5. Radikale Zystektomie bei Blasenkrebs

Was ist eine radikale Zystektomie und wann wird sie eingesetzt?

Eine radikale Zystektomie ist ein chirurgischer Eingriff, bei dem die gesamte Harnblase entfernt wird. Diese Operation ist häufig erforderlich, wenn sich der Blasenkrebs (auch Harnblasenkrebs, oder Harnblasenkarzinom) in die Muskulatur der Blasenwand ausgebreitet hat. Der Eingriff zielt darauf ab, den Krebs vollständig zu entfernen und eine weitere Ausbreitung zu verhindern.

Während der Operation werden nicht nur die Blase, sondern auch die umliegenden Lymphknoten entfernt. Bei Männern wird zusätzlich die Prostata entfernt. Bei Frauen umfasst die radikale Zystektomie auch die Entfernung der Gebärmutter, der Eileiter, der Eierstöcke und eines Teils der Vaginalwand. Das macht man, um sicherzustellen, dass alle potenziell betroffenen Gewebe vollständig entfernt werden.

Kombination der radikalen Zystektomie mit einer Chemotherapie

Die radikale Zystektomie erfolgt in der Regel im Anschluss an eine Chemotherapie . Besonders bei fortgeschrittenen Tumoren wird eine neoadjuvante Chemotherapie, also eine Chemotherapie vor der Operation, durchgeführt. Diese hat das Ziel, den Tumor zu verkleinern und die Wahrscheinlichkeit zu erhöhen, während der Operation den Tumor vollständig zu entfernen. Durch die Chemotherapie werden Krebszellen im ganzen Körper angegriffen, was das Risiko von Mikrometastasen – kleinen, noch nicht sichtbaren Tumorabsiedlungen – verringert. Näheres zur Chemotherapie erfahren Sie in Lektion „Chemo-, Strahlen- und Immuntherapie bei Blasenkrebs“.

Welche Behandlungsoptionen stehen zur Verfügung, wenn eine radikale Zystektomie nicht möglich ist?

Wenn die radikale Zystektomie für Sie nicht in Frage kommt, beispielsweise aufgrund einer schlechten Herzfunktion oder weil Sie die Operation ablehnen, gibt es alternative Behandlungskonzepte. Diese Art der Behandlung wird dann unter dem Begriff „blasenerhaltende Therapie“ zusammengefasst. Hierbei wird die Blase erhalten und mit Bestrahlung, Chemotherapie und transurethraler Resektion (TUR – B) behandelt. Mehr zu diesem Thema finden Sie in der Lektion “TUR-B bei Blasenkrebs”.

Beurteilung der Möglichkeit einer blasenerhaltende Therapie

Eine Studie hat gezeigt, dass das Überleben nach fünf Jahren für Patient:innen, die eine blasenerhaltende Therapie erhalten hatten, genauso gut war wie für diejenigen, die eine vollständige Entfernung der Blase hatten. Dies galt jedoch nur für streng ausgewählte Patient:innen.

Das bedeutet, dass Patient:innen, die eine blasenerhaltende Therapie wünschen, unbedingt von einem Team von Spezialist:innen beurteilt werden sollten. Das ist notwendig, um sicherzustellen, dass diese Therapie für Sie geeignet und erfolgversprechend ist. Das hängt, wie bei allen Behandlungen, davon ab, in welchem Stadium sich der Tumor befindet und wie weit er sich ausgebreitet hat.

Wie verändert sich mein Alltag, wenn meine Blase entfernt wird?

Mit einer Entfernung der Harnblase geht eine Umleitung des Harns im Körper einher, eine sogenannte Harnableitung. Es gibt zwei Arten der Harnableitung, die beide eine Veränderung im Alltag bedeuten.

  • Kontinente Harnableitung:
    • Bei der kontinenten Harnableitung wird der Harn im Inneren des Körpers gespeichert und entweder über die Harnröhre oder eine Öffnung in der Bauchdecke entleert. Sie entscheiden selbst über die Entleerung.
    • Ein Beispiel für eine kontinente Ableitung ist die Neoblase aus Dünndarm: Es wird eine neue Blase aus einem Stück des Dünndarms geformt. Diese neue Blase hat anfangs eine sehr eingeschränkte Kapazität und es dauert etwa sechs Monate, bis ein gutes Volumen erreicht ist. In der Anfangsphase kann es sein, dass Sie selbst den Harn mit einem Katheter ableiten müssen, bis sich die Funktion normalisiert.
    • Bei dieser Art der Harnableitung hat man allerdings kein Gefühl dafür, wie voll die Blase ist, daher muss sie regelmäßig entleert werden.
  • Inkontinente Harnableitung:
    • Bei der inkontinenten Harnableitung fließt der Harn aus einer Öffnung kontinuierlich ab und wird in einem Beutel aufgefangen.
    • Beispielsweise wird der Urin aus den Harnleitern direkt zu einer Öffnung in der Bauchdecke (Stoma) geleitet. Um die Harnleiter mit der Bauchwand zu verbinden, verwenden Chirurg:innen ein Stück Darm, das an beiden Enden vernäht wird. An der künstlichen Öffnung in der Bauchdecke wird ein abnehmbarer Beutel, der sogenannte Stomabeutel, angebracht. In diesem Beutel sammelt sich kontinuierlich der Urin.
    • Viele Patient:innen finden es insgesamt einfacher, täglich ein “nasses” Stoma zu versorgen, bei dem der Urin kontinuierlich in den Beutel fließt, als den Urin mithilfe eines Katheters selbst zu entleeren.

Die unterschiedlichen Arten der Harnableitung haben verschiedene Vor- und Nachteile, die Sie vor der Durchführung der Behandlung eingehend mit Ihrem Arzt oder Ihrer Ärztin besprechen sollten.

Kann man ohne Blase ein gutes Leben führen?

Obwohl es anfangs beunruhigend sein kann, ist es möglich, sich an die Veränderungen anzupassen und ein erfülltes Leben zu führen, das sogar sportliche Aktivitäten wie Schwimmen einschließt. Wichtig ist: Die Entfernung der Harnblase ist heilend und verlängert das Gesamtüberleben, da der Tumor vollständig aus dem Körper entfernt wird.

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AT-NONO-00247; 08/2024 | Geprüft OÄ Dr.in Dora Niedersüß-Beke: Stand September 2024 | Quellen und Bildnachweis
Die Kurse sind kein Ersatz für das persönliche Gespräch mit Ihrer Ärztin/Ihrem Arzt, sondern ein Beitrag dazu, PatientInnen und Angehörige zu stärken und die Arzt-Patienten-Kommunikation zu erleichtern.
Chemotherapie
Behandlung mit Medikamenten (Zytostatika), die das Wachstum von Krebszellen hemmen sollen.
Katheter
Dünner Schlauch, meist aus Kunststoff, der in den Körper eingeführt werden kann.
Lymphknoten
Bestandteil des Immunsystems, reinigt und filtert die Lymphe aus den Lymphbahnen. Befinden sich an verschiedenen Regionen im Körper, zum Beispiel am Hals und in der Achselregion.
Resektion
Operative Entfernung von Gewebe oder Organteilen.
Tumor
(„Geschwulst“)
Lokalisierte Vermehrung von Körpergewebe durch unkontrolliertes Wachstum von gutartigen oder bösartigen Zellen. Bösartige Tumore können in umliegendes Gewebe einwachsen und in entfernte Organe streuen. Der Begriff Tumor wird auch verwendet für eine Schwellung von Gewebe z.B. durch Einlagerung von Flüssigkeit im Rahmen von Entzündungsprozessen oder Blutungen.