Zurück zur Kursübersicht

Kurs Hormonrezeptoren und Brustkrebs: Lektion 3 von 6

Der dritte Rezeptortyp: HER2

An der Zelloberfläche der Krebszellen lässt sich neben ER oder PR noch eine dritte Rezeptorart namens HER2-Rezeptor unterscheiden. Sie ist weniger häufig als die Hormonrezeptoren für Östrogen und Progesteron, aber nicht weniger bedeutsam für die Diagnose und die Therapie bei Brustkrebs. Erkundigen Sie sich deshalb bei Ihrem Arzt/Ihrer Ärztin, ob bei Ihnen eine HER2-Diagnostik durchgeführt wurde.

Video Transkript

Was ist HER2?

Bei HER2 handelt es sich ebenfalls um einen Rezeptor, genauer gesagt um einen Wachstumsrezeptor. HER steht für „human epidermal growth factor receptor 2“, zu Deutsch etwa „Humaner Epidermaler Wachstumsrezeptor 2“. Es ist ein Rezeptor, bei dem nicht ganz klar ist, welche Botenstoffe den Rezeptor stimulieren. Aber man nimmt an, dass eine Reihe von Wachstumsfaktoren hier zu einer Stimulation und zu einem Wachstum der Zellen führt.

Jede epitheliale Zelle trägt diesen HER2-Rezeptor an ihrer Oberfläche. Das Besondere bei diesem Rezeptor ist jedoch, dass bestimmte Krebstypen bei der Brustkrebserkrankung diesen Rezeptor in vielfacher und stark erhöhter Anzahl an ihrer Oberfläche tragen.

Warum ist die HER2-Diagnose so wichtig?

Die HER2-Diagnose ist insofern wichtig, als dass der HER2-Rezeptor therapeutische und auch prognostische Aussagekraft hat. Dies ist ähnlich zum Hormonrezeptor. Beim HER2 ist ebenfalls eine spezifische Blockade mit einem Antikörper möglich. Durch die Blockade des Rezeptors mit diesem Antikörper werden die Zellen aktiv an ihrem Wachstum gehindert.

Was bedeutet, wenn im Befund „HER2+“ steht?

HER2+ steht für eine Überexpression, also eine stark erhöhte Ansammlung dieses Rezeptors an Tumorzellen. Etwa 15 bis 20 Prozent aller Brustkrebsarten überexprimieren diesen Rezeptor an der Zelloberfläche. Das bedeutet, dass jede normale Zelle diesen Rezeptor trägt. Aber der Tumor macht sich eben das Faktum zunutze, dass dieser Rezeptor durch Wachstumssignale die Zelle zum Wachstum antreibt. Damit vermehrt er die Anzahl dieser Rezeptoren an der Zelloberfläche massiv. Und damit wird die Zelle extrem anfällig für Wachstumsfaktoren, was zu einem sehr, sehr schnellen Wachstum dieser Zellen führt.

Was ist HER2-Status?

Der HER2-Status gibt an, ob der HER2-Rezeptor an Tumorzellen überexprimiert ist, das heißt in einer stark erhöhten Anzahl vorkommt. Damit habe ich auch ein therapeutisches Angriffsziel an dieser Zelle und kann den Antikörper, der uns zur Verfügung steht, einsetzen.

Was hat der HER2-Rezeptor mit Hormonen zu tun?

Der HER2-Rezeptor hat prinzipiell gar nichts mit Hormonrezeptoren zu tun. Es sind nur beides Rezeptoren, welche auf bestimmte Wachstumsfaktoren bzw. auf Hormone reagieren und die Tumorzellen zum Wachstum antreiben können.

Allerdings können Hormonrezeptoren und HER2-Rezeptor gemeinsam an Tumorzelle vorkommen.

Welche Rolle spielen in diesem Zusammenhang Erbfaktoren?

Erbfaktoren spielen prinzipiell keine Rolle, was die Verteilung von Rezeptoren und Tumorzellen angeht. Allerdings ist es so, dass bei bestimmten familiären Krebserkrankungen zu beobachten ist, dass Hormonrezeptoren als auch die HER2-Rezeptoren an den Tumorzellen komplett fehlen. Man spricht von sogenannten triple-negativen oder hormonunabhängigen und HER2-negativen Erkrankungen.

