Was ist eine Strahlentherapie und wann wird sie eingesetzt?
Die Strahlentherapie ist ein sehr wichtiger Faktor in der Behandlung des Urothelkarzinoms, besonders, wenn es auch blasenerhaltende Konzepte geht.
Bisher ist der Standard, gerade bei fortgeschrittenen Tumorerkrankungen, dass eben zunächst einmal eine Chemotherapie kommt und dann die komplette Blase entfernt wird.
Es gibt nun Patient:innen, die für eine derartige Therapie nicht infrage kommen beziehungsweise hoffentlich auch in naher Zukunft die Möglichkeit geben, diese große Operation nicht durchführen zu müssen, denn wer möchte schon, dass einem die Blase entfernt wird.
Aber aktuell ist das blasenerhaltende Konzept für Patient:innen mit einem solitären, also einem Einzeltumor in der Blase und im Rahmen einer kombinierten Therapie zugelassen. Diese sogenannte trimodale Therapie besteht aus der Strahlentherapie, einer parallel laufender Chemotherapie und sehr engmaschigen zystoskopischen Kontrollen, ob der Tumor vor allem nachher wirklich verschwunden ist.
Vor dem Einsatz dieser sogenannten trimodalen Therapie muss das Primum, also der Tumor, komplett reseziert sein durch diese besagte TUR-B.
Ein weiteres Einsatzgebiet der Strahlentherapie im Urothelkarzinom ist auch im palliativen Setting. Das heißt, in dem Setting, wo Patient:innen nicht geheilt werden können. Wenn es zum Beispiel zu starken Blutungen kommt, kann man durch die Strahlentherapie eine Blutung stoppen. Oder dann auch im metastasierten Setting, wo andere Organe befallen sein können, wie zum Beispiel auch die Knochen, kann eine Stabilisierung und eine Schmerzkontrolle erreicht werden.
Ist eine Immuntherapie eine Alternative zur Chemotherapie oder wird sie auch zusätzlich verabreicht?
Das ist für Sie als Patient:in eine besonders wichtige Frage, weil man hört und liest sehr viel über Immuntherapien, aber die Immuntherapie in der Erstlinientherapie eines fortgeschrittenen Tumors ist keine Alternative zur Chemotherapie.
Eine Immuntherapie kommt meistens in höheren Therapielinien erst zum Einsatz oder bei Patient:innen, die vorher eine Chemotherapie hatten, gut angesprochen haben und nachher eine sogenannte Erhaltungstherapie bekommen. Eine alleinige Immuntherapie ist nur zugelassen, wenn Patient:innen für eine Chemotherapie oder ein sogenanntes Antibody-Drug-Conjugat nicht infrage kommen.
Welche Nebenwirkungen können bei der Chemo-, Immun- und Strahlentherapie auftreten?
Wenn wir jetzt über die Nebenwirkungen sprechen, müssen wir auch wieder wissen: In welchem Stadium behandeln wir unseren Patient:innen?
Ich würde mich jetzt auf die fortgeschrittenen Stadien fokussieren, weil wir da eben unterschiedliche Therapiesäulen dieser Systemtherapie haben.
Wenn wir eine Chemotherapie haben, eben diese platinbasierten Therapieformen, dann können die klassischen Chemotherapie-Nebenwirkungen folgen. Das sind Blutbildveränderungen oder neuropathische Beschwerungen sein. Es kann aber auch die Einschränkung der Nierenfunktion sein oder eine Überlastung des Herzens durch die Flüssigkeitsgabe bedeuten. Zudem können aber auch noch Übelkeiten oder auch Durchfälle auftreten.
Übelkeiten und Durchfälle sind Nebenwirkungen, die wir in der Onkologie seit Jahrzehnten Chemotherapie-Anwendungen kennen. Sie sind sehr gut beherrschbar und mit sogenannten Supportivmaßnahmen, aber auch prophylaktisch behandelbar. Das heißt, wir versuchen Substanzen zu geben, dass es gar nicht zu Übelkeit kommt. Und wenn eine Übelkeit auftritt, dass die Patient:innen dann zu Hause mit adäquater Medikation versorgt sind, damit sie diese Nebenwirkungen auch zu Hause in den Griff bekommen. Das ist Chemotherapie.
Die Immuntherapie ist eine ganz andere Therapieform. Da wird ja die körpereigene Immunabwehr aktiviert. Die Immuntherapie kann jederzeit auf die körpereigenen Organe losgehen, wie eine Immunerkrankung. Dabei gibt es ein paar gefährliche Formen, wie zum Beispiel eine immunvermittelte Lungenentzündung, wo wir als behandelnde Ärzte sehr rasch reagieren müssen. Das heißt, vor Beginn einer derartigen Therapie, müssen Sie als Patient gut aufgeklärt werden, dass Sie bei zum Beispiel trockenem Husten, komischem Druck auf der Brust, Atemnot, zügig sich in ein Spital begeben.
Unsere Patient:innen bekommen vor einer Immuntherapie kleine Kärtchen auch ausgehändigt, damit sie auch, wenn sie woanders auf Urlaub sind oder sonst was, in einem jeweiligen Spital das herzeigen können, damit die behandelnden Ärzte dort wissen, welche Therapie sie bekommen.
Bezüglich der Strahlentherapie, die ebenfalls an sich sehr gut verträglich ist, ist es vor allem im Rahmen zum Beispiel der Trimodaltherapie, wenn die Strahlentherapie läuft, mit einer Strahlenzystitis, einer sogenannten Entzündung der Blase zu rechnen, das wiederum Beschwerden wie Schmerzen oder auch vermehrten Harndrang zunächst einmal verschlimmern können, aber nach Abschluss der Therapie und aber auch beim Wirken der Therapie deutlich besser werden und komplett verschwinden sollten.
Und last but not least, die Antibody Drug Conjugates, eben diese neuen Substanzen, die jetzt im Kommen sind und zukünftig aber eine sehr wichtige Rolle spielen werden: Hier ist es wichtig zu beachten, dass zum Beispiel mit der Substanz Enfortumab-Vedotin auch Hautnebenwirkungen auftreten können, und zwar schwerwiegende Hautnebenwirkungen. Das heißt, wir erklären auch hier unseren Patienten sehr genau, dass wenn sich kleine Bläschen, großflächige Rötungen oder sonstige Veränderungen in der Haut ereignen, sie zügig ins behandelnde Krankenhaus kommen sollen.
Hier geht es zum Video-Interview: „Chemo-, Strahlen- und Immuntherapie“