit, dem Alter, der geistigen oder körperlichen Fähigkeiten.

Sexualität gehört zu jeder eigenen Biografie, wir verstehen sie als einen lebenslangen Lernprozess. Wir sehen bereits im Mutterbauch auf dem Ultraschall Erektionen, sie sind ein Reflex. Das zeigt, dass eine sexuelle Entwicklung, ein sexuelles Lernen von Geburt an stattfindet. Wir werden mit einer sexuellen Grundausstattung geboren und entwickeln über viele Lernschritte eine erwachsene sexuelle Identität. Diese kann ein Leben lang erweitert oder verändert werden, wenn Sie das möchten.

Die sexuelle Identität bedeutet, dass wir Lust und Genuss empfinden. Wir können den Körper wahrnehmen, dies im Denken und unserer Identität verankern und uns danach gestalten. Das bedeutet ein aktives Gestalten und Teilnehmen.

Was kann helfen, wenn die Krebserkrankung mein Selbstbild verändert hat?

Krebspatienten und Krebspatientinnen haben durch ihre Erkrankung eine Geschichte, die Sie mit dieser verbinden, wie Operationen, Chemotherapien oder Bestrahlungen. Sie sind damit konfrontiert, ihre Sexualität immer wieder neu zu beleben und zu lernen, mit diesen veränderten körperlichen Umständen umzugehen.

Es kommt oft die Frage auf: „Findet mein Partner oder meine Partnerin mich noch attraktiv? Genügt es, wie attraktiv ich bin? Halte ich dem Vergleich mit gesunden Menschen, der gleichen Altersgruppe stand?“ Diese Zweifel können schnell kommen, selbst wenn die Veränderung nicht stark sichtbar ist. Wenn ich weiß, dass mein Partner oder meine Partnerin weiß, dass ich eine kleine Beeinträchtigung habe, bildet man sich ein, dass es sich um ein von weitem erkennbares Makel handelt. Diese Zweifel müssen nicht unbedingt mit der körperlichen Veränderung selbst zu tun haben müssen, sondern allein mit dem Wissen, dass der Partner es weiß.

Es kann helfen, in die Berührung zu kommen und mit sich selbst Körperkontakt aufzunehmen. Wir empfehlen, Berührungen über die Haut, das Genital, die erogenen Zonen oder die Brüste, in den Alltag einzubauen. Das können Sie im Badezimmer, beispielsweise unter der Dusche machen.

Wenn Kinder im Haushalt sind, ist es wichtig gewisse Normalitäten und Rituale einzuhalten. Das kann eine vorgelesene Geschichte am Abend sein oder dass man sich zusammensetzt, wenn alle nach Hause kommen, um sich auszutauschen. Mit Kindern können Körperspiele auch schön sein. Diese sollen nichts mit Werten zu tun haben, sie leiten dazu an, sich wertfrei zu bewegen, ohne, dass man sich überlegt, ob es gerade schön, hässlich, schnell oder langsam ist.

Es kann auch helfen, wenn Sie für sich Bewegungseinheiten machen. Legen Sie Musik auf und tanzen Sie, als wenn niemand im Raum wäre. Sie könne vor dem Spiegel auch Grimassen schneiden, das sind Dinge, die wir in die Beratung einfließen lassen.

Welche Themen können durch eine Krebserkrankung in Beziehungen auftauchen?

Beziehungen sind in Krankheitssituationen immer gefordert. Oft ist der Alltag bereits sehr vollgepackt und es kommen dann noch Situationen dazu, die zu bedenken und nicht eingeplant waren. Sie brauchen Zeit und die Beschäftigung mit Neuem. Beide Partner sind so schnell sehr gefordert und es kann zu Zwickmühlen Situationen kommen.

Stellen wir uns zum Beispiel das Paar Alex und Nahid vor. Alex ist der gesunde Partner und Nahid ist erkrankt. Alex ist auf einen Spieleabend eingeladen und würde sich freuen, sich wieder mit Freunden zu treffen. Seit Nahid erkrankt ist hat er einen Alltag, in dem er von der Arbeit nach Hause kommt, Dinge erledigt, sich kümmert und schlafen geht. Nahid wünscht Alex, dass er einen schönen Abend mit Freunden hat und weiß, dass es Alex gut tun wird und er diese Freude auch mit nach Hause bringt.

Gleichzeitig kann es aber sein, dass Eifersucht in Nahid aufkommt. Daraufhin kann der Gedanke auftauchen, dass sie so etwas nicht denken darf und sich folglich die Eifersucht verbietet. Alex freut sich sehr auf den Abend, aber fragt sich gleichzeitig, ob er das darf. Darf es ihm gut gehen, darf er die Möglichkeit haben wegzugehen und sich mit Freunden zu treffen, darf er Spaß haben? Gleichzeitig fragt er sich, wie es seiner Partnerin zu Hause geht, ob sie es schafft oder traurig ist.

Es können vielschichtige Situationen entstehen und oft ist es entlastend und hilfreich diese anzusprechen. Es geht nicht darum, die Situation in der Sekunde zu lösen und ich würde es auch nicht immer ansprechen. Es ist jedoch gut, den ambivalenten Gefühlen, die möglicherweise da sind, Raum zu geben.

Menschen, die von Krebs betroffen sind, können oft an vielen Aktivitäten nicht mehr teilhaben. Sie können beispielsweise nicht mehr zum Tanzen, zum Karaoke zu singen, Essen oder Trinken, Eislaufen oder Schwimmen mitgehen. Damit sind die Angehörigen, aber auch die Patienten und Patientinnen selbst, ein Stück weit gefordert. Es ist zu Beginn schwer mitzudenken, zu kommunizieren und sich gemeinsam zu überlegen, welche Aktivitäten der Situation gerecht werden.

Das ist wichtig, weil jeder Mensch aktiv an der Gesellschaft teilhaben möchte. Der Kontakt verhindert, dass sich dieser kranke Mensch in einer Blase, in seinen vier Wänden mit der Krankheit gefangen fühlt.

Eine weitere Herausforderung für Menschen mit der Diagnose Krebs kann die Pflege- und Hygienesituation zu Hause sein. Braucht ein Patient beispielsweise Hilfe, um auf die Toilette zu gehen, entstehen beim Partner schnell Scham, Ekel und Hilflosigkeit, obwohl er eigentlich helfen möchte. Er weiß nicht weiß, es gibt noch keine Erfahrung damit. Es hilft, sich Informationen einzuholen und sich Zeit mit der neuen Situation zu lassen. Menschen wollen sich natürlich so lange wie möglich selbst um ihre Hygiene kümmern.

Ein Genussangebot des Partners kann sehr angenehm sein. Beispielsweise hat Nahid gerade geduscht und Alex kommt ins Badezimmer und fragt, ob er ihren Rücken eincremen kann. Das hilft beiden und der Beziehung, um über den Körperkontakt, die Nähe und die Wärme wieder in Kontakt zu kommen. Es hilft auch, um mit anderen Situationen im Alltag besser umgehen zu können.

Für Paare in der speziellen Situation einer Krankheit, ist es ganz wesentlich, sich bewusst Zeit für die Beziehung und Berührungen zu nehmen, denn es kommt nicht von selbst. Die Zeit ist oft knapp und es ist dementsprechend günstig, sich ein extra Date auszumachen und sich Zeit für Berührungen auf nackter Haut zu nehmen.

Was kann im Umgang mit den körperlichen Veränderungen durch die Krebserkrankung helfen?

Wenn körperliche Veränderungen sichtbar sind, egal wie stark, muss das äußere Körperbild angepasst und neu kennengelernt werden. Es braucht ein Update des eigenen Körperbildes. Dafür ist Zeit und eine aktive Auseinandersetzung damit nötig. Man muss dran bleiben und es braucht eine Integration des Neuen.

Eine Frau hat zum Beispiel eine Brustoperation gehabt und eine Brust sieht nun etwas anders aus. Möglicherweise sieht man das als Beobachter von außen kaum. Sie selbst hat aber den Eindruck, dass man es bereits von weitem sieht. Gegen dieses starke, ablenkende Gefühl hilft einerseits die Auseinandersetzung mit dem äußeren Körperbild über das Sehen.

