Die Schizophrenie ist eine psychiatrische Erkrankung, die Auswirkungen auf den gesamten Alltag der Betroffenen hat. Auch das Liebesleben kann beeinträchtigt sein. Akute Krankheitsphasen erschweren das Führen und Pflegen von Beziehungen. Prof. Dr. Tillmann Krüger, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapeutische Medizin, beantwortet die wichtigsten Fragen rund um Sexualität und Partnerschaft bei Schizophrenie.
Veränderung der Sexualität bei Schizophrenie
Wodurch kann es bei Schizophrenie zu Veränderungen im Sexualleben kommen?
Die Veränderungen im Sexualleben bei Schizophrenie können vielfältig bedingt sein. Das Wichtigste sind zwei Faktoren – die Erkrankung selbst und die Medikamente, die eingenommen werden. Dann gilt es, sich das zusammen mit dem Arzt oder der Ärztin genau anzuschauen, wenn es zu Problemen kommt. Diese Probleme anzusprechen ist nicht immer ganz einfach; außerdem ist es manchmal schwierig, das klar zuzuordnen, ob die Veränderungen durch die Krankheit bedingt sind oder durch das Medikament ausgelöst werden. Manchmal kann es auch beides sein – aber auf alle Fälle ist es wichtig, genau darauf zu schauen.
Wie kann ich herausfinden, was der Auslöser für die veränderte Sexualität ist?
Wichtig ist, dass man sich den zeitlichen Zusammenhang klarmacht. Wann kam es zu Veränderungen der Sexualität oder auch der Partnerschaft? War das möglicherweise schon vor Beginn einer psychischen Erkrankung, hier speziell vor Beginn der Schizophrenie oder sind diese Veränderungen erst mit Beginn der Schizophrenie oder der Einnahme eines Medikamentes entstanden? Wenn man das zuordnen kann, weiß man über die Ursache Bescheid – häufig können es aber auch beide Faktoren, die Medikamente und die Erkrankung, sein.
Wie können die modernen Medikamente bei Schizophrenie mein Sexualleben beeinflussen?
Es stehen ja zum Glück moderne Medikamente zur Verfügung und dennoch können diese auch Nebenwirkungen verursachen. So modern und effektiv diese Medikamente sind, können sie auch die Sexualität, die Müdigkeit aufgrund einer Sedierung oder sogar Appetit und Gewicht beeinträchtigen und insofern auch Sexualität und Partnerschaft negativ beeinflussen. Es kann passieren, dass sich jemand aufgrund einer Gewichtszunahme in seinem eigenen Körper nicht mehr so fühlt wie zuvor und sich das Körperbild verändert. Außerdem können die Medikamente auch eine direkte Auswirkung auf die Sexualität haben, beispielsweise, was die sexuelle Lust betrifft – aber auch auf die Errektionsfähigkeit oder überhaupt die Erregungsfähigkeit. Diese Beeinflussungen können also recht vielfältig sein.
Wie können die Medikamente angepasst werden, wenn mein Sexualleben darunter leidet?
Es gibt eine bestimmte Medikamentengruppe, die verhältnismäßig häufig zu sexuellen Dysfunktionen führen kann. Das sind die Medikamente, die recht stark auf das Dopaminsystem wirken und dieses System blocken. Zum Glück gibt es aber auch Medikamente, bei denen das weniger stark passiert. Diese stimulieren unser Belohnungs- bzw. Motivationssystem sogar ein wenig. Das kann im Kontext von Sexualität, aber auch im Kontext von der Grundstimmung und dem Antrieb ganz günstig sein – insofern kann man auf solche Beeinträchtigungen bezüglich der Sexualität durchaus reagieren, indem man die Medikamente umstellt.
Welche Folgen hat das Absetzen der Medikamente?
Bei der Schizophrenie ist es unglaublich wichtig, dass man einen „langen Atem“ hat. Das heißt, dass man die Therapie und die Medikamente lange durchführen bzw. einnehmen soll. Es ist wichtig, das fortzuführen, weil das vor Rückfällen schützt; wenn man keine Medikamente nimmt und keine Psychotherapie in Anspruch nimmt, verdoppelt man dadurch das Rückfallrisiko. Das heißt, dass man vor allem durch die Medikamente das Risiko für einen Rückfall halbieren kann; das ist für ein Krankheitsbild schon ziemlich viel. Insofern ist es wichtig, dass man zusammen mit den behandelnden Ärztinnen bzw. Ärzten auch bespricht, bis wann man das Medikament auf alle Fälle regelmäßig einnehmen soll, bevor man neu darüber sprechen kann.
Welche sexuellen Veränderungen können durch die Erkrankung selbst auftreten?
Die Erkrankung der Schizophrenie selbst kann jede Phase der Sexualität beeinträchtigen. Es gibt den sogenannten sexuellen Reaktionszyklus, welche schon in den 60er-Jahren von Masters und Johnson beschrieben wurde. Dieser Zyklus besteht aus sexueller Erregung, der Plateauphase (die Phase, in der die sexuelle Erregung eine Weile anhält) und dann aus dem Orgasmus, welcher stattfinden kann oder nicht, der Refraktär- bzw. Rückbildungsphase und schlussendlich der Auflösung. Jede dieser Phasen kann durch die Erkrankung beeinträchtigt sein. Was früher noch nicht so gut beschrieben war ist die sexuelle Lust – also die Ansprechbarkeit oder sexuelle Erregbarkeit, die noch vor der sexuellen Erregung kommt; diese kann genauso beeinträchtigt sein. Das kann durch die Erkrankung selbst passieren und das auch relativ häufig, aber auch durch eine Depression, da diese sehr stark die Motivation und das Empfinden von Freude und Lust beeinträchtigen kann. Diese Komponenten sind nicht nur allgemein für das Leben und für die Stimmung wichtig, sondern eben auch insbesondere für die Sexualität und für die sexuelle Lust.
Kann Sex die Symptome der Schizophrenie beeinflussen?
Die Sexualität an sich kann jetzt nicht unbedingt die Symptome der Schizophrenie maßgeblich beeinflussen. Sexualität und insbesondere Partnerschaften und Beziehungen sind jedoch Faktoren, die schon auch einen stabilisierenden Effekt haben, weil es so bedeutsam ist, dass wir Beziehungen zu Menschen haben und diese auch pflegen. Sexualität und Intimität sind natürlich sehr intensive Beziehungen – in diesem Sinne kann man sagen, dass diese von großer Bedeutung sind. Beziehungsaspekte sind für die Menschen wichtig und können somit auch für viele Menschen und auch Menschen mit Schizophrenie stabilisierend wirken. Man kann jedoch nicht sagen, dass ausreichend Sex gegen Halluzinationen oder Wahn wirkt; das ist sicherlich nicht so. Es findet eben ein kleiner Umweg, insbesondere über den Beziehungsaspekt, statt. Sexualität selbst ist salutogen, also gesundheitsfördernd – das sieht man an den Hormonen, die ausgeschüttet werden und auch an den Immunfunktionen. Selbst Herzkreislauf-Parameter profitieren davon; das hat man durch große Studien herausgefunden. Somit lohnt es sich, Sexualität aufgrund des Beziehungs- und Lustaspektes zu haben; und eben auch durch den allgemeinen gesundheitsfördernden Aspekt.
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Sexuelle Bedürfnisse und Grenzen
Wieso kann es passieren, dass ich zeitweise großes Verlangen nach Sex habe und dann wieder überhaupt nicht?