Diese können in Zusammenhang mit bestimmten, genetisch bedingten Tumorerkrankungen gehäuft beobachtet werden.

Welchen Einfluss hat das Vorhandensein von HER2 auf die Therapie?

Das Vorhandensein von HER2 hat einen großen Einfluss auf die Therapie. Auch hier ist eine Antikörpertherapie, meist in Kombination jedoch mit einer Chemotherapie, notwendig. Die Prognose der Erkrankung ist ausgezeichnet, wenn die Erkrankung mit dieser Kombinationstherapie behandelt wird.

Hat das Vorhandensein von HER2 Auswirkungen auf die Prognose?

Das Vorhandensein von HER2 hat einen wesentlichen Einfluss auf die Prognose.

  • Ohne entsprechende Therapie hat diese Art von Brustkrebserkrankung einen schlechten Verlauf.
  • Mit den modernen Therapien, die uns zur Verfügung stehen, haben wir diese schlechte Prognose inzwischen in eine sehr gute Prognose umwandeln können.

Auf den Punkt gebracht

Der dritte Rezeptortyp: HER2

  • Der HER2-Rezeptor ist ein sehr wichtiges therapeutisches Ziel beim Brustkrebs.
  • Mit den zur Verfügung stehenden Therapien kann HER2-positiver Brustkrebs inzwischen ausgezeichnet behandelt werden.

HER2: die Rezeptoren des Humanen Epidermalen Wachstumsfaktors

Als HER2 werden die Rezeptoren des Humanen (vom Menschen stammender), Epidermalen (an Zelloberflächen befindlicher) Wachstumsfaktors bezeichnet. Bei etwa 15% der Brusttumore ist die Anzahl dieser Rezeptoren stark erhöht – sie sind HER2-positiv. Dadurch können diese Brusttumore durch eine gegen HER2 gerichtete Therapie behandelt werden kann.

Der Zellwachstumsfaktor und seine Wirkung auf Tumorzellen

Grundsätzlich finden sich in den meisten Körperflüssigkeiten und vielen Organen sogenannte Wachstumsfaktoren. Diese Botenstoffe oder auch Signalstoffe werden von Zelle zu Zelle weitergegeben und sind wichtig für die Ausbildung und Neubildung von Gewebe, bei der Organentwicklung und der Wundheilung.

Einer dieser Wachstumsfaktoren ist der humane epidermale Wachstumsfaktor. Im Englischen heißt dieser Zellwachstumsfaktor „human Epidermal Growth Factor“, kurz hEGF. Er findet sich unter anderem in der Haut und in manchen Tumoren, auch bei Brustkrebs.

Wie wirkt der humane epidermale Wachstumsfaktor auf (Tumor)Zellen?

Der humane epidermale Wachstumsfaktor übt eine mehrfach steigernde Wirkung auf (Tumor-)Zellen aus.

  • Er erhöht die genetische Aktivität im Zellkern und regt die Zelle zum Wachstum an.
  • Er stimuliert die Zellen, sich zu teilen.
  • Er fördert die Neubildung von Gefäßen.

All diese Wirkungen zusammengenommen, beschleunigt hEGF die Zellproliferation, das heißt Zellwachstum und Zellteilung.

Was bedeutet der Begriff HER2 bzw. HER2/neu?

Die Übermittlung des Signals von Wachstumsfaktoren an die Zellen funktioniert wie bei den Hormonen über Rezeptoren an der Zelloberfläche. Für den human Epidermal Growth Factor gibt es eigene Rezeptoren. Sie werden human Epidermal Growth Factor-Rezeptoren genannt, abgekürzt HER. Von solchen Rezeptoren wurden vier verschiedene Typen gefunden, HER 1 bis 4.

Von besonderer Bedeutung für Patientinnen mit Brustkrebs ist der Rezeptortyp HER2; manchmal wird auch der Begriff HER2/neu verwendet.