Wichtig ist auch die Auseinandersetzung mit den eigenen Werte. Versuchen Sie zu überdenken, wie Sie Stereotype sehen und mit ihnen umgehen. Alle Menschen vergleichen sich mit dem, was in unserer Gesellschaft vorgegeben ist. In so einer Situation wird man stärker konfrontiert, sich damit auseinanderzusetzen.

Andererseits ist die sensorische Integration über Berührung wichtig. Sie hilft nicht nur bei der sensorischen Integration eines Körperteils, das sich verändert hat, sondern auch, um neuronale Netzwerke, also Nervenbahnen, wieder zu aktivieren. So können Sie wieder mehr spüren, um die Integration zu verbessern und zu erleichtern.

Der Körper versucht bei einer Verletzung möglichst schnell, die Wunde wieder zu schließen. Das führt dazu, dass das Gewebe an dieser Stelle härter und fester wird. Wenn wir die Narben sanft mit den Fingerkuppen massieren, am besten mit einem guten Öl, es darf auch gut riechen, dann wird das Gewebe weicher. Sie werden merken, wie das Gewebe bei regelmäßiger Anwendung geschmeidiger und elastischer wird. Bleiben Sie dran, dafür braucht es Selbstmotivation und Zeit.

Der Kontakt mit sich selbst und gleichzeitig mit dem Partner ist wichtig. Vielleicht kann dieser das auch einmal übernehmen oder man kann es spielerisch verbinden, mit einem sich selbst massieren, bis der Partner dazu kommt. So wird die Beziehung gestärkt, weil sowohl der Körperkontakt als auch der Kontakt zum Menschen Sicherheit und Gemeinsamkeit gibt.

Wie kann mich mein Umfeld im Umgang mit ungewohnten Situationen unterstützen?

Was junge Krebspatientinnen und Patienten betrifft ist, dass oft kaum Erfahrung mit Schmerz, einer Narkose oder einer Operation besteht. Arztgesprächen und die Kommunikation im Krankenhaus, über die Krankheit und den eigenen Körper ist vielen Patienten neu. Man bekommt viele Informationen über den eigenen Körper in einer Sprache, die man gar nicht gewohnt ist. Auch der Umgang mit Ärzten und Ärztinnen mag geübt sein.

Es kann hilfreich sein eine vertraute Person aus der Familie oder dem Freundeskreis mitzunehmen. Das Sicherheit und zu zweit merkt man sich immer mehr. Sie sind vielleicht aufgeregt und Ihre Unterstützung kann mitdenken, mitsprechen und nachfragen. Sie müssen all diese Dinge noch nicht wissen oder können.

Sie werden bezüglich Aktivitäten früher an Ihre Belastungsgrenze kommen als Ihre Altersgenossen. So kann es vorkommen, dass Sie sich schneller ausgeschlossen fühlen, wenn Sie körperlich nicht mithalten können. Es gibt jedoch Alternativen, vielleicht können Sie eine Win-Win-Situation daraus machen.

Wenn sich zum Beispiel etwas an Ihren Werten verschoben hat oder Sie über die Stereotype in der Gesellschaft nachdenken, können Sie sich mit Freunden treffen, um sich darüber auszutauschen. Einerseits kann der Patient oder die Patientin sich wieder mehr mit der Welt verbunden fühlen, von der sie sich ausgeschlossen fühlt.

Andererseits kann es auch für den Freund oder die Freundin ein Gewinn sein. Es handelt sich um neue Informationen, mit denen Ihre Freunde vielleicht später einmal konfrontiert werden, auch wenn wir das niemandem wünschen. Eine Krankheit kommt in jedem Leben einmal vor und Erfahrungen, über die gesprochen werden, könne hilfreich sein.

Welchen Einfluss kann die Krebstherapie auf meine Sexualität haben?

Vielleicht haben Sie einen wirklich anstrengend Behandlungsmarathon hinter sich und fühlen sich erschöpft. Das bedeutet, dass Ihr Körper gut daran gearbeitet hat, wieder gesund zu werden, um wieder am Leben teilhaben zu können. Gleichzeitig kann sich eine große Erschöpfung breit machen, auch im Bereich der Sexualität.

Die Lust wird nicht immer von selbst kommen und Sie werden vielleicht nicht wissen, was Sie jetzt brauchen. Es kann sein, dass Freunde, der Partner oder die Partnerin wohlwollend Fragen: „Was brauchst du denn jetzt in der Sexualität?“ Es ist in Ordnung, wenn Sie das noch gar nicht wissen. Es ist unklar, was die Neben- oder Nachwirkungen mitunter auch von den Behandlungen mit sich bringen werden.

Es wird schnell zur Überforderung etwas wissen zu sollen. Wir lernen Sexualität über einen langen Zeitraum. Es gab in Ihrem Leben schon früher Veränderungsphasen, wie Wachstum, Pubertät oder Schwangerschaft. Immer, wenn sich der Körper stark verändert hat, haben Sie gelernt damit umzugehen, Neues zu integrieren und neue Erfahrungen aufzunehmen. Das hat einen Einfluss auf Ihre Sexualität, weil Sie Ihre Basiserfahrungen, die Sie von Kind an gesammelt haben, mit in diese erwachsene Sexualität genommen haben. Wenn es viele Erfahrungen waren, wird es Ihnen auch jetzt gelingen, Ihre Sexualität wieder anzupassen.

Das kann manchen Personen leichter fallen, während andere dabei Unterstützung brauchen. Es braucht Geduld, auch vom Partnern und geht nicht von selbst. Sie werden sich immer wieder motivieren müssen. Das geht über Körpererfahrungen, über Kontakt mit dem Körper und der nackten Haut oder dem Genital. Wir empfehlen in der Beratung, direkt mit dem Genital, der Vulva und Vagina oder dem Penis und Hoden Kontakt aufzunehmen. Stellen Sie über die Hände, das Spüren, den Kontakt her. Im Alltag können Sie sich beim Gehen vorstellen, dass Sie mit Ihrem präsenten Genital in einem Raum oder über die Straße gehen.

Wenn das etabliert ist, arbeiten wir mit dem TRAB. Dies hat der Leiter des Instituts, Wolfgang Kostenwein, nach dem Konzept Sexocorporel entwickelt. Die Abkürzung steht für Tonus, Rhythmus, Atmung und Bewegungsraum. Tonus steht für den Muskeltonus. Wir beobachten und besprechen mit den Menschen, die zu uns kommen, wie sie in ihrer Sexualität mit ihrer Muskulatur umgehen. Wir beobachten den Rhythmus, welche Rhythmen jemand mag und wie die Sexualität sich rhythmisch gestaltet. Wir betrachten, welchen Einfluss die Atmung hat. Wir schauen, wie viel Bewegungsraum sich jemand nimmt und wie er ihn sexuellen gestaltet.

Übung zur Wahrnehmung des eigenen Genitals

Wenn Sie wollen, können wir das gleich ausprobieren. Lassen Sie Ihre Atmung ruhig werden und fließen, bis in den Bauch und zum Genital. Spüren Sie die Atmung im Genital, wir sitzen schließlich auch immer darauf. Wenn Sie möchten, können Sie die Hände unter den Po legen, sodass die Sitzbeinhöcker in etwa beim ersten Fingergelenk sind. Sie können die Fingerspitzen ein bisschen aufstellen und spüren.

Wenn die Verbindung hergestellt ist und Sie spüren, dass die Atmung gut im Genital ankommt, können Sie auch noch eine Beckenbewegung hinzufügen. Ein sanftes Kippen und Schaukeln des Beckens. Das können Sie immer und überall machen, kleiner und größer. Dabei können Sie auch mit dem Bewegungsraum spielen oder ganz klein bleiben, sodass es kaum wahrnehmbar ist.

Sie können dann einmal fest und plötzlich ausatmen. Schauen Sie, wie s sich anfühlt, wahrscheinlich wird der Beckenboden ein bisschen mitgehen, wie im reflektorischen Husten oder Lachen. Dabei bewegen sich zusätzlich die Schultern und in einer lustvoll gelebten Sexualität manchmal auch der Kopf.

Wann soll ich meine Krebserkrankung erwähnen, wenn ich jemand Neues kennenlerne?

Die wenigsten Menschen laufen gern mit einem Etikett auf der Stirn herum, wie ich bin die oder derjenige, der Krebs hat. Das kann sich kränkend und ausgrenzend anfühlen und unangenehm sein. Wir Menschen wollen in unserem Wesen wahrgenommen werden, nicht in Normen oder Schubladen.