Sexuelles Verlangen ist durch eine Vielzahl von Faktoren moduliert. Es spielen die Biologie, die Psyche, das soziale Umfeld und die aktuellen Beziehungen eine Rolle; weiters wird das Verlangen von Stressoren oder auch vom Zyklus der Frau beeinflusst – auch hier gibt es Schwankungen. Komorbiditäten bzw. weitere Erkrankungen können zusätzlich eine Rolle spielen; insofern ist es auch relativ normal, dass sexuelles Verlangen und sexuelle Lust Schwankungen unterliegen. Wenn man jedoch merkt, dass diese Schwankungen außergewöhnlich stark ausgeprägt sind und die Schwankung nur noch nach unten geht und keine sexuelle Lust mehr da ist oder sie nach oben geht und man sich am Tag vier, fünf Stunden mit dem Thema Sexualität beschäftigt, kann professionelle Hilfe aufsuchen. Hier kann man den Arzt bzw. die Ärztin oder PsychologInnen zu Rate ziehen um herauszufinden, was passiert ist. Wenn man schon länger (über mehrere Monate oder ein Jahr) merkt, dass man gar keine Lust mehr hat oder jeden Tag stundenlang pornografische Bilder oder Filme konsumiert lohnt es sich, dann auch wirklich genauer nachzuschauen, woran diese Schwankungen – nach oben oder unten – liegen.
Wie kann ich ein gutes Gespräch über meine Wünsche und Bedürfnisse (beim Sex) führen?
Über Sexualität zu sprechen ist für viele, auch innerhalb der Partnerschaft, eine große Herausforderung. Das sehe ich auch in meiner Sprechstunde regelmäßig; auch wenn ein Paar sehr lange zusammen ist und vielleicht auch eine ganz lebhafte Sexualität geführt hat, wird dennoch über Vieles nicht gesprochen. Das fällt spätestens dann auf, wenn es zu Problemen kommt und die Lust plötzlich weg ist oder eine Erektionsstörung eingetreten ist. Insofern ist Kommunikation bei Paaren essentiell – es ist leider nicht selbstverständlich, dass das immer so gut funktioniert; das braucht gewissermaßen Mut, Investition und auch Zeit. Bei mir in der Sprechstunde werfen wir vorerst einen Blick auf die Partnerschaft, bevor es um irgendeine Funktionsverbesserung der Sexualität geht. Hier ist wichtig, wie das Paar miteinander spricht und was sie überhaupt noch gemeinsam tun. Manche Paare schaffen diese Gespräche ganz gut alleine; vielen Paaren hilft es gewissermaßen, dass noch jemand anderes als therapeutische Instanz dabei ist und das Gespräch ein bisschen moderiert und fördert, damit das Paar wieder in den Redefluss kommen kann, über solche Themen zu sprechen. Es ist ja manchmal doch nicht ganz einfach, über diese zu sprechen; da braucht es manchmal ein bisschen Unterstützung. Vielen gelingt es allein aber auch ganz gut; da ist eben ganz wichtig, dass man mutig ist und den Partner bzw. die Partnerin ansprechen kann und kommunizieren kann, dass man das Gefühl hat, dass sich in der Partnerschaft im Hinblick auf die Sexualität etwas verändert hat und darüber sprechen möchte. Dazu kann ich nur dringend raten, da die Kommunikation bei partnerschaftlichen Problemen fast immer eine wichtige Komponente ist – deshalb soll sie in wieder in Bewegung gebracht und geübt werden.
Was kann ich tun, wenn ich untypische sexuelle Wünsche entwickle?
Immer wenn man das Gefühl hat, dass mit der eigenen Sexualität etwas nicht stimmt, kann man durchaus einmal einen Blick darauf werfen, worum es sich genau handelt. Das können riskante sexuelle Verhaltensweisen wie ungeschützter Geschlechtsverkehr sein, was beispielsweise im Rahmen von Schizophrenie, aber auch von manischen Störungen oder Persönlichkeitsstörungen auftreten kann oder auch die sogenannte Sexsucht mit riskantem Sexualverhalten. Es lohnt sich, hier etwas genauer zu schauen, wie das Verhalten aussieht und ob eine dahinterstehende Erkrankung – in diesem Fall die Schizophrenie – eine bessere Behandlung braucht. Andere Gründe können bestehende Paraphilien sein; Sexualität ist sehr variantenreich und nicht wenige Menschen haben Ideen von einem Fetisch oder anderen Möglichkeiten, ihre Sexualität auszuführen. Hier lohnt es sich abzuklären, ob eine Paraphilie besteht bzw. ob man darunter leidet oder ob jemand aus der Umgebung zu Schaden kommt. Dann kann man entscheiden, ob es Unterstützung oder Hilfe braucht.
Was kann ich machen, wenn ich Halluzinationen während des Geschlechtsverkehrs bekomme?
Bei Halluzinationen während des Geschlechtsverkehrs muss man sich natürlich fragen, ob die Behandlung für den Patienten bzw. die Patienten passend ist. Wenn diese passend eingestellt ist, sollten die Halluzinationen mit Medikamenten gut in den Griff zu bekommen sein. Wenn das nicht der Fall ist, gibt es natürlich auch kognitive psychotherapeutische Techniken, um sich von Wahn oder Halluzinationen distanzieren zu können; das kann schon eine Herausforderung sein. In der Sexualität ist grundsätzlich der Aspekt der Achtsamkeit ein ganz wichtiger; auch in der Therapie des Sensate Focus von Masters und Johnson, welche heute immer noch angewendet wird, ist der Achtsamkeitsaspekt auf der körperlichen Ebene ganz groß. Hierbei soll man darauf achten, wo bzw. wie man die Erregung spürt und wo man den Partner oder die Partnerin spürt. Wenn man so den Fokus auf das sexuelle Geschehen lenkt, kann es Einzelnen auch gelingen, weg von sich aufdrängenden Gedanken oder auch Störungen der Wahrnehmung wie der Halluzination zu kommen.
Was ist, wenn mich innere Stimmen zum Sex drängen oder davon abhalten?
Akustische Halluzinationen können ja sehr beeinflussend, zum Teil auch sehr massiv und belastend sein. Wenn sie imperativen Charakters sind, sie also zu bestimmten Handlungen drängen, würde ich darüber unbedingt nicht nur innerhalb der Partnerschaft sprechen, sondern insbesondere auch mit der Ärztin oder dem Arzt, weil das natürlich gut behandelt werden sollte. Schizophrenie und Partnerschaft ist ein herausforderndes Thema und es ist wichtig, den Aspekt der Kommunikation innerhalb der Partnerschaft vor allem im Rahmen dieser Erkrankung besonders gut zu pflegen. Das sollte gut funktionieren, um gegebenenfalls darüber auch gemeinsam sprechen zu können, wenn plötzlich Stimmen zu Handlungen auffordern, die man normalerweise nicht ausführen würde oder in der Situation ungünstig sind. Auch da sind Kommunikation und eine Überprüfung der Behandlung ganz wichtig.
Wie kann ich meine Grenzen beim Sex kommunizieren?
