Durchfall kann sehr belastend sein oder zum Teil auch eine schwerwiegende Komplikation darstellen. In jedem Fall sollten Sie Durchfall im Rahmen einer Brustkrebserkrankung ernst nehmen und lieber früher als später mit Ihrer behandelnden Ärztin/Ihrem behandelnden Arzt besprechen.
Univ.-Prof. Dr. Edgar Petru, Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, beantwortet im Video "Diagnose und Behandlung von Durchfall" folgende Fragen:
Klicken Sie auf eine Frage, um direkt zum entsprechenden Videoabschnitt zu springen!- Soll und kann selber etwas gegen Durchfall unternehmen, bevor ich zur Ärztin/zum Arzt gehe?
- Warum ist es wichtig, viel Flüssigkeit zu sich zu nehmen?
- Wie viel sollte ich am Tag trinken?
- Bei welchen Warnsignalen sollte ich meine Ärztin/meinen Arzt aufsuchen?
- Welche Untersuchungen werden bei Durchfall durchgeführt?
- Welche Medikamente gibt es gegen Durchfall?
- Wie kann ich akuten Durchfall außer Haus verhindern?
- Was kann ich bei gereizter Haut der Analregion tun?
- Sind besondere Maßnahmen bei der Hygiene erforderlich?
- Wie gehe ich mit Ängsten vor dem Durchfall um?
- Kann ich trotz Durchfall Sport betreiben?
- Auf den Punkt gebracht
Video Transkript
Soll und kann ich selber etwas Durchfall gegen unternehmen, bevor ich zur Ärztin/zum Arzt gehe?
Ich glaube, was ganz wichtig ist, ist zu der Zeit reichlich Flüssigkeit zu sich zu nehmen. Das ist einmal ganz klar. Es gibt da noch Ernährungsempfehlungen, die Ihnen in einem gesonderten Modul noch erklärt werden. Zusätzlich ist es sicher wichtig, bei Durchfall das Behandlungs-Team zu kontaktieren, das dann entscheidet, ob man eventuell die Dosis vorübergehend aussetzt. Aber wie gesagt, das ist Aufgabe des Behandlungs-Teams.
Warum ist es wichtig, viel Flüssigkeit zu sich zu nehmen?
Flüssigkeitsaufnahme ist wahrscheinlich das Wichtigste für unser ganzes Leben. Und mit der Flüssigkeit werden Elektrolyte aufgenommen: Kalium, Kalzium, Natrium, Magnesium und ähnliches. Und dieser Elektrolythaushalt, der muss in Balance bleiben, sonst können wir unter Umständen im Extremfall Probleme bekommen mit der Herzfunktion, mit dem Herzrhythmus, also mit zentralen Dingen, die wir im Leben brauchen. Und deshalb ist es, wie gesagt, wichtig, dass diese Balance erhalten bleibt.
Wie viel sollte ich am Tag trinken?
Also, als Richtwert zählen immer diese zwei Liter Flüssigkeit, die man täglich aufnehmen sollte. Das trifft natürlich für gesunde Menschen zu. Wenn ich jetzt Durchfall habe, muss ich natürlich diese Trinkmenge deutlich erhöhen, was natürlich nicht immer leicht ist, weil man sich nicht immer top fühlt, um diese Flüssigkeitsmenge überhaupt zu verkraften.
Bei welchen Warnsignalen sollte ich meine Ärztin/meinen Arzt aufsuchen?
Das ist sicherlich ganz besonders wichtig in Fällen von Schwindel, Verwirrtheit, Erschöpfungszustand, wenn ich mehr als dreimal pro Tag Durchfall habe bzw. wenn Fieber auftritt.
Welche Untersuchungen werden bei Durchfall durchgeführt?
Also bei Durchfall ist sicherlich ganz wichtig eine entsprechende Anamnese, das heißt die Befragung, ob hier etwas Spezielles an Nahrung aufgenommen wurde in den letzten Tagen, ob vielleicht in der Familie Infektionen bestehen, die vielleicht auch mit Durchfall einhergehen, ob Fieber existiert, ob hier andere Zeichen von Infektionen in anderen Körperteilen, z.B. im Nasen-Rachenraum existieren. All das sollte ein Gesamtbild ergeben. Dann dazu ein Blutbild ist sicherlich im Mittelpunkt, eine Blutchemie, wo man sich hier Leber-, Nierenwerte ansieht, die Elektrolyte auch ansieht, und auch die Temperaturmessung.