Wenn Sie zu Ihrem ersten Date mit der neuen Partnerin oder neuen Partner gehen taucht oft Frage auf, ob Sie gleich von Ihrer Krebserkrankung erzählen sollen. Auch aus Respekt dem anderen gegenüber und dem Wunsch nach Korrektheit. Ich würde im Hinterkopf behalten: „Ist es vielleicht für den neuen Menschen, der mir gegenüber sitzt, ein bisschen überfordernd? Kann es sein, dass diese Informationen zu schnell kommt?“

Ich plädiere dafür, auf das Bauchgefühl zu hören und die Situation zu beachten. Wir wissen nicht, wo Sie sich das erste Mal, nicht jede Situation ist geeignet für diese Informationen. Sowohl der Moment als auch die Information ist für Sie wichtig und intim. Gehen Sie achtsam damit um.

Wie kann ich damit umgehen, wenn andere Menschen komisch auf meine Krebserkrankung reagieren?

Viele Menschen, denen Sie begegnen, werden möglicherweise kaum Erfahrung damit haben, wie sie mit Krebspatientinnen und Patienten umgehen sollen. Gleichzeitig verhalten sich diese Menschen Ihnen gegenüber, weil Sie junge Krebspatientinnen und Patienten sind, anders als gegenüber älteren.

Wenn Menschen schon Erfahrung gesammelt haben, dann oft mit älteren Personen mit der Krebsdiagnose. Das bedeutet für Sie einen höheren Kraftaufwand, um mit Menschen auf Augenhöhe, in einem guten Kontakt zu bleiben, mit denen Sie zu tun haben. Das können ganz unterschiedliche Situationen sein, beispielsweise im Krankenhaus, im Freundeskreis oder im Supermarkt. Ich möchte, dass Ihnen bewusst ist, dass es eine zusätzliche Investition in Sie selbst, aber auch in den Kontakt zur Außenwelt ist. Es kostet mehr Kraft.

Was sollte man bei der Operation und Rekonstruktion von erogenen Zonen bedenken?

Die Behandlungsarten der jungen Krebspatientinnen und Patienten sind besonders darauf zu prüfen, dass sie möglichst erhaltend sein mögen. Bei einer Brustoperation wird beispielsweise schnell davon ausgegangen, dass die Patientinnen eine Rekonstruktion wollen, das Gleiche gilt für Hodenkrebs.

Es ist gerade bei jungen Krebspatienten und Patientinnen, die hoffentlich noch möglichst viele gute Jahre vor sich haben, besonders zu beachten, dass möglicherweise auch Nerven verletzt wurden. Dies kann durch eine neuerliche Operation zusätzlich geschehen. Es geht dabei um die Sensorik, damit die Funktionen, gerade in den erogenen Zonen, erhalten bleiben. Das spreche ich an, falls Sie von einer Krebsart betroffen sind, die in den erogenen Zonen liegt.

Im Krankenhaus ist es so, dass die Intimpflege in einer akuten Behandlungsphase, wenn Sie länger im Krankenhaus sind, zu kurz kommen kann. Gleichzeitig sind die Pflegenden im Krankenhaus manchmal die einzigen Bezugspersonen, die Berührung bieten und wir Menschen brauchen diese.

Im Krankenhaus wäre es wünschenswert, das Recht auf Raum für Intimität zu wahren. Wenn es im Krankenzimmer ein Waschbereich gibt, sollte dieser nicht einsehbar sein. Das Badezimmer sollte so gestaltet sein, dass man sich wohlfühlt und dort länger Zeit verbringen möchte, um Körperpflege zu betreiben und den Kontakt zum Körper wiederherzustellen. Ein Sichtschutz zwischen den Krankenhausbetten ist hilfreich für die Pflege, damit die Intimität gewahrt wird.

Auch zuhause ist das Badezimmer einen Raum für Intimität. Achten Sie darauf, dass es ein Raum ist, in dem Sie sich wohlfühlen, der warm und groß genug für die Körperpflege ist. Es sollte dort schön sein, damit im Alltag das Körperbild und damit die Sexualität unterstützt werden kann, beispielsweise beim Duschen, über das Eincremen, das Rasieren, das Frisieren, die Körperberührung oder ein Spiegel Flirt zwischendurch.

Was kann ich tun, wenn ich keine Lust empfinde?

Dazu fällt mir der Film „Ziemlich beste Freunde“ ein, wo der Protagonist sich einen Pfleger aussuchen soll und sagt: „Ich möchte kein Mitleid.“ Diese Entscheidung, für einen Pfleger ohne Mitleid ermöglicht den einen oder anderen Lustmoment oder eine Situationen, die lustig wird. Das bedeutet für Sie als Betroffener aber auch, dass dies nicht von selbst kommt.

Diese Lust, die Freude an der Lust, die Freude am Üben, das mit sich selbst in Kontakt treten, das sich Bewegen und sich berühren lassen, kommt nicht von selbst. Es bedarf immer einer Motivation und leider kommt auch die Sehnsucht danach nicht von selbst. Je öfter Sie allerdings mit sich in Kontakt treten, desto leichter wird es Ihnen fallen und desto eher werden Sie es in den Alltag integrieren können.

Dazu gehört auch die Auseinandersetzung mit dem eigenen Genital über die Berührung, das Anfassen des Genitals. Dazu habe ich ein Beispiel, eine Patientin hatte nach der Geburt einen Darmschnitt, einen großen Dammriss. Es wurde gesagt, dass dieser bei der nächsten Geburt sicher wieder auftreten wird. Eine Hebamme hatte ihr daraufhin geraten hat, den Dammbereich zwei Monate vor der nächsten Geburt mit Weizenkeimöl zu massieren. Sie sollte diesen regelmäßig, fünf Minuten vor dem Schlafen eincremen und hat dadurch keinen weiteren Darmriss oder Dammschnitt gebraucht.

Der Kontakt mit dem Genital ist auch für die Sexualität wichtig. Nehmen Sie ein gutes Öl, es darf auch gut riechen. Trainieren Sie auch ein bisschen Ihre Nerven. Wenn man sich selbst berührt, hat man den Vorteil eines doppelten Spür-Messinstruments. Einerseits an den Händen, den Fingern und andererseits an der Körperstelle, die berührt wird. Legen Sie die Aufmerksamkeit mal auf das eine, Mal auf das andere.

Zu jungen Patienten und Patientinnen mit Kinderwunsch kann ich aus sexologischer Sicht sagen, dass wir aus Kinderwunschzentren wissen, dass es schnell um das Technische geht, wenn der Wunsch sehr groß ist. Es hilft, den Fokus darauf zu verlegen, wie man die Sexualität mit seinem Partner gestaltet. Was macht Ihnen Freude? Sie können spielerische Element mit einbauen, vielleicht die Spontanität mal einbeziehen.

Es kann sein, dass Sie die Hormongaben bekommen haben, sodass Sie Hitzewallungen und Gelenkschmerzen haben und frühzeitig in den Wechsel versetzt worden sind. Das sind alles Einflüsse, die es schwieriger machen, auch da hilft der Kontakt zum Partner. Man muss sich bewusst machen, dass es keine einfache Situation ist. Es hilft ein bisschen Kreativität, bauen Sie Dinge, die Sie unterstützen mit in den Alltag ein.

Es kann passieren, dass Sie das Gefühl haben, dass sich Ihr Körper auflöst. Dagegen helfen Körpergrenzwahrnehmungsübungen. Leider wünscht man sich in diesem Moment keine Berührung, obwohl sie wichtig wäre. Es ist gut, wenn man Menschen hat, die man im Vorfeld um Unterstützung und Motivation bitten kann, um in Bewegung und Berührung zu kommen.

Diese Körpergrenzübungen sind beispielsweise das Eincremen, sich mit etwas Schwerem zu belegen und andere Berührungsqualitäten auszuprobieren, wie ein Klopfen oder ein festeres Massieren. Probieren Sie verschiedene Berührungs- und Spürinputs für die Haut.

Wie kann ich meine (sexuelle) Identität stärken, wenn durch die Krebserkrankung vieles weggefallen ist?