Sexuelle Grenzverletzungen sind generell ein großes Thema; wir beschäftigen uns damit auch an meiner Hochschule und in meiner Praxis sehr viel damit. Es ist wirklich essentiell, darüber zu sprechen, weil das einfach sehr häufig stattfindet; es ist sowohl von der Seite des Betroffenen als auch von der Seite des (potentiellen) Täters ganz wichtig, hier zu handeln. Für einen selbst ist wichtig, die eigenen Grenzen zu kennen und diese auch verbal und gegebenenfalls sogar körperlich klar zu signalisieren. Dafür ist es natürlich wichtig, sich im Vorfeld bezüglich der Grenzen bewusst zu werden, wozu man mit einer anderen Person bereit ist und wozu nicht. Das ist natürlich nicht unbedingt ein hundertprozentiger Schutz, aber von Seiten der Betroffenen schon einmal ein wichtiger Schritt. Gleichzeitig kann es auch der Fall sein, dass eine Person selbst aufgrund einer psychischen Erkrankung wie einer Persönlichkeitsstörung oder einer Schizophrenie Grenzverletzungen begeht. Hier ist es wichtig, bewusst damit umzugehen und das möglichst schnell mit einem/einer Psychologen/Psychologin oder auch mit dem Arzt zu besprechen. Das macht vor allem Sinn, wenn man merkt, dass man seine sexuellen Impulse manchmal nicht richtig unter Kontrolle hat, gegebenenfalls auch schon einmal vom Partner eine „gelbe Karte“ bekommen hat oder eine Anzeige befürchtet und somit merkt, dass etwas nicht in Ordnung ist. Das ist ein mutiger, aber ganz wichtiger Schritt; deshalb haben wir zu diesem Thema an meinem Standort auch verschiedene Präventionsprojekte ins Leben gerufen. Ich denke, dass es in vielen Städten Beratungsstellen gibt, die jenseits von den Psychologen und Ärzten zusätzlich eine Anlaufstelle sind, über dieses wichtige Thema zu sprechen. Schizophrenie ist leider auch ein Risikofaktor, sexuelle Grenzverletzungen häufiger zu erleben als Menschen ohne Schizophrenie. Das ist somit ein wichtiger Aspekt und da will ich unbedingt dazu ermutigen, sich damit zu Wort zu melden. Das fällt möglicherweise schwer, da Scham und Schuld eine ganz große Rolle spielen; aber wenn man das für sich erst einmal als Problem erkannt hat, fasst man vielleicht im nächsten Schritt den Mut, darüber zu sprechen.
Wie können wir sicherstellen, dass unser Sex immer einvernehmlich ist?
Das Wichtigste in Bezug auf die Sexualität ist die Kommunikation. Wenn man das Gefühl hat, dass der Sex nicht immer einvernehmlich ist oder sexuelle Grenzen verletzt werden, dann ist es umso wichtiger, in einer Partnerschaft darüber nochmal zu sprechen. Hier gilt es zu kommunizieren, wo die Grenzen genau sind und wie man diese durch Gestik oder durch Worte signalisieren kann; das braucht es dann eben auch in der Partnerschaft. Wie gesagt fällt es vielen nicht so leicht, über Sexualität in der Partnerschaft zu sprechen; wenn jedoch das Thema von sexueller Grenzverletzung oder Einvernehmlichkeit aufkommt, ist es umso wichtiger, darüber zu sprechen.
Was kann dabei helfen mit unerwünschten Annäherungsversuchen umzugehen?
Wichtig ist es, eigene Grenzen aufzuzeigen und das auch rechtzeitig zu tun. Man fühlt sich vielleicht im ersten Moment von sexuellen Avancen ein bisschen geehrt, aber wenn man sich darüber im Klaren ist, dass man diese nicht möchte, sollte man frühzeitig klare Grenzen setzen und diese auch aussprechen. Das fällt nicht immer leicht und viele reagieren im ersten Moment vielleicht erstmal verlegen, aber es ist wichtig, das verbal und möglicherweise auch durch Gesten sehr deutlich zu machen.
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Hilfe bei sexuellen Beschwerden
Wie kann ich mit einem Rückgang oder Verlust von sexuellem Verlangen umgehen?
Die sexuelle Lustlosigkeit ist ein relativ häufiges Thema bei allen Menschen – mit und ohne psychischer oder körperlicher Erkrankung. Im ersten Schritt geht es zunächst darum, die eigene sexuelle Lust zu verstehen. Das kann man selbstständig analysieren; häufig braucht man doch die Unterstützung von Psychologen, Ärzten oder Sexualmedizinern, die dabei behilflich sind. Vorerst wird abgeklärt, ob die Unlust schon immer bestanden hat oder ob das erst zu einem Thema geworden ist; das ist schon einmal wichtig, da man natürlich auch von der Veranlagung her unterschiedliche Sexualität mitbringt. Die zweite Frage, die man sich stellt ist, in welchen Situationen die sexuelle Unlust auftritt. Tritt diese immer auf oder nur in bestimmten Situationen und ist diese auf meinen Partner bzw. auf meine Partnerin bezogen? Wird Selbstbefriedigung noch regelmäßig durchgeführt? Diese Fragen können erste Hinweise geben, wie die sexuelle Lustlosigkeit begründet sein kann und können dann auch zeigen, ob von gynäkologischer bzw. urologischer Seite oder aber von sexualmedizinisch psychotherapeutischer bzw. sexualtherapeutischer Seite etwas getan werden kann. Hier kommen Medikamente, eine Verbesserung der genitalen Schleimhaut oder eine Umstellung von bestimmten Psychopharmaka in Frage; Psychopharmaka sind oft der Auslöser für eine sexuelle Unlust. Es gibt also sehr vielfältige Gründe dafür und zunächst gilt es erst einmal herauszufinden, wie diese Unlust zu verstehen ist und wie sie begründet ist.
Wo kann ich kompetente Hilfe bei Veränderung meiner Libido finden?
Sexualmedizinische Hilfe ist gar nicht so selbstverständlich; es gibt jedoch eine ganze Reihe von Beratungsstellen, die hilfreich sein können. Es gibt in Österreich eine sehr rege Aktivität im Bereich des Sexualmedizin; das wir durch Fachgesellschaften betrieben, aber insbesondere wird diese auch durch Curricula gefördert, in denen sich Psychologen und Ärzte bzw. Ärztinnen weiterbilden. Unter Gynäkologen, Urologen oder auch Allgemeinmedizinern finden sich somit einige mit spezieller sexualmedizinischer Expertise. Es gibt auch Allgemeinmediziner oder Psychologen, die sich das zutrauen, hier zu beraten – dazu motiviere ich auch regelmäßig, da es ein häufiges Thema ist. Der erste Schritt ist somit natürlich so mutig zu sein, das einmal anzusprechen und dann gilt es im zweiten Schritt herauszufinden, ob der Arzt oder die Ärztin bzw. der Psychologe weiterhelfen kann oder Psychologe oder man eine spezialisierte Fachkraft braucht, die einem weiterhilft.
Welche Möglichkeiten gibt es, wenn ich Erektionsprobleme und/oder Schwierigkeiten in der Erregung habe?