Welche Medikamente gibt es gegen Durchfall?
Es gibt natürlich die typischen Medikamente, die wir alle kennen, wie zum Beispiel Kohletabletten, die hier den Durchfall mindern können. Beim Tumorpatienten liegt doch eine andere Situation vor. Hier muss man differenzierter vorgehen. Hier ist eine Absprache mit dem ärztlichen Team notwendig. Ich denke an die wichtigsten Medikamente, die die Darmperistaltik, also die Darmbeweglichkeit reduzieren können. Und wie gesagt: Das ist aber mit dem Arzt abzusprechen.
Wie kann ich akuten Durchfall außer Haus verhindern?
Das ist sicherlich ein sehr schwieriges Thema. Man sollte sich nicht zu viel bewegen, nicht zu viel gehen, auf keinen Fall laufen, was man in der Phase wahrscheinlich ohnedies nicht tut. Aber wichtig ist auch, wenn es wirklich notwendig ist, außer Haus zu gehen und man hat trotzdem Durchfall, vorher nicht viel trinken. Also Reduktion der Trinkmenge, damit einen da unterwegs nichts überrascht.
Was kann ich bei gereizter Haut der Analregion tun?
Hier ist es sinnvoll, Feuchttücher zu verwenden, die natürlich jederzeit bei jedem Drogeriemarkt erhältlich sind. Auch milde Hautcremes ohne Alkohol, also milde Hautcremes wären hier sehr verträglich.
Sind besondere Maßnahmen bei der Hygiene erforderlich?
Es sind eigentlich keine besonderen Hygienemaßnahmen erforderlich am WC, mit Ausnahme, wenn es sich um eine Infektion, eine Darminfektion handelt. Da wäre es sicherlich sinnvoll, auch mit Alkohol hier zusätzlich die WC-Schüssel zu reinigen.
Wie gehe ich mit Ängsten vor dem Durchfall um?
Es ist sicherlich Information über Durchfall, Information über das, was vielleicht auftritt, die wichtigste Maßnahme — dass man sich hier Wissen aneignet und damit mehr Sicherheit hat. Es kann auch sein, dass Ihnen Psychotherapie, Meditation hilft, dieses Problem eher in den Griff zu bekommen. In Einzelfällen kann es auch sinnvoll sein, dass Sie ein Rezept verschrieben bekommen haben, das ein Mittel gegen Durchfall beinhaltet. Und dieses Medikament könnten Sie dann einnehmen, wenn das ärztliche Team Ihnen im konkreten Fall dann rät: „Bitte, jetzt nehmen Sie dieses Medikament ein.“
Kann ich trotz Durchfall Sport betreiben?
Im Prinzip ist eine leichte Form von Sport immer zu befürworten. Das wird aber wahrscheinlich nur für Sie gelten, wenn Sie einmal am Tag oder zweimal am Tag Durchfall haben. Im Endeffekt geht es darum, dass Sie schauen: Gibt es Symptome bei mir? Habe ich Schwindel? Habe ich Herzrasen? In solchen Fällen würde ich keinesfalls Sport treiben.
Auf den Punkt gebracht
Diagnose und Behandlung
- Oft können schon einfache Ernährungsempfehlungen, reichlich Flüssigkeitsaufnahme oder weniger Bewegung, aber auch Feuchttücher und milde Hautcremes ohne Alkohol helfen.
- Besonders bei Durchfall mit Fieber sollten Sie Ihr Behandlungsteam kontaktieren, damit zeitnah ein Blutbild erstellt werden kann.
Suchen Sie bei Durchfall bitte Ihre Ärztin/Ihren Arzt auf, wenn
- Sie öfter als dreimal täglich Durchfall haben, oder
- Sie sich in zeitlichem Zusammenhang mit Durchfall ungewöhnlich schwach und erschöpft fühlen oder unter Schwindel leiden, oder
- die Durchfallbeschwerden mit Fieber einhergehen.
Wie wird Durchfall festgestellt?
Im ausführlichen Gespräch mit Ihrer Ärztin/Ihrem Arzt werden folgende Fragen abgeklärt:
- Wann war die letzte Krebstherapie?
- Inwiefern haben sich Häufigkeit und Form des Stuhlgangs seit Therapiebeginn verändert?
- Wie häufig ist der Durchfall?
- Ist der Stuhl in irgendeiner Form auffällig (z. B. stark übelriechend, blutig)?
