Laboruntersuchungen zur Bestimmung der Blutwerte sind im Rahmen von Lymphomerkrankungen von großer Bedeutung. Die Blutwerte geben Hinweise auf das Ansprechen auf eine Behandlung und darüber, ob und wie eine Therapie weitergeführt wird. Bei PatientInnen, die sich in Nachsorge befinden, gibt das Blutbild Aufschluss über die laufende Krankheitsentwicklung.
Assoc. Prof. Priv.-Doz. DDr. Philipp Staber, Facharzt für Innere Medizin und Hämato-Onkologie, beantwortet im Video "Veränderung der Blutwerte" folgende Fragen:
Klicken Sie auf eine Frage, um direkt zum entsprechenden Videoabschnitt zu springen!- Welche Blutwerte werden bei Verdacht auf das B-Zell-Lymphom kontrolliert?
- Inwiefern kommt es beim B-Zell-Lymphom zu veränderten Blutwerten?
- Schließen normale Blutwerte ein B-Zell-Lymphom aus?
- Können sich die Blutwerte von selbst wieder verbessern?
- Welche anderen Untersuchungen werden noch durchgeführt?
- Auf den Punkt gebracht
Blutbildveränderungen bei B-Zell-Lymphomen
Blutbildveränderungen bei B-Zell-Lymphomen können bedingt sein durch
- die Erkrankung: Die unkontrollierte Vermehrung von Lymphomzellen im Knochenmark führt dazu, dass weniger Blutzellen gebildet werden. Die Lymphomzellen verdrängen die blutbildenden Stammzellen.
- die Therapien: Behandlungen wie Strahlen-, Chemo- oder Immuntherapie schädigen unter anderem das blutbildende Knochenmark.
Anämie (Blutarmut)
Von einer Anämie spricht man, wenn der Hämoglobin-Gehalt im Blut (roter Blutfarbstoff) eine gewisse Grenze unterschreitet. In den meisten Fällen bedeutet das auch eine verminderte Anzahl an Erythrozyten (rote Blutzellen).
- Leichte Blutarmut: Hämoglobin (Hb) zwischen 9,5 – 13,0 g pro Deziliter
- Mittelgradige Blutarmut: Hämoglobin (Hb) zwischen 8,0 – 9,5 g pro Deziliter
- Schwere Blutarmut: Hämoglobin (Hb) unter 8,0 g pro Deziliter
Was können Ursachen für eine Anämie sein?
- Als Ursachen können Eisenmangel, Blutverlust (z. B. Magen-Darm-Blutungen, Menstruation) oder eine unzureichende Blutbildung oder übermäßige Zerstörung von roten Blutzellen in Betracht kommen.
- Eine Anämie bei B-Zell-Lymphomen kommt meist durch das Wachstum von Lymphomzellen im blutbildenden Knochenmark zustande. Andere Faktoren sollten aber immer auch in Betracht gezogen werden.
Was sind Symptome einer Anämie?
- Erschöpfung, Schwäche, Blässe an Haut und Schleimhäuten,
- Schwindel, Kopfschmerzen, Konzentrationsschwierigkeiten,
- Kurzatmigkeit, Herzrasen, Schwitzen,
- Wadenkrämpfe (bei Belastung) oder Schmerzen in der Brust.
Wie wird eine Anämie behandelt?
- Eine leichte Anämie macht oft keine Beschwerden und bedarf nicht immer einer Behandlung.
- Mittelgradige Anämien werden mit Erythropoetin (EPO) behandelt. EPO ist ein körpereigenes Hormon, das die Blutbildung stimuliert. Die EPO-Therapie wirkt im Gegensatz zur Bluttransfusion erst etwa 4-6 Wochen nach Behandlungsbeginn.
- Eine schwere Anämie kann durch eine Bluttransfusion mit Erythrozyten-Konzentrat verbessert werden. PatientInnen mit zusätzlicher Herzschwäche erhalten eine solche Transfusion schon früher, um eine Belastung des Herzens zu vermeiden. Eine Bluttransfusion lindert die Blutarmut sofort.
Praktischer Tipp
Schonen Sie sich und achten Sie auf eine gesunde und vielfältige Ernährung, vor allem eine natürliche Zufuhr von Eisen und Vitamin C. Besprechen Sie die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln unbedingt mit Ihrer Ärztin/Ihrem Arzt.
Leukopenie (Verminderung weißer Blutzellen)
Der Mangel an Leukozyten (weiße Blutzellen) wird als Leukopenie bezeichnet. Der Mangel an der Untergruppe der neutrophilen Granulozyten heißt Neutropenie.
Bei einem Abfall der weißen Blutzellen im Rahmen der B-Zell-Lymphome ist immer auch die Untergruppe der neutrophilen Granulozyten betroffen. In den meisten Fällen bedeutet eine Leukopenie also auch eine Neutropenie.
- Der Normwert beträgt über 4.000 weiße Blutzellen pro Deziliter.
- Eine Leukopenie liegt vor, wenn die Anzahl weißer Blutzellen weniger als 3.500 pro Deziliter beträgt.