Wir haben in unserem Leben viele verschiedene Rollen und Identitätsrollen. Wir haben eine Berufsidentität, eine Elternidentität zum Beispiel als Vater, Mutter, Sohn oder Tochter. Sie haben eine gewisse Rolle in den Bereichen, wo Sie Hobbys nachgehen, wie beim Tanzen oder im Buchclub.

Durch die Erkrankung können viele dieser Rollen wegfallen und man hat weniger Möglichkeiten zu glänzen. Man wird schnell auf die eigene Person zurückgeworfen und das kann die sexuelle Identität, die etwas sehr basales ist, aus dem Gleichgewicht bringen. Das bedeutet aber nicht, dass gesunde Menschen immer eine stabile sexuelle Identität haben.

Zum Abschluss habe ich Ihnen noch ein paar Sätze mitgebracht: Ich bin attraktiv. Ich bin eine attraktive Frau, ein attraktiver Mann. Ich weiß, wie ich auf andere wirke. Wenn ich mich berühre, dann fühle ich Lust. Es kann hilfreich sein, sich solche und ähnliche Sätze, auch in Ihren eigenen Worten zu notieren und aufzuhängen, wo man hinschaut, wie dem PC oder dem Kühlschrank.

Hier geht es zum Video-Interview: „Sexualität bei Krebs”

Bewegung und Sport bei Krebs

Mein Name ist Richard Crevenna und ich darf Ihnen in den nächsten paar Minuten etwas über die Bewegung, die körperliche Aktivität und Sport erzählen.

Warum ist regelmäßige Bewegung wichtig?

Bewegung ist etwas, das uns als Menschen innewohnt. Wir beginnen, nachdem wir auf die Welt kommen, mit einfachsten Bewegungen, Krabben später, irgendwann sitzen wir, dann stehen wir auf und beginnen zu laufen. Eigentlich sollten wir unser ganzes Leben in Bewegung bleiben.

Letztlich ist es aber so, dass wir heute in unserer modernen Welt häufig aufhören, uns regelmäßig zu bewegen. Darunter leidet unser gesamter Körper, wir nutzen unsere Muskulatur und Stütz- und Bewegungsapparat nicht nur falsch, indem wir im Büro sitzen und Stress haben, sondern oft gar nicht mehr. Durch die fehlende Nutzung des aktiven Bewegungsapparats verkümmert die Muskulatur, unser Herz-Kreislauf-System und Lungensystem, weil es den Körper nicht durch regelmäßige Bewegung in ausreichendem Ausmaß mit Blut versorgen muss, wie es normal wäre. Dadurch entstehen viele Erkrankungen, sogenannte Zivilisationskrankheiten.

Was wir alle tun können ist, uns vermehrt wieder zu bewegen. Gerade im jungen Alter ist Bewegung sehr wichtig, beispielsweise für die eigene Entwicklung, die man auch im Erwachsenenalter noch durchläuft. Man möchte sowohl im Sozialleben teilnehmen und vorankommen, beispielsweise im Beruf, der Ausbildung oder dem Studium, aber auch am Sozialleben, mit der Peer Group, der Partnerin oder dem Partner. In der Freizeit, neben dem Beruf, möchten viele Menschen Sport betreiben und an einer gemeinsamen Aktivität teilhaben.

Durch regelmäßige Bewegung verbessern Sie Ihre motorischen Grundeigenschaften, dazu zählt zum einen die Ausdauer. Sie können weiter laufen, länger stehen und Stockwerke steigen. Als zweites gibt es die Kraft, Sie können schwerer heben, größere Lasten bewegen und länger schwere Dinge halten.

Als drittes ist die Beweglichkeit ist wichtig. Ausdauer und Kraft trainieren Sie, die Beweglichkeit, die sogenannte Flexibilität üben Sie. Zuletzt ist die Balance sehr wichtig, die sich aus Koordination und sensomotorischen Fähigkeiten zusammensetzt und geübt werden muss.

Übung bedeutet im Gegensatz zu Training durch häufige, immer komplexer werdende Abläufe, sogenannte Übungssabläufe, in speziellen motorischen Grundeigenschaft besser zu werden. Training wiederum bedeutet mit einer entsprechenden Belastung, die systematisch gesteigert wird, wie die Ausdauerbelastung oder Kraftbelastung, ausdauernder oder kräftiger zu werden.

Beim Krafttraining bauen Sie Muskelmasse auf, welche gegen viele Zivilisationskrankheiten, wie Diabetes mellitus, Adipositas und insgesamt gegen die Abnutzungen des Skelettsystems hilft. Übergewicht führt früh zu Degenerationen, wie Arthrose, besonders bei Menschen, die dazu neigen. Das Ausdauertraining verbessert Ihr Herz-Kreislauf-System, Ihr pulmonales System und die Sauerstoffversorgung der Muskulatur. Dies hat positive Effekte auf Ihre Gesundheit.

Sowohl das Ausdauertraining als auch das Krafttraining können viele Krebserkrankungen positiv beeinflussen. Sie verbessern nicht nur Ihre Lebensqualität und Teilhabe am Sozial- und Berufsleben, sondern auch Ihr krebsspezifisches Überleben kann verbessert werden. Dies ist für einzelne Krebsarten bereits bewiesen.

Welche Bewegungsempfehlungen gibt es für Menschen mit Krebs?

Es gibt Bewegungempfehlungen, die nicht nur für Menschen mit einer chronischen Erkrankung gelten, sondern international und national für Menschen jeden Alters. Sie stellen da, was man leisten sollte, um positive Effekte auf seine Gesundheit zu erzielen. Es handelt sich dabei um mehr, als der Durchschnitt der Menschen heutzutage in Österreich leisten.

Die Bewegungsempfehlungen können Sie sich vom Fonds Gesundes Österreich herunterladen und nachlesen. Sie können diese spezifisch für Ihre Altersgruppe, beispielsweise für Menschen mit einer chronischen Erkrankung nachlesen.

Für alle Menschen, selbst für erkrankte und ältere Menschen gelten ähnliche Bewegungsempfehlungen. In den meisten Fällen, wenn man den Großteil der Menschen betrachtet, geht es darum, die Menschen aktiver zu machen. Vermieden werden sollte ein lang sitzender Lebensstil, ein “sedentary lifestyle”.

In der Arbeit mit Patientinnen und Patienten Ihrer Altersgruppe mit onkologischen Erkrankungen haben wir bereits über zwanzig Jahre an unserer Klinik, der Universitätsklinik für Physikalische Medizin, Rehabilitation und Arbeitsmedizin Erfahrung. Sie werden sich mit regelmäßiger körperlicher Aktivität nicht überlasten, wenn Sie kompetente Supervision und Hilfe aufsuchen. Sie können mich gerne persönlich über E-Mail kontaktieren, wenn ich Ihnen individuell weiterhelfen soll.

In der Klinik wird für Sie ein Trainingsrezept erstellt, das auf Ihre individuelle Leistungsfähigkeit, beispielsweise Ihre Ausdauer und Kraft zugeschnitten ist. Es ist wichitg, dass auch Ihre klinische Belastbarkeit miteinbezogen wird. Das ist der große Unterschied zum Training in Fitnessstudios, im Turnunterricht oder der Sportmannschaft. Ihre individuelle klinische Belastbarkeit berücksichtigt auch Ihre Begleiterkrankungen und Medikation.

Rezepte dürfen in Österreich nur von Ärztinnen und Ärzten ausgestellt werden. Daher empfehle ich Ihnen auch in diesem Fall, für die Einstellung, fachärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Danach können Sie eigenständig trainieren und sich supervidieren lassen, denn das Training muss man adaptieren. Sie müssen ganzjährig trainieren, letztlich lebenslang.

Sie haben es geschafft oder schaffen es gerade, eine schwerwiegende Erkrankung zu bewältigen und zu besiegen. Sie werden mit dem Training zusätzlich positive Effekte auf diese Bewältigung und Ihre Gesundheit erzielen.

Was ist, wenn ich mich bisher nur wenig bewegt habe?

Bis zum dreißigsten, maximal fünfunddreißigsten Lebensjahr bauen Sie Knochen- und Muskelmasse auf, diese beginnt dann abzunehmen. Im Idealfall baut man daher schon in der Kindheit und Jugend entsprechende Substanz auf, von der man später nicht nur zehren kann, sondern die Sie so lange wie möglich erhalten sollten.