Auch bei den Erektionsstörungen ist es zunächst wichtig zu verstehen, woher diese kommen. Es gibt dafür psychogene oder organische Gründe; Erektionsstörungen können manchmal auch ein erster Hinweis für kardiovaskuläre Erkrankungen (Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems) sein. Es lohnt sich somit immer auch der Gang zum Urologen oder zum Hausarzt bzw. zur Hausärztin, um das abzuklären. Dort werden auch die Testosteronwerte bestimmt; je nach Herkunft der Erektionsstörung kann die Behandlung sowohl pharmakologischer als auch sexualtherapeutischer Natur sein. In manchen Fällen werden beide Behandlungen durchgeführt, da diese synergistisch wirken können – das heißt, dass sie sich gegenseitig verstärken. Bei diesem Krankheitsbild kann man oftmals mit Medikamenten relativ gute Erfolge erzielen; die sogenannten Phosphodiesterase-Hemmer wie beispielsweise Sildenafil und Nachfolgepräparate haben bei vielen Männern einen recht guten Effekt. Wichtig zu wissen ist jedoch, dass diese Medikamente keine Lustmittel sind; darüber sollten auch Ärzte immer aufklären. Die Medikamente sind Mittel, die die Erektionsfähigkeit fördern sollen – diese erzeugen aber keine Lust. Die Lust bzw. die Erregung muss da sein und muss sich entwickeln können; dann kann das Medikament helfen, die Erektion zu verbessern. Es kann somit auch der Fall sein, dass jemand gar keine sexuelle Lust hat, diese sexuelle Lustlosigkeit das Problem ist und dann erst sekundär in der Folge die Erektionsstörung auftritt. Es gilt somit abzuklären, was zuerst da war und was genau das Problem ist.
Was kann ich tun, wenn ich Schmerzen beim Sex habe?
Schmerzen bei der Sexualität sind ein ganz wichtiges Thema und trifft häufiger Frauen als Männer. Bei Frauen betrifft es meist vor allem die Jüngeren, da das auch ein Stück weit erlernt werden muss; dann werden die Schmerzen weniger. Diese klassischen Schmerzen beim Geschlechtsverkehr bezeichnet man als Dyspareunie, die psychische und organische Gründe haben kann. Es gibt aber auch den sogenannten Vaginismus – das sind Scheidenkrämpfe bzw. Anspannungen des Beckenbodens; hier steht in erster Hinsicht eine Angst im Vordergrund. Der Vaginismus ist in dem Sinne somit eine Penetrationsphobie; das ist die Angst davor, dass in die Scheide etwas eindringt. Das kann selbst ein Finger oder ein Tampon bzw. der Penis sein – hier besteht dann eine Angst, dass etwas kaputt geht oder dass man das nicht aushält. Hier ist zuerst die Angst und dann der Schmerz durch die Anspannung da; meistens wird jedoch sowieso nicht zugelassen, dass etwas eindringt. Wenn klassische Schmerzen beim Geschlechtsverkehr auftreten wird versucht herauszufinden, welche Gründe das haben kann. Gründe dafür können organische sein – es kann sein, dass keine ausreichende Erregung stattgefunden hat und dass die Schleimhaut zu trocken ist bzw. keine Lubrikation stattfindet. Die Schmerzen können außerdem altersbedingt sein, da nach der Menopause ein Abfall der Östrogene stattfindet, sodass die Durchblutung nicht mehr so gut ist wie früher. Dieses Problem ist jedoch oft sehr gut durch eine lokale Östrogenisierung zu beheben – hier gibt es östrogenhaltige Cremes, durch welche sich meist etwas erreichen lässt. Man kombiniert das in der Regel fast immer mit Physiotherapie, da Schmerzen bzw. die Angst vor Schmerzen schnell zu einer körperlichen Anspannung, insbesondere des Beckenbodens, führen können. Da können PhysiotherapeutInnen sehr hilfreich sein, durch Übungen und Atemtechniken zu erlernen, die Entspannung wieder herbeizuführen. Das ist ein wichtiger Aspekt der Behandlung; über die Physiotherapie kann man die körperliche Komponente gut in die Sexualität einbringen. Das ist neben den Gesprächen in der Psychotherapie zusätzlich eine hilfreiche Behandlung, um konkrete Übungen zu machen. Es ist somit durchaus einiges an Therapieoptionen möglich; meistens geht man multimodal vor, in dem man Medikamente, Psycho- oder Sexualtherapie und bei Bedarf auch Physiotherapie kombiniert.
Was kann ich bei einem vorzeitigen oder gehemmten Samenerguss tun?
Der vorzeitige Samenerguss und im Gegenteil dazu der gehemmte Samenerguss sind auch bei gesunden Männern ein häufiges Thema, welche häufig zu einem Leidensdruck führen. Es entsteht beim vorzeitigen Samenerguss das Gefühl der Unkontrollierbarkeit oder aber beim gehemmten Orgasmus der Nichterreichbarkeit. Wichtig ist dabei zu wissen, dass das zu einem großen Teil an der Veranlagung liegen kann und man selbst nichts dafürkann. Es kann jedoch auch durch die Erkrankung der Schizophrenie selbst oder durch die Medikamente ausgelöst worden sein; Medikamente verursachen eher einen gehemmten Orgasmus bzw. eine Anorgasmie. Wenn man den Verdacht hat, dass das Problem erst mit den Medikamenten eingetreten ist, sollte man auf jeden Fall mit dem Arzt bzw. mit der Ärztin darüber sprechen. Es gibt nämlich gute Möglichkeiten, das entweder durch eine Umstellung der Medikamente oder, wenn das Problem nicht durch die Medikamente ausgelöst wurde, durch bestimmte Übungen zu behandeln. Diese Übungen, die vor allem für vorzeitigen Samenerguss angewendet werden, können alleine oder später auch mit der Partnerin durchgeführt werden; hier versucht man, die Ejakulationsschwelle langsam hochzufahren. Dabei lernt der Kopf gewissermaßen, dass der Sex nicht nur eine Minute, sondern länger dauert. Das kann man durch diese Übungen ein wenig „antrainieren“. Weiters gibt es noch Medikamente, die man lokal auftragen kann und die Sensibilität im Bereich der Eichel ein wenig reduzieren, sodass der Informationsstrom zum Gehirn verlangsamt wird; dadurch kann das verlängert werden. Außerdem gibt es Medikamente, die auf die „sexuelle Bremse“ drücken, damit das Erregungsniveau dämpfen und dadurch auch die Ejakulationszeit verlängern können. Das ist also auch ein wichtiges Thema, das beim Arzt bzw. bei der Ärztin angesprochen werden sollte; hier braucht es natürlich auch ein wenig Mut, dort Bescheid zu geben.
Wie kann ich Sexualität bei meinem BehandlerInnen ansprechen, wenn mir das Thema unangenehm ist?
Vielen fällt es schwer, über Sexualität zu sprechen; da gibt es auch wenige Unterschiede zwischen Betroffenen und Ärzten bzw. Ärztinnen – das fällt beiden Seiten manchmal nicht leicht. Wir trainieren natürlich Ärztinnen und Ärzte, den Patienten Türöffner zu geben, sodass sie sich trauen, das Thema anzusprechen. Ich will jedoch auch den Betroffenen Mut zusprechen, das zu tun; auch hier kann man sich schrittweise herantasten und sagen, dass man ein sexuelles Problem hat und fragen, ob man darüber sprechen kann oder ob man dazu Hilfe erwarten kann bzw. sich Hilfe empfehlen lassen kann. Da kann man sich nicht immer erwarten, dass jeder Arzt oder jede Ärztin sofort eine Lösung parat hat – aber es braucht trotzdem den Mut, das anzusprechen. Man darf nicht enttäuscht sein, wenn man da vielleicht nicht gleich Hilfe bekommt, weil sich viele ÄrztInnen wie gesagt auch nicht leichttun bzw. eine Lösung des Problems nicht gleich gefunden ist. Es gilt erstmal zu verstehen, woher das sexuelle Problem kommt; trauen Sie sich jedoch, das Thema anzusprechen – das ist absolut legitim.
