Bestimmte Leistungen der österreichischen Krankenkassen werden nur mit einer Bewilligung durch eine Chefärztin/einen Chefarzt genehmigt. Für welche Leistungen eine Bewilligung nötig ist und welche Rolle dabei dem chef- und kontrollärztlichen Dienst der Sozialversicherung zukommt, erfahren Sie in dieser Lektion. Auch wer die Bewilligung einholen muss und wie das abläuft, lernen Sie hier.
Dr.in Maria-Luise Plank, Rechtsanwältin, beantwortet im Video "Chefärztliche Bewilligung" folgende Fragen:
Klicken Sie auf eine Frage, um direkt zum entsprechenden Videoabschnitt zu springen!- Was ist eine Chefärztin/ein Chefarzt?
- In welchen Fällen braucht es eine Chefärztin/einen Chefarzt und welche Medikamente und Therapien müssen bewilligt werden?
- Wie läuft die Bewilligung durch die Chefärztin/den Chefarzt ab?
- Wie konsultiere ich eine Chefärztin/einen Chefarzt?
- Was kann ich tun, wenn die benötigte Therapie abgelehnt wird?
- Kann ich eine zweite Meinung einholen?
- Auf den Punkt gebracht
Video Transkript
Was ist eine Chefärztin/ein Chefarzt?
Der Chef- und Kontrollärztliche Dienst der Sozialversicherungsträger ist eine Verwaltungsfunktion in den einzelnen Sozialversicherungsträgern deren Hauptzweck die Kontrolle der Kosten in Zusammenhang mit Kassenleistungen besteht. Die Chef- und Kontrollärzte haben daher keine medizinische Funktion und sind auch kein medizinischer Vormund von behandelnden Ärzten, sondern stellen eine Art ökonomische Kontrolle im Rahmen der Krankenbehandlung durch die Sozialversicherungsträger dar.
In welchen Fällen braucht es eine Chefärztin/einen Chefarzt? Welche Medikamente und Therapien müssen von Ihnen bewilligt werden?
Viele Leistungen der Sozialversicherungsträger bedürfen für die Kostenübernahme durch die Sozialversicherung einer Chef- und kontrollärztlichen Bewilligung. Diese ist für ganz unterschiedliche Leistungen nötig. Hier ein paar Beispiele:
- Arzneimittel im Gelben Bereich des Erstattungskodex und außerhalb des Erstattungskodex;
- Therapien wie zB Physio-, Ergo- oder Psychotherapie (oft braucht es die Bewilligung erst ab einer bestimmten Anzahl von Therapien),
- bestimmte bildgebende Diagnoseverfahren, zB CT oder MRT
- ein Großteil der Krankentransporte mit dem Taxi
- kosmetische Eingriffe (diese werden in der Regel nur dann bezahlt, wenn sie medizinisch nötig sind), geplante Behandlungen und Untersuchungen im Ausland
- Operationen zur Gewichtsreduktion (zB Magenband)
Die Grundlage für die Bewilligung ist die Verschreibung oder Überweisung des Behandlers.
Wie läuft die Bewilligung durch die Chefärztin/den Chefarzt ab?
Der Behandler (Arzt/Therapeut) verschreibt ein Arzneimittel oder ordnet eine Untersuchung an oder verweist zu einem anderen Behandler. In diesen Fällen kann nach Art der Maßnahme eine Chef- und Kontrollärztliche Untersuchung erforderlich sein.
Im Rahmen von Arzneimittelbewilligungen ist ein elektronisches ABS-System eingeführt nachdem der Arzt die Bewilligung einholen muss. Für alle anderen Therapien ist der Patient selbst für die Einholung der Bewilligung verantwortlich. Haben Sie ein Medikamentenrezept vom Wahlarzt, müssen Sie sich als Patient selbst um eine eventuelle chefärztliche Bewilligung kümmern.
Die Bewilligung wird direkt auf der Überweisung per Stempel oder per Schreiben erteilt. Die Bewilligung kann persönlich bei der Gebietskrankenkasse, per Brief, Fax oder E-Mail eingeholt werden.
Wie konsultiere ich einen Chefärztin/einen Chefarzt?
Übermitteln Sie die ärztliche Verordnung oder Überweisung und bei Bedarf auch entsprechende Befunde an den Chefarzt, und zwar per Post, E-Mail, Fax oder persönlich. Einen Chefärztlichen Dienst, der über Bewilligungsanträge entscheidet, gibt es in den meisten Kundenservicestellen der GKK.
Der Chefarzt trifft die Entscheidung wochentags in der Regel innerhalb von 24 Stunden nach Einlangen der Unterlagen. Muss der Chefarzt noch Informationen erfragen, kann es in manchen Fällen länger dauern.