Damit können Einbrüche der Gesundheit durch beispielsweise eine schwerwiegende Erkrankung, einen Unfall oder Zivilisationserkrankungen besser abgefedert werden und die Beschwerdeschwelle wird erst später erreicht.

Wenn Sie nicht die Gelegenheit dazu hatten Substanz aufzubauen, einerseits aufgrund einer Erkrankung oder andererseits, wenn Sie diesen Jahren zu wenig getan haben, ist es nicht vorbei. Es gibt kein „zu spät“, um mit dem Training zu beginnen, Sie können auch dann noch entsprechend Substanz aufbauen.

Wenn man eine schwerwiegende Erkrankung hat oder gehabt hat, ist es sinnvoll das Training unter ärztlicher Supervision zu beginnen. Sie können so ein höheres Niveau erreichen und später im Rahmen des Alters Beschwerden und den Abbau von Knochensubstanz und Muskulatur vorbeugen, die Beschwerdeschwelle wird so unterschritten.

Denken Sie bereits jetzt an die Zukunft, denn ein großes Problem der Geriatrie ist die sogenannte Sarkopenie. Das ist der Verlust an Skelettmuskelmasse und diese muss man vorher entsprechend aufgebaut haben. Dies gelingt durch eine adäquate Ernährung in Kombination mit Krafttraining, um ausreichend Substanz aufzubauen.

So können Sie im Alter sicherer, mit weniger Stürzen und weniger Alterskrankheiten länger selbstbestimmt leben. Als Betroffene oder Betroffener onkologischer Patient können Sie sicher trainieren und für die Zukunft vorsorgen.

Wie finde ich die passende Sportart und das richtige Maß an Bewegung?

Vor fünfundzwanzig Jahren stand in den onkologischen Lehrbüchern, dass onkologische Patientinnen und Patienten nicht zusätzlich belastet werden dürfen. Heute weiß man, dass genau das Gegenteil der Fall ist, denn onkologische Patientinnen und Patienten profitieren davon hochgradig.

Es gibt nur wenige, die nicht trainieren dürfen. Deswegen empfehle ich Ihnen unter ärztlicher Supervision zu beginnen. Das muss Grund genug sein, um sich diese Aktivität vorzunehmen und den inneren Schweinehund zu überwinden. Gehen Sie beispielsweise lieber die fünf Stockwerke hoch, wie ich gerade, anstatt den Aufzug zu verwenden.

Überlegen Sie sich, welcher Sport Ihnen früher gefallen hat oder Ihnen heute gefallen könnte. Manche Menschen laufen gern, andere fahren lieber mit dem Rad oder trainieren am Ergometer. Man muss auch herausfinden, mit wem man gerne Sport machen möchte. Es gibt Leute, die allein Sport machen möchten, während andere dies gern mit der Partnerin, dem Partner oder Freunden machen wollen. Sie sollten dabei ungefähr gleich leistungsfähig sein oder beispielsweise am Ergometer trainieren, um gemeinsam auf unterschiedlichen Niveaus trainieren zu können.

Es sind einfache, aber wichtige Aspekte, denn wenn man nicht an sie denkt, kann eine Sportpartnerschaft schnell vorbei sein. Wenn der andere bereits zwei Kilometer weiter ist als ich, kann man sich nicht mehr unterhalten. Sie müssen nachhaltig dran bleiben.

Sie können diese körperliche Aktivität und alles, was damit zusammenhängt, im Rahmen einer onkologischen Rehabilitation stationär erlernen. Dies wird Ihnen dort über drei Wochen vermittelt und danach müssen Sie es im Alltag nachhaltig umsetzen. Die Schwierigkeit ist nicht das Erlernen in der Reha, denn dort haben Sie den Tagesablauf für sich individuell geplant. Wenn Sie von der Reha heim kommen, müssen Sie das tägliche Training und alles, was damit zusammenhängt, aktiv in Ihren Tagesablauf integrieren, um nachhaltig und ganzjährig zu trainieren.

Nur ganzjähriges Training bringt Ihnen diese positiven Effekte, dazu zählt auch die Verbesserung Ihres Lebens durch eine bessere Lebensqualität. Sie haben beispielsweise einen besseren Schlaf, tagsüber haben Sie weniger des Fatigue-Syndroms, der Erschöpfung. Sie haben eine bessere Libido, eine bessere Lustfähigkeit, das ist gerade im jungen Alter wichtig für die Partnerschaftlichkeit.

Sie können darüber hinaus besser mit Ihren Symptomen umgehen, erlangen eine bessere mentale Situation, empfinden weniger Angst, weniger schlechten Stress, sogenannten Distress. Auch die empfundene Traurigkeit nimmt ab, man spricht auch von Dysthymie oder in schweren Fällen von Depression. Es ist bewiesen, dass Bewegung hier ein mögliches Medikament ist.

Vor einem Vierteljahrhundert war die Bewegung und regelmäßiges Training für Krebspatienten aus Angst vor Überlastung verboten. Heute ist Bewegung in den internationalen, onkologischen Journalen als Medikament skizziert. Es ist wichtig, dass Sie dies auch mit Ihren Peers kommunizieren. Geben Sie diese Information weiter, Sie sind der beste Multiplikator, die beste Multiplikatorin dafür, vor allem, wenn es Ihnen schon genutzt hat. Geben Sie dies an Ihre Kinder, Ihre Partnerinnen und Partner weiter, denn Bewegung ist nicht nur für Sie, sondern auch für Ihr Umfeld und Ihre Umwelt gut.

Was sollte ich beim Training beachten?

Es ist wichtig, dass Sie beim Training für den Muskelaufbau auch für eine adäquate Ernährung sorgen. Sie müssen sich, wenn Sie durch Krafttraining Muskeln aufbauen wollen, entsprechend Proteine zuführen. Am besten in relativ kurzem Abstand zur Trainingseinheit, im Idealfall danach.

Hierfür gibt es die Ernährungswissenschaft und Diätologie. Dort können Sie nachfragen, aber auch bei jedem Arzt oder jeder Ärztin, die in der medizinischen Trainingstherapie nach der medizinischen Trainingslehre tätig ist. Sie können mich auch direkt schreiben, wenn Sie hierzu Fragen haben.

Kontraindikationen für das Training würde ich gerne im Individualfall identifizieren, jedoch gibt es natürlich klassische Kontraindikationen. Dazu zählt eine schwere Herzerkrankung, ein akuter Infekt mit Fieber, wenn es Ihnen schlecht oder einfach anders geht als sonst. Sie dürfen dann nicht trainieren, lassen Sie ein bis zwei Trainingseinheiten aus. Es geht dann zwar kurzfristig mit der Leistung bergab, aber Sie gefährden sich durch das Training nicht selbst. Danach können Sie wieder entsprechend aufbauen, also kein falscher Ehrgeiz.

Es gibt darüber hinaus noch weitere, spezielle Kontraindikationen, diese sind im Idealfall mit Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt abzusprechen. Wir machen unsere Trainings seit fünfundzwanzig Jahren und hatten noch nie eine Komplikation mit onkologischen Patientinnen oder Patienten. Wir waren die ersten weltweit, die sogar Patienten mit Hirnmetastasen, primären Hirntumoren und Knochenmetastasen während der Behandlung trainiert haben. Somit haben wir die schwierigsten Patientinnen und Patienten trainiert.

Wenn Sie sich unsicher fühlen, kann ich Ihnen zusätzlich unser Tumorboard anbieten, das wir an der medizinischen Universität, im AKH Wien, seit zehn Jahren für die onkologische Rehabilitation haben. Dort können wir Ihren individuellen Fall unter verschiedenen ärztlichen Disziplinen, aber auch mit unterschiedlichen anderen medizinischen Professionen diskutieren.

Dazu zählen beispielsweise Ärztinnen und Ärzten der Onkologie, Hämatoonkologie, Strahlentherapie, Radiologie, physikalischen Medizin, Rehabilitation und Schmerzmedizin. Dazu kommen Physiotherapeuten, Sportwissenschaftler, Psychologen und Diätologen. Danach können wir Ihnen unsere gemeinsame Entscheidung, wie Sie am besten trainieren können, mitteilen und Sie entsprechend supervidieren.