Was soll ich beachten, wenn ich eine/n SexualtherapeutIn suche?
Generell ist bei einer Sexual- oder Psychotherapie zu beachten, dass die Arzt-Patienten-Beziehung passen muss. Es gibt dafür in der Regel probatorische Stunden, in denen man herausfinden kann, ob das gemeinsame therapeutische Arbeiten funktioniert. Ansonsten ist es natürlich von Vorteil, wenn sich jemand in der Sexualmedizin oder -therapie weitergebildet hat; das kann man oft am Klingelschild oder im Internet herausfinden; das ist jedoch kein Muss. Psychotherapeuten lernen in ihrer Ausbildung auch Vieles zum Thema Sexualität; das ist ein essenzieller Bestandteil des Studiums. Insofern geht es letztlich darum, die Person kennenzulernen oder im Falle auch eine Empfehlung von jemandem zu bekommen. Man kann sich auch in Fachgesellschaften informieren, wo es in der Nähe des Wohnortes jemanden gibt, der dafür geeignet ist.
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Partnerschaft und Beziehung mit Schizophrenie
Wann und wie soll ich meine neue Partnerin/meinen neuen Partner über die Erkrankung informieren?
Das kann ein sehr heikles Thema sein; viele reden zu Beginn nicht darüber und warten ab, wie sich die Beziehung entwickelt und sich auch ein Stück weit festigt. Ich kann jedoch nur dringend empfehlen, das dann recht früh anzusprechen und mit offenen Karten zu spielen, weil nur dann eine ausreichende Vorsorge möglich ist um zu schauen, was man selbst oder auch der Partner bzw. die Partnerin machen kann und auch erkennen kann, wenn sich möglicherweise wieder eine psychotische Episode anbahnt. Es ist besser, vorher darüber gesprochen zu haben, als dass diese dann plötzlich und überraschend kommt. Ich habe immer wieder Patienten bei mir in der Sprechstunde, welche beispielsweise an Depressionen leiden und wo in der Familie zum Teil aus kulturellen Gründen über psychische Erkrankungen gar nicht gesprochen wird und das dann auch verheimlicht wird. Dann sind viele Therapieoptionen auch gar nicht möglich, weil z.B. Medikamente zu Hause nicht herumliegen könnten, da der Partner bzw. die Partnerin diese finden würde. Ich kann somit nur dringend empfehlen, die Erkrankung früh anzusprechen.
Wie können wir dafür sorgen, dass unser Alltag nicht nur von der Erkrankung beherrscht wird?
In der Partnerschaft ist ganz wichtig, viele Bausteine zu finden, die der Partnerschaft und einem selbst neben der Krankheit gut tun. Diese Bausteine können die Berufstätigkeit, Hobbys in der Freizeit, Bewegung bzw. Sport oder auch Kultur oder Musik und das Spielen von Musikinstrumenten sein. Wenn eine psychische Erkrankung besteht, ist das umso wichtiger, da diese Dinge einen salutogenetischen Effekt haben und unbedingt weiterverfolgt werden sollten, da diese gesund halten. In der Psychotherapie macht man sich zum Teil sogar auch Wochenpläne, um das alles auch strukturieren und planen zu können. Zusätzlich gibt die ambulante psychiatrische Pflege auch Unterstützung dabei, die vor Ort hilft, diese Bausteine im Leben umsetzen zu können. Das ist wichtig, damit im Leben des Betroffenen nicht nur die Krankheit und Arztbesuche im Mittelpunkt stehen, sondern auch die Teilhabe am Leben, an der Arbeit und an sozialen Kontakten unterstützt werden kann. Manchmal fällt es schwer, das alleine zu schaffen – hier gibt es aber auch professionelle Hilfe, das umzusetzen.
Wie kann ich meiner Partnerin/meinem Partner vermitteln, dass mir Nähe schwerfällt?
Meistens merkt der Partner oder die Partnerin das relativ schnell, wenn es jemandem schwerfällt, Nähe zuzulassen. Das liegt auch daran, weil es vielleicht auch zu einer Abgrenzung oder einer gewissen Vorsicht kommt. Das zeigt sich also relativ schnell – es ist natürlich sehr gut für die Partnerschaft, wenn man das proaktiv ansprechen kann. Damit kann man oft erreichen, dass der Partner bzw. die Partnerin mehr Geduld dafür aufbringen kann, dass man mehr Zeit braucht, um Nähe zulassen zu können. Dieses Verhalten ist nie böswillig gemeint; das hat oft etwas mit der Persönlichkeit, der eigene Biografie oder mit Erfahrungen von sexuellen Grenzverletzungen zu tun. Wenn man sich da ein Stück weit gegenüber dem Partner/der Partnerin öffnen kann, stößt man häufig auch auf Verständnis und kann dadurch sicherlich auch verhindern, dass es zu Enttäuschungen, Frustrationen oder Ärger kommt. Das kann dadurch entstehen, wenn der Partner bzw. die Partnerin immer wieder versucht hat, sich anzunähern, aber abgewiesen wurde. Da würde ich unbedingt eine offene Kommunikation empfehlen, da dieser negative Interaktionszyklus frühzeitig verhindert werden kann und diese ungünstigen Situationen in der Beziehung nicht passieren.
Was kann ich tun, wenn ich mich von meiner Partnerin/meinem Partner bevormundet/bemuttert fühle?
Bevormundung oder Bemutterung sind ein zentrales Thema in einer Partnerschaft; hier gibt es keine eindeutige Lösung dafür. Man muss in erster Linie darauf schauen, das genau passiert und wo man seine eigenen Grenzen hat; diese muss man auch kennen und dann kommunizieren. Wenn man das Gefühl hat, dass der andere sehr dominant ist und vielleicht mehr Sexualität möchte, ist wie immer letztendlich die Kommunikation das A und O. Wenn diese eingefroren ist und zu zweit nicht mehr gelingt, kann das durch Hilfe von außen, beispielsweise durch eine Paarberatung oder andere Beratungsstellen, gelöst werden.
Wie gehe ich damit um, wenn ich mich für mein Verhalten während einer akuten Psychose gegenüber meiner Partnerin/meinem Partner schäme?
Scham kann in einer Beziehung generell ein großes Thema sein; es trauen sich nur wenige, das anzusprechen. Dennoch ist es wichtig, auch diese Gefühle zu kommunizieren. Krankheitsepisoden wollen meist verarbeitet werden, da Ängste und Befürchtungen entstehen und diese aufgelöst werden sollten; das ist vor allem für die Zukunft wichtig, falls so etwas wieder passiert. Hier braucht es also ein sogenanntes Debriefing – also ein Aufarbeiten dessen, was passiert ist, um einen Strich darunter machen zu können und schauen zu können, was man beachten muss, damit das so nicht wieder passiert. Manche Menschen kommen damit allein gut zurecht und können diese Gefühle für sich erkennen und benennen; manchmal reicht das aber nicht ganz, dann ist es wichtig, mit dem Partner bzw. der Partnerin darüber zu sprechen. So kann sich das Gefühl gewissermaßen transformieren und weiterentwickeln oder auch auflösen, sodass eine Entlastung bei den Betroffenen und Verständnis bei den Partnern oder Partnerinnen entstehen kann. Diese Schritte sind wichtig, um das, was passiert ist, verarbeiten zu können, da diese Psychosen von beiden Seiten als möglicherweise sehr unangenehm erlebt wurden.