Auf normalen Zellen findet sich nur eine geringe Menge von HER2. Sind auf Tumorzellen viele solcher Rezeptoren vorhanden, teilen sie sich häufiger. Der Tumor wächst schneller.

Wie wird der HER2-Status angegeben?

Wie bei den Hormonrezeptoren für Östrogen und Progesteron wird das Vorliegen von Rezeptoren durch ein Plus oder Minus verdeutlicht.

  • HER2- (HER2-negativ) bedeutet, dass diese Art von Rezeptor nicht in großer Zahl vorhanden ist.
  • HER2+ (HER2-positiv) bedeutet, dass die Tumorzellen Rezeptoren für den Zellwachstumsfaktor in größerer Anzahl aufweisen. Sie wachsen schneller.

HER2-positiv bedeutet aber auch, dass die Patientinnen von einer zielgerichteten Therapie profitieren können.

Therapeutische Konsequenzen bei Vorliegen von HER2

Gegen HER2 konnten spezifische Antikörper entwickelt werden. Solche Therapien werden „zielgerichtet“ oder „Targeted Therapies“ genannt, weil sie gezielt gegen bestimmte Merkmale vorgehen. Sie zeigen deshalb weniger Nebenwirkungen.

Die Antikörper können:

an HER2-Rezeptoren binden und sie blockieren

Die Signale durch den Wachstumsfaktor können nicht mehr in die Zelle weitergeleitet werden, weiteres Tumorwachstum wird gestoppt. Zusätzlich wird die körpereigene Immunabwehr aktiviert, die Tumorzellen erkennt und zerstört.

eine Paarbildung von HER2-Rezeptoren unterbinden

Die Verhinderung der Paarbildung (Dimerisierung) bewirkt eine noch effektivere Unterdrückung von Wachstumssignalen auf die Zellen. Diese Therapie wird HDI genannt (Her2-Dimerisierungs-Inhibitor).

Zytostatische (zellzerstörende) Medikamente direkt an die Tumorzelle bringen

Mit einem zytostatischen Wirkstoff gekoppelte Antikörper docken an Krebszellen an und schleusen den Wirkstoff ein. Die Medikamente stellen eine Kombination aus Antikörper und Chemotherapie dar und werden „Antikörper-Wirkstoff-Konjugat“ genannt.

Wirksam ist eine Antikörper-Therapie dann, wenn die Tumorzellen sehr viele HER2-Rezeptoren aufweisen. Aus diesem Grund werden im HER2-Status vier Stufen unterschieden.

Status HER2 Anzahl Eignung zur Antikörper-Therapie
0 nicht nachweisbar nicht geeignet
1+ gering nicht geeignet
2+ mittelgradig unklar – weitere Tests notwendig
3+ hoch geeignet

Inzwischen gibt es für Antikörper-Therapien auch eine subkutane Darreichungsform mittels Spritzen unter die Haut. Sie erspart betroffenen Patientinnen zeitaufwendigere Infusionen.

Wussten Sie schon

Die Entdeckung der HER2-Rezeptoren und die Entwicklung gezielter Antikörper haben in der Behandlung von Brustkrebs große Erfolge gebracht. Das Fortschreiten der Erkrankung kann deutlich verzögert und die Überlebenszeit verlängert werden, so dass Patientinnen mit HER2-positiven Tumore heute sogar eine günstigere Prognose haben.

PP-AL-AT-0042 | Geprüft Priv.-Doz. Dr. Michael Hubalek: Stand 12.12.2018

Bewerten

Ihr Feedback hilft anderen Nutzern die für sie passenden Kurse zu finden.

Würden Sie diesen Online-Kurs empfehlen?

4.5/5 - (155)
Zur Kursübersicht

Dieser Kurs ist Teil der Kursreihe „Leben mit metastasiertem Brustkrebs“

Zur Kursreihe
Die Kurse sind kein Ersatz für das persönliche Gespräch mit Ihrer Ärztin/Ihrem Arzt, sondern ein Beitrag dazu, PatientInnen und Angehörige zu stärken und die Arzt-Patienten-Kommunikation zu erleichtern.