Sobald die chefärztliche Bewilligung zur beantragten Therapie vorliegt, erhalten Sie die bewilligte Leistung beim Arzt, Therapeuten, in der Apotheke etc. Wenn es sich beim Arzt oder Therapeuten um einen Vertragspartner handelt, rechnet dieser die Kosten direkt mit der GKK ab. Ist das nicht der Fall, können Sie eine Kostenerstattung beantragen und erhalten in der Regel 80% jener Kosten die ein Vertragsarzt erhalten hätte (ACHTUNG dabei handelt es sich nicht um 80% der Rechnung, sondern kann wesentlich darunter liegen).
Was sollte ich beim Gespräch beachten?
Sollten Sie persönlich bei den Chef- und Kontrollärzten vorsprechen, dann ist im Gespräch darauf zu achten, dass ihr individueller Anspruch auf Leistungen zu beurteilen ist. Der Erstattungskodex und andere Ökonomierichtlinien der Sozialversicherung stellen lediglich eine Verwaltungshilfe dar der aber ihren Anspruch nicht abschließend regeln kann. Das bedeutet eine Ablehnung muss daher individuell begründet und kann nicht mit dem Hinweis, das zahlt die Kasse generell nicht, abgelehnt werden.
Was kann ich tun, wenn die benötigte Therapie abgelehnt wird?
Wenn die Krankenkasse die Übernahme der Kosten zB für eine Therapie oder ein Medikament abgelehnt hat, besteht die Möglichkeit, diese Entscheidung gerichtlich überprüfen zu lassen.
Dafür muss die Patientin/der Patient bei der Krankenkasse beantragen, dass ein Bescheid ausgestellt wird. Als Antrag genügt ein formloses Schreiben, das die Angabe darüber, welche Leistung/welches Medikament abgelehnt wurde und Datum und Unterschrift der Patientin/des Patienten enthält.
Die Krankenkasse hat dann zwei Wochen Zeit, um in einem Bescheid zu begründen, warum sie die Kosten für das Medikament/die Leistung nicht übernehmen will. Dieser Bescheid wird der Patientin/dem Patienten zugesendet. Gegen diesen Bescheid kann dann kostenfrei geklagt werden. Die Klage ist beim zuständigen Landesgericht als Arbeits- und Sozialgericht (in Wien: beim Arbeits- und Sozialgericht Wien) einzubringen.
Kann ich eine zweite Meinung einholen?
In der Charta der Patientenrechte (herausgegeben vom Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung und vom Bundesministerium für Justiz) ist festgeschrieben, dass Patienten ein Recht auf das Einholen einer ärztlichen Zweitmeinung haben. Dies bedeutet, dass Ärzte zu kooperieren haben, wenn ein Patient den Wunsch einer Beurteilung durch einen zweiten, unabhängigen Arzt hat.
Der behandelnde Arzt ist dazu verpflichtet, dem Patienten Einblick in die Krankenakte zu ermöglichen sowie ihm (gegen Kostenerstattung) Kopien oder Ausdrucke zur Verfügung zu stellen. Originalunterlagen müssen nicht herausgegeben werden. Vom Einsichtsrecht ausgenommen sind subjektive Aufzeichnungen des Arztes und unter Umständen Unterlagen im Rahmen von psychiatrischen Behandlungen.
Bringt der Patient die Fotokopien / Ausdrucke der Behandlungsunterlagen zum Termin mit dem zweiten Arzt mit, ist oftmals keine Wiederholung von diagnostischen Maßnahmen erforderlich.
Die Frage, wer die Kosten für das Einholen einer ärztlichen Zweitmeinung trägt, ist nicht einheitlich zu beantworten. Um negative Überraschungen zu vermeiden, sollte vor dem Aufsuchen des zweiten Arztes bei der eigenen gesetzlichen oder privaten Krankenkasse nachgefragt werden, ob sie für die Kosten aufkommt, und wenn ja, ob dafür Bedingungen eingehalten werden müssen.
Pro Quartal (Jänner–März, April–Juni, Juli–September, Oktober–Dezember) können ohne Überweisung aufgesucht werden:
- eine Vertragsärztin/ein Vertragsarzt für Allgemeinmedizin
- bis zu drei Vertragsfachärztinnen/Vertragsfachärzte verschiedener Sparten
- beliebig viele Vertragszahnärztinnen/Vertragszahnärzte
Die Konsultation einer zweiten Fachärztin/eines zweiten Facharztes derselben Sparte ist innerhalb desselben Quartals auf Kosten Kasse grundsätzlich nicht möglich. In begründeten Einzelfällen kann eine Zustimmung zur Zusatzkonsultation von der Krankenkasse eingeholt werden.