Wie schaffe ich es, ein schwieriges Thema anzusprechen, das mich beschäftigt?
Bei schwierigen Themen in der Partnerschaft braucht es immer wieder Mut und den Vorsatz, die gemeinsame Kommunikation zu pflegen. Wenn die Kommunikation bei anderen oder alltäglicheren Problemen gut funktioniert und man sich regelmäßig Zeiten dafür nimmt, miteinander zu reden, ist die Chance natürlich größer, auch schwierigere Themen ansprechen zu können. Weiters ist es wichtig, wie man selbst oder der Partner bzw. die Partnerin auf schwierige Themen reagiert; hier sollte man darauf achten, ob als Reaktion schnell Vorwürfe oder kritische Nachfragen kommen. Hier gibt es gute Kommunikationsregeln, vor allem für eine Partnerschaft, die sehr helfen können; Beispiele dafür wären das Senden von Ich-Botschaften oder den anderen ausreden zu lassen. Das sind ganz einfache Regeln, mit denen man erreichen kann, eine konstruktive Kommunikation zu erlernen. Das sind Aspekte, die Patienten bei uns auf der Psychotherapiestation als ersten Schritt lernen; dabei wird erlernt, wie man nicht nur innerhalb einer Partnerschaft, sondern auch mit Mitpatienten kommuniziert. Wenn das gut gelingt, ist die Wahrscheinlichkeit viel größer, dass das Ansprechen von schwierigen Themen möglich ist. Wenn man jedoch die Erfahrung gemacht hat, bei einem schwierigen Thema schnell auf Gegenwehr, Unverständnis oder Ärger zu stoßen, dann erniedrigt das natürlich die Wahrscheinlichkeit, dass man sich traut, das ein weiteres Mal anzusprechen. Es sind somit wieder beide Seiten der Partnerschaft gefragt, sich entsprechend an die Kommunikationsregeln zu halten, um zu ermöglichen, dass auch problematische Themen besprochen werden können.
Wie gehe ich am besten mit Ablehnung und Trennung um?
Ablehnung kann sehr kränkend sein und auch zu Liebeskummer führen; das sind erstmal völlig normale Gefühle und sie können einen auch sehr lange beschäftigen. Gewissermaßen ist der Liebeskummer bzw. die Ablehnung fast wie ein Entzugssyndrom, weil das, was man sich erhofft hat oder was vorher da war – das Verliebtsein oder eine Beziehung – plötzlich weg ist. Wenn das beendet wird, ist das eine große Enttäuschung; es kann auch Ärger entstehen, weil man merkt, dass ein ehemals positives Gefühl, das man hatte, plötzlich verschwindet. Je nachdem, in welcher Situation man sich befindet, kann man auch versuchen herauszufinden, was zur Ablehnung oder zur Beendigung der Beziehung geführt hat. Das kann dabei helfen herauszufinden, was der eigene Anteil daran war; man kann das auch mit seinem Therapeuten nachbesprechen, um erkennen zu können, welche Rolle man selbst dabei gespielt hat. Es ist auch ganz wichtig, dann auf sich selbst zu schauen und das zu tun, was einem abseits der Beziehung selbst gut und mit jemandem darüber zu sprechen. Glück definiert sich nicht nur über die Partnerschaft oder Beziehung zu einer Person, sondern auch über Beziehungen zu vielen anderen Personen. Außerdem sollte man Leidenschaften, Hobbys oder andere Dinge, die man unternehmen kann, besonders aktivieren bzw. reaktivieren, wenn man in einer Situation der Ablehnung ist oder eine Beziehung beendet wurde.
Wie kann uns eine Paartherapie im Umgang mit der Schizophrenie unterstützen?
Eine Paartherapie oder Paarberatung ist dafür geeignet, gemeinsam als Paar mit einem Therapeuten oder einer Therapeutin zu verstehen, wo es Probleme gibt. Grundsätzlich gilt es zu verstehen, ob das Problem partnerschaftlicher oder sexueller Natur ist; für den Therapeuten stellt sich auch die Frage, welche Persönlichkeiten und etwaigen Erkrankungen die beiden Menschen mitbringen und wo deren konkretes Problem liegt. Weiters muss festgelegt werde, ob die partnerschaftliche oder sexuelle Komponente in der Beziehung verbessert werden soll; meistens ist beides von Bedeutung. Dafür braucht es am Anfang eine Art Bestandsaufnahme, welche eine bis mehrere Stunden dauern kann, um das Problem in seiner Gänze zu verstehen. Manchmal findet bereits in diesen ersten Stunden eine Veränderung in der Kommunikation des Paares statt; es wird zum Teil schon über Dinge gesprochen, über die sie noch nie mit dem Partner bzw. der Partnerin geredet haben, da die dritte Person, der/die TherapeutIn, moderierend dabei ist. Ein großer Vorteil dieses Settings ist, dass die Wahrscheinlichkeit, in alte Kommunikationsmuster zu verfallen, geringer ist, da eine dritte Person die Kommunikation moderiert und auch dafür sorgt, dass die Kommunikationsregeln geübt und eingehalten werden. Das kann schon unmittelbar sehr hilfreich sein. Wenn die Therapie länger andauern sollte, geht es vor allem um Themen wie die Wiederaufnahme von gemeinsamen Aktivitäten, was eine große Rolle spielen kann – das haben viele Paare durch den Alltag verlernt. Das kann passieren, da der Alltag im Falle der Schizophrenie durch die Krankheit bedingt ist oder auch Faktoren wie Berufsstress oder Kinder bzw. Familie einen Einfluss haben können. Ein weiteres Problem kann die sexuelle Komponente darstellen; in der Therapie kommt dann der Sensate Focus nach Masters und Johnson zum Tragen. Hier werden gemeinsame Erfahrungsübungen bzw. ein Sensualitätstraining gemacht, die erstmal so aussehen, dass man sich gegenseitig berührt und die sexuelle Komponente dabei ausspart. Man ist dabei nackt und streichelt oder massiert sich, ohne die Genitalien zu berühren; das kann für viele sehr entlastend sein. Das hat den Grund, dass sich das Paar vielleicht monatelang nicht mehr richtig berührt hat und dadurch Ängste entstanden sind, welche die Sexualität verhindern. Angst und Sexualität sind natürlich kaum vereinbar und führen oft zu Erektionsstörungen oder zum vorzeitigen Samenerguss bei Männern bzw. bei Frauen zu Lustlosigkeit. Die ersten Übungen sind, wie gesagt, meist nicht sexuell, um auf das Paar entlastend zu wirken; dann kommen langsam Übungen dazu, bei denen eine Erregung stattfinden darf. Diese sollte sich jedoch von dem Leistungsgedanken, dass alles perfekt funktionieren muss, entfernen; hier wird explizit mit dem Problem gearbeitet und spricht im Falle auch darüber, dass es nicht schlimm ist, wenn die Erektion wieder weg geht. Man kann als Paar damit neue Erfahrungen jenseits des klassischen Schemas von Sexualität machen; Paare können hier herausfinden, dass Sexualität viele Facetten hat und nicht immer perfekt abzulaufen oder zu funktionieren hat. Es geht dabei vor allem um Entlastung und zusätzlich um die Aufklärung dieser Mythen, wie Sexualität auszusehen hat, welche in der Regel sehr leistungsorientiert sind. Das wird schrittweise mit diesen Übungen trainiert, die dann auch zu Hause gemeinsam gemacht werden können.
