4. Chemo-, Strahlen- und Immuntherapie bei Blasenkrebs

Was ist eine Chemotherapie und wann wird sie eingesetzt?

Eine Chemotherapie ist eine Therapie, bei der Medikamente eingesetzt werden, die Krebszellen zerstören oder ihr Wachstum hemmen. Da Tumorzellen schneller wachsen und anders funktionieren als normale Körperzellen, werden sie besonders stark von der Behandlung getroffen.

Chemotherapie kann in verschiedenen Stadien von Harnblasenkrebs eingesetzt werden:

  • Bei einem begrenzten, einzelnen Tumor kann eine lokale Therapie ausreichen, wobei das Medikament direkt in die Blase eingebracht wird und der Tumor dort mit dem Medikament in Kontakt kommt.
  • Im Gegensatz dazu ist bei fortgeschrittenen Fällen eine systemische Therapie notwendig. Dabei wird der ganze Körper behandelt, nicht nur eine einzelne Stelle. Das hat den Vorteil, dass alle Krebszellen im Körper erreicht werden.

Die beim Blasenkrebs eingesetzten Medikamente werden üblicherweise über die Vene als Infusion verabreicht.

Je nach Zeitpunkt der Anwendung gibt es verschiedene Bezeichnungen für die Chemotherapie:

  • Neoadjuvante Chemotherapie: Wird vor der Operation eingesetzt, um den Tumor zu verkleinern und die operativen Möglichkeiten zu verbessern.
  • Adjuvante Chemotherapie: Erfolgt nach der Operation, um das Risiko eines Rückfalls des Tumors zu verringern.

Ob eine Chemotherapie notwendig ist und ob sie lokal oder systemisch gegeben wird, hängt davon ab, wie weit der Tumor fortgeschritten ist und wie gut Sie die Therapie vertragen könnten. Besonders bei metastasiertem Blasenkrebs, bei dem sich der Krebs auf andere Teile des Körpers ausgebreitet hat, spielt die systemische Chemotherapie eine entscheidende Rolle und ist oft die bevorzugte Behandlungsoption. Mehr zur den Möglichkeiten der Behandlung von Blasenkrebs finden Sie in der Lektion “Therapieoptionen bei Blasenkrebs”.

Chemotherapie beim metastasierten Blasenkrebs

Wenn sich Krebszellen von ihrem Ursprungsort in andere Teile des Körpers ausbreiten, nennt man dies Metastasierung. Bei metastasiertem Blasenkrebs wird als Erstlinientherapie eine platinbasierte Chemotherapie angewendet. Platinbasiert bedeutet, dass die verwendeten Medikamente Platin enthalten und besonders wirksam bei Blasenkarzinom sind. Ein Beispiel ist Cisplatin, das seit über 20 Jahren Standard in der Therapie ist.  Bei der Behandlung mit Cisplatin ist aber eine gute Herz- und Nierenfunktion notwendig.

Für Patient:innen mit eingeschränkter Nierenfunktion wird oft Carboplatin verwendet, das genau an die Nierenfunktion angepasst werden kann.

Beide Substanzen werden mit Gemcitabin, einer weiteren Chemotherapie, kombiniert.

Was ist eine Strahlentherapie und wann wird sie eingesetzt?

Die Strahlentherapie verwendet hochenergetische Strahlen wie Röntgenstrahlen, Gamma-Strahlen oder Teilchenstrahlen, um gezielt Krebszellen zu schädigen. Die Strahlung tötet Tumorzellen ab oder stoppt ihr Wachstum. Besonders bei blasenerhaltenden Behandlungen, wenn man also keine Entfernung der Blase vornehmen möchte, spielt die Strahlentherapie eine wichtige Rolle.

Wenn keine vollständige Heilung mehr möglich ist, kann die Strahlentherapie zur Verbesserung der Lebensqualität eingesetzt werden. Sie wird dabei beispielsweise zur Blutstillung oder Schmerzlinderung verwendet. Dies nennt man Palliativtherapie .

Wie läuft eine Strahlentherapie ab?

Ihre Behandler:innen erstellen einen Bestrahlungsplan, der den Tumor gezielt behandelt und das gesunde Gewebe schont. Die Bestrahlung selbst dauert nur wenige Minuten und ist weder sichtbar, hörbar noch riechbar. Regelmäßige Untersuchungen und Blutkontrollen durch Ärzte überwachen mögliche Nebenwirkungen.