Auf den Punkt gebracht
Der Chef- und Kontrollärztliche Dienst der Sozialversicherungsträger ist ein ökonomisches Verwaltungsinstrument und kein medizinischer Vormund von Ärzten. Seine Aufgabe ist Kontrolle der Kosten von Sozialversicherungsbudgets. Eine Chefarztbewilligung ist patientenindividuell zu treffen und im Streitfall durch Bescheid konkret zu begründen. Patienten haben die Möglichkeit eine Ablehnung der Kostenerstattung bei Gericht kostenlos überprüfen zu lassen.
Die Aufgaben des chefärztlichen Kontrolldienstes
Mit der Bezeichnung Chefärztin/Chefarzt meint man in Österreich eine Ärztin/einen Arzt in einer bestimmten Verwaltungsfunktion, z.B. in den einzelnen Sozialversicherungsträgern. ChefärztInnen arbeiten für den sogenannten chef- und kontrollärztlichen Dienst der Sozialversicherung.
ChefärztInnen kontrollieren die Kosten im Zusammenhang mit Kassenleistungen. Diese Funktion ist vergleichbar mit dem deutschen medizinischen Dienst der Krankenversicherung. Die ChefärztInnen haben keine medizinische Funktion und sind auch kein medizinischer Vormund von behandelnden ÄrztInnen. Sie stellen lediglich eine Art ökonomische Kontrolle im Rahmen der Krankenbehandlung durch die Sozialversicherungsträger dar.
Wussten Sie schon
Die Bezeichnung „Chefärztin/Chefarzt“ wird in Österreich anders verwendet als in Deutschland. ÄrztInnen mit leitender Funktion in einem Krankenhaus werden in Österreich als Primaria/Primar bzw. Primarärztin/Primararzt bezeichnet, während in Deutschland der Begriff Chefärztin/Chefarzt üblich ist.
Wofür ist eine chefärztliche Bewilligung nötig?
Es gibt verschiedene Medikamente und Therapien, die bewilligt werden müssen:
-
Arzneimittel im gelben Bereich des Erstattungskodexes und außerhalb des Erstattungskodexes
-
Therapien wie z.B. Physio-, Ergo- oder Psychotherapie (manchmal ist eine Bewilligung erst ab einer bestimmten Anzahl von Therapien nötig)
-
bestimmte bildgebende Diagnoseverfahren, z.B. CT oder MRT
-
ein Großteil der Krankentransporte mit dem Taxi
-
kosmetische Eingriffe (diese werden in der Regel nur dann bezahlt, wenn sie medizinisch nötig sind)
-
geplante Behandlungen und Untersuchungen im Ausland
-
Operationen zur Gewichtsreduktion (z.B. Magenband)
Wer holt die Bewilligung ein?
Die Grundlage für eine Bewilligung ist immer die Verschreibung oder Überweisung der Behandlerin/des Behandlers. Manchmal wird sie direkt von der Ärztin/dem Arzt, der Apotheke etc. eingeholt. Das ist zum Beispiel bei von KassenärztInnen verschriebenen Medikamenten der Fall. Manchmal muss man sich aber auch als PatientIn selbst darum kümmern.
Prinzipiell ist es ratsam, dass Sie sich direkt bei Ihrer/Ihrem behandelnden Therapeutin/Therapeut bzw. Ärztin/Arzt über die Einholung der chefärztliche Bewilligung erkundigen.
Wie holt die Ärztin/der Arzt eine Bewilligung ein?
Mithilfe der eCard-Infrastruktur können KassenärztInnen die Bewilligung für Medikamente direkt online über das Arzneimittel-Bewilligungs-Service (ABS) einholen.
Es ist gesetzlich festgelegt, dass bei Arzneimitteln die Bewilligung im elektronischen System innerhalb von 30 Minuten erteilt werden muss. Meist dauert die Bewilligung nur wenige Minuten. Erfolgt die Bewilligung nicht innerhalb von 30 Minuten, erhalten Sie das Rezept auch ohne Bewilligung.
Wenn Sie ein chefarztpflichtiges Medikament für längere Zeit einnehmen müssen, kann die behandelnde Ärztin/der behandelnde Arzt außerdem eine Langzeitbewilligung einholen.
Wie kann ich eine Bewilligung einholen?
Falls Sie selbst die Bewilligung einholen müssen, können Sie dies persönlich bei der Krankenkasse, per Brief, Fax oder E-Mail tun. Die Bewilligung wird dann direkt auf der Überweisung per Stempel oder per Schreiben erteilt. Mehr Informationen darüber erhalten Sie in der Lektion „Bewilligung für Therapie, Heilbehelfe, Rehabilitation einholen„.
Geprüft Dr.in Maria-Luise Plank: Stand 08.04.2020