Hier geht es zum Video-Interview: „Partnerschaft und Beziehung mit Schizophrenie”
Emotionale Achterbahn für PartnerInnen
Was kann ich tun, wenn meine Partnerin/mein Partner mit Schizophrenie Stimmungsschwankungen hat?
Für den Partner bzw. die Partnerin können Stimmungsschwankungen sehr belastend sein; diese sind manchmal auch nicht so richtig vorhersehbar. Wenn das der Fall ist, ist es natürlich wichtig, dass man gemeinsam im Gespräch bleibt bzw. gegebenenfalls auch gemeinsam gelernt hat, was diese Stimmungsschwankungen bedeuten. Die Stimmungsschwankungen können auch Frühwarnzeichen für eine neue Manifestation einer psychotischen Episode oder affektiver Erkrankungen sein – insofern ist die Kommunikation ein wichtiger Aspekt. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist dann auch der Umgang damit; es geht darum, ob man seinem Partner bzw. seiner Partnerin auch Grenzen aufzeigen kann und sich im Fall auch Zeit für sich nehmen kann. Hier sollte man gut auf sich hören, ob einem diese Schwankungen zu viel werden und nicht guttun; das Thema Selbstfürsorge ist auf jeden Fall zu beachten.
Was kann ich tun, wenn ich Angst vor Aggressionen meiner Partnerin/meines mit Schizophrenie Partners habe?
Die Angst vor Aggressionen ist ein wichtiges Thema, ähnlich auch wie das der sexuellen Grenzverletzungen. Aggressionen können Hinweise auf eine Verschlechterung der Erkrankung sein; wenn diese zunehmen, sollte man sich unbedingt bei den behandelnden Ärzten bzw. Psychologen melden und auch professionelle Hilfe in Anspruch nehmen. Im schlimmsten Fall sollte man sich auch aus der Wohnung entfernen, wenn es zu massiv wird. Bei Aggressionen ist zu beobachten, ob diese häufig auftreten und ob diese vernünftig behandelt werden, da der Eigenschutz natürlich essentiell ist. Hier braucht es dann auch eine wirklich gute und passende Behandlung, damit es nicht mehr zu aggressiven Übergriffen gegenüber dem Partner bzw. der Partnerin kommt.
Wie gehe ich damit um, wenn meine Partnerin/mein Partner sagt, dass sie/er sich emotional leer fühlt?
Emotionale Leere ist bei der Schizophrenie, aber auch bei Depressionen und insbesondere bei der Borderline-Persönlichkeitsstörung ein nicht ganz seltenes Symptom, was für die Betroffenen sehr quälend sein kann. Das kann dann indirekt auch Auswirkungen auf den Partner bzw. die Partnerin haben, da diese emotionale Leere auch zu sehen ist. Diese Leere steht oft auch mit Freundlosigkeit bzw. Anhedonie in Verbindung; hier ist wichtig klarzustellen, ob die Leere etwas Neues ist und das einen erneuten Blick auf die Erkrankung verlangt oder ob die Leere bereits da war und ein Stück weit geblieben ist bzw. wieder gekommen ist. Im nächsten Schritt wird dann geschaut, was man gemeinsam oder als Betroffener selbst tun kann, um das zu vermindern. Da ist das Thema Selbstmanagement dann auch wieder zentral, da das dabei hilft, aus dem Gefühl der emotionalen Leere herauszukommen. Da gibt es viele Dinge, die das regulieren können und dabei helfen; Beispiele dafür wären diverse Aktivitäten wie Gespräche, Sport oder andere Hobbys. Die Psychotherapie kann vor allem dabei behilflich sein, entlastende Gespräche führen zu können; das kann man in der Therapie lernen.
Worauf sollte ich achten, wenn ich mit meiner Partnerin/meinem Partner mit Schizophrenie zusammenziehe?
Wenn ein Paar zusammenzieht, bei dem einer der beiden oder sogar beide an Schizophrenie oder anderen psychischen Erkrankungen erkrankt sind, gilt es gewissermaßen auch ein bisschen in die Zukunft zu schauen und Vorsorge zu treffen. Man sollte sich fragen, was man braucht, um möglichst gut und gesund zusammenleben zu können, wie viel Raum und Rückzugsmöglichkeiten man braucht oder wie die Zimmer gestaltet sein sollen; das ist besonders im Zusammenhang mit einer psychischen Erkrankung wichtig. Zusammenziehen ist ein wichtiger und großer Schritt; es kann sehr viel Nähe entstehen, es hat aber auch viel Konfliktpotenzial. Das hat man zuletzt auch im Rahmen der Pandemiemaßnahmen gesehen, dass es häufiger zu interpersonellen Konflikten kommt, wenn die Menschen sehr eng aufeinander sind. Beim Zusammenziehen sollte man deshalb immer die Zukunft beachten und antizipieren, was man als Paar braucht, damit man das gut schafft. Nach Möglichkeit sollte die Wohnung auch nicht zu klein sein, dass sich jemand zurückziehen kann, wenn es ihm schlechter geht und dann trotzdem noch genug Raum hat. Andere Parameter können zusätzlich sein, ob man sich in ländlicher oder städtischer Umgebung niederlässt und ob man dort bei Bedarf Hilfe in Anspruch nehmen kann. Außerdem stellt sich die Frage, wo die behandelnden Ärzte bzw. Psychologen sind und ob diese zu weit weg sind, um zur Verfügung zu stehen, wenn es einem schlecht geht. Auch solche Aspekte können von Bedeutung sein, da viele psychische Erkrankungen eine längerfristige Begleitung brauchen und diese auch entsprechend sichergestellt sein muss.
Wie kann ich mit meiner Partnerin/meinem Partner mit Schizophrenie gemeinsame Strategien für Krisen vereinbaren?
Ein Paar hat in der Regel Erfahrung mit Krisen und damit, wie diese aussehen können. Es sei denn, sie sind erst sehr kurz in einer Beziehung; aber wenn man zusammenzieht, ist sicherlich schon eine Weile vergangen. Idealerweise kann man diese krisenhaften Zuspitzungen analysieren und herausfinden, was primär mit der Erkrankung vergesellschaftet ist – ob das Rückfälle oder Wiedererkrankungen sind, welche Krisen in der Partnerschaft auslösen können. Weitere Aspekte können auch das Thema der Sexualität sein; außerdem können Finanzen, Kinder oder Familie für Probleme sorge. Im Rahmen der Kommunikation gilt es, sich diese Krisen als Paar anzuschauen und zu analysieren, was einem gefehlt hat und wie es gelungen ist, damit im Anschluss konstruktiv umzugehen. Für die Zukunft sollte man dann schauen, was man als Paar braucht, dass es einem miteinander gut geht, wie man Krisen frühzeitig erkennen kann und wie man konstruktiv mit diesen umgehen kann. Eine Partnerschaft braucht immer wieder „Wartungsintervalle“ – um es jetzt ganz technisch auszudrücken, um zu funktionieren. Das heißt, dass in einer mittel- oder längerfristigen Partnerschaft in der Regel nicht alles von allein funktioniert, sondern es Investitionen braucht. Das gilt natürlich nicht nur für Menschen mit psychischen Erkrankungen, sondern auch für Menschen ohne psychische oder körperliche Erkrankungen; diesen Paaren geht es genau gleich. Diese Wartungsintervalle bzw. diese Zeiten füreinander, das Antizipieren von Krisen oder der konstruktive Umgang damit sind ganz essenziell; wenn das nicht allein gelingt, kann man sich dabei helfen lassen.