Ist eine Immuntherapie eine Alternative zu Chemotherapie oder wird sie auch zusätzlich verabreicht?

Eine Immuntherapie aktiviert Ihr körpereigenes Immunsystem, um den Krebs zu bekämpfen. Gerade in den letzten Jahren hat es hier große Fortschritte gegeben. Die aktuell meist angewendeten Mittel sind Pembrolizumab, Atezolizumab und Nivolumab.

Die Immuntherapie ist grundsätzlich keine Alternative zur Chemotherapie als Erstlinientherapie. Sie wird eingesetzt, wenn eine Chemotherapie nicht möglich ist oder als zweite Option, wenn die Chemotherapie nicht die erwünschte Wirkung zeigt.

Wie funktioniert die Immuntherapie?

Immuntherapien funktionieren unterschiedlich. Nur die Wirkung ist ähnlich: Eigene Abwehrzellen greifen den Tumor an und schädigen ihn. Krebszellen werden normalerweise von unserer Immunabwehr bekämpft. Manche Tumore entwickeln aber einen Mechanismus, mit dem sie sich vor dem Immunsystem „verstecken“ können. Die Immuntherapie macht diese Zellen wieder sichtbar, sodass sie angegriffen werden können.

Eine weitere wichtige Option zur Behandlung von nicht-muskelinvasivem Blasenkrebs ist BCG (Bacillus Calmette-Guérin). Dies ist ein abgeschwächter Bakterienstamm, der über einen Katheter direkt in die Harnblase eingebracht wird. Er stimuliert das Immunsystem lokal in der Blase und aktiviert Immunzellen, die die Krebszellen angreifen und zerstören.

Ausblick neuer Therapien für Blasenkrebs

Die Therapien werden ständig weiterentwickelt. Im März 2024 wurde eine Studie veröffentlicht, die das Antikörper-Wirkstoff-Konjugat (ADC) Enfortumab-Vedotin mit der platinbasierten Chemotherapie verglich. Diese neue Therapie zeigte als Anfangsbehandlung bessere Ergebnisse als die platinbasierte Chemotherapie bei fortgeschrittenem Blasenkrebs und verlängerte die Lebensdauer der Patient:innen erheblich. Ein weiterer Vorteil ist, dass sie auch bei Nierenfunktionsstörungen nicht an die Nierenfunktion angepasst werden muss.

Obwohl diese Therapie derzeit noch nicht standardmäßig angewendet wird, zeigt sie vielversprechendes Potenzial für zukünftige Behandlungen. Es ist zu erwarten, dass sich die Behandlungsmethoden in Zukunft weiter verbessern werden.

Welche Nebenwirkungen können bei der Chemo-, Immun- und Strahlentherapie auftreten?

Chemotherapie

Die Behandlung mit Chemotherapie kann auch gesundes Gewebe beeinträchtigen, das sich schnell erneuert. Besonders betroffen sind die Schleimhäute von Magen und Darm, das Knochenmark, das für die Blutbildung verantwortlich ist, sowie die Haarwurzeln. Dies führt zu möglichen Nebenwirkungen wie Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, Haarausfall, einer erhöhten Anfälligkeit für Infektionen und einer erhöhten Blutungsneigung. Viele dieser Nebenwirkungen können durch unterstützende Maßnahmen und Medikamente gemildert oder verhindert werden. Sobald die Therapien nicht mehr verabreicht werden, klingen die meisten Nebenwirkungen in der Regel wieder ab.

Immuntherapie

Die Immuntherapie ist im Allgemeinen gut verträglich. Sie kann jedoch Reaktionen hervorrufen, die eigene Organe angreifen. Daher ist es wichtig, bei schwereren Erkrankungen wie einer Lungenentzündung, die während einer laufenden Immuntherapie auftritt, sofort einen Arzt oder eine Ärztin aufzusuchen.

Strahlentherapie

Die Strahlentherapie ist im Allgemeinen gut verträglich, kann aber zum Auftreten einer Strahlenzystitis führen. Sie ist eine Blasenentzündung mit Schmerzen und vermehrtem Harndrang. Nach Abschluss der Therapie verschwinden dies Symptome der Strahlenzystitis allerdings normalerweise wieder.