- Haben Sie Fieber oder andere Symptome, die auf eine Infektion hindeuten?
- Wie viel trinken und essen Sie täglich?
- Nehmen Sie derzeit Antibiotika oder Abführmittel ein?
Möglicherweise wird ein Blutbefund mit Bestimmung der Elektrolyte (Kalium, Kalzium, Natrium, Magnesium) sowie der Nieren- und Leberwerte erhoben. Insbesondere bei Fieber oder blutigen Stühlen wird eine Stuhluntersuchung auf Krankheitserreger durchgeführt.
Behandlung von Durchfall
Unabhängig von der Ursache sind die wichtigsten Maßnahmen bei Durchfall:
- Die Zufuhr von ausreichend Flüssigkeit und Mineralstoffen wie Kalium, Natrium, Kalzium und Magnesium. Je stärker die Durchfälle sind und je länger sie andauern, umso wichtiger ist diese Maßnahme. Bei schwerem Durchfall kann die Gabe von Flüssigkeit und Mineralstoffen als Infusion notwendig werden.
- Die Anpassung der Ernährung an die Darmprobleme. Wertvolle Informationen hierzu finden Sie in den Lektionen „Ernährung bei Durchfall“ und „Kochen bei Durchfall“ dieses Online-Kurses.
Je nach Ursache kommen außerdem folgende Behandlungsmöglichkeiten in Frage:
Bei Durchfall durch Krebsmedikamente
- Durchfälle von bis zu sechs Stuhlgängen pro Tag werden mit einem im Darm wirksamen Medikament namens Loperamid behandelt. Es wirkt durchfallhemmend durch eine Verlangsamung der Darmbewegung und eine Verringerung der Flüssigkeitsabgabe in den Darm. Außerdem wirkt es entspannend auf die Darmmuskulatur, wodurch Bauchkrämpfe gelindert werden können.
- Bei Durchfall mit mehr als 7 Stühlen pro Tag kann das Medikament Octreotid unter die Haut injiziert werden, das eine weitere Hemmung von Darmbewegung und Flüssigkeitsabgabe in den Darm bewirkt.
- Wenn die Beschwerden trotz Behandlung nach 1 bis 2 Tagen noch immer bestehen, gibt es weitere medikamentöse Möglichkeiten (z.B. Opiumtinktur).
- Durchfall bei Immuntherapie ist die Folge von Entzündungsprozessen im Darm und sollte so früh wie möglich mit den behandelnden ÄrztInnen besprochen werden. Behandelt werden Durchfälle während Immuntherapie mit entzündungshemmenden Kortisonpräparaten.
- Vor allem kann bei Durchfall die Dosis der Krebstherapie angepasst oder die Therapie vorübergehend pausiert werden, bis sich der Durchfall bessert.
Bei Durchfall durch Bestrahlung
- Auch Durchfall als Nebenwirkung einer Strahlentherapie wird zuerst mit Loperamid behandelt.
- Bessern sich die Beschwerden nicht, kann Opiumtinktur, Octeotid und/oder eine Infusionstherapie eingesetzt werden.
Behandlung von Durchfall bei Infektion
- Finden sich bei der Untersuchung Hinweise auf eine Magen-Darminfektion durch Bakterien, werden Antibiotika verschrieben.
- Im Unterschied zu Bakterien können Magen-Darm-Viren nicht direkt medikamentös bekämpft werden. Die Therapie konzentriert sich deshalb auf die Behandlung der aufgetretenen Beschwerden.
Hygiene-Tipps bei Durchfall
Unter Krebstherapie sind Sie möglicherweise anfälliger für Infektionskrankheiten.
- Waschen Sie sich nach dem Toilettengang gründlich die Hände.
- Sammeln und waschen Sie verschmutzte Wäsche und Bettwäsche getrennt von der restlichen Wäsche.
- Im Falle einer Darminfektion empfehlen eine konsequente Desinfektion der Toilettenschüssel nach dem Stuhlgang sowie besonders gründliches Händewaschen.
Wussten Sie schon
In den meisten Fällen ist Durchfall bei Krebserkrankung eine Nebenwirkung der Therapie. Das bedeutet, dass Darmprobleme eine vorübergehende Erscheinung sind, die behandelt werden kann und die innerhalb weniger Tage bis Wochen nach Therapieende wieder abklingt.
Geprüft Claudia Petru, MPH und Univ.-Prof. Dr. Edgar Petru: Stand September 2019