Hier geht es zum Video-Interview: „Bewegung und Sport bei Krebs”

Studium und Ausbildung bei Krebs

Mein Name ist Andreas Wöckinger und ich arbeite als Jurist auf der österreichischen Hochschüler*innenschaft. Wir beraten die Mitglieder der österreichischen Hochschüler*innenschaft, also Studierende, in sozialrechtlichen Angelegenheiten. Wir wissen aus diversen Studien, beispielsweise der Studierenden-Sozialerhebung, dass Studierende mit chronischen Krankheiten oder Behinderung besonders von finanziellen Problemen betroffen sind. Die österreichische Hochschüler*innenschaft setzt sich besonders dafür ein, dass diese Situation verbessert wird. Eine der Möglichkeiten, ist die Beratung in sozialrechtlichen Angelegenheiten.

Der Fokus des Vortrags, den ich heute hier halte, sind finanzielle Unterstützungen spezifisch für das Studium. Es gibt einen Teil über die Familienbeihilfe und einen über die Studienbeihilfe. Alles, was nicht spezifisch zur Studierendenfinanzierung ist, würde ich für diesen Vortrag ausklammern. Ich werde jeweils zur Familienbeihilfe und zur Studienbeihilfe einige allgemeine Dinge sagen, die mir für alle sehr wichtig erscheinen und dann auch noch spezifisch auf die Möglichkeiten, aus beihilferechtlicher Sicht, für Menschen mit Behinderung oder chronischer Erkrankung, eingehen.

Wenn es Themen gibt, die im Vortrag nicht abgehandelt werden oder Fragen, die darüber hinaus entstehen, gibt es immer die Möglichkeit, diese bei der österreichischen Hochschüler*innenschaft direkt anzufragen. Es wird im letzten Teil um Kontaktadressen gehen, bei denen Sie sich mit finanziellen Fragen rund um das Studium, insbesondere bei Behinderung oder chronischer Krankheit wenden können.

Welche Voraussetzungen gelten allgemein für die Familienbeihilfe?

Die wichtigste Beihilfe für Studierende in Österreich ist die Familienbeihilfe, diese wird in der Regel von den Eltern der Studierenden bezogen. Die zuständige Behörde ist das Finanzamt.

Die größte Einschränkung dabei ist die Altersgrenze, man kann sie in der Regel maximal bis zum vierundzwanzigsten Lebensjahr beziehen. Für Studierende, die den Zivildienst absolviert haben und für Studierende mit einer festgestellten Behinderungen von über 50%, ist ein Bezug bis zum fünfundzwanzigsten Lebensjahr vorgesehen.

Zusätzlich zur Altersgrenze, die den maximalen Bezug der Familienbeihilfe begrenzt, gibt es eine Anspruchsdauer. Diese unterscheidet sich, je nachdem, ob es ein Bologna-Studium ist, also eines ohne Studienabschnitte, nach dem Bachelor und Master System oder ob es sich um ein Studium handelt, das in Abschnitte gegliedert ist, ein Diplomstudium, wie beispielsweise die Rechtswissenschaften. Die Anspruchsdauer bei den Bologna-Studien beträgt immer die Mindeststudienzeit, zuzüglich zwei Semester. Für die Diplomstudien gibt es pro Abschnitt ein Toleranzsemester.

Zusätzlich zur Anspruchsdauer muss ein Leistungsnachweis erbracht werden. In der Familienbeihilfe ist es so, dass jedes Studienjahr, also in der Regel von Oktober bis September des Folgejahres, sechzehn ECTS oder acht Semesterwochenstunden an Prüfungen positiv absolviert werden müssen, um den Anspruch weiter zu erhalten.

Welche Möglichkeiten habe ich als Krebspatient:in, um die Familienbeihilfe zu behalten?

Es gibt bei Fallkonstellationen, bei denen es um Behinderungen oder chronische Erkrankungen geht, oft Fragen rund um die Beurlaubung. Eine Behinderung oder chronische Erkrankung führt regelmäßig dazu, dass man im Studium nicht so schnell vorankommt. Wir raten in der Regel, rein aus beihilferechtlicher Sicht, nicht dazu, sich beurlauben zu lassen.

Eine Beurlaubung führt sowohl in der Familienbeihilfe als auch in der Studienbeihilfe dazu, dass man den Anspruch verliert. Der Gesetzgeber hat diesen Problematiken entgegengewirkt, indem er es ermöglicht, die Anspruchsdauer verlängern zu lassen, wenn man aufgrund einer chronischen Erkrankung oder einer Behinderung für zumindest drei Monate in einem Semester am Studium gehindert ist. Dafür braucht man eine ärztliche Bestätigung.

Es ist in der Familienbeihilfe außerdem so, dass wenn eine erhebliche Behinderung von fünfzig Prozent festgestellt ist, der Leistungsnachweis und die Anspruchsdauer nicht limitiert sind. Das bedeutet, wenn ich eine Behinderung von 50% habe, können meine Eltern für mich einen Anspruch auf Familienbeihilfe bis zum fünfundzwanzigsten Geburtstag beantragen, solange ich mich in einer Berufsausbildung, hier in Form eines Studiums, befinde.

Deshalb ist es immer gut mit einem Sozialreferat, beispielsweise der ÖH Rücksprache zu halten, bevor Sie einen Antrag auf Beurlaubung einbringen.

Welche Voraussetzungen gelten allgemein für die Studienbeihilfe?

Die zweite wichtige Beihilfe neben der Familienbeihilfe für Studierende in Österreich ist die Studienbeihilfe. Diese steht grundsätzlich nur österreichischen Staatsbürger*innen zu. Es ist jedoch so, dass EU-Bürger*innen in vielen Fällen gleichgestellt sind, der häufigste Fall ist, wenn diese neben dem Studium arbeiten.

Nicht-EU-Bürger*innen haben nur dann auf die Studienbeihilfe Anspruch, wenn Sie entweder Asyl in Österreich haben oder einen Daueraufenthaltstitel haben, dieser heißt EU-Daueraufenthalt.

Es gibt in der Studienbeihilfe eine Altersgrenze, diese funktioniert aber anders als in der Familienbeihilfe. Die Altersgrenze limitiert in der Studienbeihilfe nicht das Ende des Bezuges, sondern das Studium muss bis zu einem gewissen Alter aufgenommen werden, damit es durch die Studienbeihilfe förderbar ist.

Grundsätzlich muss das Studium bis zum dreiunddreißigsten Geburtstag aufgenommen werden, um überhaupt einen Anspruch auf Studienbeihilfe zu erhalten, bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen. Für Studierende, die eine Behinderung von mindestens fünfzig Prozent haben, reicht auch ein Beginn des Studiums bis zum achtunddreißigsten Geburtstag.

Ein häufiges Problem in der Studienbeihilfe sind Vorstudien, die zu einem früheren Zeitpunkt abgelegt wurden. Die Studienbeihilfe hängt außerdem maßgeblich vom Einkommen der Eltern ab und es ist, wie leider oft im österreichischen Sozialrecht, ein bisschen kompliziert. Deswegen empfehlen wir Studierenden, insbesondere wenn es sich um Studierende mit chronischen Erkrankungen oder Behinderungen handelt, immer kurz mit der ÖH Kontakt aufzunehmen, wenn Studienbeihilfe beantragt werden soll.

Der Studienbeihilfe Anspruch besteht immer für ordentliche Studien. Es gibt eine Abfragemöglichkeit auf der Homepage der Stipendienstelle, auf der man herausfinden kann, ob die Ausbildung, die man absolviert, tatsächlich ein ordentliches Studium ist.

Es gibt in der Studienbeihilfe eine Anspruchsdauer, die den Bezug limitiert. Bei den Diplomstudien funktionier es so, dass ich pro Abschnitt ein Toleranzsemester habe, das die Anspruchsdauer limitiert. Wenn der jeweilige Abschnitt beispielsweise zwei Semester dauert, habe ich für maximal drei Semester Anspruch auf Studienbeihilfen. Bei den Bologna-Studien ist es so, dass ich für die Mindeststudienzeit nur ein Semester den Anspruch auf Studienbeihilfe habe.

Es gibt in der Studienbeihilfe einen erforderlichen Leistungsnachweis von dreißig ECTS Punkten nach dem ersten Studienjahr. Darüber hinaus ist ein weiterer Nachweis von neunzig ECTS Punkten nach sechs Semestern notwendig.