- Kritisch wird eine Leukopenie bei einer Anzahl von weniger als 800 pro Deziliter.
Was können Ursachen für eine Leukopenie/Neutropenie sein?
- Die zwei häufigsten Ursachen im Rahmen einer Lymphomerkrankung sind das verdrängende Wachstum von Lymphomzellen im blutbildenden Knochenmark sowie Therapien mit schädigender Wirkung auf das Knochenmark, wie z. B. Chemo-, Strahlen- oder Immuntherapie.
- Eine weitere Ursache können Virusinfektionen (z.B. Erkältungen oder Magen-Darm-Erkrankungen) sein.
Was sind Symptome einer Leukopenie/Neutropenie?
- Die typische Folge einer Verringerung weißer Blutzellen ist das erhöhte Risiko für Infekte.
- Infekte gehen meist mit Fieber einher.
- Je nachdem wo die Infektion auftritt (z.B. Atemwege, Verdauungssystem, Blase) können Beschwerden wie Übelkeit und Erbrechen, Durchfälle, Atemnot, Schmerzen in der Brust oder beim Wasserlassen entstehen.
Wie wird eine Leukopenie/Neutropenie behandelt?
- Bei schwerer Leukopenie/Neutropenie kommt die Gabe des Wachstumshormons G-CSF in Betracht, das die Neubildung von Granulozyten anregt.
- Darüber hinaus ist bei hoher Infektanfälligkeit eine Dosisanpassung oder ein Aussetzen der schädigenden Therapie in Betracht zu ziehen.
Praktischer Tipp
Hygienemaßnahmen können dem Infektionsrisiko entgegenwirken. Versuchen Sie, kranke Personen in Ihrem Umfeld und große Menschenansammlungen zu meiden, sowie häufig gründlich Hände zu waschen. Mehr dazu erfahren Sie in unseren Kursen „Immunsystem schützen“ und „Richtig Hände waschen“.
Thrombozytopenie (Mangel an Blutplättchen)
Der Mangel an Thrombozyten (Blutplättchen) wird als Thrombozytopenie oder kurz Thrombopenie bezeichnet.
- Von Thrombozytopenie spricht man bei einer Blutplättchenanzahl von weniger als 150.000 pro Deziliter.
- Unterhalb eines Werts von 50.000 pro Deziliter ist die Blutungsneigung stark erhöht.
Was können Ursachen für eine Thrombozytopenie sein?
- Eine Verringerung der Blutplättchen bei B-Zell-Lymphomen ist eine mögliche Folge der Verdrängung der Vorläuferzellen im Knochenmark.
- Auch eine Vergrößerung der Milz (Splenomegalie) und manche Tumortherapien können eine Thrombopenie verursachen.
Was sind Symptome einer Thrombozytopenie?
- Es besteht eine erhöhte Neigung für Blutergüsse (Hämatome) und schwer zu stoppende Blutungen (Zahnfleischbluten, Nasenbluten).
- Punktförmige Hautblutungen (Petechien) treten vor allem an beanspruchten Körperstellen (an den Beinen, am Rücken) sowie an Schleimhäuten auf (z. B. in Mund und Rachen).
- Durch einen Mangel an Blutplättchen kann die Blutgerinnung beeinträchtigt werden.
Wie wird eine Thrombozytopenie behandelt?
- Bei einem leichten Mangel an Blutplättchen wird meist keine Behandlung eingeleitet, die Blutwerte werden aber stetig überwacht.
- Bei schwerer Thrombozytopenie kann eine Transfusion mit Thrombozytenkonzentrat verabreicht werden.
Seien Sie besonders achtsam und vermeiden Sie Verletzungen im Alltag (z. B. beim Kochen, Rasieren oder beim Sport).
Hinweis: Wenn alle drei Blutzelltypen (rote Blutzellen, weiße Blutzellen und Blutplättchen) vermindert sind, spricht man von Panzytopenie.
Unreife Zellen im Blutbild
In einem normalen Blutbild finden sich keine unreifen Zellen, mit einer Ausnahme: Die Vorläufer der roten Blutzellen, sogenannte Retikulozyten.
- Das Vorhandensein unreifer B-Zellen im Blutbild kann einen ersten Hinweis auf eine Erkrankung im lymphatischen System geben.
- Unreife Zellen sind vor allem bei jenen B-Zell-Lymphomen im Blutbild zu finden, die sich grundsätzlich im Blut bemerkbar machen. Man spricht von einem leukämischen Verlauf bzw. von Leukämie („weißes Blut“). Dazu zählt zum Beispiel die Chronisch Lymphatische Leukämie (CLL).
Wussten Sie schon
Bei den meisten Lymphomarten werden unreife Zellen nur selten und sehr spät ins Blut ausgeschwemmt. Ein gesundes Blutbild schließt das Vorliegen eines Lymphoms daher nicht aus, deshalb werden bei Verdacht weitere Untersuchungen durchgeführt.
Geprüft Assoc.-Prof. Priv.-Doz. DDr. Philipp Staber: Stand April 2020