Kann ich etwas zur Stabilisierung des psychischen Zustandes meiner Partnerin/meines Partners beitragen?
Eine Partnerschaft ist im Grunde genommen ein Schutzfaktor gegenüber der Erkrankung; außerdem kann eine Beziehung die Resilienz und die Widerstandskraft erhöhen. Somit ist eine Partnerschaft eine große Chance; wenn aufeinander vertraut wird und auf die erwähnten Frühwarnzeichen geschaut wird, kann das sehr positiv auf den psychischen Zustand wirken. Es kann dann auch gemeinsam entschieden werden, wann der richtige Moment dafür ist, wieder Hilfe in Anspruch zu nehmen. Da gibt es viele Paare von meiner Praxis, bei denen das sehr gut funktioniert und bei denen auch der eine auf den anderen gut gehört hat, wenn er oder sie das Gefühl hatte, dass wieder eine kritische Phase erreicht war. Dadurch lässt sich oftmals Schlimmeres verhindern, weil man therapeutisch und medizinisch rechtzeitig und somit besser eingreifen kann, um im besten Falle eine Wiedererkrankung zu verhindern. Insofern bergen Partnerschaften eine große Chance, wenn man gut aufeinander vertraut und man kritische Momente und Frühwarnzeichen erkennen kann. Um das zu erlernen, gibt es z.B. Selbsthilfegruppen für Angehörige von verschiedenen psychischen Erkrankungen, in denen man von anderen Angehörigen viel lernen kann. Das erleichtert den Umgang damit und man kann dadurch auch viel Entlastung erfahren, weil man sieht, dass es anderen Angehörigen ähnlich wie einem selbst geht und man damit nicht allein ist.
Wie kann ich damit umgehen, wenn meine Partnerin/mein Partner mit Schizophrenie eifersüchtig ist und mir nicht vertraut?
Eifersucht kann eine ganz starke Emotion sein und zu Ärger führen; im schlechtesten Fall kann es auch zu gewaltsamen Handlungen kommen. Eifersucht kennt fast jeder von uns; es gibt aber auch den Bereich der pathologischen Eifersucht – hier ist die Eifersucht nicht mehr verhältnismäßig. Im Extremfall kann auch der Eifersuchtswahn entstehen; bei diesem sind die Kriterien des Wahns erfüllt und dieser ist auch nicht mehr durch gutes Zureden oder eine Psychotherapie zu korrigieren. Es gilt hier zu unterscheiden, ob das eine nachvollziehbare Eifersucht ist bzw. auch, ob beide dazu in der Lage sind, darüber zu sprechen. Man muss auch in Betracht ziehen, ob man sich so verhalten hat, dass der Partner bzw. die Partnerin eifersüchtig werden kann, weil man mit jemand anderem geflirtet hat oder etwas anderes gemacht habe. Es kann aber auch sein, dass das Ausmaß der Eifersucht so unverhältnismäßig ist, dass es einer Behandlung bedarf. Das ist wichtig zu erkennen, um das gemeinsam ausloten zu können – das stellt sicherlich in vielen Partnerschaften eine große Herausforderung dar. Manchmal passt man in dieser Hinsicht auch nicht perfekt zusammen, sodass einer sehr schnell eifersüchtig wird und der andere gar nicht. Manchmal kann auch das Vertrauen durch in der Vergangenheit entstandene Vorkommnisse verletzt sein – da ist von Fall zu Fall dann eben anzuschauen, was die Ursache der Eifersucht ist.
Was kann ich tun, wenn ich wütend auf meine Partnerin/meinen Partner bin?
Gut ist es, erst einmal die eigene Emotion wahrnehmen und verstehen zu können; außerdem sollte man herausfinden, was einen genau ärgerlich gemacht hat und sich darüber im Klaren zu sein. Wenn man sich dann einen Moment Zeit genommen hat, kann man auch viel differenzierter auf den Partner bzw. die Partnerin treffen und benennen, was das Problem ist, ohne gleich aus dem Ärger auf der Reflexebene eine Anschuldigung an den Partner zu adressieren. Wenn primär der Ärger durchkommt, befindet man sich in einem ungünstigen negativen Interaktionszyklus; es ist sicher von Vorteil, erst einmal für sich selbst zu klären, was einen ärgerlich gemacht hat und das dem Partner bzw. der Partnerin dann mitzuteilen. Wenn man in der Lage ist, in einer Partnerschaft auch über Gefühle zu sprechen, dann ist das schon sehr viel wert – das gelingt nicht vielen. Häufig befinden sich Paare auf einer „schwammigen“ Ebene; man spricht dann auch von sekundären Emotionen. Sekundäre Emotionen sind die, die man an der Oberfläche sieht, da zählen Ärger oder auch das Gefühl von Ohnmacht und Grenzverletzung dazu. Wenn es einem dann aber gelingt, entweder allein oder mit der Hilfe eines Therapeuten bzw. einer Therapeutin dahinter zu schauen, werden erst die primären Gefühle sichtbar. Das sind oft Ängste – die Angst, verlassen zu werden oder auch allein zu sein. Wenn man das erkennt, ist das sehr viel wert, da es sich mit diesen primären Emotionen letztlich viel konstruktiver arbeiten lässt; vor allem, wenn diese in der Partnerschaft erkannt werden. Ist man in der Lage, aus diesem Gefühlschaos rauszukommen und sich auf die Emotion zu fokussieren, um die es eigentlich geht, ist dadurch eine konstruktive Bewegung in der Partnerschaft möglich.
Wie kann ich mit der Angst vor einem erneuten psychotischen Schub meiner Partnerin/meines Partners umgehen?
Angst spielt in der Partnerschaft im Zusammenhang mit einer psychischen Erkrankung natürlich eine große Rolle. Diese Angst vor einer nächsten Erkrankung kennen sowohl die Angehörigen als auch die Betroffenen selbst; häufig ergibt sich daraus auch ein Vermeidungsverhalten. Für Angehörige können hier Angehörigengruppen sehr hilfreich sein; außerdem können Gespräche mit anderen Familienmitgliedern oder Freunden entlasten. Die Situation kann schon eine große Herausforderung sein, wenn man selbst oder ein Angehöriger eine psychische Erkrankung hat; das muss man nicht allein schaffen. Da kann und soll man wirklich Hilfe in Anspruch nehmen und da braucht es auch Entlastung und Selbstfürsorge. Man muss das nicht allein mit sich ausmachen, sondern man kann auch mit dem Partner bzw. der Partnerin darüber sprechen; wenn es diesem/dieser aber selbst gerade nicht so gut geht, braucht man auch jenseits der Partnerschaft eine Anlaufstelle, an die man sich wenden kann und die einen unterstützt.
Hier geht es zum Video-Interview: „Emotionale Achterbahn für PartnerInnen”
Geprüft Prof. Dr. Tillmann Krüger: Stand Juli 2022