Was muss ich als Krebspatient:in in Bezug auf die Studienbeihilfe beachten?

Insbesondere, wenn es sich um ein Problem mit einer Erkrankung im Studium handelt, ist es wichtig zu wissen, dass der Leistungsnachweis in der Studienbeihilfe leider nicht aufgeschoben werden kann. Selbst wenn ich während des Studiums schwer erkranke und Studienbeihilfe beziehe, muss ich diesen erbringen.

Das führt zu paradoxen Situationen, in denen eine Erkrankung zwar zu einer Verlängerung der Anspruchsdauer führt, man aber dennoch den Leistungsnachweis erbringen muss. Das ist in vielen Situationen einfach nicht möglich und kann zu einem Beihilfen Verlust führen.

Es gibt in der Studienbeihilfe, in Sachverhalten, bei denen eine Erkrankung während des Studiums auftritt, die Überlegung, sich beurlauben zu lassen. Das kann in Einzelfällen, wenn bald ein Leistungsnachweisen ansteht, auch Sinn machen. Wir empfehlen aus sozialrechtlicher Perspektive aber dringend, davor Rücksprache mit einem Sozialreferat zu halten, ob die Beurlaubung im jeweiligen Fall Sinn macht. Denn dieses Erfordernis des Leistungsnachweises muss mit der Anspruchsdauer koordiniert werden.

Zusätzlich gibt es in der Studienbeihilfe bei bestimmten Behinderungen, die über 50% liegen, eine Erhöhung der Studienbeihilfe und eine Verlängerung der Anspruchsdauer, die aber mit dem Leistungsnachweis kollidieren kann.

Hier geht es zum Video-Interview: „Studium und Ausbildung bei Krebs”

Berufliche Situation bei Krebs

Mein Name ist Karin Richter und ich bin Beraterin bei der Krebshilfe Wien im Projekt Krebs und Beruf. Wir sind seit 2018 auch eine Arbeitsassistenz, das ist ein Beratungs- und Begleitungsangebot mit dem Ziel der Arbeitsplatzerhaltung. Sollte es zu einem Arbeitsplatzverlust kommen, unterstützen wir auch bei der Arbeitsplatzsuche.

Wir beraten Sie bezüglich aller Themen rund um den Beruf, wie beispielsweise dem Wiedereinstieg nach einem langen Krankenstand, einer Wiederorientierung oder Neuorientierung im Unternehmen, bei der Kommunikation mit den Vorgesetzten und Kollegen, bei Förderungen, Umschulungsthemen und der Berufsorientierung.

Wir bieten auch ein breites Angebot an arbeits- und sozialrechtlicher Beratung für alle Altersgruppen an. Wir arbeiten somit auch mit jungen Erwachsenen, bei denen sich die Beratung unterscheidet, denn sie haben noch ein langes Erwerbsleben vor sich. Dabei können sich die Fragen stellen: Ist der Beruf überhaupt der Richtige? Ist der Arbeitsplatz, der Arbeitgeber oder die Branche die Richtige? Darüber hinaus sind Themen, wie Umorientierung, Berufsorientierung, Umschulung, aber auch Arbeitsplatzwechsel Thema in unserer Beratung. Wir schauen, dass wir Sie dabei bestmöglich unterstützen.

Ich möchte Ihnen heute einen Überblick über arbeits- und sozialrechtliche Themen geben, die in unserer Beratung vorkommen. Sollten Unklarheiten oder Fragen entstehen, wenden Sie sich gerne an mich und meine Kolleg*innen.

Was muss ich bei einer Krankmeldung beachten?

Der Zeitpunkt der Krankmeldung ist sehr individuell, in der Regel bei Therapiebeginn. Manche Personen melden sich auch mit Kenntnis der Diagnose krank und das führt oft zu Fragen. Oft sind die Personen verunsichert, wann sie sich krank melden sollten, wann sie dies dem Arbeitgeber mitteilen. Ich empfehle Ihnen ein Gespräch mit Ihren behandelnden Ärzten oder zusätzlich mit der Psychoonkologie bei Ihnen im Spital oder bei uns, der Krebshilfe bei der Arbeitsassistenz zu führen.

Der Arzt, der die Krankenstandsbestätigung ausstellt, ist der Hausarzt. Auf dieser Krankenstandsbestätigung ist der Beginn der Erkrankung, das voraussichtliche Ende und der Grund der Arbeitsverhinderung vermerkt. Beim Grund wird nur zwischen Unfall und Krankheit differenziert. Ihr Arbeitgeber erfährt somit nicht von Ihrer Diagnose und Sie sind nicht verpflichtet, ihm diese mitzuteilen. Für den Arbeitgeber ist es lediglich wichtig, wann Sie Ihre Arbeit wieder aufnehmen können und es ist wichtig, dies gut mit den Ärzten abzusprechen.

Jeder Krankenhaus- oder Reha Aufenthalt unterbricht, beziehungsweise beendet Ihre Krankmeldung. Sollten Sie nach dem Krankenhausaufenthalt wieder im Krankenstand sein, müssen Sie sich bei Ihrem Hausarzt krank melden. Wenn Sie sich in einem Reha Aufenthalt befinden und der Krankenstand anschließend weitergehen soll, müssen Sie sich beim medizinischen Dienst, beim Chefarzt vorstellen und sich weiter krank melden lassen.

Wie lange wird mein Gehalt im Krankenstand bezahlt?

Die Auszahlung Ihres Gehaltes im Krankenstand ist davon abhängig, wie lange Sie bereits bei Ihrem Arbeitgeber arbeiten. Dafür gibt es eine Staffelung der Entgeltzahlung.

  • Erstes Arbeitsjahr: Sechs Wochen voll und vier Wochen halb
  • Zweites bis fünfzehntes Arbeitsjahr: Acht Wochen voll und vier Wochen halb
  • Sechzehntes bis fünfundzwanzigstes Arbeitsjahr: Zehn Wochen voll und vier Wochen halb
  • Ab dem sechsundzwanzigsten Arbeitsjahr: Zwölf Wochen voll und vier Wochen halb

Sobald die halbe Entgeltzahlung beginnt, bekommen Sie auch Krankengeld. Das Arbeitsjahr ist so definiert, dass es mit erstmaligem Eintrittsdatum beginnt und bis zum Folgejahr geht.

Wie bin ich im Krankenstand finanziell abgesichert?

Für die Krankengeldberechnung wird das Jahr vor Ihrem Krankenstand herangezogen. Sind Sie unter sechs Monaten in einem sozialversicherungspflichtigen Dienstverhältnis, zahlt die Krankenkasse sechsundzwanzig Wochen Krankengeld. Sind Sie über sechs Monate in einem sozialversicherungspflichtigen Dienstverhältnis, bekommen Sie ein Jahr Krankengeld.

Die Auszahlung des Krankengeldes muss immer aktiv bei der Krankenkasse beantragt werden. Die Höhe ist ein bisschen weniger als sechzig Prozent des Bruttogehalts. Das Ende des Krankengeldes ist das Aussteuerungsdatum.

Sollten Sie länger als das Aussteuerungsdatum krank sein, gibt es die Möglichkeit, eine Verlängerung des Krankengeldes bei der Krankenkasse zu beantragen. Dafür ist ein bestimmter Zeitraum, zwischen der vierzigsten und vierundvierzigsten Woche vorgesehen, das ist ungefähr der zehnte Monat des Krankenstandes. Dann können Sie beim medizinischen Dienst eine Verlängerung des Krankenstandes erfragen, diese beträgt sechsundzwanzig Wochen. Sie hätten somit achtundsiebzig Wochen Krankenstand.

Dafür ist es jedoch notwendig, dass Sie in dieser Zeit zu arbeiten beginnen. Das wiederum überprüft der medizinische Dienst, beziehungsweise der Chefarzt der Krankenkasse, der die Entscheidung über die Verlängerung stellt. Sollte sich das nicht ausgehen, weil der Krankenstand länger dauert, gibt es die Möglichkeit, dass Sie Berufsunfähigkeitspension, beziehungsweise Invaliditätspension beantragen.