Trotz der möglichen Nebenwirkungen ist es wichtig zu betonen, dass Ihnen das medizinische Team jederzeit zur Seite steht, um auftretende Nebenwirkungen zu behandeln und zu lindern. Mit einer umfassenden Betreuung und der Anwendung unterstützender Maßnahmen wird alles darangesetzt, Ihnen den bestmöglichen Komfort während der Therapie zu bieten. Für Sie ist wichtig zu wissen, dass Sie während der Therapie bei auffälligen Symptomen Ihre Behandler:innen möglichst rasch kontaktieren. Welche Symptome genau relevant sind, wird Ihnen im Rahmen der Therapie genau erklärt.

Antibody Drug Therapy

Bei der neuen Antibody Drug Therapy mit dem Antikörper-Wirkstoff-Konjugat (ADC) Enfortumab-Vedotin können Nebenwirkungen an der Haut auftreten. Diese können auch schwer sein, daher sollte beim Auftreten von kleinen Bläschen oder großen Rötungen ein Krankenhaus aufgesucht werden.

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AT-NONO-00247; 08/2024 | Geprüft OÄ Dr.in Dora Niedersüß-Beke: Stand September 2024 | Quellen und Bildnachweis
Die Kurse sind kein Ersatz für das persönliche Gespräch mit Ihrer Ärztin/Ihrem Arzt, sondern ein Beitrag dazu, PatientInnen und Angehörige zu stärken und die Arzt-Patienten-Kommunikation zu erleichtern.
Chemotherapie
Behandlung mit Medikamenten (Zytostatika), die das Wachstum von Krebszellen hemmen sollen.
Erstlinientherapie
Als Erstlinientherapie bezeichnet man die Therapieform, die bei einer bestimmten Erkrankung als Erstes angewendet werden sollte. Die Erstlinientherapie hat sich in wissenschaftlichen Studien als die am besten geeignete Therapie einer Erkrankung erwiesen. Dabei kann die Erstlinientherapie aus mehreren Therapien oder Medikamenten bestehen. In einigen Fällen kann diese Therapie allerdings nicht angewendet werden. In jedem Fall entscheidet Ihre Ärztin oder Ihr Arzt mit Ihnen gemeinsam, welches die für sie persönlich beste Therapie darstellt.
Immuntherapie
Therapie, die das Immunsystem beeinflusst und bei verschiedenen Erkrankungen, wie z.B. Krebs, eingesetzt wird. Je nach Krankheitsursache kann das Immunsystem gehemmt, stimuliert oder durch die Gabe von Antikörpern verändert werden.
Infusion
Verabreichung einer Flüssigkeit (mit oder ohne darin gelösten Medikamente) über einen Zugang in ein Blutgefäß.
Katheter
Dünner Schlauch, meist aus Kunststoff, der in den Körper eingeführt werden kann.
Lokale Therapie
Therapie, die auf einen bestimmten Bereich des Körpers begrenzt ist und dort wirkt. Eine Lokaltherapie hat wenig bis keine Auswirkungen auf den restlichen Körper.
Palliativtherapie
Therapie, die vorrangig auf die Linderung von Symptomen und Erhaltung bzw. Verbesserung der Lebensqualität ausgerichtet ist. Sie ist zu unterscheiden von der kurativen Therapie, die primär die Heilung zum Ziel hat. Die palliative Therapie hat besondere Bedeutung, wenn die Heilung einer Patientin / eines Patienten nicht möglich ist.
Strahlentherapie
Behandlung mit hochenergetischen Strahlen, um Krebszellen abzutöten.
Systemische Therapie
Therapie, die sich im gesamten Körper verteilt und nicht nur an einer Stelle wirkt. Eine systemische Therapie wird beispielsweise als Tablette, Kapsel, Infusion oder Spritze verabreicht.
Tumor
(„Geschwulst“)
Lokalisierte Vermehrung von Körpergewebe durch unkontrolliertes Wachstum von gutartigen oder bösartigen Zellen. Bösartige Tumore können in umliegendes Gewebe einwachsen und in entfernte Organe streuen. Der Begriff Tumor wird auch verwendet für eine Schwellung von Gewebe z.B. durch Einlagerung von Flüssigkeit im Rahmen von Entzündungsprozessen oder Blutungen.
Vene
Venen sind Blutgefäße, die dafür verantwortlich sind, sauerstoffarmes Blut aus den verschiedenen Körperbereichen aufzunehmen und zurück zum Herzen zu transportieren.