Es gibt zwei Varianten, zum einen die unbefristete Invaliditätspension, die klassische Pension oder krankheitsbedingte Frühpension. Dabei erhalten Sie die Pension von der Pensionsversicherungsanstalt. Zum anderen gibt es die befristete Variante, in diesem Fall kommt es zu regelmäßigen Untersuchungen durch Ärzte der BVA, die darüber entscheiden, ob Sie weiter diesen Status erhalten. Die auszahlende Stelle ist die Krankenkasse.

Es handelt sich dabei nicht mehr um Krankengeld, sondern um Reha-Geld. Es wird über den Antrag der Berufs- und Invaliditätspension bei der Pensionsversicherungsanstalt beantragt.

Kann ich etwas tun, um meinen Arbeitsplatz im langen Krankenstand nicht zu verlieren?

Ja, es gibt einen formalen Schutz, damit Ihr Arbeitgeber Sie nicht kündigen kann. Dieser ist ein Feststellungsantrag, den Sie beim Sozialministeriumservice stellen. Bei diesem Antrag wird die Zugehörigkeit zum Personenkreis, der begünstigbaren Behinderten festgestellt. So wird eine Minderung der Erwerbsfähigkeit eingeschätzt, diese wird in Prozenten ausgedrückt.

Mit einer onkologischen Erkrankung hat man immer mindestens fünfzig Prozent Behinderungsgrad. In diesem Zeitraum hat man einen erweiterten Kündigungsschutz, sollte Ihr Arbeitgeber Sie kündigen wollen, muss er einen Antrag beim Sozialministeriumservice auf ein Kündigungsverfahren stellen. Dieses dauert in der Regel ein Jahr.

Es gibt zusätzlich auch Förderungen durch das Sozialministeriumservice und Sie haben die Möglichkeit einen Zusatzurlaub zu bekommen. Das muss in diesem Status aber in der Betriebsvereinbarung, im Dienstrecht oder einem Kollektivvertrag vorgesehen sein.

Ein Feststellungsantrag hat viele Vorteile, aber Sie sollten sich vor der Antragstellung auf jeden Fall beraten lassen, insbesondere wenn Sie einen Arbeitsplatzwechsel anstreben.

Was ist der Behindertenpass?

Das Gegenstück dazu, eher für den Privatbereich, ist der Behindertenpass, dieser hat verschiedene Vorteile. Sie haben einerseits einen pauschalierten Steuerfreibetrag, aber es gibt auch eventuelle Befreiungen der Studiengebühr und es kommt zu Kostenermäßigungen bei Kultur- und Freizeiteinrichtungen.

Man muss jedoch aufpassen, denn diese Anträge werden leider häufig verwechselt. Mit einem Behindertenpass haben Sie keinen Kündigungsschutz. Sie haben mit dem Behindertenpass, mit dem Behinderungsgrad aber die Möglichkeit, wie beim Feststellungsantrag, den Zusatzurlaub bei Ihrem Arbeitgeber zu bekommen.

Es ist aber wichtig, dass Sie sich davor genau erkundigen und beraten lassen, ob dies wirklich auch im Dienstvertrag, Kollektivvertrag oder der Betriebsvereinbarung vereinbart ist. Treten Sie bitte mit der Behindertenvertrauenspersonen oder dem Betriebsrat in Kontakt.

Viele junge Menschen zögern, diese beiden Anträge beim Sozialministeriumservice zu stellen, weil sie nicht zur Personengruppe der begünstigten Behinderten gehören möchten. Es ist jedoch unbestritten, dass beide Anträge viele Vorteile haben und man es pragmatisch betrachten sollte, diesen Antrag zu stellen. Es ist nicht notwendig, sich mit dem Behinderungsgrad zu identifizieren. Dieser gibt lediglich die Minderung der Erwerbsfähigkeit und der Teilhabe am Arbeitsleben in Prozenten an.

Welche Möglichkeit habe ich, um nach dem Krankenstand meine Arbeit wiederaufzunehmen?

Es gibt seit 2017 eine gute Möglichkeit, die Wiedereingliederungsteilzeit. Damit haben Sie die Möglichkeit, Ihre Arbeitszeit für ein halbes Jahr auf die Hälfte zu reduzieren. Sie müssen mindestens ein Viertel Ihrer Arbeitszeit reduzieren und können zum Beispiel auch nur einen Monat machen. Es gibt auch die Möglichkeit, diese Teilzeit auf drei Monate zu verlängern, so können Sie insgesamt neun Monate in Anspruch nehmen.

Bei dieser Wiedereingliederungsteilzeit zahlt Ihr Arbeitgeber aliquot den Anteil, den Sie an Arbeitsleistung bei Ihm arbeiten. Der übrige Teil, das Wiedereingliederungsgeld, wird von der Krankenkasse übernommen.

Die Voraussetzungen für die Wiedereingliederungsteilzeit ist ein mindestens ununterbrochener sechswöchiger Krankenstand, die Zustimmung des Arbeitgebers, die Untersuchung durch einen Arbeitsmediziner, der feststellt, dass Sie nach diesem Zeitraum wieder in vollem Umfang arbeitsfähig sind, ein Wiedereingliederungsplan und die Zustimmung Ihrer Sozialversicherung.

Was ist, wenn ich aktuell arbeitssuchend bin oder mich umschulen oder weiterbilden will?

Wenn Sie beim Arbeitsmarktservice als arbeitssuchend gemeldet sind, gibt es die Möglichkeit des beruflichen Reha-Coaching, welches Ihr AMS Berater für Sie buchen kann. Es handelt sich um spezielle Reha-Coaches, die mit Ihnen die Planung Ihres beruflichen Wiedereinstiegs angehen. Dafür wird Ihnen mehr Zeit als mit den üblichen Beratern des Arbeitsmarktservices gestellt. In der Regel sind es sieben Termine zu jeweils fünfzig Minuten, das Coaching ist freiwillig und kostenfrei.

Wenn Sie sich bezüglich Umschulungen beraten lassen möchten, gibt es bei der Pensionsversicherungsanstalt Reha-Berater*innen, die Sie bei der Planung einer Umschulung unterstützen. Im ersten Schritt wird ein Arzt der BVA entscheiden, ob Sie zu einer Umschulung berechtigt sind. Im zweiten Schritt gibt es eine interne Prüfung bei der Pensionsversicherungsanstalt. In der Regel dauert dieses Verfahren sechs bis acht Wochen.

Wenn es um die Frage der Umschulung und Weiterbildung geht, ist der Wiener Arbeitnehmer Förderungsfond ein guter Ansprechpartner für Sie. Es gibt jedoch auch Berufsinformationszentren des Arbeitsmarktservice und ein Berufsinformationszentrum der Wirtschaft, kurz BiWi genannt. Fit2work bietet ebenfalls kostenfreie Beratungen an, wenn es um den beruflichen Wiedereinstieg geht. Für Studierende gibt es Beratungsstellen, wie Uniport oder Uniforlife oder das Beratungsangebot der österreichischen Hochschülerschaft.

Welche weiteren Unterstützungsangebote und gesetzlichen Beihilfen gibt es?

Wir von der Wiener Krebshilfe unterstützen Sie gerne bei allen Fragen rund um den Wiedereinstieg, bei der Arbeitssuche und Fragen zur Bewerbung, beispielsweise beim Umgang mit Lücken im Lebenslauf. Ich lade Sie herzlich ein mit uns Kontakt aufzunehmen.

Wenn Sie eine Chemotherapie erhalten, gibt es die Möglichkeit, dass Sie einen Pflegegeldantrag bei der Pensionsversicherungsanstalt stellen. Des Weiteren gibt es gesetzliche Beihilfen, die jeder beantragen kann. Die Wohnbeihilfe können Sie bei der MA 50 beantragen. Den Antrag für die Rezeptgebührenbefreiung können Sie bei Ihrer Sozialversicherung stellen und der GIS-Gebührenbefreiung.

Hier geht es zum Video-Interview: „Berufliche Situation bei Krebs”

Geprüft Österreichische Krebshilfe Wien: Stand Februar 2023 | Quellen und Bildnachweis
Die Kurse sind kein Ersatz für das persönliche Gespräch mit Ihrer Ärztin/Ihrem Arzt, sondern ein Beitrag dazu, PatientInnen und Angehörige zu stärken und die Arzt-Patienten-Kommunikation zu erleichtern.